Landgericht Düsseldorf Urteil, 30. Okt. 2013 - 2a O 53/13 U.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Auf die Widerklage werden die Klägerinnen verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr
a) zur Kennzeichnung ihres auf die Produktion und den Vertrieb von
Küchenmöbeln gerichteten Geschäftsbetriebes die Firmierung „artego
Küchen GmbH & Co. KG“ zu benutzen, und/oder die Firmierung „artego Küchen Beteiligungs GmbH“ für ein Unternehmen, das als Komplementärin eines auf Herstellung und den Vertrieb von Küchenmöbeln gerichteten Unternehmens fungiert, zu benutzen,
und/oder
b) das Zeichen „artego“ für Küchenmöbel, insbesondere Einbauküchen und deren Teile, zu benutzen, derartige Möbel unter dem Zeichen „artego“ anzubieten und/oder bewerben und/oder einzuführen, auszuführen in den Verkehr zu bringen und zu besitzen,
und/oder
c) das Zeichen „artego“ als Bestandteil von Domains „artego-kuechen“ und/ oder „artego-küchen“ mit unterschiedlichen Top-Level Domains zu benutzen;
2. im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland Auskunft zu erteilen über
a) die Dauer der Benutzung der Firmierungen „artego Küchen GmbH & Co. KG“ sowie der Domains „artego-kuechen.de/com/net/eu“ und „artego-küchen.de“,
b) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und sonstigen Vorbesitzern von Küchenmöbeln „artego“ sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, ferner über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder hergestellten Küchen/Küchenmöbel „artego“ und ihrer Einzelteile und über die Preise, weiter über Art und Umfang der in Ziff. 1 beschriebenen Handlungen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren und unter der Firmierung erzielten Umsätze und Gestehungskosten , einschließlich aller Kostenfaktoren, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, ergeben, ferner über Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern, Auflagenhöhe bei Printmedien und Zugriffszahlen bei Internetwerbung, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet;
3. im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland die mit „artego“ gekennzeichneten Waren und Werbematerialien zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen und die in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren, Materialien und Geräte, die vorwiegend zu Kennzeichnung gem. Ziff. 1 gedient haben, zu vernichten, und dies gegenüber der Beklagten nachzuweisen;
4. im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland den der Beklagten aus den Verletzungshandlungen zur Ziff. I. bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen;
5. an die Beklagte EUR 2.080,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.09.2011 zu zahlen.
III. Auf die Widerklage wird die Klägerin zu 1) weiter verurteilt, in die
Löschung der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Az. 30 2010 046859 eingetragenen Marke „artego“ in den Klassen 19, 20 und 21 einzuwilligen.
IV. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen gesamtschuldnerisch.
VI. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Ziffer II.1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,00 Euro, hinsichtlich der Ziffern II. 2. und 3. jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 Euro und hinsichtlich der Ziffer II. 5. sowie der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist das Urteil nicht vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Küchen und Küchenmöbel. Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass der Beklagten keine markenrechtlichen Verletzungsansprüche gegen sie zustehen. Widerklagend macht die Beklagte Unterlassungsansprüche sowie die Einwilligung in eine Markenlöschung geltend.
3Die Klägerin zu 1) produziert und vertreibt Küchenmöbel, und zwar sogenannte zerlegte Mitnahmeküchen und montierte Einbauküchen. Bis zum 2.8.2011 firmierte sie unter A. GmbH & Co. KG. Die Klägerin zu 2) ist die Komplementärin der Klägerin zu 1) und firmierte bis zum 2.8.2011 unter A. Beteiligungs GmbH. Seit dem 2.8.2011 führen die Klägerinnen die im Rubrum angegebenen Bezeichnungen.
4Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin der deutschen Wortmarke Nr. 302010046859 „artego“ mit Priorität zum 4.8.2010 sowie der Gemeinschaftswortmarke Nr. 009367491 „artego“ mit Priorität zum 10.9.2010, die beide für Waren der Klassen 19, 20 und 21 - u.a. Küchenmöbel - eingetragen sind.
5Darüber hinaus ist die Klägerin zu 1) Inhaberin der Domains www.artego-kuechen.de, www.artego-küchen.de und www.artego-kuechen.com.
6Die Beklagte ist ein führender deutscher Hersteller von Luxusküchen. Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke Nr. 009034621 „+ARTESIO“ mit Priorität zum 1.4.2010 (nachfolgend Widerklagemarke), die ebenfalls in den Klassen 19, 20 und 21 Schutz genießt. Seit Anfang 2011 vertreibt die Beklagte unter dieser Marke eine bestimmte Küchenlinie.
