Landgericht Dortmund Urteil, 21. Okt. 2014 - 1 S 371/13
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts C4 vom 18.10.2013 -Az.: 20 C ##/## - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 09.06.2013 zur Beauftragung der Firma Dähn mit der kompletten Sanierung der Loggia der Wohnungseigentümer M durch die Wohnungseigentümergemeinschaft wird für ungültig erklärt.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 09.06.2013, wonach sämtliche Kosten für die Sanierung der Wohnungseigentümer M von der Wohnungseigentümergemeinschaft erstattet werden, wird für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagten zu 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 9.048 EUR.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 WEG abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.
61.
7Beschluss über die Sanierung der Loggia
8a)
9Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht nicht entgegen, dass der Beschluss bereits vor der Klageerhebung umgesetzt worden war. Denn die Klägerin hat im Hinblick auf die Geltendmachung eventueller Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter ein begründetes Interesse daran, dass der Beschluss, der Grundlage für die Durchführung der Sanierungsarbeiten gewesen ist, für ungültig erklärt wird (vgl. BGH V ZR 202/10, Rn. 10 ff -zitiert nach juris).
10b)
11Der Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung steht nicht entgegen, dass die Einladung zu der Eigentümerversammlung unter Verstoß gegen die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG versendet worden ist. Denn dieser Ladungsmangel ist für die Beschlussfassung nicht ursächlich geworden, weil ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung alle Miteigentümer erschienen bzw. vertreten waren.
12c)
13Der Beschluss widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil nicht drei Alternativangebote vor der Beschlussfassung eingeholt worden waren, was indes nach ständiger Rechtsprechung der Kammer angesichts des Auftragsvolumens -es ist ein Auftrag mit einem Volumen von 4.200 EUR vergeben worden- erforderlich gewesen wäre.
14aa)
15Dem steht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entgegen, dass bei der Beschlussfassung insgesamt drei Angebote vorlagen. Denn die eingeholten Angebote bezogen sich nicht auf vergleichbare Arbeiten.
16bb)
17Der gefasste Beschluss entspricht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht allein deswegen ordnungsgemäßer Verwaltung, weil das beauftragte Unternehmen auf Grund der Durchführung anderer Arbeiten der Eigentümergemeinschaft bekannt war und sich bewährt hatte. Denn die in der Vergangenheit durchgeführten Arbeiten betrafen andere bauliche Maßnahmen, als sie nunmehr im Rahmen der Sanierung der Loggia durchzuführen waren. Die Kammer verkennt nicht, dass der Umstand, dass ein Unternehmen bekannt ist und sich bewährt hat, ein zulässiges Auswahlkriterium darstellt. Dies aber nur im Rahmen einer Auswahlentscheidung zwischen mehreren Angeboten, die sich auf die Durchführung vergleichbarer Arbeiten beziehen.
18cc)
19Auch die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vom 26.01.2003, wonach der Verwalter vor einer Auftragsvergabe fünf Unternehmen um Angebote bitten soll, enthebt nicht von der Notwendigkeit, dass vor der Beauftragung den Wohnungseigentümern drei Alternativangebote vorliegen müssen, damit diese sich ggf. für das wirtschaftlichste Angebot entscheiden können. Der Beschluss aus der Eigentümerversammlung soll vielmehr sicher stellen, dass eine ausreichende Anzahl von Angeboten vorliegt, zumal nicht immer alle angefragten Unternehmen ein Angebot abgeben.
202.
21Beschluss über die Kostentragung
22a)
23Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht nicht das Schreiben des verstorbenen vormaligen Klägers zu 2.) -der von der Klägerin, der früheren Klägerin zu 1.), als Alleinerbin beerbt worden ist- vom 10.06.2013 entgegen. Insoweit fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage. Auch wenn der verstorbene Kläger zu 2.) dem Beschluss nachträglich inhaltlich zugestimmt hat, fehlte ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschlussanfechtungsklage. Denn einen Beschluss kann selbst derjenige Miteigentümer anfechten, der ihm bereits in der Eigentümerversammlung zugestimmt hat (vgl. BGH ZWE 2012, 363). Darüber hinaus lässt das Schreiben des vormaligen Klägers zu 2.) das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zu unberührt, denn sie hat das Schreiben vom 10.06.2013 nicht unterzeichnet.
24b)
25Der Beschluss entspricht bereits deswegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil schon der Beschluss über die Sanierung der Loggia ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.
26c)
27Darüber hinaus entspräche der Beschluss aber auch dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dem Sondereigentümer gemäß § 14 Nr. 4 WEG unter Aufopferungsgesichtspunkten zum Kostenersatz verpflichtet wäre, weil in diesem Zusammenhang ein Abzug „neu für alt“ zu berücksichtigen wäre.
283.
29Feststellungsantrag
30a)
31Der Feststellungsantrag ist unbegründet, weil die Feststellungsklage allein gegen den Verwalter und nicht gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten ist.
32b)
33Der Feststellungsantrag wäre aber auch unbegründet, wenn die Klage gegen den richtigen Beklagten gerichtet worden wäre, denn die Klägerin hätte nicht bewiesen, dass der Verwalter das Sparbuch gekündigt und aufgelöst hat. Die Beklagten haben substantiiert dazu vorgetragen, dass lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 5.000 EUR gekündigt worden ist, um über diesen zum Zwecke der Begleichung von Rechnungen zu verfügen. Einen Beweis für ihre Behauptung, dass das Sparbuch als solches gekündigt und aufgelöst worden ist, hat die insoweit darlegungs- und beweisKlägerin nicht angetreten.
34III.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Volstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 WEG.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen.
(2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird.
(3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.
(4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen.
(5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter.
(6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.
(7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut
- 1.
der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, - 2.
der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und - 3.
der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien,
(8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben.
(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,
- 1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und - 2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,
- 1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und - 2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.
(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.