Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. März 2011 - 10 Sa 547/10

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:0310.10SA547.10.0A
bei uns veröffentlicht am10.03.2011

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13. September 2010, Az.: 4 Ca 665/10, wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen, soweit der Antrag zu 4.1. a) auf Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von € 156.695,42 brutto abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Höhe einer Sozialplanabfindung.

2

Der am … 1949 geborene Kläger ist in dritter Ehe verheiratet, er gewährt noch zwei Kindern Unterhalt. Er ist mit einem GdB von 30 behindert und wurde auf seinen Antrag vom 17.11.2009 mit Bescheid vom 07.12.2009 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Er war bei der Beklagten, die ein Versandhandelsunternehmen mit über 900 Arbeitnehmern betreibt, seit dem 01.06.1972 als Bezirksleiter im Sammelbesteller-Außendienst beschäftigt. Die Geschäftsführung der Beklagten beschloss im September 2009, diesen Außendienst mit Wirkung zum 31.12.2009 ersatzlos einzustellen. Am 04.11.2009 vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 1 Abs. 5 KSchG. In der Liste sind 136 Arbeitnehmer, auch der Kläger, namentlich aufgeführt. Mit Datum vom 05.11.2009 schloss die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan (Bl. 100-102 d.A.). Dieser lautet - auszugsweise - wie folgt:

3

„§ 2   

Abfindung

…       

2.2. Die Abfindung berechnet sich nach folgender Formel:

(Bruttoentgelt x Betriebszugehörigkeitszeit x Lebensalter) dividiert durch 60

Für die im Außendienst tätigen Arbeitnehmer … wird … das „Bruttoentgelt“ wie folgt pauschaliert:

bei Bezirksleitern: 3.650 EUR

bei Gebietsleitern: 4.450 EUR

        

…       

Maximal beläuft sich die Abfindung auf den Betrag, den der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Anspruchs auf gesetzliche ungekürzte Altersrente brutto verdient hätte.

4

§ 3     

Sonderregelung für rentennahe Arbeitnehmer

        

3.1. Arbeitnehmer, die bei Ausschöpfung des gesetzlich höchstmöglichen Arbeitslosengeldanspruchs nahtlos einen Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, haben keinen Anspruch auf eine Abfindung nach § 2 dieses Sozialplans.

…       

Für Abschläge aus der gesetzlichen Rentenversicherung infolge eines vorzeitigen Bezuges von Altersruhegeld wird eine zusätzliche Abfindung in Höhe von 270 Euro brutto pro 0,1 % Rentenminderung gezahlt. …

…“    

5

§ 4     

Sozialzuschläge

        

Schwerbehinderte Menschen und Gleichgestellte im Sinne des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) erhalten für den Grad der Behinderung bis 50 Prozent zusätzlich zu der Abfindung einen Betrag von 5.000,00 Euro brutto; für jede weiteren 10 Grad der Behinderung steigt der Betrag um 1.000,00 Euro (…).

Für jedes im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Sozialplans auf der Steuerkarte eingetragene unterhaltsberechtigte Kind wird ein zusätzlicher Abfindungsbetrag von 500 Euro gezahlt.

…       

6

§ 6     

Entstehung, Vererblichkeit und Fälligkeit des Abfindungsanspruchs

        

…       

Der Abfindungsanspruch ist fällig am 31. Januar 2010.

Die Fälligkeit ist im Falle der Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder einer Klage gegen die Wirksamkeit einer Beendigungsvereinbarung bis zu einer Klagerücknahme oder einer rechtskräftigen Abweisung der Klage gehemmt.

…“    

7

In der Protokollnotiz zum Sozialplan heißt es u.a.:

8

Die Parteien des Sozialplans vereinbaren verbindlich, dass das Abfindungsvolumen aus beiden Maßnahmen 6,8 Mio. EUR beträgt.

9

Sollte sich nach Abschluss des Interessenausgleichsverfahrens/ Vereinbarung der Namensliste … herausstellen, dass das Abfindungsvolumen von 6,8 Mio. EUR … unterschritten würde, verpflichten sich die Parteien zu einer entsprechenden Anpassung des o.g. Sozialplans mit dem Ziel einer vollständigen Auskehrung des Sozialplanvolumen an die Betroffenen.

