Landgericht Bielefeld Urteil, 10. Feb. 2015 - 02 KLs-676 Js 46/14-15/14
Tenor
Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von
drei Jahren und acht Monaten
verurteilt.
Im Übrigen wird er freigesprochen.
Die Anordnung seiner Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird vorbehalten.
Im Umfang des Freispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; im Übrigen trägt der Angeklagte die Kosten des Verfahrens. Dem Angeklagten fallen auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers zur Last.
Angewandte Vorschriften: §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 52, 21, 49, 66a Abs. 1 StGB, § 52 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG
1
Gründe
2I.
3Die Eltern des heute 28 Jahre alten, ledigen und kinderlosen Angeklagten siedelten in den 1970er Jahren aus dem damaligen Jugoslawien in die Bundesrepublik Deutschland über. Der Vater des Angeklagten arbeitete als Maschinenführer in einer Papierfabrik, seine Mutter, eine gelernte Kosmetikerin, ist bei der Deutschen Rentenversicherung angestellt. Der Angeklagte wurde in H. geboren. Er hat eine vierzehn Jahre ältere Schwester. Die Eltern, vor allem die Mutter, verwöhnten den Angeklagten in seiner Kindheit nach Kräften. Der Großvater des Angeklagten (väterlicherseits) litt unter einer Angststörung. Der Vater des Angeklagten leidet an Schizophrenie, die sich im Wesentlichen als Eifersuchtswahn äußert. In akuten Phasen verhielt er sich unberechenbar, aufbrausend und aggressiv. Das Krankheitsbild bestand bereits bei der Geburt des Angeklagten, der schon als Kleinkind heftige, allerdings zumeist verbale, Auseinandersetzungen zwischen seinen Eltern miterlebte. Gegen den Angeklagten setzte der Vater vereinzelt auch körperliche Züchtigungsmittel ein. So verprügelte er ihn im Alter von 8 Jahren aus nichtigem Anlass massiv mit einem Gürtel. Dabei handelte sich aber um einen Ausnahmefall. Zumeist wurden Regelverstöße des Angeklagten nicht geahndet, seine Wünsche bedingungslos erfüllt. Er durchlief ohne größere Schwierigkeiten Kindergarten und Grundschule.
4In der weiterbildenden Schule (der Hauptschule V.) verhielt der Angeklagte sich jedoch auffällig, war desinteressiert, konnte kaum still sitzen, störte den Unterricht und geriet mit Mitschülern aneinander, wobei es auch zu Prügeleien kam. Der Angeklagte stellte fest, dass sein aggressives Verhalten ihm bei seinen Mitschülern Respekt verschaffte. Er fand bald Gefallen an der Rolle des bösen Buben, dem seine Mitschüler gehörigen Respekt zollten und von dem sie sicherheitshalber Abstand hielten. Er begann, sein Image durch Konsum von Alkohol und Drogen bereits im Alter von etwa 13 Jahren noch auszubauen. Die Eltern des Angeklagten erhielten zeitweise Hilfe zur Erziehung in der Form, dass der Angeklagte für etwa ein Jahr die Tagesgruppe des heilpädagogischen Hortes Grünau besuchte. In der Folge gelang es ihm im Jahr 2003, nach der 10. Klasse den Hauptschulabschluss zu erwerben. Zuvor trat er allerdings strafrechtlich erstmals in Erscheinung: Am 20.06.2003 stellte das Amtsgericht Detmold ein Verfahren wegen einer am 07.02.2003 begangenen Körperverletzung nach § 47 JGG unter Verhängung einer Arbeitsauflage ein. Er selbst hatte nach dem Schulabschluss keine klaren Vorstellungen über seinen weiteren Werdegang; er nahm nur widerwillig auf Drängen (und Vermittlung) seines Vaters eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker bei einer Mercedes-Benz-Niederlassung auf. Aufgrund eines früheren Praktikums war dem Angeklagten bewusst, dass dieser Beruf langfristig nicht seiner Neigung entsprach. Es folgten weitere Ermittlungsverfahren, die für den Angeklagten ohne gravierende Konsequenzen blieben: Am 07.10.2004 sah die Staatsanwaltschaft Detmold von der Verfolgung eines Verkehrsdelikts, am 16.12.2004 von der Verfolgung des unerlaubten Besitzes eines Butterflymessers ab. Am 24.01.2005 stellte das Amtsgericht Detmold ein Verfahren wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen eine Zahlungsauflage ein.
5Der Angeklagte war unzufrieden mit seiner Ausbildungsstelle und dem geringen Verdienst, den sie abwarf. Um sein Einkommen aufzubessern, aber auch um sein Ansehen in seinem Bekanntenkreis zu mehren, begann er im November 2004, gemeinsam mit seinem Freund T. L. Raubüberfälle zu begehen. Es kam bis zum 21.01.2005 zu einer Serie von sechs Taten, für die das Landgericht Detmold den Angeklagten in zweiter Instanz – wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen und wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb – zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilte. Im Einzelnen beging er folgende Taten:
6Am späten Abend des 06.11.2004 überfielen der Angeklagte und L. eine Tankstelle und erbeuteten ca. 600 EUR, wobei der Angeklagte den Mitarbeiter der Tankstelle mit einer echt aussehenden Feuerzeugpistole bedrohte.
7Am Abend des 01.12.2004 überfielen sie in M. einen Sparkassenkunden, der Geld vom Automaten abgehoben hatte. Sie zwangen ihn zunächst, sie mit seinem Pkw auf einen nahegelegenen Parkplatz zu fahren. Dort drohte der Angeklagte ihm mit der Feuerzeugpistole; der Geschädigte händigte seine EC-Karte nebst PIN aus; L. ging damit zum Geldautomaten zurück und hob 1.000 EUR ab. Der Angeklagte kaufte sodann für 800 EUR eine echte Schusswaffe (eine Vesta Kaliber 7,65 mm ohne Munition).
8Am 24.12.2004 versuchten der Angeklagte (bewaffnet mit der Vesta) und L. (bewaffnet mit einer Gaspistole), nachts einen Autofahrer zu überfallen, als dieser sein Fahrzeug in den Carport seines Wohnhauses steuerte. Der Autofahrer setzte beim Anblick der Täter jedoch das Fahrzeug zurück und entkam.
9Am 29.12.2004 überfielen der Angeklagte und L. eine Autofahrerin vor der Sparkasse M.. Sie zwangen sie mit vorgehaltenen Pistolen, ihnen EC-Karte und PIN auszuhändigen. L. hob sodann 380 EUR von ihrem Konto ab. Anschließend zwangen sie die Geschädigte, sie in ihrem Fahrzeug in ein Waldgelände zu fahren. Dort musste sie aussteigen, wobei der Angeklagte ihr mitteilte, er wolle sie nur deshalb leben lassen, weil sie ein Kind habe. Anschließend fuhren die beiden mit dem Fahrzeug der Geschädigten davon.
10Am 16.01.2005 fuhren der Angeklagte und L. nachts mit einem Taxi nach D.. Am Ziel angekommen, hielt L. dem Taxifahrer eine Schreckschusspistole vor und verlangte dessen Portemonnaie. Als der Fahrer sich wehrte, bedrohte der Angeklagte ihn mit der Pistole Vesta 7,65 mm. Der Angeklagte und L. erbeuteten schließlich 460 EUR; sie nahmen zudem das Taxi und fuhren damit davon.
11Am 21.01.2005 ließen der Angeklagte und L. sich nachts von einem Taxi nach I. fahren. Dort in einer Sackgasse angekommen, bedrohte der Angeklagte die Taxifahrerin mit der o.g. Schusswaffe; L. hielt ihr ein Butterflymesser vor. So zwangen sie die Fahrerin, ihnen ihr Portemonnaie mit ca. 350 EUR Bargeld zu geben und das Taxi zu verlassen, mit dem sie dann das Weite suchten.
