Landgericht Arnsberg Beschluss, 05. Okt. 2015 - 4 OH 25/14
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1.) vom 18.12.2014 wird die Notarkostenrechnung des Beteiligten zu 2.) vom 19.11.2014 aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten zu 1.) haben mit notariellem Vertrag des Notars I. (UR-Nr. 001/14) ein Erbbaurecht erworben.
4Die Grundstückseigentümer wurden durch den Notar I. unter Beifügung entsprechender Entwürfe um Abgabe der Veräußerungszustimmung nebst Vorkaufsrechtsverzichtserklärung sowie um Abgabe der Belastungszustimmung nebst Stillhalteerklärung gebeten.
5Die Eigentümerin T. ließ diese Entwürfe durch den Beteiligten zu 2.) überprüfen. Nach Ergänzung der Entwürfe ließ die Eigentümerin ihre Unterschrift durch den Beteiligten zu 2.) beglaubigen.
6Der Beteiligte zu 2.) stellte seine Kosten für die Urkunden Nr. 002/14 (Zustimmung zur Veräußerung), 003/14 (Zustimmung zur Belastung) und UR-Nr. 004/14 (Erklärungen zum Erbbauzins) mit Kostenrechnung vom 19.11.2014 den Erwerbern des Erbbaurechts, den Beteiligten zu 1.), in Rechnung.
7Gegen diese Kostenrechnung wenden sich die Beteiligten zu 1.) mit der Begründung, der angesetzte Geschäftswert stimme nicht. Zudem wenden sie sich gegen den Ansatz der Entwurfsgebühren, da die Ergänzung des vorgelegten Entwurfs nicht erforderlich gewesen sei. Sie sind der Auffassung, nur für die Kosten der reinen Unterschriftsbeglaubigung aufkommen zu müssen.
8Darüber hinaus bemängeln die Beteiligten zu 1.) die Ausstellung der Kostenrechnung auf sie, da sie für die Sonderwünsche der Eigentümer nicht hafteten.
9Der Beteiligte zu 3.) hat zu den Formalien und zur Frage der Kostenschuldnerschaft der Beteiligten zu 1.) mit Schreiben vom 03.03.2015 Stellung genommen. Daraufhin hat der Beteiligte zu 2.) seine Kostenrechnung in formeller Hinsicht teilweise abgeändert und als Anlage zum Schriftsatz vom 25.03.2015 erneut übersandt. Er vertritt insbesondere zur Frage der Kostenschuldnerschaft die Auffassung, eine Inanspruchnahme der Antragsteller für die Entwurfsgebühr komme gem. § 30 Abs. 3 GNotKG in Betracht. Auf die hierzu eingeholte ergänzende Stellungnahme des Beteiligten zu 3.) vom 28.07.2015 hat der Beteiligte zu 2.) innerhalb der gewährten (und verlängerten) Frist keine weitere Stellung genommen.
10II.
11Die Notarkostenrechnung war ungeachtet der Frage der formellen Ordnungsgemäßheit und der Anwendung der zutreffenden Wertvorschriften im Übrigen bereits deshalb aufzuheben, weil die Beteiligten zu 1.) keine Kostenschuldner im Hinblick auf die Entwurfsgebühr sind. Hierzu hat der Beteiligte zu 3.) ausgeführt:
12„Voraussetzung für das Entstehen einer Entwurfsgebühr soll nach den Motiven des Gesetzgebers die Erteilung eines ausdrücklichen Auftrags zur Entwurfsfertigung sein (BT-Drucks. 17/11471, S. 229). Auch aus Vorbem. 2.4.1 Abs. 1 Satz 1 KV GNotKG ergibt sich, dass die Erteilung eines Entwurfsauftrags erforderlich ist (Bormann, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, Vorbem. 2.4.1 KV Rn. 2). Danach entsteht eine Entwurfsgebühr, wenn außerhalb eines Beurkundungsverfahrens ein Entwurf für ein bestimmtes Rechtsgeschäft oder eine bestimmte Erklärung im Auftrag eines Beteiligten gefertigt worden ist.
13Der Auftrag zur Überprüfung des Entwurfs ist dem Notar jedenfalls durch die Grundstückseigentümerin T. erteilt worden, wie Notar Dr. E. in seiner Stellungnahme vom 13.01.2015 ausführt (Bl. 42 d.A.). Derjenige, der dem Notar den erforderlichen Auftrag zur Entwurfsfertigung ereilt, ist gem. § 29 Nr. 1 GNotKG Schuldner der Entwurfsgebühr. Die Grundstückseigentümerin ist damit Kostenschuldnerin der Entwurfsgebühren.
14Von der Erteilung eines ausdrücklichen Auftrags zur Überprüfung des Entwurfs der Eigentümererklärungen durch die Erwerber des Erbbaurechts dürfte nicht ausgegangen werden können. Der Überprüfungsauftrag ergibt sich auch nicht konkludent daraus, dass der Urkundsnotar I. im Kaufvertrag (§ 2 Nr. 7 der UR-Nr. 001/14) beauftragt worden ist, die Zustimmung der Eigentümer einzuholen.
15Der Auftrag zur Einholung der erforderlichen Eigentümererklärungen kann allenfalls für den Urkundsnotar I. als Auftrag angesehen werden, einen Entwurf zu fertigen und so den Vollzug zu betreiben, denn für den Urkundsnotar macht es gebührenrechtlich keinen Unterschied, ob er den Vollzug durch Entwurfsfertigung oder ohne Beifügung eines Entwurfs betreibt. Für ihn entsteht allein die Vollzugsgebühr. Da bei Entwurfsfertigung bzw. –überprüfung durch einen weiteren Notar (wie hier durch Dr. E.) höhere Kosten entstehen, kann der dem Notar I. konkludent erteilte Entwurfsauftrag nicht auf einen weiteren Notar erweitert werden.
