Landgericht Dortmund Beschluss, 05. Okt. 2016 - 1 S 205/16

ECLI:ECLI:DE:LGDO:2016:1005.1S205.16.00
bei uns veröffentlicht am05.10.2016

Tenor

Die Kammer weist die Parteien darauf hin, dass nach derzeitiger Einschätzung die Berufung Erfolg haben dürfte.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2012 - V ZR 147/11

bei uns veröffentlicht am 09.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 147/11 Verkündet am: 9. März 2012 Lesniak, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juni 2012 - V ZR 171/11

bei uns veröffentlicht am 01.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 171/11 Verkündet am: 1. Juni 2012 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 147/11 Verkündet am:
9. März 2012
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wohnungseigentümer sind nicht berechtigt, bereits entstandene, aber noch
nicht erfüllte Zahlungsverpflichtungen eines Wohnungseigentümers mit Stimmenmehrheit
erneut zu beschließen und so neu zu begründen. Ein dennoch
gefasster Beschluss ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.
BGH, Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11 - LG Stuttgart
AG Ludwigsburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 715,15 € nebst Zinsen gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 2. September 2010 auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage wegen eines Betrages von 715,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Juni 2008 abgewiesen. Die weitergehende Berufung bleibt zurückgewiesen. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 60 % und die Beklagten 40 %. Die Kosten der zweiten und dritten Instanz fallen der Klägerin zu 80% und den Beklagten zu 20% zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind seit dem 24. Mai 2006 je zur Hälfte Eigentümer einer Eigentumswohnung und eines Stellplatzes. Im Mai 2008 beschloss die Eigentümergemeinschaft die Gesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen für das Jahr 2007. Die Einzelabrechnungen der Beklagten enthalten unter der Bezeichnung "Abrechnung 2006" Rückstände aus dem Jahr 2006 von 214,42 € für die Wohnung und 500,78 € für den Stellplatz.
2
Die Vorinstanzen haben der zuletzt noch auf Zahlung dieser Beträge sowie auf Zahlung von Mahn- und Verwaltergebühren gerichteten Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Abweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien zur Zahlung der Rückstände aus dem Jahr 2006 verpflichtet. Nach dem eindeutigen Willen der Eigentümergemeinschaft sei Gegenstand der Beschlussfassung aus dem Jahr 2008, dass die Beklagten den in den Abrechnungen ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag und damit auch die darin enthaltenen Vorjahresrückstände schuldeten. Zwar dürften in eine Jahresabrechnung keine Rückstände aus Vorjahren , insbesondere solche eines Rechtsvorgängers, einbezogen werden. Geschähe dies dennoch, handele es sich aber lediglich um einen Abrechnungsfehler , welcher die sich aus § 28 Abs. 5 WEG ergebende Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung unberührt lasse und daher nur die Anfechtbarkeit des Beschlusses über die Abrechnung zur Folge habe. Mangels Anfechtung des Beschlusses aus dem Jahr 2008 schuldeten die Beklagten die darin als offen ausgewiesenen Beträge. Die von dem Amtsgericht zugesprochenen Nebenforderungen seien mit der Berufung nicht angegriffen worden.

II.

4
1. Diese Ausführungen halten hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten in der Hauptsache revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Beklagten sind aufgrund des Beschlusses über die Jahresabrechnung 2007 nicht verpflichtet , die darin ausgewiesenen Rückstände für das Jahr 2006 zu zahlen.
5
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts , der Wille der an der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2007 beteiligten Wohnungseigentümer sei dahin gegangen, die Rückstände aus dem Jahr 2006 nicht nur informationshalber, sondern zwecks Begründung einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten in die Abrechnung einzubeziehen (anders demgegenüber in: Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 113/11, NJWRR 2012, 217, 218 Rn. 11); die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.
6
b) Richtig ist ferner, dass Beitragsrückstände kein zulässiger Bestandteil einer Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 WEG sind. Diese ist auf die Abrechnung der Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs unter Berücksichtigung der von den Eigentümern geleisteten Vorschüsse beschränkt (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 1107, 1108; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 89).