12Am 22.01.2005 wurde der Angeklagte verhaftet und kam in Untersuchungshaft. Aufgrund der Inhaftierung, in der er bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 03.05.2005 blieb, verlor der Angeklagte seinen Ausbildungsplatz. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft verstieß er nicht nur gegen die Auflagen, unter denen ihm Haftverschonung zugebilligt worden war (was zu seiner erneuten Verhaftung am 22.08.2005 führte), sondern er beging am 23.07.2005 gegen 2 Uhr morgens wiederum einen Überfall auf einen Taxifahrer, diesmal zusammen mit einem anderen Bekannten. Da seine Vesta zwischenzeitlich beschlagnahmt worden war, hatte der Angeklagte sich eine Gaspistole besorgt, die er nun (ungeladen) dem Taxifahrer an den Hals hielt. So erzwang er die Herausgabe der Taxibörse mit etwa 500 EUR in bar sowie eines privaten Portemonnaies mit einer EC-Karte (deren PIN er und sein Komplize von dem Fahrer erfuhren). Sein Mittäter hob damit 300 EUR vom Konto des Fahrers ab und kehrte dann zu dem Taxi zurück. Nunmehr dirigierten sie den Fahrer auf einen Parkplatz, wo der Angeklagte ihn mit vorgehaltener Waffe zwang, sich in den Kofferraum des Taxis zu setzen. Der Angeklagte verriegelte das Fahrzeug und warf den Schlüssel weg. Anschließend entkam er mit seinem Mittäter.
13Wegen der Tat vom 23.07.2005 verurteilte ihn die Jugendkammer des Landgerichts Bielefeld am 13.12.2006 unter Einbeziehung der Strafe aus der vorherigen Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren. Zu diesem Zeitpunkt befand der Angeklagte sich allerdings bereits in Strafhaft, nachdem die vorherige Verurteilung am 20.03.2006 Rechtskraft erlangt und die Vollstreckung der Strafe mit diesem Tag begonnen hatte.
14Der Vollzug von Untersuchungs- und Strafhaft hinterließ zunächst wenig Wirkung bei dem Angeklagten. Die Jugendkammer stellte dazu im Urteil vom 13.12.2006 fest:
15„Der Angeklagte zeigte sowohl bei als auch nach diesen Taten keinerlei Empathie für die Opfer und dachte auch über die Konsequenzen seines Verhaltens nicht nach. Stattdessen fühlte er sich groß und prahlte vor seinen Freunden mit seinen Taten. Das jeweils erlangte Geld gab er ausschließlich für seinen Konsum aus. […] Der Angeklagte zeigte sich allerdings von der über dreimonatigen Untersuchungshaft herzlich unbeeindruckt. Wieder in Freiheit hielt er sich nicht an die gerichtlichen Auflagen, sondern besuchte seinen damaligen Mitangeklagten und hielt sich unerlaubterweise gleich mehrmals in C. auf. Nachdem er am 24.07.2005 erneut in C. vor der Diskothek „P.“ angetroffen worden war und bei dieser Gelegenheit zudem im Besitz einer Schreckschusspistole war, wurde der Haftbefehl am 05.08.2005 wieder in Vollzug gesetzt. […] Auch die Zeit in der Untersuchungshaft bzw. mittlerweile Strafhaft hat der Angeklagte indes noch nicht für sich nutzen können. In den vergangenen gut 15 Monaten ist er in der JVA vor allem durch sein unmotiviertes Verhalten aufgefallen. Sein Einsatz in der Bäckerei Anfang Januar 2006 war bereits nach einer Woche beendet. Hatte er noch im März 2006 in der Berufungsverhandlung vor dem LG Detmold den Eindruck hinterlassen, dass ihm nun bewusst geworden sei, dass er sein Verhalten ändern und für sich eine tragfähige Zukunftsperspektive entwickeln müsse, wurde er von einer Ausbildung in der Schlosserei ebenfalls schon nach kurzer Zeit Ende Mai 2005 [gemeint ist offensichtlich 2006; die erkennende Kammer] wegen fehlender Arbeitsmotivation abgelöst. Auf der Behandlungsabteilung arbeitete der Angeklagte anschließend wieder nicht mit. Stattdessen war er sowohl im August als auch im September in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt, was schließlich dazu führte, dass er noch im September auf die Abteilung für nicht kooperative Gefangene verlegt wurde. Dort befand der Angeklagte sich für knapp drei Monate unter umfangreichen Sicherungsmaßnahmen und ohne Fernseher in Einzelhaft. Seit zwei Wochen ist er wieder auf einer „normalen“ Abteilung, allerdings immer noch in Einzelhaft.“
16Tatsächlich war es in der JVA I. zu 10 Disziplinarverfahren wegen Arbeitsverweigerungen, Unfug am Arbeitsplatz mit einhergehender Gefährdung von Mitgefangenen, tätlichen und verbalen Auseinandersetzungen, Alkoholkonsum, Beschimpfung und Beleidigung gegenüber Bediensteten und Fesselung von Mitgefangenen gekommen. Gegen den Angeklagten wurden zahlreiche Umschluss- und Freizeitsperren verhängt, es kam zu einem ständigen Wechseln der Abteilungen und Hafträume. Schließlich geriet er in den Verdacht der sexuellen Nötigung; das eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde aber alsbald nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
17Auch im weiteren Verlauf der Jugendhaft blieb der Angeklagte schwierig. Im Dezember 2007 wurde er aus der JVA I. in die JVA T. verlegt. Auch dort geriet er aber in Konflikte mit Mitgefangenen, die ihren Höhepunkt erreichten, als er im Mai 2008 in der sozialtherapeutischen Abteilung einen Mitgefangenen bei mehreren Gelegenheiten körperlich misshandelte. Das Amtsgericht Siegburg, das den mittlerweile erwachsenen Angeklagten deshalb am 30.01.2009 wegen Körperverletzung in 3 Fällen, in 2 Fällen in Tateinheit mit Nötigung, sowie einer weiteren Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilte, stellte fest:
18„Der Angeklagte verbüßte zur Tatzeit eine Jugendstrafe in der JVA T.. Anfang Mai 2008 versetzte der Angeklagte dem Mithäftling L. I., nachdem er dessen Haftraum betreten hatte, einen kräftigen Schlag in dessen Nierengegend, wobei dieser nicht unerhebliche Schmerzen empfand. Einige Tage später betrat der Angeklagte den Essraum, in dem sich zu dieser Zeit gerade der Geschädigte L. I. und der Mithäftling S. V. befanden, ging unverzüglich auf den Geschädigten I. zu und boxte ihm wiederum in die Nieren, packte den Zeugen I. mit beiden Händen an dessen Schulter und warf ihn zu Boden. Sodann forderte er den Mithäftling V. auf, die Zugangstür zum Essraum zuzuhalten, damit keiner in den Raum hineinkommen könne. Der Angeklagte kniete sich sodann auf die Schultern des am Boden liegenden L. I., zog sich seine Trainingshose bis zu den Oberschenkeln herunter und forderte den Geschädigten I. auf, „seinen Schwanz zu küssen“. Schließlich nahm der Angeklagte seinen Penis in die Hand, schüttelte ihn mehrmals hin und her und legte ihn letztendlich auf den Kopf des Geschädigten mit der nochmaligen Aufforderung, diesen zu küssen. Dem Geschädigten gelang nicht sich zu befreien. Schließlich ließ der Angeklagte von dem Geschädigten ab, als zu vernehmen war, dass sich andere Personen den Räumlichkeiten näherten. Ca. zwei bis drei Tage später, als sich der Geschädigte und der Zeuge V. beide in der Küche befanden, erschien der Angeklagte in der Küche, versetzte dem Geschädigten I. wiederum einen Schlag in die rechte Nierengegend, worauf dieser zu Boden fiel, und stellte sich über den am Boden liegenden Geschädigten. Als sich dieser aufrichten wollte, zog der Angeklagte seine Hose herunter, ergriff seinen Penis und schlug diesen dem Geschädigten auf den Kopf, wobei er wiederum den Geschädigten aufforderte, seinen Penis zu küssen. Bereits vor Bekanntwerden der Vorfälle äußerte der Angeklagte gegenüber dem Zeugen S. V. mit den Worten: „S., wenn du was erzählst, krieg ich dich, verschlepp dich und bring dich um.““
