Landgericht Essen Urteil, 30. Aug. 2016 - 15 S 92/16
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 23.05.2016 (Az.: 18 C 334/15) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des nach diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners H die Rückzahlung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsgebühren aus vier Darlehensverträgen vom 10.02.2009 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Höhe von insgesamt 2.535 €. Der Kläger wurde mit Beschluss vom 11.09.2012, mit dem auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet wurde, zum Insolvenzverwalter bestellt.
4Die Beklagte erklärte die Aufrechnung mit unstreitig bestehenden Forderungen aus Zahlungsrückständen aus den gekündigten Darlehensverträgen, die deutlich über dem seitens des Klägers geltend gemachten Betrag liegen.
5Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des angegriffenen Urteils (Bl. 112 ff. d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
6Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel zu den Bearbeitungsgebühren ein Anspruch auf Rückzahlung aus §§ 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1, 818 Abs. 1, 2 BGB bestünde. Allerdings sei dieser Anspruch durch Aufrechnung der Beklagten mit der Forderung auf Zahlung der Darlehensbeträge untergegangen.
7Die Aufrechnung sei nach §§ 96, 129 ff. InsO zulässig. Insbesondere sei keine im Sinne des § 134 InsO unentgeltliche Leistung gegeben, die anfechtbar wäre und damit der Aufrechnung entgegenstehen könnte. In dem vorliegenden Fall der unbewussten rechtsgrundlosen Leistung liege keine Unentgeltlichkeit vor.
8Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
9In der Berufungsbegründung bringt er vor, dass das Amtsgericht § 134 InsO nicht richtig angewendet habe. Die Annahme, dass eine unbewusst rechtsgrundlose Leistung nicht unentgeltlich sein könne, widerspräche der Rechtsprechung des BGH, wonach die Bezahlung einer von Rechts wegen nicht bestehenden Schuld auch dann unentgeltlich sei, wenn Zahlender und Zahlungsempfänger im Zeitpunkt der Leistung über die Wirksamkeit der Schuld irrten. Es sei daher unerheblich, dass im Zeitpunkt der Leistung der Bearbeitungsgebühren weder dem Insolvenzschuldner noch der Beklagten bekannt gewesen sei, dass die Klausel über die Verpflichtung zur Entrichtung der Bearbeitungsgebühren unwirksam ist.
10Ferner habe die Beklagte gerade keine Gegenleistung für die Bearbeitungsgebühren erbracht. Außerdem sei sie nicht schutzwürdig, weil sie die unwirksamen Klauseln entworfen und verwendet habe.
11Der Kläger beantragt,
12das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.535 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 11.02.2009 zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Berufung zurückzuweisen.
15II.
16Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und hinreichend begründet worden.
17Allerdings ist die Berufung ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
18Auf der Basis des feststehenden und gemäß § 529 Abs. 1 ZPO bindenden Sachverhalts – gegen den der Berufungskläger nichts erinnert – kam das Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des Klägers nicht (mehr) besteht.
19Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren zu. Der unstreitig bestehende Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB i.V.m. § 80 InsO ist durch die seitens der Beklagten erklärten Aufrechnung gemäß § 389 BGB untergegangen.
20Die Aufrechnung war nach §§ 96 Abs. 1 Nr. 3, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO zulässig. Es liegt keine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO vor, infolge dessen eine anfechtbare Rechtshandlung gegeben wäre, die die Möglichkeit der Aufrechnung ausschließen könnte.
21Eine im Sinne des § 134 InsO unentgeltliche Leistung liegt vor, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH, Urteil vom 05.03.2015 – IX ZR 133714, DStR 2015, 767, 773). Der insolvenzrechtliche Begriff der unentgeltlichen Leistung setzt eine Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche nicht voraus; maßgebend ist in erster Linie der objektive Sachverhalt (BGH, a.a.O., DStR 2015, 767, 773).
22Vorliegend hat der Insolvenzschuldner die Bearbeitungsgebühren geleistet, weil er in Übereinstimmung mit der Beklagten davon ausging, dass er dazu vertraglich verpflichtet gewesen sei, d.h. dass für seine Leistung ein Rechtsgrund vorgelegen habe. Im Nachhinein stellte sich im Zuge der Rechtsprechung des BGH heraus, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Bearbeitungsgebühren unwirksam ist. Abgestellt auf den objektiven Maßstab stellt sich zwar die Leistung als rechtsgrundlose Leistung dar, die der BGH grundsätzlich als unentgeltlich ansieht (vgl. BGH, a.a.O., DStR 2015, 767, 773). Allerdings ist hier die subjektive Komponente zu beachten. Nach dem Willen beider Parteien sollte es nicht so sein, dass dem Verfügenden kein entsprechender Vermögenswert zufließt. Es war gerade das Ansinnen beider Parteien, dass der Insolvenzschuldner für seine Leistung eine Gegenleistung erhält. In einem solchen Fall, d.h. wenn beide Parteien irrig angenommen haben, dass eine Leistungspflicht bestehe und daher die Leistung mit einem Rechtsgrund erfolge, ist die Leistung entgeltlich (Uhlenbrock-Ede/Hirte, InsO, 14. Auflage 2015, § 124 Rn. 48; Ganter, Zum Begriff der „Unentgeltlichkeit“ nach § 134 InsO in Zwei-Personen-Verhältnissen, NZI 2015, 249, 256; Frischemeier, Anmerkung zum Urteil des AG Friedberg vom 30.10.2015, NZI 2015, 985, 986; AG Friedberg, Urteil vom 30.10.2015 – 2 C 318/15, NZI 2015, 983, 984; AG Göttingen, Urteil vom 13.01.2016 – 21 C 97/15, BeckRS 2016, 03425).
23Nach anderer Ansicht ist bei der irrigen Annahme beider Beteiligter über die Wirksamkeit der Schuld eine Zahlung ohne Rechtsgrund unentgeltlich (MüKo-Kayser, InsO, 3. Auflage 2013, § 134 Rn. 17, 40). Der Vertreter dieser Ansicht verweist – ebenso wie der Berufungskläger – auf die Rechtsprechung des BGH, aus der sich diese Rechtsansicht ergebe. Diese Verweise überzeugen allerdings im Ergebnis im vorliegenden Fall nicht.
24In dem Urteil des BGH vom 11.12.2008 – IX ZR 195/07 (NJW 2009, 363) führt der BGH aus, dass die einseitige Vorstellung des Leistungsempfängers über die Entgeltlichkeit einer objektiv unentgeltlichen Leistung selbst dann keine Bedeutung zukomme, wenn der Irrtum durch den Schuldner hervorgerufen worden sei. Damit bezieht sich diese Rechtsprechung auf einen einseitigen vom Schuldner hervorgerufenen Irrtum über die Entgeltlichkeit der Leistung. Vorliegend irrt sich aber nicht nur der Leistungsempfänger, d.h. die Beklagte, über die Entgeltlichkeit der Leistung, sondern auch der Leistende, der Insolvenzschuldner.
25Im Urteil vom 05.03.2015 – IX ZR 133/14 (DStR 2015, 767) führt der BGH aus, dass es bei Zahlung auf eine Nichtschuld an der Entgeltlichkeit der Leistung fehle. Nach diesem (und anderen) Grundsätzen sei die Zahlung als unentgeltlich zu bewerten, weil sie eines Rechtsgrundes entbehre. Diesen Überlegungen liegt der konkrete Fall zugrunde, in dem die Parteien ein rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot vereinbart haben, als dessen Rechtsfolge Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagten im Stadium der Insolvenzreife ohne Rechtsgrund erbracht werden. Dieses zwischen den Parteien vereinbarte rechtsgeschäftliche Zahlungsverbot führte zur Rechtsgrundlosigkeit der dort streitgegenständlichen Leistung und damit zur Unentgeltlichkeit der Leistung (BGH, a.a.O., DStR 2015, 767, 773). Damit entschied der BGH einen Fall, in dem beide Parteien bewusst eine Vereinbarung getroffen haben, bei deren Eintreten die Leistung rechtsgrundlos sein sollte. Die Parteien irrten sich nicht über das Bestehen eines Rechtsgrundes der Leistung. Dieser wesentliche Unterschied zu dem vorliegenden Fall führt zu Zweifeln daran, ob der BGH mit dieser zitierten Entscheidung auch einen Fall der irrigen Annahme beider Beteiligten über das Bestehen eines Rechtsgrundes der Leistung als unentgeltliche Leistung bewerten wollte und bewerten würde.
