Landgericht Baden-Baden Urteil, 07. März 2003 - 2 S 104/02

07.03.2003

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 20.09.2002, Az. 16 C 196/01 aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
Die Berufung ist zulässig und begründet.
1. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin vor Buchung der betreffenden Reise nach ihrer Staatsangehörigkeit gefragt und auf das Erfordernis eines deutschen Reisepasses hingewiesen wurde.
2. Die Beklagte rügt mit der Berufung, dass die vom Amtsgericht bejahten Informationspflichten von Reisevermittlern in diesem Umfang nicht bestünden. Das Buchungspersonal der Beklagten habe sich mit der Erklärung der Klägerin, sie sei deutsche Staatsangehörige und verfüge über einen deutschen Reisepass, zufrieden geben dürfen und nicht auch noch explizit Fragen betreffend den Ehemann der Klägerin stellen müssen. Vielmehr habe es der Klägerin oblegen, das Personal der Beklagten auf die ausländische Staatsangehörigkeit ihres Ehemannes hinzuweisen. Ohnehin sei der Reisevermittler bei ausländischen Kunden nicht verpflichtet, auf ein eventuell erforderliches Visum hinzuweisen. Ohne Nachfrage des Reisenden bestehe für das vermittelnde Reisebüro keine Verpflichtung, über die Einreisebestimmungen des Ziellandes aufzuklären.
Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht, die Beklagte habe auf die Erforderlichkeit eines Visums für ausländische Staatsangehörige hinweisen müssen, insbesondere nachdem durch die Prospektgestaltung der Eindruck erweckt worden sei, dass Visa vor Ort erteilt würden.
3. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus positiver Vertragsverletzung des Geschäftsbesorgungsvertrages wegen Verstoßes gegen Informationspflichten nicht zu. Die Beklagte war als Reisevermittler nicht verpflichtet, die Klägerin auf die Erforderlichkeit eines Visums für den Ehemann der Klägerin als ausländischen Staatsangehörigen hinzuweisen. Zwar ist zwischen den Parteien streitig, ob das Buchungspersonal der Beklagten vor Buchung der Reise die Klägerin nach ihrer Staatsangehörigkeit gefragt und über das Erfordernis eines deutschen Reisepasses aufgeklärt hat. Darauf kommt es aber nicht maßgeblich an. Der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen einem Reisevermittler und einem Reisekunden begründet nämlich auch unter Berücksichtigung des Vertrauens des Reisenden in die Sachkunde des Reisebüros und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung keine Pflicht des Reisebüros, ungefragt über die Einreisebestimmungen des Ziellandes aufzuklären (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.12.1998, NJW-RR 1999, 1145; LG Kleve, Urteil vom 10.08.2000, NJW-RR 2002, 557). Die Klägerin trägt nicht vor, dass sie bei der Beklagten nachgefragt habe, ob für die in Aussicht genommene Reise nach Ägypten eine Visumspflicht bestehe bzw. welche Einreisebestimmungen zu beachten seien. Unaufgefordert aber war die Beklagte zu einer diesbezüglichen Aufklärung nicht verpflichtet.
Eine Aufklärungspflicht der Beklagten lässt sich auch nicht damit begründen, dass in dem Reiseprospekt der Beklagten der Hinweis "zzgl. ca. DM 45,– DM Visakosten pro Person vor Ort" enthalten war. Denn die Klägerin durfte nicht davon ausgehen, dass dieser pauschale Kurzhinweis für Reisende unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit gelte. Trotz dieses Hinweises lag es weiter im Verantwortungsbereich der Klägerin, sich danach zu erkundigen, ob auch für ihren ausländischen Ehemann ein Visum vor Ort ausreiche oder für diesen andere Einreisebestimmungen gelten. Es kann nicht erwartet werden, dass ein Reisevermittler über die Einreisebestimmungen für Reisende der verschiedensten Staatsangehörigkeiten im Reiseprospekt aufklärt. Deshalb war auch der Prospekthinweis nicht so zu verstehen, als habe er allgemeine Gültigkeit auch für ausländische Reisende. In diesem Rahmen ist zu beachten, dass ein Reisebüro keine Hinweispflicht hinsichtlich des Erfordernisses eines Visums trifft, soweit ihm die Nationalität des Reisenden nicht bekannt ist (vgl. AG Nürnberg, Urteil vom 19.09.1994, NJW-RR 1995, 1203). Die Beklagte als Reisevermittler traf auch keine Pflicht, Nachforschungen über die Staatsangehörigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes anzustellen, um sodann über die Einreisebestimmungen für den speziellen Einzelfall aufzuklären (vgl. AG Nürnberg, a. a. O.). Vielmehr oblag es der Klägerin, wegen der ausländischen Staatsangehörigkeit ihres Ehemannes Erkundungen einzuholen, welche Reisedokumente dieser vor Reiseantritt besorgen musste.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713.
6. Gründe, aus denen die Revision zuzulassen wäre, sind weder dargetan noch ersichtlich.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

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(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.