7
Dem entspricht es, dass der Beschluss über eine Jahresabrechnung nach der Rechtsprechung des Senats nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze ), anspruchsbegründend wirkt (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Beschluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296). Zahlungsverpflichtungen , die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, lässt der Beschluss unberührt. Dies gilt nicht nur für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, aaO), sondern auch für Zahlungsverpflichtungen, die durch die Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen der Vorjahre begründet worden sind.
8
c) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Einbeziehung von Vorjahresrückständen in eine Jahresabrechnung stehe einem bloßen Abrechnungsfehler gleich und habe deshalb nur die Anfechtbarkeit , nicht aber die Nichtigkeit des Beschlusses über die Abrechnung zur Folge.
9
aa) Ein Abrechnungsfehler liegt vor, wenn die Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs unzutreffend erfasst oder in unrichtiger Weise auf die Wohnungseigentümer verteilt worden sind. Kennzeichnend ist, dass er sich auf Ausgaben oder Einnahmen bezieht, die in dem abzurechnenden Zeitraum tatsächlich oder vermeintlich angefallen sind. Davon zu unterscheiden ist die Aufnahme von Positionen in die Jahresabrechnung, die - wie Beitragsrückstände - ihrer Art nach generell nicht zu den Bestandteilen einer Abrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 WEG gehören. Fehlt den Wohnungseigentümern hinsichtlich solcher abrechnungsfremden Positionen die Kompetenz, Zahlungsverpflichtungen durch Mehrheitsbeschluss zu begründen, hat deren Aufnahme in die Jahresabrechnung die Nichtigkeit des darauf bezogenen Teils des Beschlusses zur Folge (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juli 2011 - V ZR 245/09, NJW-RR 2011, 1383, 1384 Rn. 52). Denn ein Beschluss der Wohnungseigentümer ist nichtig, soweit er Regelungen enthält, die nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung und den Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung einer Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich sind (vgl. Senat, Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 166 ff.; Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 179).
10
bb) Solche kompetenzüberschreitenden Regelungen sind in dem hier zu beurteilenden Beschluss über die Jahresabrechnung 2007 enthalten.
11
(1) Soweit der Beschluss die Beklagten verpflichtet, rückständige Beiträge zu zahlen, die vor ihrem Eigentumserwerb fällig geworden und daher von dem Voreigentümer zu tragen sind (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 22. Januar 1987 - V ZB 3/86, BGHZ 99, 358, 360; Beschluss vom 21. April 1988 - V ZB 10/87, BGHZ 104, 197, 201 ff.), folgt dies daraus, dass den Beklagten andernfalls eine nicht bestehende Erwerberhaftung auferlegt würde. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Haftung eines Wohnungseigentümers für die Rückstände seines Rechtsvorgängers nur durch Vereinbarung, nicht aber durch Mehrheitsbeschluss begründet werden kann (Beschluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 298). Daraus folgt, dass ein Beschluss , der zu einer solchen Haftung führt, mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig ist (vgl. Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 166; insoweit noch offen gelassen in Senat, Beschluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, aaO, S. 300).
12
(2) Nichts anderes gilt, wenn es sich bei den Rückständen um Beiträge aus dem Jahr 2006 handeln sollte, die nach dem Eigentumserwerb der Beklagten fällig geworden und daher von ihnen zu tragen sind. Solche Rückstände hätten ihre Grundlage entweder in dem Wirtschaftsplan 2006 (Vorschüsse) oder in der Jahresabrechnung 2006 (Abrechnungsspitze).