26Die Kammer kann daher diese zweitgenannte Ansicht nicht überzeugen. Darüber hinaus ist die erstgenannte Ansicht vorzugswürdig, da auch nach Ansicht des BGH grundsätzlich die subjektive Komponente zu berücksichtigen ist. So wertet der BGH eine Leistung des Schuldner nicht als unentgeltlich, wenn dieser angenommen hat, zu der Leistung verpflichtet gewesen zu sein (BGH, Urteil vom 09.10.2014 – IX ZR 294/13, BeckRS 2014, 20050). Vorliegend hat dies der Schuldner und darüber hinaus sogar der Gläubiger angenommen. Damit ist nach Ansicht der Kammer keine unentgeltliche Leistung des Insolvenzschuldners gegeben.
27Für diese Sichtweise sprechen auch Sinn und Zweck des § 134 InsO. Dieser konkretisiert die Ausprägung des Grundsatzes, dass niemand sich auf Kosten seiner Gläubiger freigiebig zeigen soll (vgl. Braun, InsO, 5. Auflage, § 134 Rn. 1). Als der Insolvenzschuldner und die Beklagte die Darlehensverträge schlossen, war es aber durchaus üblich, dass Banken Bearbeitungsgebühren verlangten und diese auch behalten durften. Wäre der Insolvenzschuldner damit nicht einverstanden gewesen, so hätte er die Darlehen vermutlich nicht erhalten. In dieser Situation kann von „Freigiebigkeit“ des Schuldners zulasten potentieller anderer Gläubiger nicht die Rede sein
28III.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
30Die Revision wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Hinblick darauf, dass im Zuge der Rechtsprechung zu den Bearbeitungsgebühren die streitgegenständliche Frage in einer Vielzahl an Fällen auftreten kann. Zudem gibt es bisher – soweit für die Kammer erkennbar – nur untergerichtliche Entscheidungen zu der streitgegenständlichen Fragestellung, so dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Rückzahlung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsgebühren für vier Darlehensverträge.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners H (Anlage A1, Bl. 26 ff. GA). Aufgrund des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners vom 04.09.2012 wurde durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 11.09.2012 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt.
4Der Insolvenzschuldner schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Dresdner Bank, am 10.02.2009 vier Verbraucherdarlehensverträge. Unter Ziff. 4 der Verträge heißt es, dass für den zugesagten Kredit ein einmaliges Bearbeitungsentgelt berechnet werde. Dieses werde mit Zustandekommen des Vertrags fällig und spätestens mit Auszahlung/erster Teilzahlung des Kredits dem Kreditkonto belastet. Die Bearbeitungsgebühren gelangten nicht zur Auszahlung sondern verblieben bei der Beklagten. Im Rahmen dessen vereinbarten die Parteien jeweils Bearbeitungsgebühren wie folgt (Anl. A2, Bl. 31 ff. GA):
5- 6
Kreditnummer 1 680 080 05 965,00 €,
- 7
Kreditnummer 1 680 080 06 945,00 €,
- 8
Kreditnummer 1 680 080 07 375,00 €,
- 9
Kreditnummer 1 680 080 08 250,00 €.
Sämtliche Verträge wurden aufgrund von Zahlungsrückständen jeweils mit Schreiben vom 17.08.2012 gekündigt und der Insolvenzschuldner zugleich zur Zahlung des Schlusssaldos aufgefordert (Anl. B1-B4, Bl. 93 ff. GA). Mit Schreiben vom 11.12.2014 forderte der Kläger die Beklagte sodann zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren auf. Hierauf erklärte die Beklagte unter dem 20.01.2015 (Bl. 76 GA) die Aufrechnung. mit Gegenforderungen.
11Der Kläger meint, die Zahlung des Bearbeitungsentgelts stelle eine rechtsgrundlose Bereicherung der Beklagten und damit zugleich eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO dar. Folglich stehe einer Aufrechnung § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegen. Die Unentgeltlichkeit sei nach objektiven Umständen zu bewerten. Einseitigen Vorstellungen des Leistungsempfängers käme keine Bedeutung zu, selbst wenn der Irrtum durch den Schuldner hervorgerufen worden sei. Zudem liege eine Gläubigerbenachteiligung vor, da die Bearbeitungsentgelte im verkürzten Zahlungsweg geleistet worden seien und damit das Aktivvermögen des Insolvenzschuldners verringert habe.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.535,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 11.02.2009 zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie meint, bei den mitkreditierten Bearbeitungsentgelten handele es sich nicht um anfechtbare Rechtshandlungen gemäß § 134 InsO. Es fehle bereits an einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 InsO. Weder sei die Aktivmasse verkürzt noch sei ein Anstieg auf der Passivseite festzustellen. Die Verrechnung sei vielmehr masseneutral. Darüber hinaus liege keine zur Anfechtung berechtigende unentgeltliche Leistung vor, da der Schuldner in der irrigen Annahme einer Leistungsverpflichtung geleistet habe.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der dem Gericht überreichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19Die zulässige Klage ist unbegründet.
20Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der von dem Insolvenzschuldner bezahlten Bearbeitungsgebühren in Höhe von insgesamt 2.535,00 €. Die formularmäßig vereinbarte Klausel unter Ziff. 4 AGB über die Erhebung des Bearbeitungsentgelts stellt eine Preisnebenabrede dar und hält als solche einer Inhaltskontrolle nicht stand (BGH, Urteil vom 13. Mai 2014 – XI ZR 170/13 –, juris). Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Forderung besteht.
21Allerdings ist der Anspruch untergegangen, § 389 BGB. Die Beklagte hat wirksam gegen den klägerischen Anspruch mit ihrer Forderung auf Zahlung der Darlehensbeträge (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB) aufgerechnet.
22Nachdem die Beklagte ihre Darlehensrückzahlungsansprüche am 17.08.2012 fällig gestellt hat, lag eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB vor. Die Beklagte hat die Aufrechnung erklärt, § 388 BGB.
23Gemäß § 94 InsO wird das Recht zur Aufrechnung nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berührt, wenn im Eröffnungszeitpunkt ein Insolvenzgläubiger zur Aufrechnung berechtigt ist. So ist es hier, da zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 11.09.2012 die Aufrechnungslage bereist bestanden hat. Die Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehen ist mit der sofortigen Fälligstellung durch die Kündigung vom 17.08.2012 entstanden und stand ab diesem Zeitpunkt dem Rückzahlungsanspruch des Klägers in aufrechenbarer Weise vor der Insolvenzeröffnung entgegen.
24Darüber hinaus stehen der Aufrechnung auch keine insolvenzrechtlichen Bestimmungen entgegen. Insbesondere ist die Aufrechnung nicht gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 129 ff. InsO unzulässig. Das wäre nur dann der Fall, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die vorliegend allein in Betracht kommende Insolvenzanfechtung gemäß § 134 InsO setzt voraus, dass eine unentgeltliche Leistung des Insolvenzschuldners gegeben war.
25Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich bei der Leistung des Bearbeitungsentgelts um eine entgeltliche Leistung. Entgeltlichkeit liegt immer dann vor, wenn der Leistung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung gegenüber steht und Leistung und Zuwendung voneinander abhängen (Hirte, in: Uhlenbruck/Ede, InsO, 14. Aufl. 2015, § 134 Rn. 18 m.w.N.). Zunächst stellt die bewusste Bezahlung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit eine unentgeltliche Leistung dar. Im Übrigen kann die rechtsgrundlose Leistung nicht generell als entgeltlich eingestuft werden. So liegt in dem vorliegenden Fall einer unbewusst rechtsgrundlosen Leistung keine Unentgeltlichkeit i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO vor (AG Friedberg (Hessen), Urteil vom 25. Oktober 2015 – 2 C 318/15 (12) –, juris; AG Göttingen, Urteil vom 13. Januar 2016 – 21 C 97/15 –, juris). Dabei kommt es im Wesentlichen auf die objektive Werthaltigkeit der Leistung an (Hirte/Ede, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, § 134 Rn. 47 f.).
26Die Entgeltlichkeit ergibt sich daraus, dass der Insolvenzschuldner die Darlehensvaluta nur erhalten hat, da er den Vertrag mit der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geschlossen hat, wodurch er unter anderem der Leistung eines Bearbeitungsgeldes zugestimmt hat. Andernfalls wäre der Vertrag wohl nicht zustande gekommen. Das Bearbeitungsentgelt wurde dabei für die Bearbeitung und Bewilligung eines Darlehens erhoben. Es ist damit Teil der Gegenleistung für die Kapitalüberlassung. Das zeigt sich zudem in der Bezeichnung als „Bearbeitungsentgelt“.
27Eine andere Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass das Bearbeitungsentgelt in Wirklichkeit rechtsgrundlos geleistet worden ist. Die bewusste Bezahlung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit steht einer unentgeltlichen Leistung hier nicht gleich. Denn dem Insolvenzschuldner war zum Zeitpunkt der Leistung nicht bewusst, dass er nicht leisten musste, so dass er tatsächlich zur Tilgung einer Schuld geleistet hat. Hierfür spricht der Schutzzweck des § 134 InsO, der dahin geht, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weniger schützenswert sein soll als Gläubiger, deren Forderungen ein entgeltliches Geschäft zu Grunde liegt, da der unentgeltlich Leistende keine Gegenleistung erbracht hat (Hirte/Ede, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, Rn. 2 m.w.N.). Bei einem teilweise unerkannt nichtigen oder anfechtbaren Vertrag wurden jedoch trotz der Unwirksamkeit bereits gleichwertige Leistungen ausgetauscht. Der Anfechtungsgegner hat seine Gegenleistung daher erbracht, so dass es dem Schutzzweck des § 134 InsO entgegenlaufen würde, ihn einer Insolvenzanfechtung auszusetzen (AG Friedberg (Hessen), Urteil vom 25. Oktober 2015 – 2 C 318/15 (12) –, Rn. 25, juris; Hirte/Ede, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, § 134 Rn. 48).
28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
29Der Streitwert wird auf 2.535,00 € festgesetzt.
30Rechtsbehelfsbelehrung:
31A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
32a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
33b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
34Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
35Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Essen zu begründen.
36Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Essen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
37Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
38B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Essen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
39Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.
(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,
- 1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, - 2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, - 3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, - 4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 26. Juni 2008 über das Vermögen der J GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 14. Oktober 2008 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Die Schuldnerin schloss mit der H. KGaA (nachfolgend: H. KGaA) am 11. April 2006 im Rahmen einer MezzanineFinanzierung eine Genussrechtsvereinbarung über ein Nominaldarlehen in Höhe von 6 Mio. €. Ferner ging die Schuldnerin am 20. Februar 2007 einen Vertrag über ein nachrangiges Darlehen mit der H. AG (nachfolgend: H. AG) über einen Betrag von 2 Mio. € ein. Beide Verträge sehen zu Lasten der Gläubigerinnen einen Rangrücktritt folgenden Inhalts vor: Die Gläubigerin tritt mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrages und ihrem Anspruch auf Zinszahlung dergestalt im Rang hinter die Forderungen aller bestehenden und künftigen Gläubiger der Schuldnerin zurück, dass sie erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und, soweit ein Liquidationsüberschuss oder ein die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigendes Vermögen der Gesellschaft hierfür zur Verfügung steht, nur zugleich mit, im Rang jedoch vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter der Schuldnerin Erfüllung dieser Ansprüche verlangen kann. Der Nachrang gilt auch im Insolvenzverfahren. Der Rangrücktritt gilt nur, solange und soweit durch eine teilweise oder vollständige Befriedigung des im Rang zurückgetretenen Anspruchs der Gläubigerin eine Überschuldung oder eine Zahlungsunfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinne der Schuldnerin entsteht oder zu entstehen droht.
- 3
- Aufgrund einer vertraglich zugelassenen Vertragsübernahme trat die Beklagte anstelle der bisherigen Gläubigerinnen in beide Verträge ein. Im Zeitraum von Januar bis März 2008 entrichtete die Schuldnerin an die Beklagte Zinszahlungen in Höhe von insgesamt 341.180,49 €.
- 4
- Die auf Erstattung dieses Betrages gerichtete Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision des Klägers ist begründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (abgedruckt bei WM 2014, 2218) ausgeführt:
- 7
- Aus den hier im Blick auf die am 14. Oktober 2008 erfolgte Verfahrenseröffnung noch einschlägigen Vorschriften der § 135 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1 InsO aF, §§ 32a, 32b GmbHG aF ergebe sich kein Anspruch auf Rückgewähr der an die Beklagte geleisteten Zinszahlungen. Die Beklagte werde als Nachrangdarlehensgeberin und Inhaberin eines Genussrechts nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO aF erfasst, weil zwischen der Schuldnerin und der Beklagten ausweislich der vertraglichen Vereinbarungen kein Gesellschaftsverhältnis begründet worden sei. Ebenso habe die Beklagte keine gesellschaftergleiche Stellung innegehabt. Weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und Gestaltung der Schuldnerin habe die Beklagte vertraglich nicht erhalten. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO aF finde auf die Beklagte als gesellschaftergleiche Dritte nicht deshalb Anwendung, weil sie sich einem vertraglichen Rangrücktritt unterworfen habe. Damit habe sich die Beklagte nicht dem Regelungsregime für Gesellschafterdarlehen unterstellt, weil sich die Rechtsfolgen eines vereinbarten freiwilligen Rangrücktritts nur aus der vertraglichen Vereinbarung ergäben. Die Absicherung eines Nachrangs im Wege der Anfechtung sehe das Gesetz in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO aF nur vor, wenn es sich um einen gegen den Willen des Gesellschafters gesetzlich angeordneten Nachrang handele.
- 8
- Ein Rückgewähranspruch folge auch nicht aus § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO. Bei den Zinszahlungen der Schuldnerin handele es sich nicht um eine unentgeltliche Leistung, weil ihnen aufgrund der Überlassung der Darlehensvaluta eine entsprechende Gegenleistung gegenüberstehe. Der vereinbarte Rangrücktritt führe nicht zu einer Unentgeltlichkeit der Zinszahlungen. Der Rangrücktritt beinhalte kein pactum de non petendo, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, ihre Zinsforderung nur geltend zu machen, wenn das Aktivvermögen der Gesellschaft ihre Schulden übersteige. Vielmehr habe lediglich der Rangrücktritt nach Zeit und Ausmaß beschränkt werden sollen.
- 9
- Auch ein Rückforderungsanspruch aus § 813 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB sei zu verneinen. Es fehle an einer die Geltendmachung des Zinsanspruchs dauerhaft ausschließenden Einrede. Der Rangrücktritt habe sich von einer vorübergehenden zu einer dauerhaften Einrede erst in dem Moment entwickelt, in dem die Überschuldung oder die Zahlungsschwierigkeiten der Schuldnerin in die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemündet seien. Von einer Nichtschuld habe im Zeitpunkt der Zahlungen nicht ausgegangen werden können, weil die weitere Entwicklung offen gewesen sei.