10

Gleiches gilt, wenn ein nach derzeitigem Kenntnisstand der in § 3 des Sozialplans enthaltenen „Sonderregelung für rentennahe Arbeitnehmer“ unterfallender Arbeitnehmer nach Vorlage seiner Rentenauskunft wieder aus der Regelung herausfällt und das Sozialplanvolumen von 6,8 Mio. EUR deshalb über-/ unterschritten wird.

11

Im Fall der Nichteinigung entscheidet die Einigungsstelle.
…“

12

Nach Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes mit Bescheid vom 24.03.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 26.03.2010 zum 31.10.2010 betriebsbedingt. Der Kläger hat die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage (Klageantrag zu 1), den Feststellungsantrag auf unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (Klageantrag zu 2) und den Weiterbeschäftigungsantrag (Klageantrag zu 3) in der mündlichen Berufungsverhandlung am 10.03.2011 mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

13

Die Beklagte hat für den Kläger eine Abfindung gemäß § 3 des Sozialplans von € 22.200,00 errechnet (€ 16.200,00 [€ 270,00 x 60 wg. 6 % Rentenminderung] + € 6.000,00 Sozialzuschläge [€ 5.000 wg. Gleichstellung, € 1.000,00 wg. zwei Kindern). Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe eine Abfindung von € 156.695,42 brutto nach § 2 des Sozialplans zu.

14

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.09.2010 (dort Seite 2-7 = Bl. 207-212 d. A.) Bezug genommen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Sonderregelung für rentennahe Arbeitnehmer in § 3 des Sozialplans sei wirksam. Die Regelung trage in zulässiger Weise dem Umstand Rechnung, dass Arbeitnehmer, die bei Ausschöpfung des gesetzlich höchstmöglichen Arbeitslosengeldanspruchs nahtlos eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen könne, weniger schutzbedürftig seien, als solche, die hierfür einen weiteren Zeitraum überbrücken müssen. Auch in Bezug auf die Vorschriften des AGG bestünden nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08 - NZA 2009, 849) keine rechtlichen Bedenken.

16

Das Urteil vom 13.09.2010 ist dem Kläger am 04.10.2010 zugestellt worden. Er hat mit am 07.10.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.01.2011 verlängerten Begründungsfrist am 03.01.2011 begründet.

17

Der Kläger ist der Ansicht, § 3 des Sozialplans diskriminiere ihn wegen seines Alters und verstoße gegen Art. 2 und Art. 6 der Richtlinie 78/2000/EG. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG sei nicht anzuwenden bzw. gemeinschaftsrechtskonform auszulegen. Er werde gemäß § 3 des Sozialplans gezwungen, mit einem Abschlag von 7,2 % (im Juli 2012), mindestens jedoch von 6 % (im November 2012) in vorgezogene Altersrente zu gehen, um überhaupt eine Abfindung zu erhalten. Dies stelle nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Andersen (Urteil vom 12.10.2010 - C 499/08 - NZA 2010, 1341) eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters dar. Auch nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 23.03.2010 - 1 AZR 832/08 - NZA 2010, 774) sei die Sozialplanregelung der Beklagten unwirksam. Die Differenz zwischen den Abfindungen nach § 2 und § 3 des Sozialplans betrage in seinem Fall € 134.495,00 brutto. Diese Kürzung benachteilige ältere Arbeitnehmer bei einer typisierenden Betrachtungsweise unangemessen. Bei einer monatlichen Durchschnittsrente von statistisch € 987,00 seien Altersrentner sozial nicht abgesichert, insbesondere wenn sie mit lebenslangen Abschlägen in Rente gehen müssten. Bei einer hohen Ehescheidungsquote reduziere sich - in Westdeutschland in der Regel bei Männern - das Rentenkonto durch den Versorgungsausgleich erheblich. Die Annahme des BAG, Rentner seien per se sozial abgesichert, sei nur noch ein „frommer Wunsch“. Seine Einbußen seien erheblich. Die Differenz zwischen dem Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.662,00 (vom 01.11.2010 bis 30.10.2012) und seinem Einkommen bei der Beklagten betrage monatlich € 905,43 netto. Bei Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente sei die Differenz noch höher. Er werde nur eine niedrige Sozialversicherungsrente von monatlich ca. € 1.000,00 beziehen, weil nach jeder Scheidung ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei.