7Unter der Domain www.artego-kuechen.de war am 1.8.2011 eine Internetseite abrufbar, die das Impressum der Klägerinnen enthielt und zudem das Logo „artego Ihre Küche. Ihr Stil.“ sowie den Hinweis „Demnächst hier: die neue Präsenz von artego Küchen GmbH & Co. KG“. Darüber hinaus erschienen auf der Webseite www.kuechenmeile.de ebenfalls das Logo der Klägerinnen mit deren Kontaktdaten sowie zwei Küchenlinien „artego“ mit dem Zusatz „Die individuelle Einbauküche“ und „artego line“ mit dem Zusatz „Die grifflose Designküche“ jeweils mit Fotos. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen B 8 und B9 Bezug genommen.
8Daraufhin ließ die Beklagte die Klägerinnen mit Schreiben vom 31.8.2011 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auffordern. Mit Schreiben vom 26.9.2011 ließen die Klägerinnen der Beklagten eine Gegenabmahnung zukommen, in der sie Unterlassungsansprüche zurückwiesen und die Beklagte zur Kostenerstattung aufforderten. Wegen der Einzelheiten wird auf den genauen Inhalt der Schreiben (Anlagen B 11 und B 14) Bezug genommen.
9Seit Anfang November 2011 war über die Domain www.artego-kuechen.de zudem die Homepage der Klägerinnen abrufbar, auf der unter den Bezeichnungen „artego“ und „artego line“ Küchen beworben und angeboten werden.
10Die Klägerinnen sind der Ansicht, markenrechtliche Verletzungen seien ihnen nicht vorzuwerfen. Es fehle insoweit an der Verwechslungsgefahr, da die Bezeichnungen „artego“ einerseits und „+artesio“ andererseits sowohl vom Klang- als auch vom Schriftbild her deutliche Unterschiede aufwiesen.
11Die Klägerin hat ursprünglich angekündigt zu beantragen,
12I. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) keine Ansprüche hat, wonach diese es zu unterlassen haben
131. zur Kennzeichnung ihres auf die Produktion und den Vertrieb von
14Küchenmöbeln gerichteten Geschäftsbetrieb die Firmierung
15artego Küchen GmbH &Co.KG
16zu benutzen
17und/oder
18für ein Unternehmen, das als Komplementärin eines auf die Herstellung und den Vertrieb von Küchenmöbeln gerichteten Unternehmens fungiert, die Firmierung
19artego Küchen Beteiligungs GmbH
20zu benutzen;
21und/oder
222. das Zeichen
23artego
24und/oder
2526
und/oder
27artego line
28und/oder
2930
für Küchenmöbel, insbesondere Einbauküchen und deren Teile, zu benutzen, derartige Möbel unter den vorstehenden Zeichen anzubieten und/oder zu bewerben und/oder einzuführen, auszuführen, in den Verkehr zu bringen und zu besitzen,
31und/oder
323. das Zeichen
33artego
34als Bestandteil der Domains
35artego-kuechen.de
36artego-kuechen.com
37artego-küchen.de
38artego-küchen.com
39artego-kuechen.net
40artego-kuechen.eu
41und als Bestandteil von weiteren Domains „artego-kuechen/küchen“ mit unterschiedlichen Toplevel-Domains zu benutzen;
42II. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerinnen keine Ansprüche hat , wonach die Klägerinnen Auskunft zu erteilen haben über
431. die Dauer der Benutzung der Firmierungen „artego Küchen GmbH & Co. KG“ und „artego Küchen Beteiligungs GmbH“ sowie der Domains „artego-kuechen.de/.com/.net/.eu“ und „artego-küchen.de“;
442. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und sonstigen Vorbesitzer von Küchenmöbeln „artego“ sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, ferner über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Küchen/Küchenmöbel „artego“ und ihre Einzelteile und über die Preise, weiter über Art und Umfang der in Ziff. I beschriebenen Handlungen und zwar unter Vorlage einer Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren und unter den Firmierungen erzielten Umsätze und Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren ergibt, ferner über Art und Umfang der betriebenen Werbung, gliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl bei Printmedien und Zugriffszahlen bei Internetwerbung, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet;
45III. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) keine Ansprüche hat, wonach die Klägerinnen die mit „artego“ gekennzeichneten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen und die in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren, Materialien und Geräte, die vorwiegend zur Kennzeichnung gemäß Ziffer I. gedient haben, zu vernichten und dies gegenüber der Beklagten nachzuweisen haben;
46IV. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerinnen keine Ansprüche hat, wonach die Klägerinnen den der Beklagten aus den in Ziff. I bezeichneten Handlungen bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen haben;