II.
- 10
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Mangels abweichender tatrichterlicher Feststellungen ist für die revisionsrechtliche Kontrolle zugrunde zu legen, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Stadium drohen- der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit an die Beklagte erbrachte. Bei dieser Sachlage findet die Klageforderung bereits in § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ihre Grundlage, weil die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte nach dem Inhalt der getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung eines Rechtsgrundes entbehrten.
- 11
- 1. Zwischen der Schuldnerin und den Rechtsvorgängern der Beklagten ist eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung zustande gekommen. Die ausdrücklich getroffene Vereinbarung erfüllt die an eine Rangrücktrittsvereinbarung zu stellende Mindestanforderung einer zweiseitigen Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger. Sie hat einen zulässigen Inhalt, weil sie einen Rangrücktritt der Forderung der Beklagten vorsieht und nicht zu Lasten anderer Gläubiger geht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - IX ZR 137/13, WM 2014, 897 Rn. 7).
- 12
- 2. Ausweislich des Inhalts der hier getroffenen Vereinbarungen war die Schuldnerin nach Eintritt drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit aus den geschlossenen Darlehensverträgen nicht verpflichtet, Zins- und Tilgungszahlungen auf das gewährte Darlehen an die Rechtsvorgänger der Beklagten zu entrichten. Der gegenteiligen Auslegung des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden.
- 13
- a) Einer Gesellschaft gewährte Darlehen müssen grundsätzlich passiviert werden und können zu ihrer Überschuldung (§ 19 InsO) beitragen. Rangrücktrittsvereinbarungen dienen deshalb dem Zweck, eine Forderung im Überschuldungstatus einer Gesellschaft unberücksichtigt zu lassen und dadurch ihre Insolvenz zu vermeiden.
- 14
- aa) Ein Rangrücktritt wird vielfach zwischen einem Gesellschafter als Inhaber einer Darlehens- oder sonstigen Drittforderung und seiner Gesellschaft vereinbart (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1987 - II ZR 104/86, NJW 1987, 1697; Priester, DB 1991, 1917, 1920). Freilich besteht aufgrund der Vertragsautonomie - wie der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit stillschweigend zugrunde gelegt hat (Urteil vom 4. Mai 1962 - VI ZR 226/61, WM 1962, 764 f) - ohne weiteres die Möglichkeit, einen Rangrücktritt zwischen einer Gesellschaft und einem Nichtgesellschafter zu verabreden (Priester, aaO; Serick, ZIP 1980, 9 ff; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 2; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 182; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 162; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 48). Rangrücktritte mit Nichtgesellschaftern finden insbesondere als Bestandteil mezzaniner Finanzierungsformen Verbreitung, durch die der Kapitalgeber - wie im Streitfall - im Wege der Gewährung eines Nachrangdarlehens in die Zwischenebene von Fremd- und Eigenkapital einrückt (Weitnauer, GWR 2012, 193; Bitter, ZIP 2013, 2; Poelzig, WM 2014, 917). Mezzanines Kapital wird regelmäßig ohne besondere Sicherung längerfristig gewährt, wobei das erhöhte Risiko durch einen entsprechenden Zins vergütet wird (Ganter, WM 2011, 1585, 1587; Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1013; Poelzig, aaO S. 925; Weitnauer, aaO). Die Rechtsfolgen einer Rangrücktrittsvereinbarung stimmen überein, gleich ob sie zwischen einer Gesellschaft und einem Gesellschafter oder einem außenstehenden Dritten, insbesondere einem Darlehensgeber, geschlossen wurde (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht , 1995, S. 290; Ulmer/Habersack, aaO). Darum sind § 19 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 InsO, die sich nach ihrem Wortlaut nur mit dem Rangrücktritt eines Gesellschafterdarlehensgebers befassen, auch auf einen Rangrücktritt außenstehender Gläubiger anwendbar (HK-InsO/Kirchhof, 7. Aufl., § 19 Rn. 24; HmbKomm-InsO/Schröder, 5. Aufl., § 19 Rn. 43; Nerlich /Kreplin/Bornheimer, Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung , 2. Aufl., § 7 Rn. 85; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Baumert, GmbHG, 5. Aufl., Vor § 64 Rn. 155; Saenger/Inhester/Kolmann, aaO; Altmeppen in Roth/Altmeppen, aaO; Weitnauer, aaO S. 195; Frystatzki, NZI 2013, 609, 611).
- 15
- bb) Inhalt und Reichweite eines Rangrücktritts können Gläubiger und Schuldner der Forderung frei vereinbaren (vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Kapital D, Rn. 1536, Kapitel M, Rn. 957; Herrmann, Quasi-Eigenkapital im Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht, 1996, S. 135 ff; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 183). Es kann etwa vorgesehen werden, dass der Nachrang nur für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Geltung haben soll. Eine solche Abrede wäre indessen nicht geeignet, eine Überschuldung des Unternehmens abzuwenden, weil der Gläubiger nicht gehindert wäre, seine Forderung vor Verfahrenseröffnung durchzusetzen (Priester, DB 1977, 2429, 2430; Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 128 f; Frystatzki, NZI 2013, 609, 610; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 262). Falls ein Gläubiger vereinbarungsgemäß hinter bestimmte einzelne Gläubiger zurücktritt, lässt sich eine Überschuldung ebenfalls nicht verhüten, weil die betroffene Forderung dann als letztrangige Verbindlichkeit bestehen bleibt, die weiterhin das Schuldnervermögen belastet (vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Kapitel D Rn. 1536; Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1008).
- 16
- cc) Soll eine Rangrücktrittsvereinbarung die Vermeidung einer Insolvenz sicherstellen, muss sie nach der bis zum Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 und den damit verbundenen Modifizierungen der § 19 Abs. 2 Satz 2, § 39 Abs. 2 InsO maßgeblichen, infolge der zeitlichen Gegebenheiten vorliegend zu beachtenden Gesetzeslage sowohl vor als nach Verfahrenseröffnung ausschließen, dass eine Darlehensforderung als Verbindlichkeit in die Bilanz aufgenommen wird (BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 - VI ZR 226/61, WM 1962, 764 f; BGH, Beschluss vom 23. September 2010 - IX ZB 282/09, WM 2010, 2088 Rn. 7). Demzufolge muss sich der Regelungsbereich einer Rangrücktrittsvereinbarung auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeröffnung erstrecken (Frystatzki, NZI 2013, 609, 610). Ein Rangrücktritt ist als rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot des Inhalts auszugestalten, dass die Forderung des Gläubigers außerhalb des Insolvenzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und in der Insolvenz nur im Rang nach den Forderungen sämtlicher normaler Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) befriedigt werden darf (Habersack, ZGR 2000, 384, 401; Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 128 f; Priester, DB 1977, 2429, 2431; Röhricht, VGR Band 5, 2002, 3, 19; Martinek/Omlor, WM 2008, 665, 667; Herrmann, Quasi-Eigenkapital im Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht , 1996, 135 ff; Michalski/Heidinger, GmbHG, 2. Aufl, §§ 32a, 32b aF Rn. 403). Der Gläubiger muss aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarung dauerhaft gehindert sein, seine Forderung geltend zu machen (Winnefeld, BilanzHandbuch , 4. Aufl., Kapitel D Rn. 1536). Unzureichend ist ein lediglich zeitlich begrenzter Rücktritt (Winnefeld, aaO).