19Der Angeklagte, der sich in der JVA T. durch sein ablehnendes und aggressives Verhalten weitgehend von seinen Mitgefangenen isoliert hatte, beantragte unter dem 28.09.2008 seine Herausnahme aus dem Jugendstrafvollzug. Das Amtsgericht Siegburg entsprach diesem Antrag mit Beschluss vom 17.10.2008. Er wurde zunächst in die JVA I., eine Woche später in die JVA N. verlegt. Dort kam er – von eher geringfügigen disziplinarischen Verstößen abgesehen – weitaus besser zurecht, ging regelmäßig einer Beschäftigung in der Buchbinderei nach. Im Februar 2009 wurde er in das Pädagogische Zentrum der JVA aufgenommen, wo er den Erwerb des Realschulabschlusses anstrebte. Da er eine bedingte Entlassung vor Beendigung des Kurses anstrebte, wurde er vorzeitig aus der Maßnahme abgelöst und in den Normalvollzug zurückverlegt. Am 11.09.2009 erfolgte eine Verlegung in die JVA Schwerte. Dort bemühte er sich um Mitarbeit an den Vollzugszielen, nahm an psychologischen Gesprächen teil und fiel lediglich einmal durch unerlaubten Besitz eines Handys auf. Dennoch lehnte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen mit Beschluss vom 25.03.2010 seine bedingte Entlassung ab. Er wurde schließlich nach Vollverbüßung beider Strafen – derjenigen von fünf Jahren und der von sieben Monaten, die vom 10.11.2009 bis zum 09.06.2010 vollstreckt worden war – am 25.11.2010 aus der Haft entlassen. Das Amtsgericht Schwerte stellte mit Beschluss vom 26.11.2010 den Eintritt der Führungsaufsicht nach § 68f Abs. 1 StGB fest und bestimmte deren Dauer auf ein Jahr. Nach anfänglichem Zögern arbeitete der Angeklagte bereitwillig mit der Bewährungshelferin zusammen. Die Führungsaufsicht endete plangemäß am 24.11.2011.
20Der Angeklagte zog nach der Haftentlassung zurück in den Haushalt seiner Eltern. Er bezog ALG-I-Leistungen und wurde auch von seinen Eltern finanziell unterstützt. Beruflich strebte er eine Ausbildung zum Fitnesstrainer an, trainierte auch zunächst regelmäßig selbst in einem Fitness-Studio. Er schaffte sich über seine Eltern einen Mercedes CLS an. In dieser Zeit lernte er seine Lebensgefährtin, die Zeugin K. kennen. Nachdem er 2011 etwa ein halbes Jahr mehr oder weniger mit ihr in ihrer Wohnung in B. zusammengelebt hatte, mietete er eine eigene Wohnung in der H. Straße in C. an.
21Dann begann er jedoch, zunehmend Kokain und Alkohol zu konsumieren. Sein Konsum steigerte sich derart, dass er 2012 wegen einer Überdosis im Krankenaus behandelt werden musste. 2012 arbeitete er zeitweise auf dem Bau, wodurch er bis zu 3.000 EUR im Monat verdiente. Seine Konsummengen schwankten, waren auch von den vorhandenen finanziellen Mitteln abhängig. Phasen des Konsums wechselten sich mit immer kürzeren konsumfreien Zeiten ab. Wenn er konsumierte, gelang es ihm immer weniger, einen geordneten Tagesablauf einzuhalten, er arbeitete und trainierte dann auch nicht mehr, finanzierte seinen Konsum durch den Verkauf von Kokain.
22Er pflegte Umgang mit Angehörigen der Rocker-Szene, etwa mit F. D., den er aus dem Strafvollzug kannte und den er gelegentlich mit Drogen versorgte. Die in diesen Kreisen geltenden Begriffe von Werten wie Mut, Stärke, Männlichkeit, Ehre und Respekt sprachen ihn an und entsprachen seinen eigenen Vorstellungen. Er suchte Anerkennung in dieser Szene und interessierte sich für eine Mitgliedschaft in einer solchen Gruppierung. Insbesondere freundete er sich Mitte 2013 mit dem ihm bis dahin nur weitläufig bekannten Zeugen V. P. an, der ein Angehöriger der Turkey Nomads war, eines Ablegers der Hells Angels. Mit diesem verbrachte er einen Teil seiner Freizeit, etwa beim gemeinsamen Kraftsport oder bei sonstigen Aktivitäten.
23Er begann in den ersten Wochen des Jahres 2014, in Konsumphasen wahnhaft anmutende Verhaltensweisen an den Tag zu legen; so lief er in der Wohnung von Fenster zu Fenster und kontrollierte (auch im Auto, durch ständige Blicke in den Rückspiegel), ob er verfolgt werde, so dass seine Freundin begann, sich Sorgen um seinen geistigen Zustand zu machen. Die Kammer kann nicht ausschließen, dass sich bei dem Angeklagten bereits Anfang des Jahres 2014 ein Prodromalstadium der im Laufe der Hauptverhandlung offen ausgebrochenen schizophrenen Störung (s. dazu unten II.4.) eingestellt hatte.
24II.
251.
26Im Laufe des Jahres 2013 besuchte der Angeklagte mehrfach den T. Club in O. (ein Bordell). Der Nebenkläger M. B. arbeitete dort als Sicherheits- und teilweise als Thekenkraft. Der Angeklagte hatte sich mit einer der Prostituierten angefreundet. Als er sich im Frühjahr/Sommer 2013 zum wiederholten Male in ihrem Zimmer im Bordell mit ihr unterhielt, betrat B. den Raum und forderte sie zumindest verbal aggressiv auf, gefälligst zu „arbeiten“. Ob er sie darüber hinaus zu Boden schlug, war nicht aufzuklären. Da der Angeklagte sah, dass B. eine Pistole im Hosenbund trug, wagte er nicht, einzugreifen. Er leistete vielmehr B.s Aufforderung, das Etablissement zu verlassen, sogleich Folge. Der Vorfall beschäftigte den Angeklagten, der sich als harten Burschen betrachtete und gewohnt war, auch von seiner Umwelt so wahrgenommen zu werden. Sein Selbstbild war erschüttert, insbesondere, weil er es nicht gewagt hatte, der Prostituierten zu helfen. Aus Scham brach er den Kontakt zu ihr ab. Einige Zeit später suchte er B. an dessen Wohnort in C. auf, um sich mit ihm auszusprechen, fühlte sich von ihm aber nicht ernst genommen und von oben herab behandelt.
272.