47V. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) keinen Anspruch hat, wonach die Klägerinnen als Gesamtschuldner die der Beklagten durch die Einschaltung der Rechtsanwälte B. entstandenen Abmahnkosten in Höhe von EUR 2.080,50 zu erstatten haben;
48VI. festzustellen, dass die Beklagte gegen der Klägerin zu 1) aus der Gemeinschaftsmarke 009034621 „+ARTESIO“ keinen Anspruch hat, wonach die Klägerin zu 1) in die Löschung der deutschen Marke DE 30 2010 046 859 „artego“ gegenüber dem deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen hat;
49VII. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) aus der Gemeinschaftsmarke 009034621 „+ARTESIO“ keinen Anspruch auf Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke 009367491 „artego“ nach Art. 53 Abs. 1a) GMV hat;
50VIII. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen EUR 1.378,55 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2011 zu zahlen;
51IX. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von den Klägerinnen verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die in der Zeit vom Eingang eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
52In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien die Feststellungsklage hinsichtlich der Anträge zu Ziffern I. bis VI. übereinstimmend für erledigt erklärt.
53Nunmehr beantragen die Klägerinnen,
54I. festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) aus der Gemeinschaftsmarke 009034621 „+ARTESIO“ keinen Anspruch auf Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke 009367491 „artego“ nach Art. 53 Abs. 1a) GMV hat;
55II. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen EUR 1.378,55 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2011 zu zahlen;
56III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von den Klägerinnen verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die in der Zeit vom Eingang eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
57Die Beklagte beantragt,
58die Klage abzuweisen.
59Widerklagend beantragt sie nach teilweiser Rücknahme der Widerklage nunmehr,
60I. die Klägerinnen zu verurteilen
611. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Wochen, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr
62a) zur Kennzeichnung ihres auf die Produktion und den Vertrieb von
63Küchenmöbeln gerichteten Geschäftsbetriebes die Firmierung „artego
64Küchen GmbH & Co. KG“ zu benutzen, und/oder die Firmierung „artego Küchen Beteiligungs GmbH“ für ein Unternehmen, das als Komplementärin eines auf Herstellung und den Vertrieb von Küchenmöbeln gerichteten Unternehmens fungiert, zu benutzen,
65und/oder
66b) das Zeichen „artego“ für Küchenmöbel, insbesondere Einbauküchen und deren Teile, zu benutzen, derartige Möbel unter dem Zeichen „artego“ anzubieten und/oder bewerben und/oder einzuführen, auszuführen in den Verkehr zu bringen und zu besitzen,
67und/oder
68c) das Zeichen „artego“ als Bestandteil von Domains „artego-kuechen“ und/ oder „artego-küchen“ mit unterschiedlichen Top-Level Domains zu benutzen;
692. im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland Auskunft zu erteilen über
70a) die Dauer der Benutzung der Firmierungen „artego Küchen GmbH & Co. KG“ sowie der Domains „artego-kuechen.de/com/net/eu“ und „artego-küchen.de“,
71b) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und sonstigen Vorbesitzern von Küchenmöbeln „artego“ sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, ferner über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder hergestellten Küchen/Küchenmöbel „artego“ und ihrer Einzelteile und über die Preise, weiter über Art und Umfang der in Ziff. 1 beschriebenen Handlungen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren und unter der Firmierung erzielten Umsätze und Gestehungskosten , einschließlich aller Kostenfaktoren, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, ergeben, ferner über Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern, Auflagenhöhe bei Printmedien und Zugriffszahlen bei Internetwerbung, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet;
723. im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland die mit „artego“ gekennzeichneten Waren und Werbematerialien zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen und die in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren, Materialien und Geräte, die vorwiegend zu Kennzeichnung gem. Ziff. 1 gedient haben, zu vernichten, und dies gegenüber der Beklagten nachzuweisen;
734. im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland den der Beklagten aus den Verletzungshandlungen zur Ziff. I. bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen;
745. an die Beklagte EUR 2.080,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.09.2011 zu zahlen.
