Landgericht Amberg Endurteil, 13. Juli 2016 - 14 O 314/16

13.07.2016
nachgehend
Oberlandesgericht Nürnberg, 4 U 1695/16, 18.10.2016

Gericht

Landgericht Amberg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

III. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Streitwert wird auf 2.789,37 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Arbeitgeber Schadensersatz des ihm entstandenen Schadens auf Grund einer Verletzung seines Mitarbeiters durch einen Verkehrsunfall unter Beteiligung eines Militärfahrzeuges der US-Streitkräfte.

Am 22.01.2015 gegen 9 Uhr wurde ... – eine Mitarbeiterin des Klägers – auf der Bundesstraße ... durch eine von einem entgegenkommenden LKW herunterfallende Eisplatte verletzt. Der LKW war Teil eines Militärkonvois der US-Streitkräfte. Die verletzte Mitarbeiterin ... wusste von der Beteiligung eines Militärfahrzeuges. Am 23.01.2015 unterzeichnete ... – Geschäftsführerin der Klägerin – eine von ... einer Mitarbeiterin der Klägerin, verfasste Unfallanzeige, wonach sich auf der Dienstfahrt von ... von einem entgegenkommenden Militärfahrzeug eine Eisplatte gelöst und dabei die Windschutzscheibe durchschlagen hatte. Am 19.02.2015 setzte ... über den Unfall detailliert in Kenntnis. Am 10.03.2015 leitete der sachbearbeitende Polizeibeamte der Pl Amberg ... die amtliche Ermittlungsakte an die Schadensregulierungsbehörde weiter. Nach einem Telefonat am 24.04.2015 des ... als Mitarbeiter der Schadensregulierungsstelle und der ... mit dem Hinweis der Eilbedürftigkeit hinsichtlich des Fristablaufs stellte die Klägerin dann am 06.05.2015 einen schriftlichen Antrag auf Entschädigung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Schadensregulierungsstelle des Bundes, der dieser am 07.05.2015 zuging. Mit Schreiben vom 13.10.2015, zugegangen am 15.10.2015 lehnte die Bundesanstalt den Ersatz des geforderten Schadens ab.

Der Kläger behauptet, ... sei von 22.01.2015 bis 30.01.2015 auf Grund des Unfalls arbeitsunfähig gewesen, sodass insbesondere folgende Leistungen nicht erbracht werden konnten:

16 Einheiten i.R.d. Medizinischen Tagesstätte zu je 39,07 €, insgesamt also 625,12 €;

12 Einheiten i.F.d. Ergotherapeutischen Gruppenbehandlungen zu je 31,46 €, insgesamt also 377,20 €;

17 Einheiten i.F.d. Ergotherapeutischen Einzelbehandlung zu je 45,20 €, insgesamt also 768,40 €;

1 mobile Einheit ergotherapeutischer Behandlung zu 71,53 €.

Außerdem seien Entgeltfortzahlungen mit einem Sozialversicherungspflichtigen Bruttobetrag von 789,00 € und einem Arbeitgeberanteil i.H.v. 157,80 €, insgesamt also 946,80 € angefallen.

Der Rechtsstreit ist am 29.03.2015 durch Beschluss vom Amtsgericht Amberg an das Landgericht Amberg auf Antrag des Klägers verwiesen worden.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.789,37 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie meint, der Antrag sei verfristet.

Es wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2016 verwiesen sowie auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Insbesondere ist das Landgericht Amberg auf Grund der Verweisung durch das Amtsgericht nach vorangegangenem Antrag des Klägers und Rüge der Beklagten sachlich und örtlich zuständig, §§ 281 Abs. 1 ZPO, 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG i.V.m. Art. 34 GG,§ 839 BGB.

II.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu wegen Versäumung der dreimonatigen Frist zur Geltendmachung der Ansprüche. Gemäß Art. 6 Abs. 1 AG-NTS sind Ansprüche innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt geltend zu machen, in dem der Geschädigte von dem Schaden und von den Umständen Kenntnis erlangt hat, aus denen sich ergibt, dass ein Mitglied oder Bediensteter einer Truppe den Schaden verursacht hat.

Zwar wurde die Geschäftsführerin ... erst am 19.02.2015 detailliert über den Unfall in Kenntnis gesetzt, jedoch hat sie selbst bereits mit dem von ihr am 23.01.2015 unterzeichneten Unfallbericht, der von einem „Militärfahrzeug“ spricht, Kenntnis von dem Unfallhergang. Gerade einer Geschäftsführerin obliegt es, Erkundigungen zum Schadenshergang einzuholen und soweit auszudehnen, dass eine rechtzeitige Geltendmachung der Ansprüche sichergestellt ist. Dass der Unfallbericht von ihr lediglich unterzeichnet und nicht verfasst worden ist, ist insoweit unerheblich. Als Unterzeichnende macht sie sich den Inhalt des Schriftstücks zu Eigen.

Aber auch die Kenntnis der Geschäftsführerin ist dann nicht maßgeblich, wenn dem eingetragenen Verein das Wissen seiner Mitarbeiter zuzurechnen ist. Nach den Umständen des konkreten Einzelfalles und unter Berücksichtigung der Organisationsstruktur des Vereins im vorliegenden Fall, bei dem gerade keine Zuweisung einzelner Aufgaben innerhalb des Vereins an bestimmte Personen erfolgt, kommt es auf die Kenntnis und den Wissensstand jedes Mitarbeiters an. Denn ohne eine bestimmte Aufgabenzuweisung muss sich der Verein das Wissen der Mitarbeiterin zurechnen lassen. ... hatte als Mitarbeiterin und Unfallbeteiligte am 22.01.2015 bereits Kenntnis von der Beteiligung eines sandfarbenen Militärfahrzeugs, das so nur von den US-Streitkräften gefahren wird.

Damit wird dem Kläger als Geschädigtem das Wissen der ... zugerechnet. Kenntniserlangung ist am 22.01.2015, die Frist beginnt gem. § 187 Abs. 1 BGB am 23.01.2015 und endet am 22.04.2015, § 188 Abs. 2 BGB.

Innerhalb dieser Frist wurde kein Antrag gestellt.

Die Zuleitung der Ermittlungsakten durch den Polizeibeamten ... am 24.04.2015 stellt keinen wirksamen Antrag dar. Es fehlt bereits an einer detaillierten Geltendmachung der jeweiligen Ansprüche. Es obliegt nicht der Schadensregulierungsstelle, potentielle Ansprüche von sich aus zu ermitteln.

Sie trifft keine Untersuchungs- und Kontrollpflicht, da gerade die Geltendmachung etwaiger Ansprüche von Grundsatz der Privatautonomie gedeckt ist.

Auch das Telefonat am 24.04.2015 zwischen ... und ... stellt keinen wirksamen Antrag dar und hindert demnach nicht den Ablauf der Frist.

Der schriftliche Antrag vom 06.05.2015, eingegangen am 07.05.2015 in dem Entschädigung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurden, ist verfristet.

Auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht, da kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund vorliegt. Die bloße Unkenntnis der Geltendmachung eines Anspruches bei Beteiligung eines US-Militärs innerhalb von drei Monaten stellt keinen tauglichen Grund dar.

III.

Der Kläger als unterliegende Parteien hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen.

IV.

Der Beklagte vollstreckt lediglich seine Prozesskosten gem. §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Referenzen

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.