28Am Abend des 11.02.2014 war der Zeuge V. P., ein Freund des Angeklagten, mit dem Zeugen S. D. im Parkrestaurant in C. zum Essen verabredet. D. gehörte wie P. dem C.er Chapter der Turkey Nomads an; er war damals dessen Präsident. Am Nachmittag telefonierte P. mit dem Angeklagten, dem er einige Zeit zuvor zugesagt hatte, ihm eine Beschäftigung in der Kfz-Werkstatt eines Bekannten zu vermitteln. P. lud den Angeklagten ein, ebenfalls am Abend in das Parkrestaurant zu kommen. Der Angeklagte und P. trafen dort gegen 18:00 Uhr als Erste ein und setzten sich an einen Tisch. Als D. bald darauf hinzukam, begleiteten ihn zwei weitere Männer, nämlich Z. F. und der Nebenkläger M. B.. F. und B. gehörten einer mit den Turkey Nomads konkurrierenden Gruppierung an, den United Tribuns, F. als deren örtlicher Präsident, waren aber damals lose mit D. bekannt. D., F. und B. trugen Kutten, d.h. Jacken mit den aufgenähten Insignien ihrer jeweiligen Gruppierung. Der Angeklagte und B. waren von diesem unerwarteten Zusammentreffen überrascht. B. reichte dem Angeklagten die Hand zum Gruß, sah aber zur Seite. Nach wenigen Minuten stand er auf und ging nach draußen. D. und F. folgten ihm. Er erklärte ihnen, er habe ein Problem mit dem Angeklagten und wolle nicht mit ihm an einem Tisch sitzen. Er betrat das Restaurant erneut und setzte sich an einen anderen Tisch. D. und F. schlossen sich ihm an. Der Angeklagte fühlte sich öffentlich ausgegrenzt und in seiner Ehre gekränkt. Auch V. P. empfand dies so. Er rief einen Bekannten, ebenfalls aus der Rocker-Szene, an, den Zeugen F. D., genannt Whisky, und bat ihn, herzukommen. D. traf tatsächlich binnen weniger Minuten im Parkrestaurant ein, kam aber nur kurz an den Tisch des Angeklagten, um ihn und P. zu begrüßen. Dann setzte er sich ebenfalls zu B., D. und F.. Der Angeklagte hielt die Situation, die er als äußerst kränkend und zutiefst beleidigend empfand, nicht länger aus. Er stand wütend auf und verließ mit P. das Lokal. Anschließend brachte er P. zum Eros-Center an der F. Straße. Unterwegs äußerte er seinen Unmut über B.s Verhalten. P. erwiderte, das müsse „geklärt“ werden, riet dem Angeklagten aber, zunächst nach Hause zu fahren, was dieser auch tat. In seiner Wohnung angekommen, brütete der Angeklagte über der Situation im Parkrestaurant und deren Bedeutung für sein Standing in seinem Bekanntenkreis. Er gelangte nach und nach zu der Auffassung, er müsse in der Tat „die Sache klären“, wobei ihm bewusst war und er billigend in Kauf nahm, dass eine solche Klärung letztlich auf eine körperliche Auseinandersetzung mit B. hinauslaufen würde. Während dieser Grübeleien konsumierte er ca. 0,5 g Kokain und trank Alkohol (Whiskey-Cola und etwas Wodka), teils, weil er auch sonst auf Probleme so reagierte, teils aber auch, weil er erkannte, dass er nüchtern nicht den Mut aufbringen werde, sich einer Auseinandersetzung mit dem bulligen B. zu stellen, zumal er befürchten musste, dass dieser eine Waffe tragen werde. Im Verlauf dieser Überlegungen kam es zu einem Telefonat mit F. D., der ihn in der Ansicht bestärkte, er könne diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen. Der Angeklagte traf sich mit D. auf einem Parkplatz an der F. Straße. D. übergab ihm mit den Worten: „nur in die Beine“ eine geladene halbautomatische Pistole Kaliber 9mm; der genaue Typ der Waffe konnte nicht aufgeklärt werden. Der Angeklagte war entschlossen, diese Waffe gegebenenfalls auch zu gebrauchen. Er hatte aber mittlerweile so viel getrunken, dass er sich die Fahrt nach O. nicht mehr zutraute. Er bat daher seinen Freund T. L., ihn zum T. Club zu fahren; er habe dort etwas zu klären. Dieser willigte ein. Zuvor begaben die beiden sich jedoch noch in einen Realmarkt und kauften dort drei Dosen eines Whiskey-Cola-Mixgetränkes und eine Flasche Wodka. Auf der etwa 30minütigen Fahrt trank der Angeklagte die Dosen aus und maximal ein Viertel der Wodka-Flasche. In O. angekommen, konsumierte er noch einmal Kokain.
29Dann verließ er das Fahrzeug, betrat gegen 22:30 Uhr den T. Club und erkundigte sich nach B.. Er fand ihn schließlich auf dem Innenhof. Dort machte er ihm Vorhaltungen wegen der „Scheiß-Aktion“ im Parkrestaurant und forderte ihn auf, mit ihm vor die Tür zu kommen, um die Sache zu klären. B. erklärte sich dazu bereit. Er wolle nur noch eben Zigaretten ziehen. Damit drehte er sich halb zu einem an der Wand angebrachten Zigarettenautomaten um und warf Geld hinein. Der Angeklagte geriet ob der Seelenruhe, mit der B. ihm begegnete, in Panik. Er befürchtete, dass B. zur Waffe greifen könnte. Er zog seine Pistole, zielte auf B.s Beine und drückte ab, um B. zu verletzen, ohne ihn aber töten zu wollen. Die Kugel drang B. von vorn in das rechte Bein und zerschellte am Oberschenkelknochen, der dabei seinerseits zertrümmert wurde. B. ging zu Boden. Der Angeklagte näherte sich ihm mit der nach unten gerichteten Waffe in der Hand, so dass B. befürchtete, er werde noch einmal schießen. Das tat der Angeklagte aber nicht, sondern suchte nach einigen Sekunden des Erschreckens über die eigene Tat das Weite. Er lief zu seinem Wagen, in dem L. auf ihn wartete, warf die Waffe auf den Sitz und rief: „Ich hab‘ Scheiße gebaut, fahr!“
30Die Kammer kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte bei der Tatbegehung aufgrund von Vorwirkungen einer sich ankündigenden Psychose (dazu unten II.4.) in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Eine weitere erhebliche Einschränkung seiner Steuerungsfähigkeit ergab sich aus seiner starken Intoxikation mit Alkohol und Kokain. Die Kammer schließt allerdings aus, dass er sich in einem Zustand der gänzlichen Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit befand.
313.
32L. brachte den Angeklagten zu dessen Elternhaus nach R., wo der Angeklagte sein Fahrzeug gegen den Opel seiner Eltern tauschte. Darauf begab er sich in die Wohnung seiner Freundin, bei der er übernachtete. Am nächsten Morgen fuhr er in die eigene Wohnung, packte Taschen und Koffer und lud diese ins Fahrzeug. Dann fuhr er wieder zu seiner Freundin. Währenddessen hatten die Ermittlungsbehörden Durchsuchungsanordnungen für seine, aber auch für deren Wohnung erwirkt, die nunmehr vollzogen wurden. Dabei entdeckten die Beamten auch den in der Nähe abgestellten Opel. Der Angeklagte bemerkte den Einsatz. Er floh zu Bekannten nach Dortmund, kehrte aber alsbald nach C. zurück, wo er sich auf anwaltlichen Rat am 14.02.2014 der Polizei stellte. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom gleichen Tage wurde nach der Vorführung des Angeklagten vor den Haftrichter mit Beschluss vom 19.02.2014 außer Vollzug gesetzt.
33Mit Strafbefehl vom 15.05.2014, rechtskräftig seit dem 04.06.2014, verhängte das Amtsgericht Bielefeld gegen den Angeklagten wegen eines am 07.03.2014 begangenen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,00 EUR. Die Strafe wurde im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe vom 16.09.2014 bis zum 14.11.2014 in Unterbrechung der Untersuchungshaft vollständig vollstreckt.
344.