- 17
- dd) Vor diesem Hintergrund braucht eine Forderung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht passiviert zu werden, wenn der betreffende Gläubiger aufgrund eines qualifizierten Rangrücktritts sinngemäß erklärt hat, er wolle wegen der Forderung erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter berücksichtigt , also so behandelt werden, als handele es sich bei dem Darlehen um statutarisches Kapital (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271). Ein Rücktritt in den Rang von § 39 Abs. 2 InsO aF genügt den Anforderungen an einen qualifizierten Rangrücktritt, wenn der Gesellschafter in dieser Klasse an die letzte Stelle tritt (BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12; vgl. auch Röhricht, VGR Band 5, 2002, 3, 19 f). Als Folge des Rangrücktritts besteht keine Notwendigkeit, die Forderung in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen. Einer darüber hinausgehenden Erklärung des Gesellschafters, insbesondere eines Verzichts auf die Forderung, bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, aaO). Bei einer im engen Wortsinn unzureichenden Vereinbarung kann sich im Wege der Auslegung ergeben , dass ein umfassender Rangrücktritt gewollt war (Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 129; Schmidt/Uhlenbruck/Wittig, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl., Rn. 2.262). Der vereinbarte Nachrang erfasst neben der Hauptforderung gemäß § 39 Abs. 3 InsO auch die Zinsen und sonstige Nebenforderungen (Ulmer/Habersack, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, 1. Aufl., § 30 Rn. 55; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 2. Aufl., Anhang § 30 Rn. 165; Gehrlein in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, 2. Aufl., Vor § 64 Rn. 125).
- 18
- ee) Diesen Anforderungen an den Inhalt einer Rangrücktrittsvereinbarung ist auch auf der Grundlage des durch das MoMiG umgestalteten Rechts (§ 19 Abs. 2 Satz 2, § 39 Abs. 2 InsO) im Wesentlichen zu genügen. Abweichend von dem in dem Urteil vom 8. Januar 2001 (aaO) zum Ausdruck gekommenen Verständnis kann die Erklärung nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2, § 39 Abs. 2 darauf beschränkt werden, hinter die Forderungen aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zurückzutreten, ohne darüber hinaus eine Gleichstellung mit den Einlagerückgewähransprüchen zu verlautbaren (BT-Drucks. 16/9737, S. 58; HmbKomm-InsO/Schröder, 5. Aufl., § 19 Rn. 43; Nerlich/Kreplin/Bornheimer , Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung, 2. Aufl., § 7 Rn. 85; Meyer-Löwy/Schmidt/Shubina, ZIP 2014, 2478, 2479; Baumbach /Hueck/Haas, GmbHG, 20. Aufl., § 64 Rn. 55; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 50).
- 19
- Allerdings ist in Einklang mit dem bisherigen Recht zur Vermeidung der andernfalls unumgänglichen Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) zu verlangen, dass der Rangrücktritt auch den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung erfasst (Baumbach/Hueck/Haas, aaO; ders. in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., Kap. 40 Rn. 59; Pape/Uhländer/Sikora, InsO, § 19 Rn. 44; MünchKomm -GmbHG/Müller, 2. Aufl., § 64 Rn. 39; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 19 Rn. 35; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., Vor § 64 Rn. 66; ders. ZIP 2015, 345, 347; Altmeppen in Roth/Altmeppen, aaO Vorb § 64 Rn. 45; Funk, BB 2009, 867, 869; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 837; Frystatzki, NZI 2013, 609 ff; Henkel/Wentzler, GmbHR 2013, 239, 240; ebenso wohl auch FKInsO /Schmerbach, 8. Aufl., § 19 Rn. 28; Leithaus/Schaefer, NZI 2010, 844, 847; Poelzig, WM 2014, 917 f; aA Saenger/Inhester/Kolmann, aaO Anhang § 30 Rn. 161; Rund, GmbHR 2009, 1149, 1150; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2262; Kahlert /Gehrke, DStR 2010, 227, 229; Geiser, NZI 2013, 1056). Eine Forderung kann nicht vor Verfahrenseröffnung durchsetzbar sein, nach Verfahrenseröffnung aber ausgeblendet werden, wenn es um die Feststellung der Überschuldung geht. Der Überschuldungsstatus würde die Schuldendeckungsfähigkeit nicht zutreffend abbilden, wenn eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre fehlte (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 10; Röhricht, VGR Band 5, 2002, 3, 19). Diese rechtliche Würdigung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach - abgesehen von der Rangtiefe - an den von dem Bundesgerichtshof für eine Rangrücktrittsvereinbarung zwecks Befreiung von der Passivierungspflicht entwickelten Voraussetzungen festgehalten werden soll (BT-Drucks., aaO). Da die Neuregelung dem Geschäftsfüh- rer nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Entscheidung, ob eine Forderung zu passivieren ist, erleichtern soll (BT-Drucks., aaO), muss ein Rangrücktritt , weil von seiner Reichweite die Geschäftsleiter treffende Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) abhängt, gerade auch vor Verfahrenseröffnung gelten. Soweit der Gesetzgeber - ohnehin nur bezogen auf Gesellschafterdarlehen (vgl. Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1012) - eine ungeachtet einer Rangrücktrittsvereinbarung bewirkte Zahlung als anfechtbar erachtet (BTDrucks. , aaO), wird ersichtlich keine Aussage zu einer vor Verfahrenseröffnung eingreifenden materiell-rechtlichen Durchsetzungssperre getroffen, mit der die höchstrichterliche Rechtsprechung zudem erstmals in vorliegender Sache befasst ist.
- 20
- b) Die im Streitfall vereinbarten Vertragsklauseln sind in dem von der Rechtsprechung verlangten (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271; Beschluss, vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12) Sinn eines qualifizierten Rangrücktritts zu verstehen. Das Berufungsgericht hat bei seiner gegenteiligen Würdigung den Grundsatz einer beiderseits interessengerechten Auslegung nicht hinreichend berücksichtigt.
- 21
- aa) Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht nicht bindend , wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt werden. Die Vertragsauslegung hat in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung. Dieser Grundsatz bezweckt, die Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen. Es geht hierbei nicht darum, dem Rechtsgeschäft zu dem Inhalt zu verhelfen, der dem Richter im Entscheidungszeitpunkt als interessengemäß erscheint. Maßgeblich ist vielmehr der Einfluss, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen bei deren Abgabe hatte (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 214/08, WM 2010, 365 Rn. 14 mwN).
- 22
- bb) In Einklang mit diesen Grundsätzen ist die Vereinbarung der Parteien dahin zu deuten, dass die Beklagte vor Verfahrenseröffnung keine Befriedigung ihrer Forderung von der Schuldnerin verlangen kann, sofern bei dieser als Folge einer Zahlung Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zumindest einzutreten droht.
- 23
- (1) In den Verträgen ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Beklagte mit ihren Ansprüchen auf Rückzahlung des Nominalbetrages und auf Zinszahlung hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger zurücktritt und erst nach Befriedigung dieser Gläubiger und nur zugleich mit, im Range jedoch vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter Erfüllung ihrer Forderungen verlangen kann. Der Nachrang sollte auch im Insolvenzverfahren gelten. Weiter heißt es, dass der Rangrücktritt zu beachten ist, solange und soweit durch eine teilweise oder vollständige Befriedigung eine Überschuldung oder Zahlungseinstellung entsteht oder zu entstehen droht.
- 24
- (2) Diese aufeinander bezogenen, an der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientierten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 183) Vertragsbestimmungen bringen - wobei angesichts der verbreiteten unterschiedlichen Formulierungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Wahl einer bestimmten Vertragsklausel verlangt werden kann (vgl. KnobbeKeuk , ZIP 1983, 127, 129; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Ver- meidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 16; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., § 64 Anh. Rn. 363) - den unmissverständlichen Willen der Vertragsschließenden zum Ausdruck, dass die Beklagte nur Befriedigung verlangen kann, wenn sich bei der Schuldnerin keine auch nur drohende Insolvenzreife verwirklicht. Der Rangrücktritt sollte sowohl vor wie nach Verfahrenseröffnung gelten.
