Landgericht Aachen Urteil, 03. März 2016 - 2 S 263/15
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.08.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen teilweise abgeändert;
die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt,
die in der S-T-Straße in 52062 Aachen im 3. Geschoss hinten rechts gelegene Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad, einer Toilette sowie einer Abstellkammer, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Den Beklagten zu 1) und 2) wird eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2016 gewährt.
Die erstinstanzlichen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen erstinstanzlichen Kosten der Klägerin werden der Klägerin zu 67 %, den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldnern zu 19 % und der Beklagten zu 1) darüber hinaus allein zu weiteren 14 % auferlegt. Von den außergerichtlichen erstinstanzlichen Kosten trägt die Klägerin die der Beklagten zu 1) zu 53 % und die des Beklagten zu 2) zu 80 %. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Die zweitinstanzlichen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten der Klägerin werden der Klägerin zu 41 %, den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldnern zu 53 % und der Beklagten zu 1) darüber hinaus allein zu weiteren 6 % auferlegt. Von den außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten trägt die Klägerin die der Beklagten zu 1) zu 55 %. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird zunächst gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.
4Die Klägerin hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 23.12.2015, bei Gericht eingegangen am 29.12.2015, nach einer Zahlung der Beklagten zu 1) in Höhe von 1.890,00 € teilweise in dieser Höhe für erledigt erklärt. Die Beklagte zu 1) hat sich der Erledigung angeschlossen.
5Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2016 die Berufung hinsichtlich der Anträge, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 10.920,00 € nebst Rechtshängigkeitszinsen, ab dem Monat Oktober 2014 für jeden Monat bis zum Auszug jeweils zum 3. Werktag 390,00 € abzüglich am 22.05.2015 gezahlter 10.395,00 € sowie an sie 805,20 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, zurückgenommen.
6Der Beklagte zu 2) hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2016 unstreitig gestellt, nunmehr – seit dem am 25.08.2015 verkündeten Urteil der ersten Instanz – die streitgegenständliche Wohnung zu bewohnen.
7II.
8Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das am 25.08.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen, mit der sie nach übereinstimmender Teilerledigung des Rechtsstreits und Rücknahme der Zahlungsanträge gegen die Beklagte zu 1) hauptsächlich den gegen beide Beklagte gerichteten Räumungsantrag weiterverfolgt, hat Erfolg.
9A.
10Die Klägerin ist im Hinblick auf den geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruch prozessführungsbefugt gemäß § 51 Abs. 1 ZPO. Zwar macht sie kein eigenes, sondern ein fremdes S3 – dasjenige der Eigentümergemeinschaft G/Weiß – geltend. Das Amtsgericht hat insoweit jedoch zutreffend festgestellt, dass die Klägerin hierzu wirksam von der Eigentümergemeinschaft als Rechtsinhaberin ermächtigt wurde und auch die weiteren Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft – schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin und schutzwürdiges rechtliches Interesse des Rechtsinhabers an der Prozessführung und das Fehlen schutzwürdiger Belange der Beklagten – vorliegen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, Vor § 50 Rn. 44).
11In dem Schreiben des Prof. G vom 10.12.2012 (Bl. 48 d.A.) liegt die seitens des Prof. G im Namen der Eigentümergemeinschaft erteilte Ermächtigung der Klägerin, den Grundbesitz räumen zu lassen und die Herausgabe der geräumten Wohnungen an sich zu verlangen. Soweit die Beklagten im Berufungsverfahren erstmals bestreiten, dass eine durch die Eigentümergemeinschaft erteilte Vollmacht des Prof. G in Bezug auf das oben erwähnte Schreiben vorlag, ist dieses Verteidigungsmittel verspätet gemäß § 531 Abs. 2 ZPO. Dass es ausnahmsweise für das zweitinstanzliche Verfahren zuzulassen wäre, etwa weil der verspätete Vortrag nicht auf der Nachlässigkeit der Beklagten beruht, haben diese nicht dargelegt. Entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts folgt das rechtliche Interesse der Klägerin an der Prozessführung aus ihrem durch den Erbbaurechtsvertrag und die Vormerkung begründeten Anwartschaftsrecht und das rechtliche Interesse der Eigentümer aus ihrer in Ziffer 5.4 der Anlage 3 begründeten Verpflichtung, die Klägerin bei der Entmietung zu unterstützen. Dass durch die Prozessstandschaft bei den Beklagten ungerechtfertigte Nachteile eintreten, machen diese weder geltend noch liegen Umstände vor, die dies ersichtlich machen.