75II. die Klägerin zu 1) zu verurteilen,
761. in die Löschung der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Az. 30 2010 046859 eingetragenen Marke „artego“ in den Klassen 19, 20 und 21 einzuwilligen;
772. die Gemeinschaftsmarke 009367491 „artego“ in den Klassen 19, 20 und 21 für nichtig zu erklären;
78Die Klägerinnen beantragen,
79die Widerklage abzuweisen.
80Die Beklagte ist der Ansicht, die von ihr geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Löschung seien begründet, da die von den Parteien jeweils verwendeten Zeichen ähnlich seien und aufgrund der Warenidentität Verwechslungsgefahr bestehe.
81Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
82Entscheidungsgründe:
83Die Klage ist unbegründet.
84Die Widerklage ist teilweise unzulässig, im Übrigen aber begründet.
85I.
86Die Klage ist, soweit über sie nach der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien noch zu entscheiden war, unbegründet.
871.
88Der Klageantrag zu I. ist unbegründet.
89Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Klägerin zu 1) nicht zur Erklärung der Nichtigkeit der Klagemarke gemäß Art. 53 Abs. 1 a) GMV verpflichtet ist.
90Das Rechtsschutzbedürfnis für diese negative Feststellungsklage ist nicht durch die Erhebung der Widerklage entfallen, da der entsprechende Antrag zu Ziffer II. 2. der Widerklage unzulässig ist:
91Eine isolierte Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit einer Gemeinschaftsmarke ist nicht zulässig. Gemäß Art. 100 Abs. 1 GMV kann eine Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit einer Gemeinschaftsmarke nur dann erhoben werden, wenn die Widerklage ein Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus einer Gemeinschaftsmarke darstellt (vgl. LG München I, GRUR Int. 2000, 783).
92Daran fehlt es vorliegend jedoch, da die Klägerinnen ihrerseits keine Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte geltend machen.
93Der Beklagten steht auch ein Anspruch auf Erklärung der Nichtigkeit der Klagemarke aus Art. 53 Abs. 1 a) GMV gegen die Klägerinnen zu, so dass die negative Feststellungsklage insoweit unbegründet ist.
94Nach dieser Vorschrift ist eine Marke für nichtig zu erklären, wenn die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 bis 5 GMV vorliegen. Dies ist hier der Fall, da die insoweit erforderliche Verwechslungsgefahr gegeben ist.
95Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls im wesentlichen auf drei Faktoren an, nämlich die Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung, die Zeichenähnlichkeit sowie die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, wobei diese drei Faktoren dergestalt in Wechselwirkung zueinander stehen, dass ein hochgradiges Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringeren Grad der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14, Rdn. 371 ff. m.w.N.).
96Eine hochrangige Warenähnlichkeit ist zwischen den Produkten der Klägerinnen und denen der Beklagten gegeben. Bei der Kollisionsprüfung von zwei eingetragenen Marken ist grundsätzlich maßgeblich, in welchem Warenverzeichnis die jeweilige Marke eingetragen ist (Ingerl/Rohnke § 14 Rn 686). Hier sind beide Marken unter anderem für die Klasse 20 und damit für Küchenmöbel eingetragen.
97Die Beklagtenmarke verfügt über normale Kennzeichnungskraft. Insbesondere ist die Kennzeichnungskraft nicht durch die Verwendung des Bestandteils „Arte“ geschwächt, da dieser Bestandteil entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht rein beschreibend ist, insbesondere nicht für Küchen- und Küchenmöbel. Zum einen dürften die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Kammer zählt, wird den Bestandteil „arte“ sowohl in der Klagemarke als auch in der Widerklagemarke schon nicht als einzelnen Wortbestandteil, sondern die beiden Begriffe „+artesio“ und „artego“ jeweils als einheitliches Phantasiewort wahrnehmen. Selbst wenn aber der Bestandteil „arte“ losgelöst und zwar möglicherweise auf den Begriff „Kunst“ verweisend wahrgenommen werden sollte, werden die angesprochenen Verkehrskreise hiermit jedoch nicht unmittelbar und ohne weiteres Küchenmöbel verbinden.
98Weiterhin besteht zwischen der Marke der Klägerin zu 1) und der Marke der Beklagten Zeichenähnlichkeit, auch wenn diese nicht besonders ausgeprägt ist.