18

Rein vorsorglich stütze er den Zahlungsanspruch sowohl auf einen Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG, als auch auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB.

19

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass das vereinbarte Sozialplanvolumen von € 6,8 Mio. nicht ausreiche, um den rentennahen Arbeitnehmern eine Abfindung nach der in § 2 des Sozialplans vereinbarten Formel zu zahlen. Sie habe - trotz mehrerer Gerichtsverfahren - Abfindungen an die unter § 2 des Sozialplans fallenden Arbeitnehmer gezahlt und sogar den Härtefonds ohne Vorbehalt ausgekehrt. Wer sich so verhalte, könne sich nicht darauf berufen, dass das Sozialplanvolumen nicht ausreiche. Aufgrund der Auszahlung der Abfindungen, die die Beklagte nicht zurückfordern könne, sei wohl auch keine Neuverteilung der € 6,8 Mio. möglich. Ihm sei unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmern, die ihre Abfindung bereits erhalten hätten, die Abfindung ebenfalls zuzusprechen; zumindest unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Nur so bestehe ein ausreichender Anreiz für die Beklagte, eine Änderung des Sozialplans herbeizuführen. Sollte das Gericht der Argumentation der Beklagten folgen, ergäbe sich ein Anspruch auf Ergänzung der Protokollnotiz des Sozialplans vom 05.11.2009, wo eine Verhandlungsverpflichtung festgehalten worden sei. Sollte er eine Änderung des Sozialplans nicht erzwingen können, wäre dem hilfsweisen Klageanspruch auch daher stattzugeben, zumindest dem Vorbehaltsantrag. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 03.01.2011 (Bl. 261-279 d. A.), vom 25.02.2011 (Bl. 353-356 d.A.) und vom 28.02.2011 (Bl. 369-379 d.A.) Bezug genommen.

20

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich zuletzt,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.09.2010, Az.: 4 Ca 665/10, abzuändern und

22

4.1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 156.695,42 brutto Sozialplanabfindung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2010 zu zahlen,

23

hilfsweise hierzu: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn im Falle der rechtskräftigen Abweisung des Klageantrages zu 1) (hilfsweise der Klageanträge zu 1 bis 3) € 156.695,42 brutto Sozialplanabfindung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2010 zu zahlen,

24

4.2. hilfsweise zu 4.1. a) und b):

25

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 156.695,42 brutto Sozialplanabfindung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2010 unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen,

26

hilfsweise hierzu: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger im Falle der rechtskräftigen Abweisung des Klageantrages zu 1), (hilfsweise der Klageanträge zu 1 bis 3) € 156.695,42 brutto Sozialplanabfindung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.02.2010 unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen,

27

hilfsweise hierzu:

28

die Beklagte zu verurteilen, mit dem Betriebsrat Verhandlungen über die Änderungen des Sozialplanes vom 05.11.2009 unverzüglich aufzunehmen und bei Nichteinigung unverzüglich die Einigungsstelle anzurufen.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
die in zweiter Instanz erweiterte Klage abzuweisen.

31

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 04.02.2011 (Bl. 329-347 d.A.) und des Schriftsatzes vom 07.03.2011 (Bl. 385-387 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Der Kläger könne keine erhöhte Abfindung beanspruchen. Die Abfindungsregelung für rentennahe Arbeitnehmer in § 3 des Sozialplans verstoße weder gegen das AGG noch gegen die Richtlinie 2000/78/EG. Die streitgegenständliche Regelung genüge auch den Anforderungen der BAG-Entscheidung vom 23.03.2010 (1 AZR 832/08 - NZA 2010, 774). Der Betrag von € 16.200,00 (ohne Sozialzuschläge) würde die Rentenminderung wegen vorgezogener Inanspruchnahme für mehr als 15 Jahre abdecken. Auch die EuGH-Entscheidung vom 12.10.2010 (C 499/08 - NZA 2010, 1341) führe nicht zur Unwirksamkeit der vorliegenden Regelung für rentennahe Arbeitnehmer.

