Landgericht Bielefeld Beschluss, 15. Jan. 2015 - 23 T 873/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.
3Der Betroffene leidet mindestens seit 1978 an einer psychischen Erkrankung, infolge derer er ab dem Jahre 1980 regelmäßig nach den Bestimmungen des PsychKG geschlossen untergebracht werden musste. 1986 wurde zunächst eine vorläufige Vormundschaft eingerichtet, 1987 wurde der Betroffene entmündigt. Zurzeit ist der Beteiligte zu 2. seit dem Beschluss des Amtsgerichts Lübbecke vom 15.06.2012 (Bl. 1809 GA) zum Berufsbetreuer für die zuletzt durch Beschluss des Amtsgerichts Lübbecke vom 18.03.2011 (Bl. 1625 GA) in Fortschreibung früherer Anordnungen aufrechterhaltenen Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge unter Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für die Vermögenssorge und Aufenthaltsbestimmung bestellt. Als Frist, bis zu der spätestens über die Verlängerung oder Aufhebung der Betreuung zu entscheiden ist, ist der 18.03.2018 bestimmt.
4Am 14.08.2014 (Bl. 2101 GA) und am 20.10.2014 (Bl. 2125) hat der Betroffene beantragt, die Betreuung aufzuheben oder zumindest eine neue Betreuungsperson zu bestellen. Das aufgrund eines Wechsel des ständigen Aufenthaltsortes des Betroffenen seit dem 02.10.2014 (Bl. 2121 GA) örtlich zuständige Amtsgericht Herford hat den Betroffenen hierzu persönlich mit dem aus dem Vermerk vom 25.11.2014, Bl. 2137 f. GA, ersichtlichen Ergebnis angehört. Ferner erfolgten am 11.11.2014 (Bl. 2133 GA) und am 13.11.2014 (Bl. 2134 GA) schriftliche Stellungnahmen der Beteiligten zu 2) und 3).
5Mit Beschluss vom 24.11.2014 (Bl. 2135 GA) hat das Amtsgericht Herford sodann die Anträge des Betroffenen zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 1) zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Herford am 27.11.2014 Beschwerde eingelegt.
6II.
7Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
81. Eine Aufhebung der Betreuung kommt nicht in Betracht, da ihre Voraussetzungen nicht weggefallen sind (§ 1908 d BGB). Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung nach § 1896 Abs. 1, 1a BGB sind hier vielmehr weiterhin aus den vom Amtsgericht Lübbecke im Beschluss vom 18.03.2011 genannten Gründen gegeben. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass sich an der bestehenden Situation seit der letzten Verlängerung der Betreuung nennenswerte Veränderungen ergeben haben.
9Zuletzt sind im Zuge der Prüfung einer geschlossenen Unterbringung ausführliche Gutachten der medizinischen Sachverständigen Herrn Prof. Dr. med. T. vom 28.11.2013 (Bl. 1965-1980 GA) und Herrn F. vom 17.02.2014 (Bl. 2039-2047 GA) eingeholt worden. Aus beiden Gutachten folgt in überwiegender Übereinstimmung mit früheren Gutachten, dass der Betroffene seit Jahrzehnten insbesondere an einem schizophrenen Residuum leidet; sein Zustand ist entsprechend der Formulierung des Sachverständigen F. geprägt durch eine unkontrollierte Impulsivität und Aggressivität, einen Verlust an sozialer Kontaktfähigkeit und eine fehlende angemessene Selbstversorgung, so dass eine selbstständige Lebensführung ohne Unterstützung nicht möglich ist bzw. ohne diese eine soziale Verwahrlosung und eine weitere unheilbare Chronifizierung der Erkrankung drohen.
10Es besteht auch kein Zweifel am Fortbestand der psychischen Erkrankung, die zuletzt die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung des Betroffenen längstens bis zum 24.08.2014 erforderlich gemacht hat (AG Bad Oeynhausen, Beschl. v. 24.02.2014, Bl. 2055 GA) und dazu führt, dass er in den bestehenden Aufgabenkreisen auch weiterhin der Unterstützung des Betreuers bedarf. Diese Einschätzung steht insbesondere in Einklang mit den Feststellungen des Amtsgerichts Herford sowohl bei der persönlichen Anhörung am 25.11.2014 als auch bezüglich mehrfacher Gelegenheiten, bei denen der Betroffene das Amtsgericht aufgesucht und sich hierbei verbal so ausfallend und aggressiv verhalten hat, dass ihm zwischenzeitlich ein Hausverbot erteilt worden ist (Bl. 2129-2132 GA).
11Bei dieser eindeutigen Sachlage bestand keine Notwendigkeit für weitere Ermittlungen oder eine erneute persönliche Anhörung der Betroffenen. Spezielle Verfahrensanforderungen bestehen nicht. Insbesondere findet § 294 FamFG keine Anwendung, wenn – wie hier – das Vormundschaftsgericht oder das Beschwerdegericht dem Antrag auf Aufhebung der Betreuung nicht entsprechen wollen.
122. Auch einen Betreuerwechsel hat das Amtsgericht zu Recht abgelehnt. Gründe für die Entlassung des Beteiligten zu 2) und die Bestellung eines anderen Betreuers sind nicht gegeben. Der Beteiligte zu 2) ist als Betreuungsperson uneingeschränkt geeignet. Die Bestellung einer anderen Betreuungsperson würde - entsprechend der überzeugenden Einschätzungen der Beteiligten zu 2) und 3) und den Ausführungen des damals zuständigen Amtsgerichts Bad Oeynhausen in einem früheren Beschluss vom 24.02.2014 (Bl. 2052 GA) zur Ablehnung eines Betreuerwechsels - auch nicht zu einer Verbesserung des Verhältnisses zu dem Betroffenen führen, da dieser krankheitsbedingt über kurz oder lang alle Personen in der Rolle des Betreuers konsequent ablehnt oder ablehnen würde. Daher ist ein Wechsel in der Person des Betreuers nicht sinnvoll. Eine andere Person, die bereit und in der Lage wäre, die Betreuung zu übernehmen, hat der Betroffene nicht vorgeschlagen.
13Rechtsmittelbelehrung
14Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde statthaft.
15Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichung einer mit einer Begründung versehenen und unterschriebenen Beschwerdeschrift beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einzulegen. Die Einlegung hat durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu erfolgen.
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Referenzen - Gesetze
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Für die Aufhebung der Betreuung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und für die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers oder des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gilt § 279 Absatz 1, 3 und 4 sowie § 288 Absatz 2 Satz 1 entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.
(2) Hat das Gericht nach § 281 Absatz 1 von der Einholung eines Gutachtens abgesehen, ist dies nachzuholen, wenn ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder Einschränkung des Aufgabenkreises erstmals abgelehnt werden soll.
(3) Über die Aufhebung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, hat die erstmalige Entscheidung über ihre Aufhebung spätestens zwei Jahre nach der Anordnung zu erfolgen.