99Zeichenähnlichkeit ist nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu ermitteln, insbesondere nach dem Grad der Ähnlichkeit in Klang, Schriftbild und Bedeutung (BGH GRUR 2009, 1055-airdsl). Maßgeblich ist hierbei die Wahrnehmung der Verkehrsauffassung unter Zugrundelegung des Leitbilds des Durchschnittsabnehmers (Ingerl/Rohnke § 14 Rn 857). Dabei ist zu beachten, dass der Abnehmer die Marken nicht gleichzeitig vor sich und daher einen eher undeutlichen Erinnerungseindruck hat (BGH GRUR 2004, 235 (237)-Davidoff II).
100Vorliegend stehen sich die Wortzeichen „artego“ und „+Artesio“ gegenüber.
101Klanglich sind die sich gegenüberstehenden Zeichen ähnlich:
102Beide Zeichen werden auf der zweiten Silbe betont und enden mit dem gleichen Vokal. Zwar besteht die Klagemarke aus drei, die Widerklagemarke hingegen aus vier Silben. Lediglich die Schlusssilbe aber weist für sich genommen einen Unterschied auf, der das Klangbild beeinflusst. Denn dort stehen sich „go“ bei „artego“ und „sio“ bei „+Artesio“ gegenüber. Diese Silben klingen aber bei undeutlicher Aussprache durchaus ähnlich, zumal sie den letzten Buchstaben „o“ gemeinsam haben.
103Das „+“ bei der Marke der Beklagten ist hingegen als dekoratives Element einzustufen und bei der Betrachtung der klanglichen Ähnlichkeit außer Betracht zu lassen, da der Verbraucher das „+“ in diesem Fall, anders als wenn es beispielsweise als „Plus“ geschrieben wäre, nicht mitsprechen wird, so dass klangliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen besteht.
104Somit besteht Verwechslungsgefahr und demnach ein Anspruch gegen die Klägerinnen gemäß Art. 53 Abs. 1 a) GMV auf Erklärung der Nichtigkeit der Marke mit der Folge, dass die negative Feststellungsklage insoweit unbegründet ist.
1052.
106Den Klägerinnen steht auch kein Anspruch auf Erstattung der Gegenabmahnkosten in Höhe von 1.378,55 Euro aus § 678 BGB zu.
107Der zu Unrecht Abgemahnte kann grundsätzlich die Kosten für die Gegenabmahnung gemäß § 678 BGB ersetzt verlangen (vgl. OLG München GRUR-RR 2008, 461-Gegenabmahnkosten). Die Abmahnung der Klägerinnen durch die Beklagte war vorliegend aber berechtigt, so dass den Klägerinnen im Gegenzug kein Anspruch auf Erstattung der Gegenabmahnkosten zusteht.
108Dass die Abmahnung der Beklagten berechtigt war, folgt aus der Verwechslungsgefahr und dem daher gegebenen Unterlassungsanspruch, wobei insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen wird.
1093.
110Der Anspruch der Klägerinnen auf Zahlung von Zinsen auf die verauslagten Gerichtskosten ist mangels Hauptanspruchs ebenfalls unbegründet.
111II.
112Die Widerklage ist hinsichtlich des Antrages zu II. 2. unzulässig, im Übrigen hat sie aber in der Sache Erfolg.
1131.
114Der Antrag zu II. 2. der Widerklage, die Klägerin zu 1) zur Erklärung der Nichtigkeit der Klagemarke gemäß Art. 53 Abs. 1 a) GMV zu verurteilen, ist unzulässig. Insoweit wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter I. 1. Bezug genommen.
1152.
116Im Übrigen ist die Widerklage begründet.
117a)
118Aus den oben genannten Gründen steht der Beklagten ein Unterlassungsanspruch gegen die Klägerinnen aus Art. 9 lit. b) GMV zu.
119b)
120Der Auskunftsanspruch der Beklagten folgt aus § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG in Verbindung mit § 242 BGB.
121c)
122Der Anspruch auf Rückruf und Vernichtung ist aus § 18 Abs. 1 und 2 MarkenG begründet.
123d)
124Der Schadensersatzfeststellungsanspruch hat seine Grundlage in § 14 Abs. 6 MarkenG.
125e)
126Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht aus §§ 683, 677, 670 BGB in Höhe von 2.080,50 Euro bei einer 1,3 Gebühr aus einem Streitwert von 150.000,00 Euro zuzüglich Auslagenpauschale.
127f)
128Der gegen die Klägerin zu 1) geltend gemachte Anspruch, in die Löschung der Marke „artego“ beim Deutschen Patent- und Markenamt in den Klassen 19, 20 und 21 einzuwilligen, ist aus §§ 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2, 51 MarkenG begründet.