13
Eine erneute Beschlussfassung über sie im Rahmen der Jahresabrechnung 2007 bedeutete deshalb die Neubegründung einer bestehenden Schuld der Beklagten durch Mehrheitsbeschluss. Hierzu fehlt den Wohnungseigentümern die Kompetenz. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 28 Abs. 5 WEG, denn diese Vorschrift berechtigt nur zur Festlegung von Vorschüssen für die Zukunft und zur Abrechnung der im abgelaufenen Wirtschaftsjahr angefallenen Kosten. Wäre es anders, könnten die Wohnungseigentümer durch Aufnahme aller rückständigen Beiträge in die jeweils aktuelle Jahresabrechnung die Vorschriften über die Verjährung durch Mehrheitsbeschluss faktisch außer Kraft setzen. Das aber fällt ebenso wenig in ihre Zuständigkeit wie die Begründung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Haftung eines Wohnungseigentümers durch Mehrheitsbeschluss (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 173). Folge der fehlenden Kompetenz der Wohnungseigentümer ist die Nichtigkeit des Beschlussteils, mit dem die Ansprüche auf Zahlung rückständiger Beiträge neu begründet werden sollten (ebenso: LG Nürnberg-Fürth, NZM 2010, 791; Häublein, ZWE 2010, 136; Schultzky, ZWE 2011, 12, 15; aA OLG Düsseldorf, ZMR 2005, 642; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 89).
14
2. a) Soweit sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der Nebenkosten (Zinsen, Mahngebühren und Verwaltergebühren) wenden, ist die Revision ebenfalls zulässig; denn sie ist unbeschränkt zugelassen worden. Der Tenor des Berufungsurteils enthält keine Einschränkung. Zwar kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hierfür dürfen sich die Ausführungen aber nicht lediglich mit einer Begründung für die Zulassung der Revision befassen; viel- mehr muss aus den Gründen der Wille des Berufungsgerichts, die Revision in bestimmter Hinsicht zu beschränken, klar und eindeutig hervorgehen (Senat, Beschluss vom 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366 mwN). Das gilt insbesondere dann, wenn die mögliche Beschränkung - wie hier - Nebenforderungen betrifft; im Zweifel ist anzunehmen, dass das Berufungsgericht nicht beabsichtigt hat, diese von der Hauptforderung zu trennen. Davon ist mangels einer eindeutigen Einschränkung auch hier auszugehen.
15
b) Insoweit ist die Revision allerdings nur teilweise, nämlich hinsichtlich der Zinsen, begründet.
16
aa) Die Grundlage für die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen ist mit dem Hauptanspruch entfallen. Dass die Beklagten ihre diesbezügliche Verurteilung in der Berufungsbegründung nicht ausdrücklich angegriffen haben, schadet nicht. Es ist nicht erforderlich, dass der Berufungskläger zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten Stellung nimmt; es genügt, dass der zu dem Hauptanspruch vorgebrachte Berufungsangriff auch den Nebenanspruch zu Fall bringt (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Februar 2007 - V ZB 154/06, NJW 2007, 1534 Rn. 12). So liegt es im Verhältnis von Zahlungs- und darauf bezogenem Zinsanspruch.
17
bb) Unbegründet ist die Revision hingegen, soweit sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der weiteren Nebenforderungen (Mahnund Verwaltergebühren) wenden. Hier fehlt es an dem nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO notwendigen Berufungsangriff und damit an einer zulässigen Berufung. Anders als bei dem Zinsanspruch versteht es sich nicht von selbst, dass der Anspruch auf Zahlung dieser Kosten mit der Hauptforderung von 715,15 € steht und fällt. Da die Klage zunächst eine höhere Hauptforderung umfasste - insoweit ist sie nach Zahlung der Beklagten in erster Instanz über- einstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden -, kommt in Betracht, dass die Mahn- und Verwaltergebühren ganz oder teilweise auf den erledigten Teil der Klageforderung entfallen und deshalb nicht das rechtliche Schicksal des noch anhängig gebliebenen Hauptanspruchs teilen. Die Beklagten hätten sich daher in der Berufungsbegründung nicht auf Angriffe gegen die Verpflichtung zur Zahlung der 715,15 € beschränken dürfen, wenn sie auch diesen Teil der Verurteilung zu Fall bringen wollten.

III.

18
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben, soweit die Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung von 715,15 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist; in diesem Umfang ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
19
Der Senat hat insoweit in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt, da der Beschluss über die Jahresabrechnung 2007 eine Haftung der Beklagten nicht zu begründen vermag und die Revisionserwiderung keinen Vortrag zu einer anderen Grundlage für eine entsprechende Zahlungsverpflichtung der Beklagten aufzeigt, zur Abweisung der auf Zahlung von 715,15 € nebst Zinsen gerichteten Klage. Soweit die Revision unbegründet ist, nämlich hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Mahn- und Verwalterkosten, bleibt es bei der Entscheidung des Berufungsgerichts.

