Landgericht Duisburg Beschluss, 25. Feb. 2014 - 7 T 191/13
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Stundungsbeschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 27.03.2013, Az. 62 IN 183/08, in der Form des Nichtabhilfebeschluss vom 15.11.2013 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe:
2Der Schuldner stellte unter dem 17.07.2008 einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches am 21.10.2008 eröffnet wurde (Bl. 61 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 24.01.2013 stimmte das Insolvenzgericht der Schlussverteilung zu (Bl. 231 ff. d.A.). Hierbei stehen angemeldeten Forderungen im Range des § 38 InsO in Höhe von 471.241,62 Euro für die Verteilung an die Gläubiger eine Masse von 20.635,80 Euro gegenüber (Bl. 245 d.A.). Das Insolvenzgericht kündigte dem Schuldner mit Beschluss vom 27.03.2013 die Restschuldbefreiung an (Bl. 264 ff. d.A.) und stundete ihm die Kosten für das Restschuldbefreiungsverfahren mit dem angefochtenen Beschluss vom gleichen Tage (Bl. 268 f. d.A.). Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 05.04.2013 (Bl. 274 f. d.A.) mit der Begründung, der Treuhänder müsse aus der Masse eine Rückstellung für die Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens bilden.
3Auf Bitten des Insolvenzgerichts hat der Treuhänder vorsorglich für die Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens eine Rückstellung gebildet (vgl. Vermerk vom 09.04.2013, Bl. 275 Rs sowie Schreiben des Treuhänders vom 10.04.2013, Bl. 276 f. d.A.).
4II.
5Die sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit welchem dem Schuldner die Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens gestundet wurden, ist gem. § 4d Abs. 2 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache ist sie indes nicht begründet.
6Gem. § 4a Abs. 3 S. 2 InsO erfolgt die Stundung der Verfahrenskosten für jeden Verfahrensabschnitt besonders. Daher muss für jeden Verfahrensabschnitt gesondert untersucht werden, ob der Schuldner in der Lage ist, die hierfür anfallenden Kosten zu bezahlen (vgl. MünchKomm-Ganter/Lohmann, InsO, Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 4a, Rn. 9 - zitiert nach Beck-online).
7Die Voraussetzungen für die Stundung der Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens gem. § 4a Abs. 1 S. 2 InsO liegen hier vor. Denn das Vermögen des Schuldners ist zur Deckung der Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens nicht ausreichend. Der Schuldner ist aufgrund seines monatlichen Einkommens in Höhe von rund 1.200,00 Euro, von dem er seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner bei seiner geschiedenen Ehefrau lebenden Tochter nachkommt, nicht in der Lage, die Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens zu bestreiten. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt.
8Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann aber auch auf die vom Treuhänder auf Bitten des Insolvenzgerichts vorsorglich gebildeten Rücklagen aus der Masse nicht zur Bestreitung der Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens zurückgegriffen werden. Denn die Rückstellungen zur Sicherung der Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens hätten nicht gebildet werden dürfen. Die Kammer hält an ihrer im Beschluss vom 23.12.2004, Az. 7 T 282/04, geäußerten abweichenden Auffassung, die zudem für den seinerzeitigen Beschluss nicht tragend war, nicht fest, sondern schließt sich der Auffassung des LG Kleve (Beschluss vom 31.07.2006, 4 T 174/06 - zitiert nach Juris) an. Gem. § 196 InsO hat der Insolvenzverwalter im Rahmen der Schlussverteilung die gesamte Masse an die Insolvenzgläubiger auszukehren. Erst wenn die Masse vollständig schlussverteilt ist, ist die Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht auszusprechen, so dass das Restschuldbefreiungsverfahren eingeleitet werden kann. Nur in den in §§ 189 Abs. 2; 190 Abs. 2; 191 Abs. 1 S. 2 InsO ausdrücklich normierten Fällen sind im Rahmen der Verteilung Teile der Masse vom Insolvenzverwalter zurückzubehalten. Andere Gründe für die Bildung von Rückstellungen sieht das Gesetz nicht vor. Auch die Vorschriften über das Restschuldbefreiungsverfahren sehen den Rückgriff auf im Rahmen des Verteilungsverfahrens etwa gebildete Rückstellungen zur Deckung der Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens nicht vor. Stattdessen werden nach der Vorstellung des Gesetzgebers gem. § 292 Abs. 1 S. 2 2. Halbs. InsO die laufenden Einnahmen des Schuldners zur Deckung der Kosten des Restschuldbefreiungsverfahrens herangezogen. Die Entgegennahme oder Verwaltung anderer als der in § 292 Abs. 1 S.2 InsO aufgeführten Beträge durch den Treuhänder, also insbesondere im Schlussverteilungsverfahren gebildeter Rückstellungen, kennt das Gesetz nicht.