- 25
- (3) Damit haben die Rechtsvorgänger der Beklagten ausdrücklich ihr Einverständnis geäußert, erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und nur zugleich mit, im Range jedoch vor den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter Erfüllung ihrer Ansprüche beanspruchen zu können. Auf diese Weise wurde klargestellt, dass die Forderung nicht in Konkurrenz zu außenstehenden Gläubigern geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 273). Nach dem Inhalt der Abrede ist die Beklagte in Einklang mit den Anforderungen der Rechtsprechung an die letzte Stelle im Rang des § 39 Abs. 2 InsO aF getreten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12). Der Rangrücktritt sollte zwar nur gelten, wenn im Falle einer Befriedigung der Beklagten bei der Schuldnerin eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zu befürchten war. Die Beschränkung des Rangrücktritts auf Gestaltungen einer drohenden Insolvenzreife ist jedoch interessengerecht, weil sie sicherstellt, dass die Beklagte, die keinen Forderungsverzicht bekundet hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, aaO S. 271), ihre Forderung durchsetzen kann, solange die Schuldnerin ohne die Gefahr einer Insolvenz über hinreichende finanzielle Mittel zur Tilgung der Verbindlichkeit verfügt (vgl. Frystatzki, NZI 2013, 609, 613). Da der Bestand der Forderung nicht angetastet werden sollte, entspricht es dem Willen der Vertragspartner, dass die Forderung vor Verfahrenseröffnung aus ungebundenem Vermögen beglichen werden darf (vgl. Priester, DB 1977, 2429, 2431; Habersack, ZGR 2000, 384, 404; Frystatzki, aaO).
- 26
- (4) Der Zusammenhang der Vertragsklauseln lässt erkennen, dass auf der Grundlage des erklärten Rangrücktritts hingegen kein Zahlungsanspruch der Beklagten bestand, wenn eine Befriedigung der Forderung bei der Schuldnerin eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit auslösen konnte. In diesem Fall war die Schuldnerin nach der getroffenen Abrede - was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft außer Acht lässt - nicht berechtigt, Erfüllung ihrer Forderung zu "verlangen". Diese Rechtswirkungen des Nachrangs waren, weil dieser "auch" im späteren Insolvenzverfahren gelten sollte, bereits vor Verfahrenseröffnung zu beachten. Folglich hat die Beklagte einen mit einer Durchsetzungssperre verbundenen Rangrücktritt erklärt, nach dessen Inhalt sie nicht Befriedigung ihrer Forderung beanspruchen kann, solange die Voraussetzungen des Rangrücktritts durchgreifen.
- 27
- 2. Eine nachträgliche Rangrücktrittsvereinbarung bildet einen Schuldänderungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB). Nach seinem Inhalt steht der Schuldnerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Bereicherungsanspruch wegen einer rechtsgrundlosen Leistung gegen die Gläubigerin zu, sofern sie deren Forderung trotz Geltung des Rangrücktritts beglichen hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - die Begründung der Forderung mit einem quotifizierten Rangrücktritt versehen wird.
- 28
- a) Unter einer Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2009 - IX ZR 237/07, WM 2009, 517 Rn. 10). Dabei kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbe- stimmung, also darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - IX ZR 204/11, WM 2013, 1271 Rn. 11). Die Schuldnerin hat die Zahlungen zwecks Tilgung der für die Darlehen ausbedungenen Zinsen an die Beklagte erbracht. Damit sind die Zahlungen jeweils als Leistung zu werten.
- 29
- b) Die Zahlungen entbehren infolge der zwischen den Parteien geschlossenen Rangrücktrittsvereinbarung eines Rechtsgrundes. Nach dem Inhalt der Rangrücktrittsvereinbarung durften die Forderungen der Beklagten nur aus freiem Vermögen der Schuldnerin beglichen werden. Folglich war im Fall drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ein Zahlungsanspruch der Beklagten nicht gegeben.
- 30
- aa) In Rechtsprechung und Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen zur Rechtsnatur einer Rangrücktrittsvereinbarung vertreten. Teilweise wird angenommen, dass ein Rangrücktritt einen bedingten Forderungserlass darstellt (BT-Drucks. 12/2443, S. 115; Serick, ZIP 1980, 9, 14 f; Haack, KTS 1980, 309, 312; BFHE 161, 87, 93; anders aber nunmehr BFH, NZG 2004, 686, 687; GmbHR 2006, 158, 160 f). Andere betrachten eine Rangrücktrittsvereinbarung als pactum de non petendo und damit als eine Stundungsvereinbarung (Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 39 Rn. 22). Beiden Einordnungen kann nicht gefolgt werden.
- 31
- Die Annahme eines bedingten Forderungserlasses läuft dem Parteiwillen entgegen, weil er zu dem überschießenden Ergebnis führen würde, dass infolge des Forderungsverzichts akzessorische Sicherheiten erlöschen und der Anspruch auf Verzinsung der Forderung entfällt (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, S. 285 f; Peters, WM 1988, 685, 688 f; Schulze-Osterloh, WPg 1996, 97, 98; Habersack, ZGR 2000, 384, 403; vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 2. Aufl., Kapitel N Rn. 644). Infolge des Erlasses würde der Gläubiger überdies in der Insolvenz an einem etwaigen Restvermögen der Schuldnerin, das an die Gesellschafter auszukehren wäre, nicht einmal quotal partizipieren (Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 39 Rn. 53). Auch die Annahme eines pactum de non petendo erscheint nicht sachgerecht, weil dadurch ein bloßes, in seiner Ausübung vom Belieben des Schuldners abhängiges Leistungsverweigerungsrecht begründet wird und die Forderung ungeachtet der Stundungsvereinbarung weiterhin im Überschuldungsstatus zu berücksichtigen ist (Fleischer, aaO S. 286; Serick, aaO S. 14; Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127, 129; Schulze-Osterloh, aaO S. 98 f; Habersack, aaO; Priester, DB 1991, 1917, 1920; Meyer-Löwy/Schmidt/Shubina, ZIP 2014, 2478, 2480; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 48; vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 12).
- 32
- bb) Liegt der Zweck einer Rangrücktrittsvereinbarung darin, dass die betroffene Forderung zur Vermeidung einer Insolvenz nicht als Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz erscheint, bildet die Übereinkunft einen verfügenden Schuldänderungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB). Aufgrund des Schuld- oder Schuldänderungsvertrages wird die Forderung mit dinglicher Kraft inhaltlich dahin umgewandelt, dass sie nicht mehr zu passivieren ist. Die Forderung bildet im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern haftendes Kapital und darf deshalb nicht an den Forderungsinhaber ausbezahlt werden. Damit wird der Forderung vereinbarungsgemäß eine nachrangige Stellung zugewiesen, die eine Befriedigung nur aus freiem, nicht zur Schuldendeckung benötigten Vermögen der Gesellschaft gestattet. Durch die Vereinbarung wird die Rangfolge, aber nicht der Bestand der Forderung geändert, so dass etwaige Sicherungsrechte nicht berührt werden (Fleischer, aaO S. 287; Knobbe-Keuk, aaO; Peters, WM 1988, 685, 689 f; Priester, aaO; Schulze-Osterloh, aaO S. 99; Habersack, aaO; Martinek /Omlor, WM 2008, 665, 667; Altmeppen, aaO § 42 Rn. 49; Nerlich /Kreplin/Bornheimer, Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung , 2. Aufl., Rn. 84; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 4. Aufl., Kapitel M Rn. 957; Michalski/Heidinger, GmbHG, 2. Aufl., § 32a, § 32b aF Rn. 403; Schmidt/Uhlenbruck/Wittig, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl., Rn. 2.262; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., § 64 Anh. Rn. 361; wohl auch Teller/Stephan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 341).
- 33
- c) Wird die mit einem Rangrücktritt versehene Forderung von dem Schuldner trotz Insolvenzreife beglichen, steht ihm nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Rückforderungsanspruch gegen den Gläubiger zu.