IV.

20
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91a Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Stresemann Czub Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 02.09.2010 - 21 C 435/10 WEG -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 01.06.2011 - 19 S 42/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 171/11 Verkündet am:
1. Juni 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen
beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Vorschüsse fällig sind. Der Beschluss
über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung.
BGH, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 171/11 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 4. Februar 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 4.753,88 € nebst anteiligen Zinsen seit dem 16. Juli 2006 gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umgang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind seit Februar 2009 Eigentümer einer Eigentumswohnung. Nach der Gemeinschaftsordnung haften Veräußerer und Erwerber einer Wohnung gesamtschuldnerisch für Rückstände des Veräußerers gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft.
2
Mit der den Beklagten im November 2009 zugestellten Klage verlangt die Gemeinschaft unter anderem die Zahlung von Wohngeldrückständen aus dem Jahr 2006 (3.585,31 €), des in der Jahreseinzelabrechnung 2005 ausgewiesenen Rückstands (4.753,88 €) und für das Jahr 2004, für das keine Jahresabrechnung erstellt worden ist, die Zahlung der noch offenen Wohngeldvorschüsse sowie einer Sonderumlage (zusammen 1.516,69 €). Hinsichtlich der Rückstände aus dem Jahr 2004 besteht zugunsten der Eigentümergemeinschaft ein rechtskräftiger Titel gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Gegenüber den Rückständen aus dem Jahr 2006 haben die Beklagten die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Auszahlung des auf ihre Einheit entfallenden Anteils an dem Zinsertrag erklärt, welcher von der Gemeinschaft im Jahr 2006 erwirtschaftet worden ist (250,43 €). Im Übrigen haben sie die Einrede der Verjährung erhoben.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung , mit der sich diese nur noch gegen die Verurteilung zur Zahlung der Rückstände aus den Jahren 2004 und 2005 sowie dagegen gewandt haben, dass die Aufrechnung gegen die Forderung für das Jahr 2006 ohne Erfolg geblieben ist, ist von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, der Verwalter könne die rückständigen Hausgelder ohne vorhergehenden Beschluss der Wohnungseigentümerge- meinschaft einklagen, da er in der Gemeinschaftsordnung bevollmächtigt worden sei, die Wohnungseigentümer gerichtlich zu vertreten. Die Beklagten hafteten für die Rückstände ihrer Rechtsvorgängerin aufgrund der entsprechenden Regelung in der Gemeinschaftsordnung. Die Ansprüche der Gemeinschaft seien nicht verjährt. Die Rückstände aus dem Jahr 2004 seien tituliert, diejenigen aus dem Jahr 2005 durch den im Juli 2006 gefassten Beschluss über die Jahresabrechnung erneut fällig gestellt worden. Gegenüber den Ansprüchen auf Zahlung der Vorschüsse für 2004 stehe den Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Jahresabrechnung zu. Mit einem etwaigen Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens aus den Zinserträgen für das Jahr 2006 könnten die Beklagten nicht aufrechnen, da es an einem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über den Umgang mit dem Zinserlös und damit an der Fälligkeit eines solchen Anspruchs fehle.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
6
1. a) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht allerdings von der wirksamen Vertretung der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter und damit von der Zulässigkeit der Klage und der Berufung aus. Zwar ist ein Verwalter nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche der Wohnungseigentümer oder des Verbandes gerichtlich geltend zu machen; vielmehr ist es grundsätzlich Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu befinden, ob ein Prozess geführt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 2011 - V ZR 145/10, BGHZ 188, 157, 162 Rn.13). Die Wohnungseigentümer können den Verwalter aber durch Beschluss oder Vereinbarung bevollmächtigen, ihnen oder der Gemeinschaft zustehende Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Im Umfang der erteilten Vertretungsmacht ist der Verwalter berechtigt, auch ohne besonderen Eigentümerbeschluss einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Wohnungseigentümer oder der Gemeinschaft in einem gerichtlichen Verfahren zu beauftragen (vgl. BayObLGZ 1988, 287, 289 f.).