35Die Kammer hat mit Beschluss vom 20.05.2014 den Vollzug der Haft angeordnet. Der Angeklagte wurde am 23.05.2014 verhaftet. Er befand sich bis zum 03.12.2014 in Untersuchungshaft in der JVA C.-E.. In deren Verlauf brach bei ihm nach dem dritten Tag der Hauptverhandlung, dem 13.11.2014, eine psychische Erkrankung aus (paranoide Schizophrenie, ICD-10 F20.0), die in ihm u.a. die wahnhaften Vorstellungen erweckte, er solle in seiner Zelle vergast werden, alle Welt habe sich gegen ihn verschworen, sein Freund T. L. arbeite für die Polizei, seine Freundin habe ein Verhältnis mit seinem Verteidiger, er selbst sei lebensgefährlich erkrankt. In einem akuten Schub dieser Erkrankung verschanzte er sich am 27.11.2014 in seinem Haftraum und drohte mit Suizid unter Verwendung einer Glasscherbe; er konnte erst von einem Sondereinsatzkommando der Polizei überwältigt werden und wurde in einen besonders gesicherten Haftraum untergebracht. Am Morgen des 03.12.2014 wurde er zur Behandlung seiner psychischen Erkrankung in das LWL Zentrum für forensische Psychiatrie in F. verlegt. Anlässlich einer kurzen Rückverlegung in die JVA C.-E. am 18.12.2014 hat die Kammer mit Beschluss vom gleichen Tage seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Vorbereitung seiner weiteren Begutachtung angeordnet. Er wurde noch am gleichen Tag zurück nach F. transportiert. Dort befand er sich nach einem weiteren Beschluss der Kammer vom 13.01.2015 noch bis zum 29.01.2015. Nachdem er dort einem Mitarbeiter angesonnen hatte, ihn bei einem Fluchtversuch zu unterstützen, wurde er auch in F. unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen untergebracht. Seit dem 29.01.2015 wird die Untersuchungshaft in der JVA E. vollzogen.
365.
37Der Angeklagte schloss mit dem Nebenkläger im Rahmen der Hauptverhandlung am 10.02.2015 einen Vergleich, nach dem er diesem über bereits als gezahlt geltende 15.000 EUR hinaus (kurz zuvor hatte der Nebenkläger den Pkw Mercedes Benz CLS des Angeklagten von dessen Eltern zu diesem Preis in Zahlung genommen) weitere 20.000 EUR zur endgültigen Abfindung seiner Schmerzensgeldansprüche zu zahlen hat.
38III.
391.
40Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen eigenen Angaben, denen seiner Eltern und seiner Freundin, der Zeugin D. K.. Die Feststellungen zu den Vorstrafen und dem Verlauf des Vollzugs sowie der anschließenden Führungsaufsicht beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden, namentlich den Vorstraferkenntnissen nebst Rechtskraftvermerken, dem BZR-Auszug vom 12.06.2014, den Berichten der verschiedenen Vollzugsanstalten, den Beschlüssen des zuständigen Jugendrichters bzw. der Strafvollstreckungskammer, den Berichten der Bewährungshilfe und den Feststellungen des Landgerichts Bielefeld im Urteil vom 13.12.2006.
412.
42Die Feststellungen zu den Ereignissen am 11.02.2014 und zu deren Vor- und Nachgeschichte (s.o. II.) beruhen auf den Angaben des Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte, und den damit im Kern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen M. B., V. P., S. D., Z. F., T. L. und D. K..
43Der Angeklagte hat die Tat eingeräumt. Von den Feststellungen der Kammer abweichend hat er angegeben, er habe den Nebenkläger flüchtig von verschiedenen Disko-Besuchen gekannt. Er habe im T. Club ein Mädchen kennengelernt und sich mehrmals mit ihr unterhalten; sie habe ihm berichtet, sie müsse für einen Freund des Nebenklägers anschaffen, wolle aber aus der Prostitution aussteigen. Der Nebenkläger sei beim fünften oder sechsten dieser Gespräche ins Zimmer geplatzt und habe sie zu Boden geschlagen. Der hierzu als Zeuge befragte Nebenkläger bestritt, das Mädchen geschlagen zu haben. Er habe sie und den Angeklagten lediglich im Rahmen seiner Pflichten darauf hingewiesen, dass sie zu arbeiten habe und sich nicht einfach mit einem nicht zahlenden Bekannten unterhalten könne. Die Kammer sieht sich außerstande, die Richtigkeit der einen oder der anderen Variante festzustellen.
44Weiter gab der Angeklagte an, nach der Szene im Parkrestaurant sei er unentschlossen gewesen, wie er sich verhalten sollte. D. habe ihn angerufen und ihn aufgefordert, sich mit ihm zu treffen. Bei diesem Treffen habe D. ihm auseinandergesetzt, dass der Angeklagte sich nirgendwo mehr blicken lassen könne, wenn er nichts gegen B. unternehme. D. habe ihm eine geladene Pistole gegeben und ihn aufgefordert, B. in die Beine zu schießen. Wörtlich habe er gesagt: „Nur in die Beine“. Daraufhin habe der Angeklagte sich, auch aufgrund seines berauschten Zustandes, entschlossen, sich zum T. Club fahren lassen, um die Sache „wie Männer“ zu klären. Noch dort habe er allerdings mit sich gehadert, sei aber nach weiterem Kokainkonsum schließlich in den Club gegangen. Er habe aus Angst vor B. die Waffe gezogen, dabei habe sich ein Schuss gelöst, er könne sich nicht erinnern, den Abzug betätigt zu haben.
45Dass der Angeklagte sich entgegen dieser Einlassung bereits in seiner Wohnung entschloss, die Sache „wie Männer“ mit B. zu klären, schließt die Kammer aus der Gesamtsituation und dem weiteren Verhalten des Angeklagten: Er hatte aus seiner Sicht eine schwere öffentliche Beleidigung hinnehmen müssen und sah sich auch aufgrund des Gesprächs mit P. unter Zugzwang, wollte er einen erheblichen Gesichtsverlust in der Szene vermeiden. Er fühlte sich B. unterlegen und wusste aus der Vorgeschichte, dass er mit einem klärenden Gespräch nichts erreichen würde (sein letzter Versuch in diese Richtung hatte nur eine weitere Kränkung zur Folge gehabt). Der nunmehr einsetzende Konsum und die anschließende Bewaffnung mit einer scharfen Schusswaffe lassen erkennen, dass der Angeklagte sich auf eine körperliche Auseinandersetzung mit B. vorbereitete. Dazu passen auch verschiedene Äußerungen, die er im weiteren Verlauf seiner Einlassung auf Nachfrage der Kammer und der weiteren Verfahrensbeteiligten machte. So gab er an, er habe Alkohol und Kokain konsumiert, um sich überhaupt zu trauen, nach O. zu fahren. Es sei ihm schon nach dem Gespräch mit P. klar gewesen, dass eine Klärung „unter Männern“ letztlich einen Kampf bedeuten würde. Die Kammer hält auch die Angabe, der Schuss habe sich gelöst, ohne dass der Angeklagte bewusst abgedrückt habe, für falsch. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte nach seiner eigenen Darstellung erst kurz zuvor von D. aufgefordert worden war, dem Nebenkläger in die Beine zu schießen und er ihn dann auch genau dort traf, folgert die Kammer, dass der Angeklagte bewusst den ihm erteilten Rat umgesetzt hat.