129Die Marke „artego“ ist mit der prioritätsälteren Marke der Beklagten verwechslungsfähig und daher zu löschen. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
130III.
131Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 Abs. 2 ZPO.
132Nachdem die Parteien die Klage teilweise übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war insoweit nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese sind gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen den Klägerinnen aufzuerlegen, da sie mit ihrer Klage ohne die Erledigung keinen Erfolg gehabt hätten.
133Die Klage war zulässig, aber unbegründet.
134Das Feststellungsinteresse der Klägerin war zu bejahen, da sie aufgrund der Abmahnung der Beklagten vom 31.8.2011 befürchten musste, dass die Beklagte markenrechtliche Ansprüche auch gerichtlich gegen sie geltend macht. Dies ist sodann durch die Erhebung der Widerklage geschehen. Gleichwohl war hierdurch das Feststellungsinteresse der Klägerin noch nicht entfallen. Erst nachdem der Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden hatte und die Beklagte es nicht mehr in der Hand hatte, ihre Klage ohne Zustimmung der hiesigen Klägerin zurückzunehmen, war das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an ihrer negativen Feststellungsklage fortgefallen.
135Der Beklagten stehen aber entsprechend den obigen Ausführungen unter Ziffer I., auf die hier zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, Ansprüche gegen die Klägerinnen zu, so dass deren Anträge in der Sache keinen Erfolg gehabt hätten.
136IV.
137Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
138V.
139Streitwert:
140Klage und Widerklage 150.000,00 Euro, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Urteil, 30. Okt. 2013 - 2a O 53/13 U.
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Steht die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und musste der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt.
(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Ware in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Waren oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, ist er dem Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen widerrechtlich gekennzeichneten Waren in Anspruch nehmen. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur widerrechtlichen Kennzeichnung der Waren gedient haben.
(2) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf Rückruf von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch nehmen.
(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen
- 1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt, - 2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder - 3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,
- 1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, - 2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, - 3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen, - 4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen, - 5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen, - 6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen, - 7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.
(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr
- 1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen, - 2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder - 3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.
(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
(1) Die Klage auf Erklärung des Verfalls (§ 49) oder der Nichtigkeit wegen Bestehens älterer Rechte (§ 51) ist gegen den als Inhaber der Marke Eingetragenen oder seinen Rechtsnachfolger zu richten. Die Klage ist unzulässig, wenn über denselben Streitgegenstand zwischen den Parteien
- 1.
bereits gemäß § 53 entschieden wurde, - 2.
ein Antrag gemäß § 53 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt wurde.
(2) Zur Erhebung der Klage sind befugt:
- 1.
in den Fällen des Antrags auf Erklärung des Verfalls jede Person, - 2.
in den Fällen des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit wegen des Bestehens von Rechten mit älterem Zeitrang die Inhaber der in den §§ 9 bis 13 aufgeführten Rechte, - 3.
in den Fällen des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit wegen des Bestehens einer geographischen Herkunftsangabe mit älterem Zeitrang (§ 13 Abs. 2 Nr. 5) die nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten.
(3) Ist die Klage auf Erklärung der Nichtigkeit vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Endet der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach Erhebung der Klage, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, daß die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung gemäß § 26 benutzt worden ist. War die Marke mit älterem Zeitrang am Anmelde- oder Prioritätstag der jüngeren Marke bereits seit mindestens fünf Jahren eingetragen, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten ferner nachzuweisen, dass die Eintragung der Marke mit älterem Zeitrang an diesem Tag nicht nach § 49 Absatz 1 hätte für verfallen erklärt und gelöscht werden können. Bei der Entscheidung werden nur die Waren oder Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.
(4) Ist vor oder nach Erhebung der Klage das durch die Eintragung der Marke begründete Recht auf einen anderen übertragen worden oder übergegangen, so ist die Entscheidung in der Sache selbst auch gegen den Rechtsnachfolger wirksam und vollstreckbar. Für die Befugnis des Rechtsnachfolgers, in den Rechtsstreit einzutreten, gelten die §§ 66 bis 74 und 76 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(5) Das Gericht teilt dem Deutschen Patent- und Markenamt den Tag der Erhebung der Klage mit. Das Deutsche Patent- und Markenamt vermerkt den Tag der Erhebung der Klage im Register. Das Gericht übermittelt dem Deutschen Patent- und Markenamt eine Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils. Das Deutsche Patent- und Markenamt trägt das Ergebnis des Verfahrens mit dem Datum der Rechtskraft in das Register ein.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.