7
b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Verwalter sei nach der Gemeinschaftsordnung nicht berechtigt, den vorliegenden Rechtsstreit ohne gesonderten Beschluss der Wohnungseigentümer zu führen.
8
aa) Die Gemeinschaftsordnung (GO), die der Senat uneingeschränkt selbst auslegen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, BGHZ 160, 354, 361 f.; Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 40/09, NJWRR 2010, 667 Rn. 6 f.), enthält in § 12 Nr. 1 Satz 3 die Ermächtigung des Ver- walters „zur Geltendmachung von Ansprüchen gemäß § 27 Abs. 2 Ziffer 5 WEG [aF] …, und zwar so, daß er Ansprüche- auch gegen einzelne Eigentümer - sowohl im eigenen Namen als auch als Bevollmächtigter der Eigentümer- gemeinschaft geltend machen kann“. Außerdem wird ihm in § 15GO die Voll- macht erteilt, „die Wohnungseigentümer gerichtlich … in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung zu vertreten und Ansprüche gerichtlich geltend zu ma- chen“. Diese- vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgestellten - Regelungen sind, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, dahin ergänzend auszulegen, dass sie Ansprüche umfassen, die heute nicht mehr den Wohnungseigentümern, sondern der Gemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband zustehen; insoweit erhebt die Revision auch keine Einwände.
9
bb) Auf dieser Grundlage folgt die Berechtigung des Verwalters, Beitragsforderungen ohne vorherigen Eigentümerbeschluss geltend zu machen, bereits aus § 12 Nr. 1 Satz 3 GO. Entgegen der Auffassung der Revision wiederholt die Bestimmung nicht lediglich die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG aF, nach der der Verwalter berechtigt war, Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt wurde. Die erforderliche Ermächtigung wird dem Verwalter durch die Bestimmung - in allgemeiner Form - gerade erteilt. Dass sich die Rechte und Pflichten des Verwalters aus den §§ 27, 28 WEG aF ergeben, spricht die Gemeinschaftsordnung nämlich schon in § 12 Nr. 1 Satz 1 aus. Die nachfolgenden Ermächtigungen werden dem Verwalter ausdrücklich „in Erweiterung seiner gesetzlichen Befugnisse“ eingeräumt (Satz 2);dies um- fasst auch den hier maßgeblichen und auf Satz 2 Bezug nehmenden („Er ist ferner ….ermächtigt zur Geltendmachung…“) Satz 3.
10
Die Erteilung einer allgemein gehaltenen Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung war und ist zulässig (vgl. BayObLGZ 1986, 128, 129; Weitnauer /Lücke, WEG, 9. Aufl., § 27 Rn. 21, jeweils zu § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG aF sowie BT/Drucks. 16/887 S. 71 zu § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG nF). Aus der von der Revision dagegen angeführten Entscheidung (BayObLG, NJW-RR 2000, 968) folgt nichts anderes. Die dort durch einen Beschluss ausgesprochene allgemeine Ermächtigung des Verwalters wurde deshalb für unzureichend erachtet, weil die Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs (§ 1004 BGB) in Rede stand. Ein solcher Anspruch kann, da er den einzelnen Wohnungseigentümern zusteht, von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer bzw. von der Gemeinschaft nur durchgesetzt werden, wenn ein darauf gerichteter Eigentümerbeschluss gefasst worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187, 2188 Rn. 12); dieser fehlte in dem genannten Fall. Für die Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft auf Zahlung von Wohngeld und Sonderumlagen ist ein solcher zusätzlicher Beschluss hingegen nicht erforderlich.