- 34
- Infolge der Nachrangvereinbarung darf die Forderung nicht getilgt werden , wenn sich der Schuldner im Stadium der Insolvenzreife befindet. Darum verwirklicht sich in der Rangrücktrittsvereinbarung eine Durchsetzungssperre (vgl. Scholz/Bitter, aaO § 64 Anh. Rn. 365), die aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Bindung kapitalersetzender Darlehen entspricht (vgl. Scholz/Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 105). Der Schuldner, der die Forderung bei Insolvenzreife entgegen der Rangrücktrittsvereinbarung berichtigt , hat infolge der Schuldänderung auf eine Nichtschuld geleistet (vgl. Fleischer , aaO; Serick, ZIP 1980, 9, 13; Schulze-Osterloh, aaO S. 98 f; Habersack, aaO S. 404; Priester, DB 1977, 2429, 2434; Bitter, ZIP 2013, 2, 6; Teller /Stephan, aaO Rn. 373). Deshalb steht dem Kläger im Streitfall ein Erstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu, sofern die Schuldnerin im Zeitpunkt der Begleichung der Darlehenszinsen insolvenzreif war.
- 35
- 3. Die Zahlungen der Schuldnerin sind nicht deshalb mit Rechtsgrund erfolgt, weil sie und die Beklagte die Rangrücktrittsvereinbarung nachträglich aufgehoben haben. Eine Rangrücktrittsvereinbarung kann als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB), der zum Vorteil aller Gläubiger des Schuldners Rechte begründet, nicht durch eine Abrede des Schuldners mit dem Forderungsgläubiger aufgehoben werden. Deshalb kann dahinstehen, ob in der Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte ein einer konkludenten Annahme (§ 151 BGB) zugängliches Angebot auf Aufhebung der Rangrücktrittsvereinbarung erkannt werden kann.
- 36
- a) Nach dem Willen der Vertragschließenden ist eine Rangrücktrittsvereinbarung als Vertrag zugunsten der Gläubiger des Forderungsschuldners (§ 328 Abs. 2 BGB) zu verstehen.
- 37
- aa) Den Partnern einer Rangrücktrittsvereinbarung ist bewusst, dass ihre Abrede dazu dient, einen andernfalls möglicherweise eingreifenden Insolvenzgrund (§§ 17 ff InsO) zu verhindern oder zu beseitigen. Zugunsten der bisherigen Gläubiger, aber auch der nach Abschluss der Vereinbarung hinzutretenden Neugläubiger wird aufgrund der Rangrücktrittserklärung rechtsverbindlich bekundet , dass die zurücktretende Forderung mangels einer Passivierungspflicht nicht die Insolvenz des Schuldners auslösen wird, was - sofern nicht andere insolvenzverursachende Umstände hinzukommen - eine volle Befriedigung der übrigen Gläubigerforderungen erwarten lässt. Mithin ist der Wille der Vertragspartner bei Abschluss einer Rangrücktrittsvereinbarung notwendigerweise auf eine Begünstigung der Gläubiger des Forderungsschuldners gerichtet.
- 38
- bb) Ein Rangrücktritt muss, weil ein zeitlicher begrenzter Verzicht die Passivierungspflicht nicht beseitigt, auf Dauer gerichtet sein (Winnefeld, BilanzHandbuch , 4. Aufl., Kapitel D Rn. 1536). Im Interesse des Gläubigerschutzes ist es unumgänglich, eine Bindung der Vertragsparteien an eine Rangrücktrittserklärung anzuerkennen, die eine freie Aufhebung des Übereinkommens ausschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, WM 2010, 1080 Rn. 10). Darum kann die mit einer Rangrücktrittserklärung verbundene Vorsorge gegen den Eintritt eines Insolvenzgrundes nur verwirklicht werden, wenn den Gläubigern eine gesicherte Rechtsposition verschafft wird. Diese Wertung entspricht der Rechtsnatur der Rangrücktrittserklärung. Andernfalls unterläge es dem Belieben der Partner einer Rangrücktrittsvereinbarung, einen Insolvenzgrund vorübergehend zu beseitigen oder wieder eingreifen zu lassen. Ohne gesicherte Rechtsposition der Gläubiger kann eine Suspendierung der öffentlich -rechtlichen Insolvenzantragspflicht nicht gerechtfertigt werden. Deshalb wird die Begründung eines selbständigen Rechts der Gläubiger bei einem Rangrücktritt stets miterklärt (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, S. 291 f; ders. DStR 1999, 1774, 1779; Duss, AG 1974, 133, 134, 135; Pesch, WM 1998, 1609 ff; im Ergebnis ebenso Ulmer /Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 184; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 1982 - II ZR 86/81, WM 1982, 507, 509; Urteil vom 28. Juni 1999 - II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 121; Beschluss vom 1. März 2010, aaO; a.A. insbesondere auf der Grundlage eines pactum de non petendo K. Schmidt in FS Goerdeler, 1987, 487, 500; ders. ZIP 1999, 1241, 1247; Bitter, ZIP 2013, 2, 5; Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Aufl., Anh. § 64 Rn. 368, aber einschränkend aaO Rn. 369).
- 39
- cc) Der Kreis der hierdurch begünstigten Gläubiger ist entgegen im Schrifttum geäußerter Bedenken hinreichend bestimmt.
- 40
- (1) Die Regelung des § 328 Abs. 2 BGB lässt die Konkretisierung genügen , das Recht des Dritten sofort oder unter gewissen Voraussetzungen zu erwerben. Darum müssen die begünstigen Dritten nicht schon bei Vertragsschluss im Einzelnen feststehen (vgl. RGZ 106, 120, 126 ff; OLG Saarbrücken, NJW 1998, 2746). Ebenso wenig brauchen dem Schuldner die begünstigten Personen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt zu sein (BGH, Urteil vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 10). Vielmehr genügt es, wenn die begünstigten Dritten nachträglich bestimmbar sind (RGZ, aaO; BGH, Urteil vom 28. Juni 1979 - VII ZR 248/78, BGHZ 75, 75, 78 f; Fleischer, DStR 1999, 1774, 1779). Einer Beschränkung des Kreises der in den Vertrag einbezogenen Dritten bedarf es nicht, wenn durch ihre Einbeziehung eine Ausweitung des Haftungsrisikos, was wegen der hier auf eine Einzelforderung beschränkten Durchsetzungssperre ausgeschlossen ist, nicht eintritt (BGH, Urteil vom 20. April 2004, aaO S. 9; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 18; Stürner/Medicus in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 328 Rn. 14).
- 41
- (2) Bei Treuhandverträgen im Rahmen von Kapitalanlagemodellen ist anerkannt, dass diese Drittwirkung auch zugunsten künftiger Anleger entfalten (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345; vom 30. Oktober 2003 - III ZR 344/02, WM 2003, 2382, 2383). In den Fällen eines Liquidationsvergleichs, bei dem der Schuldner zur Befriedigung seiner Gläubiger sein Vermögen auf einen unabhängigen Treuhänder überträgt, geht die Rechtsprechung von dem Vorliegen eines mit dem Treuhandvertrag verbunde- nen echten Vertrages zugunsten der Gläubiger aus (BGH, Urteil vom 14. März 1966 - VII ZR 7/64, NJW 1966, 1116; vom 10. Februar 1971 - VIII ZR 182/69, BGHZ 55, 307, 309; vom 29. November 1973 - VII ZR 2/73, BGHZ 62, 1, 3; vom 12. Oktober 1989 - IX ZR 184/88, BGHZ 109, 47, 52). Mithin kann ein Vertrag zugunsten sämtlicher Gläubiger eines Schuldners begründet werden.