16Dass die durch Notar I. übersandten Entwürfe nochmals durch einen weiteren Notar überprüft wurden, war von den Erwerbern des Erbbaurechts zudem weder ausdrücklich noch konkludent beauftragt. Die Erwerber sind somit nicht Kostenschuldner nach § 29 Nr. 1 GNotKG gegenüber dem Notar Dr. E.
17Eine Haftung der Antragsteller für die Entwurfsgebühr nach § 29 Nr. 2 GNotKG dürfte ebenfalls ausscheiden. Danach ist derjenige Kostenschuldner, der die Kostenschuld gegenüber dem Notar übernommen hat. Die Übernahme der Kosten durch die Käufer und Antragsteller in § 11 der Urkunde ist zunächst keine Übernahmeerklärung gegenüber dem Notar, sondern gegenüber dem Verkäufer und betrifft deshalb nur das Innenverhältnis zwischen den Urkundsbeteiligten (Neie, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, § 29 Rn. 23).
18Auch eine Inanspruchnahme der Antragsteller für die Entwurfsgebühr gem. § 30 Abs. 3 GNotKG erscheint ausgeschlossen. Gem. § 30 Abs. 3 GNotKG haftet derjenige, der in einer notariellen Urkunde die Kosten dieses Beurkundungsverfahrens, die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten oder sämtliche genannten Kosten übernommen hat, insoweit auch gegenüber dem Notar. § 30 Abs. 3 GNotKG erfasst nach dem klaren Wortlaut somit nur die Haftung für die Kosten, die beim Urkundsnotar I. angefallen sind, nicht aber die Kosten eines zweiten Notars in einem besonderen notariellen Verfahren. Daran ändert auch die ausdrückliche Nennung der Kosten der Eigentümererklärungen nichts. Die Haftung nach § 30 Abs. 3 GNotKG wirkt sich nur gegenüber dem beurkundenden Notar aus, nicht aber gegenüber einem Drittnotar.“
19Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer aufgrund eigener Würdigung vollumfänglich an.
20Soweit der Beteiligte zu 2.) hiergegen eingewendet hat, § 30 Abs. 3 GNotKG begründe eine Kostenschuldnerschaft nicht nur gegenüber dem Notar, der die für die Durchführung des Vertrages notwendigen Erklärungen beurkundet hat, sondern auch darüber hinausgehend – so etwa auch wie vorliegend im Verhältnis zu dem Beteiligten zu 2.), der die Erklärungsentwürfe überprüft hat -, kann dem nicht gefolgt werden. § 30 Abs. 3 GNotKG begründet nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Kostenschuldnerschaft ausschließlich gegenüber dem beurkundenden Notar. Für lediglich mittelbare Gebührentatbestände, die durch weitere notarielle Tätigkeiten eines dritten Notars entstehen, wird keine unmittelbare Kostenschuldnerschaft begründet. Dies gilt unabhängig davon, ob bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise aufgrund vertraglicher Abreden mit dem Veräußerer die Kosten letztlich vom Erwerber zu tragen wären (OLG Hamm 15 W 77/15, Beschluss vom 23.01.2015; LG Arnsberg, 4 OH 17/14, Beschluss vom 07.01.2015).
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 GNotKG in Verbindung mit § 81 FamFG.
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(1) Die Kosten des Beurkundungsverfahrens und die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten schuldet ferner jeder, dessen Erklärung beurkundet worden ist.
(2) Werden im Beurkundungsverfahren die Erklärungen mehrerer Beteiligter beurkundet und betreffen die Erklärungen verschiedene Rechtsverhältnisse, beschränkt sich die Haftung des Einzelnen auf die Kosten, die entstanden wären, wenn die übrigen Erklärungen nicht beurkundet worden wären.
(3) Derjenige, der in einer notariellen Urkunde die Kosten dieses Beurkundungsverfahrens, die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten oder sämtliche genannten Kosten übernommen hat, haftet insoweit auch gegenüber dem Notar.
Die Notarkosten schuldet, wer
- 1.
den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat, - 2.
die Kostenschuld gegenüber dem Notar übernommen hat oder - 3.
für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet.
(1) Die Kosten des Beurkundungsverfahrens und die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten schuldet ferner jeder, dessen Erklärung beurkundet worden ist.
(2) Werden im Beurkundungsverfahren die Erklärungen mehrerer Beteiligter beurkundet und betreffen die Erklärungen verschiedene Rechtsverhältnisse, beschränkt sich die Haftung des Einzelnen auf die Kosten, die entstanden wären, wenn die übrigen Erklärungen nicht beurkundet worden wären.
(3) Derjenige, der in einer notariellen Urkunde die Kosten dieses Beurkundungsverfahrens, die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten oder sämtliche genannten Kosten übernommen hat, haftet insoweit auch gegenüber dem Notar.
(1) Der Antrag auf Entscheidung des Landgerichts, die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(2) Die dem Notar vorgesetzte Dienstbehörde kann diesen in jedem Fall anweisen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen, Beschwerde oder Rechtsbeschwerde zu erheben. Die hierauf ergehenden gerichtlichen Entscheidungen können auch auf eine Erhöhung der Kostenberechnung lauten. Gerichtskosten hat der Notar in diesen Verfahren nicht zu tragen. Außergerichtliche Kosten anderer Beteiligter, die der Notar in diesen Verfahren zu tragen hätte, sind der Landeskasse aufzuerlegen.
(3) Auf die Verfahren sind im Übrigen die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. § 10 Absatz 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist auf den Notar nicht anzuwenden.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.