11
cc) Ohne Erfolg beruft sich die Revision ferner darauf, dass die Erforderlichkeit eines gesonderten Eigentümerbeschlusses hier jedenfalls daraus folge, dass die dem Verwalter in § 15 Nr. 1c GO erteilte Vollmacht auf „Angelegenhei- ten der laufenden Verwaltung“ beschränkt sei und damit nur die gerichtliche Geltendmachung originärer Beitragsschulden des aktuellen Eigentümers umfasse , nicht dagegen Ansprüche aus der Erwerberhaftung. Da eine ausreichende Ermächtigung des Verwalters, wie dargelegt, bereits in § 12 GO enthalten ist, käme der Regelung in § 15 GO gesonderte Bedeutung nur zu, wenn aus dem Begriff „Angelegenheiten der laufenden Verwaltung“ eine Einschränkung dieser Ermächtigung folgte. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Vollmachtserteilung in § 15 GO erfolgt ausdrücklich „über § 12 … hinaus“. Das lässt den Schluss zu, dass mit dem Begriff der „laufenden Verwaltung“ nichts anderes gemeint ist, als mit der - nach dem Sachzusammenhang auch für Satz 3 geltenden - Formulierung in § 12 Nr. 1 Satz 2 GO, der Verwalter sei ermächtigt, „im Rahmen seiner Verwalteraufgaben“ bestimmte Handlungen mit Wirkung für die Wohnungseigentümer vorzunehmen. Dass die Einziehung von Beitragsrückständen und Sonderumlagen, auch wenn diese, wie hier, aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung statuierten Erwerberhaftung geschuldet werden, zu den Aufgaben eines Verwalters gehört, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
12
2. In der Sache nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass die Beklagten verpflichtet sind, das noch im Streit befindliche Wohngeld für die Jahre 2004 und 2006 zu zahlen.
13
a) Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Jahresabrechnung für 2004 steht den Beklagten gegenüber den titulierten Wohngeldrückständen für das Jahr 2004 nicht zu.
14
Es fehlt bereits an der dafür notwendigen Gegenseitigkeit, nämlich daran , dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Gläubigerin der Hauptforderung zugleich Schuldnerin des Gegenanspruchs ist. Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) richtet sich nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern gegen den Verwalter. Dieser erfüllt mit der Erstellung der Abrechnung eine ihm durch das Gesetz auferlegte eigene Verpflichtung, er wird dabei - anders als die Revision meint - also nicht als Vertreter der Gemeinschaft tätig (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23. Februar 2005 - 2Z BR 208/04 - juris Rn. 27).
15
Dass ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtung zur Zahlung der im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse folglich nicht unter Hinweis auf eine fehlende Jahresabrechnung zurückhalten kann, ist schon deshalb hinnehmbar , weil viel dafür spricht, ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber - laufenden und rückständigen - Wohngeldlasten wegen der Natur der Schuld ohnehin als generell oder zumindest weitgehend ausgeschlossen anzusehen (vgl. BayObLGZ 1971, 313, 319; OLG Frankfurt, OLGZ 1979, 391, 392; OLG München, NJW-RR 2005, 1326, 1327; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 235; Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 16 Rn. 28 aE).
16
b) Ein fälliger Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Auszahlung eines Betrages von 250,43 €, mit dem die Beklagten gegen den Anspruch auf Zahlung des Wohngelds für 2006 aufrechnen können, besteht nicht. Zwar gehören Rechtsfrüchte des Verwaltungsvermögens und damit auch Zinserträge zu den Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 16 Abs. 1 WEG (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 10). Die genannte Vorschrift räumt dem einzelnen Wohnungseigentümer aber keinen unmittelbaren Anspruch auf Auskehr des ihm gebührenden Anteils an solchen Nutzungen ein. Diese dürfen vielmehr zur Deckung der Lasten und Kosten im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG verwendet werden. Erst wenn die Jahresabrechnung , in die solche Erträge einzustellen sind, einen Überschuss ergibt und die Wohnungseigentümer beschließen, diesen Überschuss anteilig an die Wohnungseigentümer auszukehren, entsteht für den einzelnen Eigentümer ein Zahlungsanspruch (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 17; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 77 f.). Auf eine Jahresabrechnung oder einen sonstigen Beschluss, aus dem sich ein Anspruch auf Auszahlung von 250,43 € ergibt, können die Beklagten indes nicht verweisen.
