Landgericht Dortmund Urteil, 31. Okt. 2016 - 7 O 349/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zur Vollstreckung gestellten Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger gegen die Beklagte in erster Linie einen Anspruch auf Nachlieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeuges und hilfsweise nach Anfechtung und weiter hilfsweise nach Rücktritt Rückzahlung eines Geldbetrages nebst Freistellung von weiteren Forderungen der Volkswagen Bank geltend.
3Unter dem 14.04.2014 bestellte der Kläger verbindlich bei der seinerzeit noch unter der Firma L GmbH im Geschäftsverkehr auftretenden Rechtsvorgängerin der Beklagten einen PKW Tiguan, so wie im Klageantrag zu 1 genauer bezeichnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die verbindliche Bestellung und die Auftragsbestätigung vom 02.05.2014 (Ablichtungen Bl. 6-11 der Akten) verwiesen.
4Das Fahrzeug wurde am 24.07.2014 an den Kläger ausgeliefert und übergeben.
5Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen PKW bei dem der Motortyp EA 189 verbaut worden ist und das somit von dem so genannten VW – Skandal betroffen ist. Die Einzelheiten zur Motivation des Kaufes und zur Beschreibung des PKW im Zusammenhang mit den Kaufvertragsverhandlungen sind zwischen den Parteien streitig.
6Der Kläger ist der Auffassung, das ihm übergebene Fahrzeug sei mangelhaft. Weil es real eine höhere Schadstoffmenge ausstoße als angegeben. Im Übrigen entspreche das Fahrzeug nicht der unionsrechtlichen Zulassung. Hilfsweise vertritt der Kläger die Auffassung, das Fahrzeug sei wegen der vom Hersteller angekündigten Korrektur mangelhaft. Bei der Anpassung der Software würde es infolge der Umrüstung zu einem höheren Kraftstoffverbrauch und einer geringeren Leistung des Fahrzeuges mit der Überschreitung einer Grenze von 10 % kommen.
7Mit dem Schreiben vom 10.11.2015 (Ablichtungen Bl. 13, 14 der Akten) verlangte der Kläger von der Beklagten Nacherfüllung in der Weise, dass eine mangelfreie Ersatzsache geliefert werde. Nachdem solche Ansprüche unter Berufung auf die Einstellung des operativen Geschäftes zurückgewiesen wurden, macht der Kläger mit der vorliegenden Klage den Anspruch auf Nachlieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeuges geltend.
8Er behauptet, ihm sei es neben der Leistung auf einen geringen Verbrauch und einen geringen Schadstoffausstoß des PKW angekommen, was auch gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten deutlich geworden sei. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits behauptet der Kläger, dass genau über die technischen Daten, insbesondere die CO2-Emissionen gesprochen worden sei. Insoweit wird auf den weiteren schriftsätzlichen Vortrag Bezug genommen. Unabhängig davon gehörten auch die öffentlich geäußerten Angaben von Verkäufern und des Herstellers zu niedrigem Verbrauch, Motorleistung, günstigen Emissionswerten zu den Eigenschaften, die von dem Fahrzeug zu erwarten seien. Gerade diese Eigenschaften habe das Fahrzeug nicht. Die zulässige Schadstoffmenge werde nicht eingehalten. Wäre dies nicht der Fall, hätte es einer Rückrufaktion nicht bedurft. In dem Zusammenhang bestreitet der Kläger, dass die Korrekturmaßnahmen im Rahmen der Rückrufaktion ledig ich eine halbe Stunde dauern und Kosten von deutlich unter 100 € pro Fahrzeug nach sich ziehen. Auch werde es nach dem Software – Update zu einem höheren Verbrauch und einer geringeren Leistung kommen. Von daher scheitere auch ein Anspruch auf Nacherfüllung nicht an § 439 Abs. 3 S. 2 BGB wegen unverhältnismäßig hoher Kosten der Nachlieferung, da die Nachbesserung nicht geeignet sei, den Nacherfüllungsanspruch zu erfüllen. Auch nach Durchführung der Rückrufaktion bleibe der PKW vom VW – Skandal betroffen und sei unverkäuflich.