46Soweit der Angeklagte angab, bei der Fahrt nach O. eine Flasche Wodka nahezu leergetrunken zu haben, ist die Kammer der glaubhaften Schilderung des Zeugen L. gefolgt, der angab, der Angeklagte habe allenfalls ein Viertel dieser Flasche ausgetrunken. Der Zeuge, der selbst an diesem Abend nüchtern war, machte klare, detaillierte und überzeugende Angaben. Er ist ein naher Freund des Angeklagten und hatte keinerlei erkennbare Tendenz, ihn zu belasten – im Gegenteil war er durchaus bemüht, im Sinne des Angeklagten auszusagen. Der Angeklagte war hingegen erkennbar bemüht, seinen Drogen- und Alkoholkonsum möglichst drastisch darzustellen. Das gilt auch für die weitere Einlassung des Angeklagten, er habe in seiner Wohnung bereits mehrere Dosen Whiskey-Cola und eine Flasche Wodka getrunken. Die Kammer stützt sich bei dieser Einschätzung auch auf die Berechnungen des Sachverständigen, nach denen die Trinkmengenangaben mit dem Leistungsverhalten des Angeklagten am Tattag nicht in Einklang zu bringen sind. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass bereits der Konsum von einem Liter Whisky-Cola und 0,7 Liter Wodka bei den Körperdaten des Angeklagten (männlich, 182 cm Körpergröße, 100 kg Gewicht) zu einer Blutalkoholkonzentration von maximal 3,73 g Promille, jedenfalls aber 2,81 g Promille geführt hätte; der Konsum der nahezu doppelten Menge, den der Angeklagte in der Hauptverhandlung für sich in Anspruch nahm, ist damit widerlegt.
473.
48Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Angeklagten und dessen Entwicklung sowie zu seiner Drogensucht beruhen neben den unmittelbaren Eindrücken der Kammer aus der Hauptverhandlung vor allem auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B., aber auch auf den Schilderungen der Lebens- und Konsumgewohnheiten des Angeklagten durch ihn selbst und die Zeugen T. L., V. P. und D. K..
49Der Sachverständige hat ausgeführt, es ergäben sich für den Vorfallszeitpunkt keinerlei Hinweise auf eine produktive psychotische Symptomatik. Der Angeklagte habe sich aber, wie neben der Beschreibung seines Verhaltens vor der Tat durch die Zeugin K. und aus dem Zeitablauf unter Berücksichtigung forensischer Erfahrungswerte folge, mit gewisser Wahrscheinlichkeit in einem sog. Prodromalstadium der Psychose befunden. Eine Psychose wie die des Angeklagten kündige sich regelmäßig nämlich bereits einige Zeit (bis zu drei Jahre) vor ihrem akuten Ausbruch durch Verhaltensänderungen und Wahrnehmungs-/Wertungsverschiebungen im Erleben des Patienten an. Dass der Angeklagte nach außen im Wesentlichen funktioniert habe, spreche nicht entscheidend gegen diese Annahme, da Schizophrenie-Patienten die Neigung hätten, ihre Erlebniswelt für sich zu behalten und vor anderen zu verbergen. Es sei daher nicht auszuschließen, dass der Angeklagte sich am Tatabend in einem psychosenahen Zustand befunden habe, der zwar nicht seine Einsichtsfähigkeit, wohl aber seine Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt haben könne. Die Kammer hält aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen und unter Berücksichtigung des eklatanten Missverhältnisses zwischen Tat und Anlass (das übrigens auch alle als Zeugen vernommenen Rocker empfanden) eine solche krankheitsbedingte Einschränkung der Steuerungsfähigkeit für naheliegend, kann sich aber letztlich nicht mit Sicherheit von ihrem Vorliegen überzeugen. Denn dass der Angeklagte in Auseinandersetzungen innerhalb seiner Peergroup auch zu völlig unangemessenen Mitteln greift, hat er auch bei der Misshandlung des Mitgefangenen in der JVA T. gezeigt, und zwar zu einem Zeitpunkt, als nach den Ausführungen des Sachverständigen ein Prodromalstadium der Psychose noch keine Rolle gespielt haben kann.
50Die Kammer folgt dem Sachverständigen auch in der Einschätzung, dass zum jetzigen Zeitpunkt bei dem Angeklagten eine paranoide Schizophrenie (ICD 10 F 20.0) vorliegt. Der Sachverständige hat dies überzeugend aus Verlauf und Entwicklung der von dem Angeklagten beschriebenen und objektiv feststellbaren produktiven Symptomatik gefolgert, indem er in Betracht kommende Differentialdiagnosen ausschloss. Für diese Erkrankung sprechen die von dem Angeklagten geäußerten Wahnvorstellungen, die auch in der Hauptverhandlung seit dem vierten Verhandlungstag deutlich hervorgetreten sind.
51IV.
52Nach den Feststellungen zu II.2. ist der Angeklagte einer gefährlichen Körperverletzung, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, schuldig. Tateinheitlich, § 52 StGB, hat er darüber hinaus auch den Tatbestand des Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe verwirklicht, § 52 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG.
53Soweit die Anklage vom 15.04.2014 dem Angeklagten weiter den Besitz eines verbotenen Gegenstandes nach der Anlage 2 zum WaffG, Abschnitt 1 Nr. 1.3.2. (eine Stahlrute) vorwarf, war der Angeklagte freizusprechen. Die Beweisaufnahme hat zwar ergeben, dass er sich im Besitz eines Schlagwerkzeugs befand, es handelte sich aber nicht um eine Stahlrute (die sich aufgrund ihrer Biegsamkeit durch Entwicklung eigener, die Schlagkraft erhöhender kinetischer Energie auszeichnet), sondern um einen (auch in ausgefahrenem Zustand starren) Teleskopschlagstock, dessen Besitz nicht verboten ist.
54V.
55Die Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten hat die Kammer aufgrund folgender Erwägungen verhängt:
561.
57Sie hat zunächst dem nach §§ 21, 49 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten entnommen. Von einem minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung kann nach Auffassung der Kammer schon wegen des gezielten Einsatzes einer Schusswaffe, der Schwere der Tatfolgen und des Missverhältnisses der Reaktion des Angeklagten zu deren Anlass auch unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB keine Rede sein. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass letztlich nicht auszuschließen ist, dass diese Überreaktion auf einer krankheitsbedingten Fehlverarbeitung des Geschehens beruht. Diesen Umstand hat die Kammer zum Anlass genommen, eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB vorzunehmen. Da der Tatbestand des § 46a StGB nicht erfüllt ist, konnte die Kammer diesen vertypten Milderungsgrund weder zur Begründung eines minder schweren Falles noch zu einer weiteren Strafrahmenverschiebung heranziehen. Es liegt kein Fall des § 46a Nr. 1 StGB vor, da der Angeklagte seine Tat weder ganz noch überwiegend wiedergutgemacht oder ihre Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt hat. Der Nebenkläger hat zwar den Mercedes Benz CLS als Teil der ihm zustehenden immateriellen Ersatzleistung akzeptiert, weiter reichen aber die Bemühungen des Angeklagten um Schadensausgleich nicht. Insbesondere ist es, trotz des Vergleichsschlusses in der Hauptverhandlung, nicht zu einem ausgleichenden kommunikativen Prozess zwischen dem Angeklagten und dem Nebenkläger gekommen. Die Verhandlungen über Schmerzensgeldzahlungen sind wesentlich von den Eltern des Angeklagten mit dem Nebenkläger und dessen Familie geführt worden. Der Nebenkläger hat im Übrigen auch bei seiner erneuten Vernehmung am letzten Hauptverhandlungstag keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Wiedergutmachungsverhalten des Angeklagten und seiner Familie als schleppend und unzureichend empfand. Auch die Voraussetzungen des § 46a Nr. 2 StGB liegen nicht vor, da der Angeklagte den Nebenkläger auch nicht ganz oder überwiegend (materiell) entschädigt hat. Erst recht kann von erheblichen persönlichen Leistungen oder einem persönlichen Verzicht des Angeklagten keine Rede sein; in Betracht kommt auch insofern allenfalls die Inzahlunggabe des Mercedes Benz CLS, der aber von den Eltern des Angeklagten gekauft und zu wesentlichen Teilen auch finanziert worden war und zudem als Tatmittel der Einziehung unterlegen hätte, welche die Kammer auch angeordnet hätte, wenn das Fahrzeug nicht dem Nebenkläger zugewendet worden wäre.