- 42
- b) Als Vertrag zugunsten Dritter kann eine Rangrücktrittsvereinbarung grundsätzlich nicht ohne Mitwirkung der begünstigten Gläubiger aufgehoben werden (BGH, Urteil vom 28. November 1973 - VIII ZR 87/72, WM 1974, 14, 15). Allerdings kann das Recht des Dritten gemäß § 328 Abs. 2 BGB an gewisse Voraussetzungen geknüpft werden. Die von einem Rangrücktritt erfasste Forderung darf nach dem Inhalt der hier maßgeblichen Vereinbarung aus freiem Vermögen der Schuldnerin beglichen werden. Ein Recht der Gläubiger wird folglich nicht begründet, wenn eine zur Deckung sämtlicher Verbindlichkeiten genügende Vermögensmasse vorhanden ist. Mithin ist eine Aufhebung einer Rangrücktrittserklärung ohne Mitwirkung der Gläubiger zulässig, wenn eine Insolvenzreife der Schuldnerin nicht vorliegt oder beseitigt ist (Fleischer, DStR 1999, 1774, 1779; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 39 Rn. 56; Wittig, NZI 2001, 169, 175). Hiervon ist für den Zahlungszeitraum ab Januar 2008 nach dem revisionsrechtlich zugrunde zulegenden Sachverhalt nicht auszugehen.
- 43
- 4. Allerdings kann dem aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB folgenden Bereicherungsanspruch § 814 BGB entgegenstehen, sofern die Schuldnerin die Zahlung in Kenntnis ihrer Insolvenzreife und der folglich durchgreifenden Zahlungssperre bewirkt hat.
- 44
- a) Der Kondiktionsausschluss des § 814 BGB greift erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (BGH, Urteil vom 28. November 1990 - XII ZR 130/89, BGHZ 113, 62, 70). Die Regelung gilt nur für freiwillige Leistungen. Zahlt ein Schuldner hingegen zwar in Kenntnis der Nichtschuld, jedoch nur unter Druck oder unter Zwang, so steht die Kenntnis der Nichtschuld einer Kondiktion nicht entgegen (BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - XII ZR 95/93, NJW 1995, 3052, 3054). Wird die Leistung, deren Rückabwicklung im Streit steht, durch einen Vertreter erbracht, so kommt es für die Kenntnis des Nichtbestehens eines Rechtsgrundes auf das Wissen des die Leistung bewirkenden Vertreters an (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 - III ZR 208/97, NJW 1999, 1024, 1025). Scheitert ein Anspruch des Schuldners an § 814 BGB, ist auch dem Insolvenzverwalter ein Bereicherungsanspruch abzusprechen (BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 100 f).
- 45
- b) Nach diesen Grundsätzen kann § 814 BGB hier eingreifen, wenn der Vertreter der Schuldnerin, der die Leistung - auch etwa durch eine Weisung - veranlasst hat (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998, aaO), über die bestehende Durchsetzungssperre unterrichtet war. Daran würde es indessen fehlen, wenn es sich um eine routinemäßig von der Buchhaltung der Schuldnerin bewirkte Zahlung handelt. Ebenso wäre § 814 BGB unanwendbar, wenn die Zahlung auf Druck der Beklagten erfolgt wäre (Priester, DB 1977, 2429, 2434). Zweifel daran, dass die Voraussetzungen des § 814 BGB vorliegen, gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Leistungsempfängers (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - III ZR 58/02, NJW 2002, 3772, 3773).
III.
- 46
- Die Klageforderung findet nach Maßgabe des für die revisionsrechtliche Prüfung zugrunde zu legenden Sachverhalts jedenfalls ihre Grundlage in § 134 Abs. 1 InsO. Deswegen kann letztlich offenbleiben, ob § 814 BGB dem Bereicherungsanspruch entgegensteht, weil diese Vorschrift auf das anfechtungsrechtliche Rückgewährverhältnis des § 143 Abs. 1 InsO nicht anzuwenden ist (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 15; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 53/08, NZI 2010, 320 Rn. 3).
- 47
- 1. Nach § 134 InsO sind unentgeltliche Leistungen des Schuldners in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar. Leistung des Schuldners in diesem Sinne ist jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden (BGH, Urteil vom 19. April 2007 - IX ZR 79/05, WM 2007, 1135 Rn. 14). Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von insgesamt 341.180,49 € haben infolge des Vermögensabflusses bei der Schuldnerin eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 15). Die Anfechtungsfrist ist gewahrt.
- 48
- 2. Die Zahlungen erfolgten auch unentgeltlich.
- 49
- a) Die Regelung des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründete Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Verfügungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Ausle- gung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393, 396; vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10). Unentgeltlich ist danach eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 101; vom 13. März 2008 - IX ZR 117/07, WM 2008, 1033 Rn. 7; Beschluss vom 21. Dezember 2010, aaO). Der insolvenzrechtliche Begriff der unentgeltlichen Leistung setzt eine Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche nicht voraus. Maßgebend ist in erster Linie der objektive Sachverhalt. Erst wenn feststeht, dass der Zahlungsempfänger einen Gegenwert für seine Zuwendung erbracht hat, ist zu prüfen , ob gleichwohl der Hauptzweck des Geschäfts Freigiebigkeit gewesen ist (BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 280 f; Beschluss vom 21. Dezember 2010, aaO). Bei Zahlung auf eine Nichtschuld fehlt es, selbst wenn einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch § 814 BGB entgegensteht, an der Entgeltlichkeit der Leistung (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010, aaO Rn. 12 mwN; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 26; Pape/Uhländer/Bornheimer, InsO, § 134 Rn. 24; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 134 Rn. 6; MünchKommAnfG /Kirchhof, § 4 Rn. 23).
- 50
- b) Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte als unentgeltlich zu bewerten, weil sie infolge des im Rahmen der Rangrücktrittsvereinbarung getroffenen Zahlungsverbots eines Rechtsgrunds entbehrt.
- 51
- aa) Die Gewährung eines nach früherem Recht kapitalersetzenden Darlehens oder auch das Stehenlassen eines Darlehens mit der Folge seiner Umqualifizierung in Gesellschaftskapital ist als unentgeltliche Leistung des Gesellschafters an seine Gesellschaft zu bewerten. Der durch die Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel bewirkte Rangrücktritt des Anspruchs auf Rückzahlung , der in der Insolvenz dessen wirtschaftliche Wertlosigkeit zur Folge hat, wird ohne ausgleichende Gegenleistung der Gesellschaft gewährt (BGH, Urteil vom 2. April 2009 - IX ZR 236/07, NZI 2009, 429 Rn. 16 ff). Wird umgekehrt ein kraft Eigenkapitalersatzrecht gesperrter Zahlungsanspruch befriedigt (vgl. Martinek /Omlor, WM 2008, 665, 668), liegt wegen der verbotenen Zahlung aus dem Stammkapital eine unentgeltliche Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter vor (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 39).
- 52
- bb) Zwar greift vorliegend im Verhältnis der Schuldnerin zu der Beklagten - mangels einer Gesellschafterstellung auch nach dem hier noch anzuwendenden Eigenkapitalersatzrecht - kein gesetzliches Zahlungsverbot ein. Die Parteien haben jedoch ein rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot vereinbart, als dessen Rechtsfolge Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte im Stadium der Insolvenzreife ohne Rechtsgrund erbracht werden. Rechtlich sind ein gesetzliches und ein rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot gleich zu behandeln. Mithin führt auch das zwischen den Parteien kraft des Rangrücktritts vereinbarte rechtsgeschäftliche Zahlungsverbot zur Rechtsgrundlosigkeit und damit Unentgeltlichkeit der Leistung (vgl. Dahl/Schmitz, NZI 2009, 433, 434; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 18. Aufl., § 134 Rn. 14; Bork, ZIP 2012, 2277,
2281).
IV.
- 53
- Auf die begründete Revision des Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist mangels Endentscheidungsreife gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die wiedereröffnete Hauptverhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, zur Prüfung von Ansprüchen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB und aus § 134 Abs. 1 InsO insbesondere Feststellungen darüber zu treffen, ob der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlungen an die Beklagte Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit drohte.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.05.2013 - 13 O 465/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.05.2014 - I-12 U 87/13 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.