9In einem nachgelassenen Schriftsatz verweist der Kläger noch einmal darauf, dass das Fahrzeug einen merkantilen Minderwert habe. Fakt sei, dass Händler betroffene Fahrzeuge mit einem Motor EA 189 schlicht ablehnten und nicht ankauften. Es wird bestritten, dass ein Preisverfall von Dieselfahrzeugen nicht erfolgt sei. Weiter wird bestritten, dass durch die Umsetzung der geplanten Maßnahmen Motorleistung, Verbrauch und Emissionen unverändert bleiben würden. Dazu wird moniert, dass die Freigabebestätigung noch nicht vorgelegt worden sei. Es ergebe sich weder, dass, noch durch wen die technische Überprüfung stattgefunden habe und ob diese zuverlässig sei. Auch zum zeitlichen Ablauf bestreitet der Kläger den Vortrag der Beklagten. Schließlich erklärte der Kläger noch mit Schriftsatz vom 7.7.2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag, und zwar ebenfalls unter der innerprozessualen Bedingung, dass der in 1. Linie verfolgte Nacherfüllungsanspruch verneint werde.
10Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Landgerichts München und der dort vertretenen Auffassung der arglistigen Täuschung des PKW Käufers meint der Kläger, dass er berechtigt sei wegen der objektiv unrichtigen Angaben zum Schadstoffausstoß auch den vorliegenden Vertrag anzufechten. Der Kläger meint, die Beklagte müsse sich die werbenden Aussagen des Herstellers VW zurechnen lassen und habe für die öffentlichen Äußerungen einzustehen. Da die entsprechenden technischen Daten stets Gegenstand der Angaben von Beklagtenseite gewesen seien, habe die Beklagte vorliegend nach außen werbend besonderes Vertrauen durch die Herstellerangaben in Anspruch genommen, so dass hier die Anfechtung berechtigt sei, da die technischen Angaben maßgebend für die Kaufentscheidung des Klägers gewesen seien. Mit dem Schriftsatz vom 07.07.2016 hat der Kläger die Anfechtung des Vertrages erklären lassen und diesen unter die innerprozessuale Bedingung gestellt, dass das Gericht den in 1. Linie verfolgten Nacherfüllungsanspruch verneint.
11Infolge der Anfechtung sei der Vertrag rückabzuwickeln. Von dem Kaufpreis habe er in bar 7500 € bezahlt. Der Restbetrag zuzüglich Finanzierungskosten sei mit insgesamt 27.236,91 € finanziert worden. Der geschlossene Darlehensvertrag mit der Volkswagen Bank sei mit einzubeziehen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung von 7500 € sowie ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kreditraten von 8000 €. Daneben seien die nutzlosen Aufwendungen für einen Versicherungsservice von 639 € zu erstatten, so dass unter Berücksichtigung gezogenen Nutzungen für gefahrene Kilometer i.H.v. 3108 € sich insgesamt ein Anspruch von 13.031,00 € ergebe. Den Zahlungsanspruch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2016 auf 12.175,70 € reduziert und insofern die teilweise Erledigung des Rechtsstreits erklärt.
12Unter Wiederholung des Angebots, bei Nachlieferung
13das ihm am 24.7.2014 übergebene Fahrzeug in diesem Umfang herauszugeben beantragt der Kläger,
141. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger als Nacherfüllung aus dem Kaufvertrag laut verbindlicher Bestellung vom 14.04.2014 bzw. Auftragsbestätigung vom 02.05.2014 ein mangelfreies Ersatzfahrzeug wie folgt zu liefern:
155N223X Tiguan Sport &Style BM Techn. 2,0 1 TDI 103 KW (140 PS) 6-Gang
162T2T Deep Black Perleffekt
175 0 Titanschwarz – Grau/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau
180NA Entfall der Schriftzüge für die Modell – und Motorbezeichnung an der Gepäckraumklappe
191D4 Anhängevorrichtung manuell anklappbar
201S1 Bordwerkzeug und Wagenheber
216NT Dachhimmel in Titanschwarz ,Volkswagen R GmbH
227QL Navigationsdaten für Westeuropa auf internem Speicher
239ZI Mobiltelefonvorbereitung für RNS 315
24C19 Betriebserlaubnis Nachtrag
25FC1 Mit Individualeinbau
26PAP Ambiente – Paket
27PNB Navigationsfunktion“ RNS 315“ (für „RCD 310“)
28W6C“ CUP“
29WW6 Winterräder (zusätzlich) – 4 Stahlräder 6,5 JX16
30WXE 10 9 – Scheinwerfer mit Kurvenfahrlicht und LED – Tag-fahrlicht
31Zug um Zug gegen Rückgabe des am 24.07.2014 mangelhaft gelieferten Fahrzeuges mit der Fahrzeug ident Nr. #################.
322. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme sowie der Nachlieferung des Ersatzfahrzeuges in Verzug befindet.
33Für den Fall, dass das Gericht den nach Erfüllungsanspruch verneint, hilfsweise:
341. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger 12.775,70 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2016 Zug um Zug gegen Rücknahme der streitgegenständlichen PKW Tiguan mit der Fahrzeug – ID ################# zu zahlen.
352. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger von etwaigen weiteren Forderungen der Volkswagen Bank aus dem Verbundgeschäft zu Darlehnsnummer ############ freizustellen.
363. es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen VW Tiguan mit der Fahrzeug –ID ################# in Annahmeverzug befindet.
37Sowie dem weiteren Hauptantrag:
38Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger als Nebenforderung außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten i.H.v. 1474,89 €.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage insgesamt abzuweisen.
41Die Beklagte bestreitet, dass dem Kläger ein Nacherfüllungsanspruch bzw. Nachlieferungsanspruch zusteht. Sie bestreitet das Vorliegen von Mängeln. Sie verweist darauf, dass sämtliche Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 technisch überarbeitet würden und entsprechende Rückrufaktionen angelaufen seien. Diese erfolgten in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt.
42Die Beklagte bestreitet, dass bei dem Erwerb über einen Schadstoffausstoß bzw. über die Emissionsklasse des Fahrzeuges gesprochen worden sei. Schadstoffemissionen sei nicht kaufentscheidend gewesen und die Parteien hätten in Bezug auf konkrete Emissionswerte keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Firma L GmbH sei unabhängige Händlerin und habe die Fahrzeuge der Marke Volkswagen vertrieben und als solche alle Geschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung abgeschlossen, so dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Volkswagen AG nicht erfolgt sei. Die Beklagte behauptet, dass das Fahrzeug die vereinbarte Beschaffenheit aufweise, es über die unionsrechtliche Typenzulassung verfüge und eine unzulässige Abgasabschaltvorrichtung nicht verwendet werde.
43Im Rahmen der Rückrufaktion werde eine technische Bearbeitung mit einem Software- Update vorgenommen. Dafür werde ca. eine halbe Stunde benötigt. Es würden keine Kosten für den Käufer entstehen und die vom Hersteller übernommen Kosten würden rund 100 € pro Fahrzeug betragen. Durch die durchzuführenden Maßnahmen des Software-Updates werde kein erheblicher Kraftstoffmehrverbrauch und keine geringere Leistung eintreten. Ein Mangel ergebe sich dadurch nicht. Selbst wenn ein Mangel vorläge, scheide der geltend gemachte Nachlieferungsanspruch aus, da für die Nachlieferung der Beklagten in erheblich höherem Umfang Kosten entstehen würden als bei der Durchführung der genannten technischen Maßnahme. Die Nachbesserungskosten seien gegenüber den Kosten der Nachlieferung so verschwindend gering, dass ein Nachlieferungsanspruch daher ausscheide, da er als unverhältnismäßig anzusehen sei.
44Die Beklagte bestreitet auch nachteilige Auswirkungen auf den Verkehrswert. Die Deutsche Automobil Treuhand habe stabile Verkehrswerte bestätigt und einen Preisverfall von Dieselfahrzeugen allgemein verneint. Auch die Euro Tax Schwacke GmbH sei in Analysen zu dem Ergebnis gekommen, dass die betroffenen Fahrzeug nicht an Wiederverkaufswert verloren hätten. Auch für eine wesentliche Beeinträchtigung bleibe kein Raum, so dass ein merkantiler Minderwert nicht festzustellen sei.
45Mittlerweile liege auch eine Freigabebestätigung des KBA vom 1.6.2016 vor, wonach für den VW Tiguan die Freigabe für die Rückrufaktion vorliege. In dem Schreiben vom 1.6.2016 heißt es unter anderem:
46„Folgende Sachverhalte wurde durch das KBA mit dem dargestellten Ergebnisse überprüft:
47A) Nichtvorhandensein unzulässige Abschalteinrichtungen
48Ergebnis: Es wurde keine unzulässige Aschalteinrichtung festgestellt.
49B) Offenlegung zulässiger Abschalteinrichtungen
50Ergebnis: Die vorhandenen Abschalteinrichtungen wurden als zulässig eingestuft.