17
3. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Anspruch auf Zahlung des rückständigen Wohngelds aus dem Jahr 2005 stehe die Einrede der Verjährung nicht entgegen, weil die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Wohngelder durch den Beschluss über die Jahresab- rechnung im Jahr 2006 „erneut fällig gestellt“ worden seien.
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a) Der Anspruch der Gemeinschaft auf Zahlung der in einem beschlossenen Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem diese aufgrund des Abrufs durch den Verwalter (§ 28 Abs. 2 WEG) zu leisten sind. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt folglich am Ende des Jahres, in dem der jeweilige Vorschuss fällig war (§ 199 Abs. 1 BGB).
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b) Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung für die Vorschussansprüche.
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aa) Der Beschluss über die Jahresabrechnung wirkt anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze; vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Be- schluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13). Zahlungsverpflichtungen , die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, bleiben hierdurch unberührt. Dies gilt insbesondere für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, aaO; Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11 ZfIR 2012, 365) und unabhängig davon, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat (unzutreffend daher: OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388).
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Grund hierfür ist, dass andernfalls bereits begründete Rechte der Eigentümergemeinschaft hinsichtlich der Vorschussforderungen, etwa auf Verzugszinsen oder aus einer Titulierung, mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung hinfällig würden. Außerdem verlöre die Gemeinschaft im Falle der Novation , d.h. einer Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und dessen vollständiger Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung, bei einem zwischenzeitlichen Eigentümerwechsel den gegen den Voreigentümer bestehenden Anspruch auf Zahlung rückständiger Vorschüsse, weil dieser nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft durch einen später gefassten Beschluss nicht gebunden werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 113/11, NJW-RR 2012, 217, 218 Rn. 9 mwN).
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bb) Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt auch nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären (ebenso Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 28 Rn. 174; Jacoby, ZWE 2011, 61, 63; Schultzky, ZMR 2008, 757, 759; aA OLG Dresden, ZMR 2006, 543; OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388; Merle in Bär- mann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 174; Wenzel, WE 1997, 124, 126; Hauger, Festschrift für Bärmann u. Weitnauer, 353, 361 ff.; ähnlich Bub, ZWE 2011, 193, 195).
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(1) Im Gesetz ist ein solcher doppelter Rechtsgrund nicht angelegt. Wie § 28 Abs. 2 WEG verdeutlicht, haben die Wohnungseigentümer ihren Beitrag zu den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 16 Abs. 2 WEG) in erster Linie durch Vorauszahlungen zu erfüllen. Bei diesen handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 für Abschlagszahlungen nach § 16 Nr. 1 VOB/B) oder jedenfalls möglich ist (so für Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters: BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 258/09, NJW 2011, 145, 146 Rn. 22). Der Vorschussanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG bleibt, wie dargelegt, auch nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung und selbst dann unverändert bestehen, wenn es - wie hier für das Jahr 2004 - zu einer Abrechnung überhaupt nicht kommt. Der besondere Charakter des Vorschussanspruchs nach § 28 Abs. 2 WEG erklärt sich daraus, dass es sich bei den Vorschüssen um das zentrale Finanzierungsinstrument der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt; nur die laufenden Vorauszahlungen gewährleisten , dass die für die Bewirtschaftung der Anlage notwendigen Mittel bereitstehen. Die Jahresabrechnung dient demgegenüber nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten. Anhand der Rechnungslegung des Verwalters über die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben wird der bestehende Beitragsanspruch der Gemeinschaft überprüft und in Form eines Nachzahlungsanspruchs der Gemeinschaft oder Erstattungsanspruchs des Wohnungseigentümers sowie durch Neufestsetzung der Vorschüsse korrigiert (vgl. Jacoby, ZWE 2011, 61, 63).