58Bei der Strafzumessung hat die Kammer zugunsten des Angeklagten zunächst sein weitgehend offenes und von Reue getragenes Geständnis berücksichtigt. Sie hat ihm auch zugutegehalten, dass er sich bereits nach kurzer Flucht freiwillig gestellt, dass er sich bei dem Nebenkläger entschuldigt und ihm mit seinem Fahrzeug unter Abschluss eines weitergehenden Vergleichs einen beträchtlichen Vermögenswert zur Wiedergutmachung zugewendet hat. Seine alkohol- und drogenbedingte Enthemmung hat die Kammer hingegen nicht als strafmildernd angesehen, da der Angeklagte die Rauschmittel bewusst einsetzte, um seine inneren Widerstände gegen die Tatausführung (vor allem seine Angst vor B.) zu beseitigen. Soweit die Kammer nicht auszuschließen vermag, dass der Angeklagte sich zu der Tat letztlich erst aufgrund von Anstachelungen seines Umfeldes, insbesondere durch F. D., entschlossen hat, würde das seine Schuld nicht mindern. Die Kammer hätte diesen Umstand – wenn er erwiesen wäre – eher als strafschärfend angesehen. Sie geht hier jedoch zugunsten des Angeklagten davon aus, dass er sich zu einer so schwerwiegenden Tat aus derart nichtigem Anlass zumindest auch selbst entschlossen und nicht allein durch Dritte hat bestimmen lassen. Strafmildernd hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass der Angeklagte im Laufe der Untersuchungshaft in psychische Krankheit verfallen ist, aufgrund dessen äußerst einschneidenden Haftverschärfungen unterworfen war und deshalb über das gewöhnliche Maß hinaus unter der Haft zu leiden hatte.
59Strafschärfend musste sich auswirken, dass der Angeklagte mit dem Verwenden einer halbautomatischen Kurzwaffe nicht nur tateinheitlich einen weiteren Straftatbestand verwirklichte, sondern auch von allen den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklichenden Gegenständen einen der gefährlichsten auswählte. Diese Gefährlichkeit hat sich zudem in den Folgen der Tat für den Nebenkläger auch realisiert: Der Schuss in den Oberschenkel hat ihm erhebliche Schmerzen verursacht und zu einer komplizierten Oberschenkelfraktur geführt, die voraussichtlich nicht folgenlos ausheilen wird. Er musste mehr als 2 Wochen stationär behandelt werden. Der Nebenkläger hat aufgrund der bisher drei notwendigen Operationen und der Behandlung mit einem externen Fixator eine ganze Reihe von bleibenden Narben erhalten; darüber hinaus wird er seine volle Beweglichkeit wohl nicht zurückgewinnen, ist bis heute auf Krankengymnastik und physiotherapeutische Nachbehandlung angewiesen und sieht einer möglichen weiteren Operation entgegen. Seinem bisherigen Beruf im Sicherheitsgewerbe wird er zumindest nicht mehr im gleichen Umfang nachgehen können. Gegen den Angeklagten sprach ferner der Umstand, dass er bereits erheblich vorbestraft und trotz Verbüßung einer Jugendstrafe von fünf Jahren sowie einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten erneut straffällig geworden ist.
602.
61Die Kammer hat sodann im Wege des Härteausgleichs durch Abzug eines Monats von der zu 1. gebildeten Freiheitsstrafe berücksichtigt, dass der Angeklagte die Strafe für die gesamtstrafenfähige Tat aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 15.05.2014 vollständig verbüßt und somit die ansonsten mögliche Gesamtstrafenbildung nicht erhalten hat.
62VI.
63Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB kam nicht in Betracht, da die Kammer nicht sicher feststellen konnte, dass der Angeklagte bereits zum Tatzeitpunkt an einer psychischen Erkrankung litt, deshalb in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war und die Tat auf dieser Erkrankung beruhte.
64VII.
65Auch die Voraussetzungen einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB liegen nicht vor. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass vieles dafür spricht, dass der Angeklagte einen Hang hat, Alkohol und Drogen im Übermaß zu konsumieren, und dass er die Tat im Alkohol- und Drogenrausch begangen hat. Zweifelhaft erscheint allerdings bereits, ob angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte den Konsum hier bewusst instrumentalisiert hat, um innere Widerstände gegen die Tat abzubauen, der erforderliche Symptomzusammenhang angenommen werden kann. Die Frage kann letztlich dahinstehen, da die Kammer dem Sachverständigen Dr. B. in der Einschätzung folgt, dass angesichts der akuten Psychose und der dissozialen Persönlichkeitsprägung des Angeklagten keine konkrete Aussicht darauf besteht, dass die Maßregel innerhalb der Frist des § 67d Abs. 1 S. 1 StGB erfolgreich sein könnte. Es ist insbesondere nicht zu erwarten, dass ein etwaiger Vorwegvollzug genutzt werden könnte, die Schizophrenie des nicht behandlungswilligen Angeklagten durch medikamentöse Einstellung soweit in den Griff zu bekommen, dass eine Behandlung seines Hangs zum Konsum berauschender Mittel sinnvoll durchgeführt werden könnte. Bei dieser Einschätzung hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Angeklagte bereits mehr als fünf Jahre inhaftiert war, ohne dass die während dieser Haft durchgeführten psychologischen Gespräche und sozialtherapeutischen Maßnahmen nachhaltigen Erfolg gezeitigt hätten. Außerdem hat es damals mehrere Jahre gedauert, bis der Angeklagte seine gänzlich ablehnende Haltung aufgab und begann, an solchen Maßnahmen aktiv mitzuwirken.
66VIII.
67Die Kammer hat die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung nach § 66a Abs. 1 StGB vorbehalten.
681.
69Der Angeklagte ist wegen einer der in § 66 Abs. 1 S. 3 StGB genannten Taten verurteilt worden, nämlich wegen gefährlicher Körperverletzung, § 224 StGB.
702.
71Die übrigen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 StGB sind erfüllt. Der Angeklagte ist mit Urteil der IV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 13.12.2006 (4 Kls 55 Js 208/06 – V 1/06 IV jug.) unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Detmold vom 6.10.2005 (3 Ls 42 Js 67/05 – 264/05) zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren verurteilt worden, die er (abzüglich eines Rests angerechneten Urlaubs von zwölf Tagen) vollständig verbüßt hat. Dieser Strafe lagen ausschließlich Katalogtaten im Sinne des § 66 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 lit. a oder b StGB – nämlich Verbrechenstatbestände aus dem 20. und dem 28. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB – zu Grunde: Es handelte sich um zwei Fälle des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und um fünf Fälle der schweren räuberischen Erpressung, davon einer in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und ein lediglich versuchter. Die zu Grunde liegenden Taten hatte der Angeklagte im Zeitraum vom 6.11.2004 bis zum 23.7.2005 begangen. Da es sich ausschließlich um Katalogtaten handelte, bedarf es der Feststellung nicht, dass von der verhängten Einheitsjugendstrafe mindestens drei Jahre auf Katalogtaten entfallen wären. Auch die Voraussetzung des § 66 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB, nämlich die Verbüßung von mindestens zweijähriger Strafe wegen einer oder mehrerer der Taten, ist erfüllt. Die Berücksichtigung dieser früheren Taten ist nicht nach § 66 Abs. 4 S. 3 StGB ausgeschlossen, obgleich zwischen ihnen und der Tat vom 11.2.2014 mehr als fünf Jahre, nämlich acht Jahre, sechs Monate und 19 Tage liegen. In die Ausschlussfrist des § 66 Abs. 4 S. 3 StGB ist die Zeit nicht einzurechnen, in der der Angeklagte sich auf behördliche Anordnung in einer Anstalt befand, § 66 Abs. 4 S. 4 StGB. Der Angeklagte befand sich aufgrund der vorgenannten Verurteilungen und einer weiteren durch das Amtsgericht Siegburg (Urteil vom 30.1.2009) unter Berücksichtigung von Untersuchungshaft in der Zeit vom 22.8.2005 bis zum 25.11.2010, also mehr als fünf Jahre und drei Monate, in Haft.