51C) Schadstoffemissionen und Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen
52Ergebnis: Die Grenzwerte und die anderen Anforderungen wurden eingehalten
53D) Kraftstoffverbrauchswerte und CO² – Emissionen
54Ergebnis: Die ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchswerte und CO² – Emissionen wurden in Prüfungen durch einen technischen Dienst bestätigt
55E) Motorleistung und maximales Drehmoment
56Ergebnis: die bisherige Motorleistung das maximale Drehmoment blieben unverändert
57F) Geräuschemissionen
58Ergebnis: Die bisherigen Geräusch Emissionswerte bleiben unverändert
59Zusammenfassend wird bestätigt, dass die von der Volkswagen AG für die betroffenen Fahrzeuge der Hersteller VW und Audi AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.“
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens des KBA vom 1.6.2016 wird auf dessen Ablichtung ( Bl. 114,115 d.A.) verwiesen.
61Dementsprechend sei auch das Nacherfüllungsverlangen unverhältnismäßig. Die Umsetzbarkeit werde ins Blaue hinein bestritten. Unter Darlegung im Einzelnen schildert die Beklagte die erforderlichen Maßnahmen und den bisherigen Ablauf der Rückrufaktionen und verweist darauf, dass im Verhältnis zum Kaufpreis der Aufwand für die technische Bearbeitung im Bagatellbereich liege.
62Schließlich scheitere auch die Wirksamkeit der Anfechtung schon an einer fehlenden arglistigen Täuschung und auch mangels Kausalität. Eine bewusste Vorspiegelung falscher Tatsachen durch die Beklagte scheitere bereits daran, dass sie erst lange nach Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von der verbauten Software erlangt habe. Eine etwaige Täuschung der Volkswagen AG, die schon nicht substantiiert vorgetragen sei, könne der Beklagten jedenfalls nicht zugerechnet werden, da die Beklagte im Verhältnis zur Volkswagen AG Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB sei, denn sie sei rechtlich unabhängige juristische Person. Die Volkswagen AG sei auch nicht unmittelbar am Vertragsschluss zwischen dem Händler und dem Endkunden beteiligt gewesen. Die Beklagte bestreitet schließlich auch eine Kausalität zwischen Täuschung und Abschluss des Kaufvertrages.
63Die weiteren Ansprüche auf Feststellung sei nicht begründet, da der Kläger die Leistung nicht so, wie geschuldet, angeboten habe.
64Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
65Entscheidungsgründe:
66Die Klage ist nicht begründet.
67Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Nachlieferung eines Ersatzfahrzeuges zu, noch kann er aus dem Hilfsvorbringen Zahlungsansprüche und Freistellungsansprüche aus dem Gesichtspunkt der Anfechtung und des wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag geltend machen.
68Auch wenn man mit der obergerichtlichen Rechtsprechung annimmt, dass der vom Kläger erworbene PKW mangelbehaftet im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB ist, weil bei ihm eine manipulierte Abgassoftware verbaut ist (vergleiche dazu OLG Celle, MDR 2016, 1016, OLG Hamm, veröffentlicht in juris Entscheidung vom 21.6.2016, Az. 28 W 14 / 16), ist die Klage mit dem Ziel auf Nachlieferung einer neuen mangelfreien Sache nicht erfolgreich.
69Der Kläger kann keine Nachlieferung verlangen, denn eine solche wäre unverhältnismäßig im Sinne des §§ 439 Abs. 3 BGB, da der Kläger gehalten ist, die angebotene Nachbesserung im Wege der Nacherfüllung als milderes Mittel entgegenzunehmen.
70Durch die Verweigerung der Nachlieferung in der Klageerwiderung hat die Beklagte noch rechtzeitig die von dem Kläger gewählte Art der nach Erfüllung durch Lieferung einer mangelfreien Sache verweigert.
71Die nach § 439 Abs. 3 S. 2 BGB erforderliche Abwägung ergibt, dass insbesondere durch die im Wege der Rückrufaktion möglichen Maßnahmen eine Nachbesserung des streitigen PKW möglich ist, ohne dass erhebliche Nachteile für den Kläger verbleiben.
72Dass die Nachlieferung eines neuen Pkw für die Beklagte als selbstständige Vertragshändlerin mit erheblichen Kosten verbunden ist, ergibt sich schon aus der Natur der Sache, denn die Beklagte müsse dem Kläger ein neues Fahrzeug zur Verfügung stellen. Bei dem vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Software-Update werden hingegen die Kosten von dem Hersteller VW übernommen, was auf der Kostenseite die Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung eines neuen Pkw durch die Beklagte belegt.