12B.
13Der Klägerin ist der gegen die Beklagten zu 1) und 2) in Prozessstandschaft geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch der Eigentümerin gemäß §§ 985, 546 Abs. 2 BGB zuzusprechen.
14Eigentümerin des Grundstücks ist unstreitig die Eigentümergemeinschaft G/Weiß.
15Die Beklagten zu 1) und 2) sind zudem unmittelbare Besitzer. Sie bewohnen die streitgegenständliche Wohnung im Rahmen eines ehelichen Haushalts.
16Die Beklagten haben weder ein eigenes noch ein abgeleitetes S3 zum Besitz gemäß § 986 BGB. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen der Beklagten zu 1) und der X GmbH & D.KG geschlossenen Untermietvertrag vom 27.06.2008 (Bl. 131 ff. d. A.). Dieser konnte keinen Bestand mehr haben, nachdem der Hauptmietvertrag zwischen der Fa. X und der Eigentümerin des Grundstücks am 25.05.2012 durch den Insolvenzverwalter gekündigt worden war. Insoweit bedurfte es auch keiner ausdrücklichen Kündigungserklärung.
17Die Eigentümerin ist als Hauptvermieterin auch nicht gem. § 565 Abs. 1 S. 1 BGB in den Untermietvertrag mit der Beklagten zu 1) eingetreten. Die Vorschrift ist vorliegend nicht einschlägig.
18Sie setzt unter anderem voraus, dass der Mieter nach dem Mietvertrag den Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten soll. Aus dem Gesetzestext folgt, dass der Mietvertrag gerade zur gewerblichen Weitervermietung als Wohnraum abgeschlossen sein muss. Zur Anwendung des § 565 BGB kommt es hingegen nicht, wenn dem Mieter freigestellt ist, wie er mit der Mietwohnung verfährt (vgl. Blank in: Blank/Börstinghaus, Miete 4. Aufl. 2014, § 565 BGB Rn. 5).
19Vorliegend lautet der entsprechende Passus des Mietvertrages (3. Nachtrag vom 7.3.91, Bl. 297R d.A.) wie folgt:
20Der Mieter ist berechtigt und verpflichtet, auf die vorhandene Substanz (EG und 1 OG) des Vermieters an der S3 (Ergänzung durch Kammer: nunmehr S2) ein 2., 3. und Dachgeschoß in der zulässigen Tiefe aufzubauen. […] Diese Räume nutzt der Mieter selber bzw. untervermietet sie als Wohnraum.
21Die mietvertragliche Vereinbarung ist aus Sicht eines objektiven Empfängers gemäß §§ 133, 157 BGB so zu verstehen, dass der Mieterin die Wahl gelassen wird, ob sie die angemieteten Räumlichkeiten selber zwecks Erweiterung ihres Geschäftsbetriebes nutzt oder sie an Dritte zu Wohnzwecken weitervermietet.
22Der Wortlaut der Vereinbarung lässt keine andere Interpretation zu. Auch aus dem nachfolgenden Passus lässt sich keine davon abweichende Auslegung der Vertragsvereinbarung herleiten. Dieser lautet wie folgt:
23Falls der Mieter eine kostenmäßig sinnvolle Lösung findet, um auch das 2., 3. und Dachgeschoss an der B aufzubauen und als Wohnraum zu vermieten, ist der Mieter berechtigt, also nicht verpflichtet, diesen Aufbau durchzuführen und unterzuvermieten.