9Die Kammer vermag sich auch der Auffassung des LG Essen (Beschluss vom 19.07.2005, Az. 16a T 40/05) nicht anzuschließen, dass die gesetzgeberische Entscheidung, dass die Stundung gegenüber der Kostendeckung aus dem schuldnerischen Vermögen i.S.d. § 207 Abs. 1 S. 1 InsO subsidiär ist, auch beim Übergang vom Insolvenzverfahren ins Restschuldbefreiungsverfahren gelte. Denn sowohl die oben dargestellte Gesetzessystematik als auch der Wortlaut des § 4a Abs. 3 S. 2 InsO sprechen gegen ein die verschiedenen Verfahrensabschnitte verbindendes Verständnis des Schuldnervermögens in dem Sinne, dass § 4a Abs. 1 S. 1 InsO die Kosten aller Verfahrensabschnitte übergreifend erfassen soll.
10Beschwerdewert: 238,00 Euro
11Die Rechtsbeschwerde war jedenfalls im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Landgerichts Essen sowie den Umstand, dass die Frage der Bildung von Rückstellungen für die Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens grundsätzliche Bedeutung in einer Vielzahl von Fällen entfaltet, gem. § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs.2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO zuzulassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Duisburg Beschluss, 25. Feb. 2014 - 7 T 191/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Duisburg Beschluss, 25. Feb. 2014 - 7 T 191/13
Referenzen - Gesetze
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerde zu. Diese kann nur darauf gestützt werden, dass nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die Stundung hätte abgelehnt werden müssen.
(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen.
(2) Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. § 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Stundung bewirkt, dass
- 1.
die Bundes- oder Landeskasse - a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten, - b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann; - 2.
der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann.
(1) Der Treuhänder hat den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Er hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich auf Grund des Schlußverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen, sofern die nach § 4a gestundeten Verfahrenskosten abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts berichtigt sind. § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 gilt entsprechend. Der Treuhänder kann die Verteilung längstens bis zum Ende der Abtretungsfrist aussetzen, wenn dies angesichts der Geringfügigkeit der zu verteilenden Beträge angemessen erscheint; er hat dies dem Gericht einmal jährlich unter Angabe der Höhe der erlangten Beträge mitzuteilen.
(2) Die Gläubigerversammlung kann dem Treuhänder zusätzlich die Aufgabe übertragen, die Erfüllung der Obliegenheiten des Schuldners zu überwachen. In diesem Fall hat der Treuhänder die Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er einen Verstoß gegen diese Obliegenheiten feststellt. Der Treuhänder ist nur zur Überwachung verpflichtet, soweit die ihm dafür zustehende zusätzliche Vergütung gedeckt ist oder vorgeschossen wird.
(3) Der Treuhänder hat bei der Beendigung seines Amtes dem Insolvenzgericht Rechnung zu legen. Die §§ 58 und 59 gelten entsprechend, § 59 jedoch mit der Maßgabe, daß die Entlassung auch wegen anderer Entlassungsgründe als der fehlenden Unabhängigkeit von jedem Insolvenzgläubiger beantragt werden kann und daß die sofortige Beschwerde jedem Insolvenzgläubiger zusteht.
(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.
(3) Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.
(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen.
(2) Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. § 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Stundung bewirkt, dass
- 1.
die Bundes- oder Landeskasse - a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten, - b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann; - 2.
der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.