Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Feb. 2012 - 6 Sa 485/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0210.6SA485.11.0A
10.02.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 30.6.2011 - 1 Ca 487/11wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger verfolgt nach Einspruch gegen das zweitinstanzlich erlassene Versäumnisurteil vom 2. Dezember 2011 erstinstanzlich abgewiesene Vergütungsansprüche für Februar und März 2010 in Höhe von 1.500,00 Euro abzüglich 102,79 Euro netto und 1.870,97 Euro brutto weiter.

2

Erstinstanzlich hat der Kläger in seiner am 23. März 2011 eingegangenen Klage vorgetragen, zwischen den Parteien habe ein am 08. Februar 2010 begonnenes und durch Kündigung des Beklagten zum 29. März 2010 beendetes Arbeitsverhältnis bestanden. Er - der Kläger sei als Kraftfahrer - bei der Beklagten mit einem monatlichen Bruttolohn von 2.000,00 Euro beschäftigt gewesen. Die Beklagte habe lediglich 102,79 Euro netto bezahlt.

3

Nach erstinstanzlich erlassenem, klageabweisendem Versäumnisurteil vom 19. April 2011 und auf die Klageschrift Bezug nehmenden Einspruch vom 02. Mai 2011 bestimmte das Arbeitsgericht u.a. folgende Auflage:

4

"3. Dem Kläger wird aufgegeben, über den bisherigen Sachvortrag hinaus ergänzend anspruchsbegründend vorzutragen. Er muss insbesondere darlegen, ob er in dem gesamten streitgegenständlichen Zeitraum für den Beklagten arbeitete. Er hat darzulegen, wann er welche Arbeitsleistung für den Beklagten in diesem Zeitraum erbrachte. Sofern der Kläger das Zahlungsbegehren auf andere Grundlagen stützt, möge er diesbezüglich entsprechend substantiiert unter Beweisantritt vortragen. Frist: 31.05.2011, eingehend bei Gericht.

5

4. Der Beklagte kann hierauf unter ordnungsgemäßen Beweisantritt erwidern.

6

Frist: 21.06.2011, eingehend bei Gericht.

7

5. Verspäteter Sachvortrag wird zurückgewiesen."

8

Ein Eingang zu dieser Auflage ist nicht feststellbar.

9

Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 15.06.2011 ausgeführt, der Kläger habe lediglich zwei Tage gearbeitet, die mit 102,79 Euro netto entlohnt worden seien. Ab dem 10.02.2010 sei er unentschuldigt der Arbeit fern geblieben.

10

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 30. Juni 2011 - 1 Ca 487/11 - das klageabweisende Versäumnisurteil vom 19.04.2011 aufrecht erhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nach Erteilung der Auflage vom 10. Mai 2011 keinen weiteren Sachvortrag geliefert.

11

Auf die weiteren Entscheidungsgründe der Vorinstanz (S. 5 und 6 = Bl. 26 - 27 d.A.) wird Bezug genommen.Gegen das dem Kläger am 12. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 16. August 2011 eingelegte und am 12. Oktober 2011 begründete Berufung.

12

Hierzu bringt der Kläger zweitinstanzlich im Wesentlichen vor, das Arbeitsgericht habe völlig verkannt, dass der gekündigte Arbeitnehmer nach einer fristlosen Kündigung seine Arbeitskraft nicht ausdrücklich anbieten müsse. Er - der Kläger - sei am 11. Februar 2010 am vereinbarten Arbeitsort erschienen, als der ihm überlassene LKW mit dem amtlichen Kennzeichen R - S mit einem anderen Fahrer entgegen gekommen sei. Kurz darauf habe er - der Kläger - um 7.19 Uhr einen Anruf auf seinem Mobiltelefon vom Beklagten erhalten, in dem dieser ihm mitgeteilt habe, er solle den Schlüssel für den besagten LKW sofort herausgeben, sonst passiere was. Dieser Umstand sei ohne jeden Zweifel als - wenn auch formwidrige und daher unwirksame - fristlose Kündigung auszulegen. Eine schriftliche Kündigung sei dem Kläger erst mit Schreiben vom 25. März 2010 am 29. März 2010 zugegangen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 12. Oktober 2011, Bl. 40 - 41 d.A., Bezug genommen.

14

Der Kläger hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

15

Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 02.12.2011, Az. 6 Sa 485/11, wird aufgehoben.

16

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 30.06.2011, Az. 1 Ca 487/11 wird aufgehoben und der Beklagte wird gemäß Antrag aus der Klageschrift verurteilt.