24Soweit in Bezug auf das Grundstück B ausschließlich von einem möglichen Aufbau zum Zwecke der Weitervermietung als Wohnraum die Rede ist, kann dies nicht auf die Vereinbarung, welche die streitgegenständliche Wohnung betrifft, übertragen werden. In Bezug auf die Räumlichkeiten in der S-T-Straße ist im Gegensatz zu der vorstehenden Vereinbarung gerade ausdrücklich auch die Selbstnutzung des Aufbaus in den Vertragstext aufgenommen worden.
25Dafür, dass abweichend von dem Wortlaut eine andere Vereinbarung – nämlich eine ausschließliche gewerbliche Weitervermietung der in Rede stehenden Wohnung zu Wohnzwecken – getroffen worden wäre, haben die Beklagten als für diese ihnen günstige Tatsache beweisbelastete Partei weder erst- noch zweitinstanzlich Beweis angeboten.
26Die Kammer verkennt nicht, dass dem Untermieter in Fällen der sog. „gewerblichen Zwischenvermietung“ von Wohnungen unter Umständen ein geringerer Schutz gewährt ist als einem Mieter, der die Wohnung unmittelbar vom Eigentümer gemietet hat und für den die Kündigungsschutzvorschriften für Wohnraum unmittelbar eingreifen. Auch im Verhältnis zu demjenigen Untermieter, der einen Teil der vom Hauptmieter genutzten Wohnung anmietet, ist der Untermieter in Fällen der gewerblichen Zwischenvermietung schlechter gestellt. In dem vorstehend genannten Fall ist der Untermieter nämlich mittelbar dadurch geschützt, dass der zwischen dem Eigentümer und dem Hauptmieter bestehende Mietvertrag den Kündigungsschutzvorschriften unterliegt. Dies führt zu einer Lücke im Mieterschutz. (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. vom 11.06.1991, Az.: 1 BvR 538/90 ). Diese Lücke hat der Gesetzgeber durch die Vorschrift des § 565 BGB geschlossen, welche den Untermieter vor dem Herausgabeverlangen des Hauptvermieters schützen soll, wenn dieser seinerseits nicht schützenswert ist, weil er weiß – und dies auch von ihm beabsichtigt ist –, dass der gewerbliche Zwischenvermieter die Wohnung an einen Mieter zur Nutzung als Wohnung vermieten wird und er diesem gegenüber an die gesetzlichen Vorschriften über den Mieterschutz gebunden ist. Vorliegend hat der Hauptvermieter es der Fa. X jedoch lediglich freigestellt, die Wohnungen zu Wohnzwecken weiterzuvermieten, so dass er nicht zwangsläufig mit einem Eingreifen der Mieterschutzvorschriften rechnen musste. Dadurch, dass er es der Zwischenmieterin freigestellt hat, wie sie mit dem Mietobjekt verfährt, lässt sich auch kein vorrangiges Interesse des Hauptvermieters feststellen, die Räumlichkeiten als Wohnraum zu vermieten. Aus diesen Gründen scheidet auch eine analoge Anwendung von § 565 BGB mangels Vorliegens einer vergleichbaren Interessenlage aus.
27Das Vorbingen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 21.01.2016 und 12.02.2016 ist verspätet gemäß §§ 525, 596a ZPO. Diese sind nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 14.01.2016 eingegangen. Der Schriftsatz war weder gemäß § 283 ZPO noch gemäß § 139 Abs. 5 ZPO nachgelassen (vgl. § 296a S. 2 ZPO) noch hat sich die Kammer zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß §§ 156, 296a S. 2 ZPO veranlasst gesehen.
28Die Wohnung ist von den Beklagten zu räumen und an die Klägerin, die ausweislich der Erklärung vom 10.12.2012 (Bl. 48 d. A.) im Sinne einer zulässigen Einziehungsermächtigung Herausgabe an sich selbst verlangen kann, herauszugeben (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 31. Aufl. 2016, Vor § 50 Rn. 52).
29Den Beklagten ist gemäß § 721 ZPO eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2016 zu gewähren.