723.
73Es ist nicht sicher feststellbar, aber wahrscheinlich, dass der Angeklagte infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, für die Allgemeinheit gefährlich ist.
74Der zur Frage des Hangs gehörte Sachverständige Dr. B. hatte zunächst – vor Ausbruch der Psychose – bei dem Angeklagten eine starke Dissozialität der Persönlichkeit diagnostiziert und daraus auf einen Hang zu – auch gewalttätiger – erheblicher Delinquenz geschlossen. Aufgrund des plötzlichen Ausbruchs einer akuten produktiven Psychose konnte er nach nochmaliger Überprüfung der von ihm verwendeten Hangkriterien an seiner ursprünglichen Einschätzung nicht mehr uneingeschränkt festhalten, da, wie er ausführte, das Vorliegen einiger dieser Kriterien – etwa die ich-syntone Haltung des Angeklagten zu seiner Delinquenz – auch allein auf die Krankheit zurückzuführen sein könnten. Desungeachtet spreche einiges dafür, dass der Angeklagte auch bei Hinwegdenken der Erkrankung eine Hangtäterstruktur aufweise. Die Kammer teilt auch diese Einschätzung des Sachverständigen aus eigener Überzeugung. Das hohe Aggressionspotential des Angeklagten zeigt sich nicht nur an der Tat vom 11.02.2014, sondern ist auch vorher schon (psychosefern) mehrfach hervorgetreten, etwa bei der Misshandlung seines Mitgefangenen im Mai 2008 und davor bei den bewaffneten Überfällen der Jahre 2004 und 2005. Allerdings schien er seine Aggressionen seit seiner Verlegung in die JVA N. im Herbst 2008 besser unter Kontrolle zu bekommen, so dass die Kammer die Möglichkeit nicht ausschließen kann, er habe diese Kontrolle am Tatabend nur krankheitsbedingt kurzfristig wieder verloren. Näher liegt allerdings angesichts des insbesondere aus den in der JVA begangenen Taten sprechenden Überschusses an Gewalt, dass am Tattag die dissoziale Persönlichkeit des Angeklagten einmal mehr zum Durchbruch kam. Die Auseinandersetzung des Angeklagten mit der Tat ist durch eine Verschiebung der Verantwortung gekennzeichnet; er weist die Schuld in wesentlichen Teilen F. D. zu, der ihn zu einer Strafaktion gedrängt und ihm auch noch die Waffe gegeben habe; diese sei dann im Hof des T. Clubs einfach losgegangen, ohne dass er sich eines bewussten Abdrückens erinnern könne. Dabei erlebt der Angeklagte sich selbst nicht als brutal oder gefährlich, kann sich auch kaum in die Rolle seiner Opfer versetzen. Dennoch setzt er seit seiner Jugend darauf, sich durch aggressives Verhalten Achtung zu verschaffen, und sucht Kontakte in sozialen Kreisen, in denen ihm solches Verhalten auch tatsächlich Prestige bringt, zur Tatzeit etwa in der Rockerszene. Es ist wahrscheinlich, dass der Angeklagte diese Verhaltensmuster auch ohne die Erkrankung an den Tag legen würde, ohne dass die Kammer dies aber sicher festzustellen vermag. Seine Unfähigkeit zu regelkonformem Verhalten kommt etwa auch darin zum Ausdruck, dass er nach Aussetzung des Haftbefehls eine weitere Straftat (wenn auch nur ein Verkehrsdelikt) beging, obwohl ihm jederzeit die erneute Vollstreckung der Untersuchungshaft drohte.
75Demgegenüber hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte für die Allgemeinheit auch jetzt noch gefährlich ist. Sofern die aktuelle Tat (wie die früheren) auf seiner dissozialen Persönlichkeitsstruktur beruhte, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass er diese überwunden hätte; war sie maßgeblich durch seine Erkrankung mitbeeinflusst, so ist abzusehen, dass diese ihn zu weiteren krankheitsbedingten Übergriffen aus objektiv geringfügigen, von ihm aber wahnhaft als gewichtig empfundenen Anlässen verleiten wird. Dabei ist zu erwarten, dass der Angeklagte sich erneut bewaffnen und vor einer Verwendung der Waffen nicht zurückschrecken wird. Gerade bei der besonders naheliegenden neuerlichen Verwendung von Schusswaffen ist mit erheblichen, u.U. gar tödlichen Verletzungen seiner Kontrahenten zu rechnen.
764.
77Bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens hat die Kammer nicht verkannt, dass der Angeklagte noch recht jung und deshalb möglicherweise entwicklungsfähig ist. Seine Delinquenzgeschichte, insbesondere die erneute schwere Tat nach einer Inhaftierung von weit über fünf Jahren, deutet aber darauf hin, dass sein Entwicklungspotential gering ist. Das weckt bei der Kammer erhebliche Zweifel daran, dass die jetzt zu verbüßende Strafhaft für sich genommen ausreicht, den Angeklagten zu künftiger Rechtstreue zu motivieren. Hinzu kommt, dass seine weitere Entwicklung aufgrund des noch ganz frischen Krankheitsbildes sowie seiner fehlenden Krankheitseinsicht und Therapiebereitschaft außerordentlich schwer prognostizierbar ist. Bei der nach Einschätzung der Kammer sehr hohen Gefahr künftiger weiterer schwerer Straftaten, die von dem Angeklagten ausgeht, ist eine erneute Überprüfung seiner Gefährlichkeit in einigen Jahren unerlässlich, um die Allgemeinheit ggf. vor ihm schützen zu können.
785.
79Im Zuge der Betreuung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 StGB wird besonderes Augenmerk auf das Bestreben zu legen sein, eine Einsicht des Angeklagten in seine psychische Erkrankung zu erzielen und seine Bereitschaft zu neuroleptischer Medikation zu wecken, zumal die Verschränkung von Erkrankung und persönlichkeitsbedingter Dissozialität die Prognose von ihm ausgehender Gefahren deutlich erschwert. Die Kammer verkennt allerdings nicht, dass die Voraussetzungen hierfür ungünstig erscheinen. Es mag erforderlich sein, den krankheitsbedingten Obsessionen des Angeklagten Raum zu geben, insbesondere indem versucht wird, verstärkt auf die von ihm vielfach und intensiv geklagten somatischen Beschwerden (vermeintlich schwere Atemwegserkrankung) einzugehen und ihm weitere Diagnostik anzubieten.
80IX.
81Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bielefeld Urteil, 10. Feb. 2015 - 02 KLs-676 Js 46/14-15/14
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Referenzen - Gesetze
(1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen, - 2.
eine erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2, die eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist, - 3.
der Richter eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und gegen den geständigen Jugendlichen eine in § 45 Abs. 3 Satz 1 bezeichnete Maßnahme anordnet oder - 4.
der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist.
(2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des Staatsanwalts, soweit er nicht bereits der vorläufigen Einstellung zugestimmt hat. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. Er wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind.
(3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Ist eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten oder eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen Straftaten der in § 181b genannten Art vollständig vollstreckt worden, tritt mit der Entlassung der verurteilten Person aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein. Dies gilt nicht, wenn im Anschluss an die Strafverbüßung eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.
(2) Ist zu erwarten, dass die verurteilte Person auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird, ordnet das Gericht an, dass die Maßregel entfällt.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Hat der Täter
- 1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder - 2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.
(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.
(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
- 1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird, - 2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und - 3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn
- 1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird, - 2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und - 3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.