17

18

Die Beklagte hat die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 02.12.2011 beantragt und die Ansicht vertreten, der Kläger sei mit seinem unentschuldigten Vortrag zu präkludieren. In einem Parallelverfahren mit dem Az. 1 Ca 761/10 sei rechtskräftig festgestellt worden, dass es seitens des Beklagten keinen Annahmeverzug gegeben habe. Im Übrigen habe der Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, mit einem bestimmten LKW ausschließlich fahren zu dürfen. Die Lohnklage sei nach wie vor nicht schlüssig.

19

Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 07.11.2011 - Bl. 49 - 50 d.A. Bezug genommen.

20

Zugleich wird auf die Feststellung in der Sitzungsniederschrift vom 10. Februar 2012, Bl. 74 - 76 d.A. verwiesen.

Entscheidungsgründe

21

I. Die Berufung des Klägers ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und nach rechtzeitig erhobenem Widerspruch gegen das zweitinstanzlich erlassene Versäumnisurteil vom 2. Dezember 2011 insgesamt zulässig.

22

II. Das Arbeitsgericht hat in dem angegriffenen Judikat vom 30.06.2011 - 1 Ca 487/11 - die mit der Klage verfolgten Zahlungsansprüche für Februar und März 2010 zu Recht aberkannt. Es wurde die Feststellung getroffen, dass der Kläger am 8. sowie am 9. Februar 2011 gearbeitet habe und dafür auch bezahlt worden sei; danach sei er unentschuldigt nicht mehr erschienen. Der Kläger habe auf die mit Beschluss vom 10. Mai 2011 erfolgte Auflage mit Fristsetzung zum 31. Mai 2011 zur Darlegung seiner Tätigkeit nichts weiter vorgetragen.

23

Nach Auffassung der Berufungskammer ist der Kläger mit seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz präkludiert.

24

Mit der tatbestandlich wiedergegebenen Auflage vom 10. Mai 2011 (Bl. 14 d.A.) war dem Kläger unter Fristsetzung bis 31.05.2011 die Darlegung aufgegeben worden, ob er im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagten gearbeitet habe und welche Arbeitsleistung er in diesem Zeitraum erbracht habe; des weiteren, sofern das Zahlungsbegehren auf andere Grundlagen gestützt würde, möge entsprechend substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen werden.

25

Die klärungsbedürftigen Punkte für einen Zahlungsanspruch gemäß § 611 BGB i.V.m. Arbeitsvertrag sind vom Arbeitsgericht hinreichend genau bezeichnet (vgl. BAG Urteil vom 19.06.1980 3 AZR 1177/79 = AP ArbGG 1979, § 56 Nr. 1). Dies gilt umso mehr, als die Beklagte vorgetragen hat, dass durch ein Urteil vom 02.12.2010 - 1 Ca 761/10 - entschieden worden sei, dass der Kläger keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn habe. Die durch das Arbeitsgericht erfolgte Fristsetzung auf den 31. Mai 2011 war ausgehend vom 10. Mai 2011 vollkommen ausreichend. Der Beschluss unter Ziffer 5 hat die Folgen verspäteten Vorbringens gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 BGB aufgezeigt. Irgendwelche Entschuldigungsgründe gemäß § 531 Abs. 2 ZPO sind nicht feststellbar.

26

Diese Ausführungen gelten unabhängig davon, dass aufgrund der Behauptung der Beklagten zu einem unentschuldigten Fernbleiben des Klägers im Anspruchszeitraum in der Berufungsbegründungsschrift kein Beweisantritt für die behaupteten Tatsachen vorliegt.

27

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

28

Eine Zulassung der Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 56 Vorbereitung der streitigen Verhandlung


(1) Der Vorsitzende hat die streitige Verhandlung so vorzubereiten, daß sie möglichst in einem Termin zu Ende geführt werden kann. Zu diesem Zweck soll er, soweit es sachdienlich erscheint, insbesondere 1. den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 56 Mindestmitgliederzahl des Vereins


Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt.

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(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Der Vorsitzende hat die streitige Verhandlung so vorzubereiten, daß sie möglichst in einem Termin zu Ende geführt werden kann. Zu diesem Zweck soll er, soweit es sachdienlich erscheint, insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze sowie die Vorlegung von Urkunden und von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 der Zivilprozeßordnung treffen.
Von diesen Maßnahmen sind die Parteien zu benachrichtigen.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 gesetzten Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Die Parteien sind über die Folgen der Versäumung der nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 gesetzten Frist zu belehren.

Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.