73Dass durch die im Rahmen der Rückrufaktion durchzuführenden Maßnahmen und die damit verbundene Nacherfüllung für den Kläger keine erheblichen Nachteile verbleiben, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits aus der Freigabeerklärung des Kraftfahrt Bundesamtes vom 1.6.2016.
74Darauf, dass das Original dieses Schreibens im Termin nicht vorgelegt worden ist, kommt es im Ergebnis nicht an.
75Ein Beweiserbieten auf Führung eines Urkundenbeweises durch Vorlage einer Originalurkunde ist im Termin nur dann erforderlich, wenn die Echtheit der Urkunde bestritten wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger hat lediglich bekundet, dass sich aus dem vorgelegten Schreiben nicht die Folgerungen ergeben würden, die die Beklagte daraus zieht.
76Dem ist nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht so.
77Wie sich aus den Zitaten im Tatbestand ergibt, bezieht sich die Freigabeerklärung unter anderem auf die Fahrzeuge VW Tiguan, die mit dem Aggregat EA 189 ausgestattet sind und somit auch auf das streitgegenständliche Fahrzeug.
78Aus den weiteren Zitaten, die die Überprüfung verschiedener Sachverhalte durch das Kraftfahrtbundesamt betreffen, ergibt sich mit der erforderlichen Sicherheit, dass nach Durchführung der beabsichtigten Überarbeitungen nur noch zulässige Abschalteinrichtungen vorhanden sind. Weiter ergibt sich, dass die Grenzwerte und die anderen Anforderungen eingehalten sind und auch die ursprünglich angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO² – Emissionswerte eingehalten werden und auch die Motorleistung unverändert bleibt.
79Insoweit bezieht sich das Gericht darauf, dass hier das Kraftfahrtbundesamt nach der vorgelegten Bestätigung, Prüfungen durch einen technischen Dienst veranlasst hat, so dass das Gericht davon ausgeht, dass auf der Grundlage dieser Überprüfungen die mitgeteilten Ergebnisse zuverlässig ermittelt worden sind. Insoweit geht das Gericht von der Richtigkeit der durch eine Bundesbehörde bestätigten Tatsachen aus, zumal hier diese Behörde im Rahmen des öffentlichen Auftrages gehalten war, die Wirksamkeit der Rückrufaktion zu überprüfen.
80Dass nach Durchführung dieser Maßnahmen ein merkantiler Minderwert verbleibt, ist nicht ersichtlich. Ein solcher Minderwert wird auch nicht konkret von der Klägerseite behauptet. Soweit die Unverkäuflichkeit behauptet wird, sind keine konkreten Tatsachen dargetan. Eine Beweisaufnahme liefe auf eine Ausforschung hinaus.
81Eine hilfsweise geltend gemachte Anfechtung scheidet schon deshalb aus, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Beklagte beim Abschluss des Kaufvertrages ihn arglistig getäuscht hat.
82Der Beklagten ist ein arglistiges Verhalten von Seiten von Mitarbeitern des PKW Herstellers nicht zuzurechnen, so dass von daher schon die hilfsweise geltend gemachten Anfechtungsansprüche ausgeschlossen sind (vergleiche dazu OLG Celle a.a.O.).
83Schließlich greift der erklärte Rücktritt auch nicht durch.
84Unabhängig, ob hier wirksam eine Frist im Sinne des §§ 440 BGB gesetzt worden ist,
85kann nicht festgestellt werden, dass die dem Kläger vorgeschlagene Art der Nach- erfüllung unzumutbar ist. Dies ergibt sich aus den oben aufgeführten Umständen, die zur Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung eines Neufahrzeuges führen. Insoweit kann auf die dortigen Erwägungen verwiesen werden.
86Da die mit der Klage verfolgte Nachlieferung, bzw. die Rückabwicklung nach den vorstehenden Erwägungen ausscheidet, sind die auf den Gesichtspunkt des Verzuges gestützt Nebenforderungen ebenfalls nicht begründet.
87Die Klage war insgesamt abzuweisen. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
88Der Streitwert wird auf 33.300,01 EUR festgesetzt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Dortmund Urteil, 31. Okt. 2016 - 7 O 349/15
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Referenzen - Gesetze
(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.
(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.
(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.
(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.
(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.
(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.
(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.
Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.