30Diese Räumungsfrist hat die Kammer unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Zugunsten der Beklagten wurde insoweit berücksichtigt, dass das Amtsgericht erstinstanzlich eine Herausgabe- und Räumungspflicht verneint hat und somit ein gewisses Vertrauen auf Seiten der Beklagten, weiterhin in der Wohnung bleiben zu können, geschafft hat. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass der Rechtsstreit nunmehr bereits etwa 1,5 Jahren andauert und das Interesse der Eigentümerin, den unberechtigten Besitz der Beklagten zu beenden, gegenüber dem Wohninteresse der Beklagten überwiegt, zumal diese ihre Mietzahlungen teilweise verspätet und zudem nicht in voller Höhe, nämlich lediglich gekürzt um die Nebenkosten, leisten.
31III.
32Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
33Die Kosten hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtsstreits waren nach § 91a ZPO hälftig zu verteilen. Dies entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Als unberechtigte Besitzer waren die Beklagten dem Eigentümer zum Nutzungsersatz verpflichtet. Da die Höhe des Nutzungsersatzanspruchs im Streit stand, hätte zu der Frage der angemessenen ortsüblichen Miete weiter Beweis erhoben werden müssen. Da das Beweisergebnis ungewiss bleibt, sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.
34IV.
35Da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen, bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Frage, ob § 565 BGB Anwendung findet, war anhand des Einzelfalls zu entscheiden. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ist nicht gegeben. Ebenso wenig ist die Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
36Berufungsstreitwert:
37Bis 28.12.2015: 10.545,00 €
38 Antrag zu 1) (Räumung): 3.780,00 (12x315,00 €), § 41 Abs. 1, 2 GKG
39 Antrag zu 2) (Nutzungsentschädigung): 6.765,00 € (16 x 390,00 € + 10.920,00 € - 10.395,00 €)
40Ab dem 29.12.2015: 8.655,00 € (10.545,00 € - 1.890,00 €)
41C |
Dr. S5 |
Vath |
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(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.
(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.
(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.
(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.
(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.
(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
(1) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wieder übernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.
(2) Der Besitzer einer Sache, die nach § 931 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigentümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.
(1) Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. Schließt der Vermieter erneut einen Mietvertrag zur gewerblichen Weitervermietung ab, so tritt der Mieter anstelle der bisherigen Vertragspartei in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten ein.
(2) Die §§ 566a bis 566e gelten entsprechend.
(3) Eine zum Nachteil des Dritten abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. Schließt der Vermieter erneut einen Mietvertrag zur gewerblichen Weitervermietung ab, so tritt der Mieter anstelle der bisherigen Vertragspartei in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten ein.
(2) Die §§ 566a bis 566e gelten entsprechend.
(3) Eine zum Nachteil des Dritten abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen.
(2) Ist auf künftige Räumung erkannt und über eine Räumungsfrist noch nicht entschieden, so kann dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen Antrag stellt. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.
(3) Die Räumungsfrist kann auf Antrag verlängert oder verkürzt werden. Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.
(4) Über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3 entscheidet das Gericht erster Instanz, solange die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Das Gericht ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.
(5) Die Räumungsfrist darf insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Jahresfrist rechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, wenn nach einem Urteil auf künftige Räumung an einem späteren Tage zu räumen ist, von diesem Tage an.
(6) Die sofortige Beschwerde findet statt
- 1.
gegen Urteile, durch die auf Räumung von Wohnraum erkannt ist, wenn sich das Rechtsmittel lediglich gegen die Versagung, Gewährung oder Bemessung einer Räumungsfrist richtet; - 2.
gegen Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Mietverhältnisse über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 2 Nr. 3 sowie in den Fällen des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Endet ein Mietverhältnis im Sinne des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch außerordentliche Kündigung, kann eine Räumungsfrist höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung gewährt werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. Schließt der Vermieter erneut einen Mietvertrag zur gewerblichen Weitervermietung ab, so tritt der Mieter anstelle der bisherigen Vertragspartei in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten ein.
(2) Die §§ 566a bis 566e gelten entsprechend.
(3) Eine zum Nachteil des Dritten abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.
(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.
(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.
(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.
(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.