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(2) Aus der bestätigenden und rechtsverstärkenden Wirkung, die der Beschluss über die Jahresabrechnung nach der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich offener Vorschussforderungen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Beschluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13), folgt kein zusätzlicher Schuldgrund in Form eines Schuldanerkenntnisses oder eines Abrechnungsvertrages entsprechend § 782 BGB. Denn die hierzu notwendige Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, also der Gemeinschaft und dem säumigen Wohnungseigentümer, vermag ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht zu ersetzen. Soweit sich aus den - nicht tragenden - Erwägungen des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in dessen Entscheidung vom 10. März 1994 (IX ZR 98/93, NJW 1994, 1866, 1867) etwas anderes ergibt, hat dieser auf Anfrage erklärt, hieran nicht festzuhalten.
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Die verstärkende Wirkung des Beschlusses über die Jahresabrechnung besteht lediglich darin, dass der Korrekturvorbehalt, unter dem die Vorschusszahlungen stehen, entfällt. Soweit die anteilig umgelegten tatsächlichen Lasten und Kosten den mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüssen entsprechen oder sie übersteigen, belegt die Abrechnung, dass die Vorschüsse für die Bewirtschaftung der Anlage erforderlich waren, rückschauend betrachtet also zu Recht festgesetzt worden sind. Das gilt ungeachtet der - praktisch unvermeidlichen - Abweichungen von den Positionen des Wirtschaftsplans. Insoweit beseitigt die Jahresabrechnung die Unsicherheiten, mit denen ein Wirtschaftsplan naturgemäß behaftet ist und verstärkt so die Berechtigung der Gemeinschaft zur Einziehung der auf diesem Plan gründenden Vorschussansprüche.
26
(3) Allein das Interesse der Gemeinschaft, aus Gründen der Übersichtlichkeit rückständige Vorschüsse und Abrechnungsspitzen aus der Jahresabrechnung zu einer Forderung zusammenziehen (vgl. Hauger, Festschrift für Bärmann und Weitnauer, S. 353, 361), rechtfertigt es nicht, den gesetzlichen Beitragsanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG auf zweifacher Grundlage entstehen zu lassen. Es ist dem Verwalter zumutbar, rückständige Beiträge eines Wohnungseigentümers nach dem Jahr ihrer Fälligkeit zusammenzufassen (z.B. rückständige Vorschüsse aus dem Jahr 2005 und die rückständige Abrechnungsspitze aus der im Jahr 2005 beschlossenen Jahresabrechnung 2004) und auf dieser Grundlage die - gemäß § 199 Abs. 1 BGB einheitlich zum Jahresende beginnende - Verjährungsfrist zu überwachen. Zudem erlaubt ihm die Frist von drei Jahren ohne weiteres, rückständige Beiträge aus dem Wirtschaftsplan und der Abrechnung desselben Jahres äußerlich zusammenzuführen und rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen zu veranlassen.
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cc) Schließlich kommt es nicht darauf an, ob die die Klägerin bildenden Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2005 den Willen hatten, die noch offenen Wohngelder „erneut fällig zu stellen“ und mit etwaigen Abrechnungsspitzen zu einer einheitlichen Forderung zusammenzuziehen. Denn hierfür fehlte ihnen die erforderliche Beschlusskompetenz. Der Senat hat, wenn auch erst nach Erlass des Berufungsurteils, entschieden , dass die Wohnungseigentümer nicht berechtigt sind, eine bereits bestehende Schuld durch Mehrheitsbeschluss erneut zu begründen und auf diese Weise den Lauf der Verjährungsfrist zu beeinflussen (Senat, Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11, ZfIR 2012, 365).

III.

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Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit die Berufung gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.753,88 € nebst anteiligen Zinsen zurückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die hierfür erforderlichen Feststellungen fehlen. Es ist naheliegend, dass der Betrag von 4.753,88 € Vorschussansprüche umfasst, die im Jahr 2005 entstanden und daher Ende 2008 verjährt sind. Da die Einzelabrechnung vom 26. Juni 2006 jedoch nicht erkennen lässt, in welchem Umfang der Betrag aus rückständigen Vorschüssen besteht, und dies auch nicht anderweit festgestellt worden ist, ist die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Krüger Stresemann Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Charlottenburg, Entscheidung vom 01.04.2010 - 74 C 135/09 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 04.02.2011 - 85 S 116/10 WEG -