32

Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit des § 3 des Sozialplans bestünde der geltend gemachte Zahlungsanspruch jedenfalls zur Zeit nicht, weil die Mehrkosten, die mit einer Anwendung der in § 2 des Sozialplans enthaltenen allgemeinen Abfindungsformel auf die Gruppe der rentennahen Arbeitnehmer entstünden, für sie nicht mehr hinnehmbar seien. Das bei Anwendung des § 3 des Sozialplans auf die Gesamtheit der 30 rentennahen Arbeitnehmer entfallende Abfindungsvolumen betrage € 803.400,00. Es würde sich auf € 2.376.569,00 erhöhen, also um einen Betrag von ca. € 1,57 Mio., wenn man auf diese Personengruppe die Abfindungsformel des § 2 des Sozialplans anwenden müsste. Die Parteien des Sozialplans seien - wie sich aus Ziffer 3.2. der Protokollnotiz ergebe - übereinstimmend von einem Sozialplanvolumen von 6,8 Mio. ausgegangen. Eine Steigerung des Sozialplanvolumens um ca. 23,1 % sei nicht mehr hinnehmbar. Ggf. wären die Betriebspartner verpflichtet, den wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage insgesamt unwirksamen Sozialplan neu zu verhandeln.

33

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

35

Der Kläger hat in der Berufungsinstanz mit seinen neu gestellten Hilfsklageanträgen neue Streitgegenstände in den Prozess eingeführt. Hierin liegt eine nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung, die wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln ist (BAG Beschluss vom 11.04.2006 - 9 AZN 892/05 - AP Nr. 1 zu § 533 ZPO; BGH Urteil vom 27.09.2006 - VIII ZR 19/04 - NJW 2007, 2414). Nach § 533 ZPO, der gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren Anwendung findet, ist eine Klageänderung in der Berufungsinstanz zulässig, wenn (1.) der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und (2.) diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte hat in die Klageänderung ausdrücklich eingewilligt. Die für die Hilfsanträge maßgebenden Tatsachen machen nicht die Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffs erforderlich. Die neu in den Rechtsstreit eingeführten Hilfsanträge stellen einen selbständigen Angriff dar. Sie unterliegen nicht der Bestimmung über die Zulassung verspäteter Angriffsmittel nach § 67 ArbGG.

II.

36

In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg. Die zweitinstanzlichen Hilfsanträge sind abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, die den von der Beklagten errechneten Betrag von € 22.200,00 brutto übersteigt. Er hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte mit dem Betriebsrat Verhandlungen über eine Änderung des Sozialplans vom 05.11.2009 aufnimmt.

37

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von € 156.695,42 brutto zu zahlen. Der nach Rücknahme der Klageanträge zu 1) bis 3) (Kündigungsschutz-, allgemeiner Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsantrag) nunmehr als Hauptantrag gestellte Zahlungsantrag zu 4.1. a) ist unbegründet.

38

Die Beklagte hat die sich aus dem Sozialplan vom 05.11.2009 ergebenden Ansprüche des Klägers zutreffend mit € 22.200,00 errechnet. Der Kläger hat nach § 3 des Sozialplans einen Anspruch auf € 16.200,00. Hinzu kommen nach § 4 des Sozialplans weitere € 5000,00 als Ausgleich für den festgestellten Grad der Behinderung von 30 sowie € 1.000,00 für zwei unterhaltsberechtigte Kinder, die auf der Lohnsteuerkarte eingetragen waren. Der Kläger kann nach § 127 Abs. 2 SGB III 24 Monate Arbeitslosengeld I (vom 01.11.2010 bis 31.10.2012) beanspruchen. Ab dem 01.11.2012 erfüllt er die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 SGB VI. Die Inanspruchnahme dieser Rente führt zu einer Minderung der Rente um 6 % (20 Monate x 0,3 %). Wegen dieser Minderung besteht nach § 3 des Sozialplans ein Anspruch auf Zahlung von € 270,00 pro 0,1 %; mithin € 16.200,00 (€ 270,00 x 60).

39

Der Kläger hat keinen weitergehenden Abfindungsanspruch. Die Sonderregelung in § 3 des Sozialplans für rentennahe Arbeitnehmer verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

40

Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG können die Betriebsparteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen, in der sie die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigen, oder auch Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausschließen, weil diese, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld I, rentenberechtigt sind. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen.

41

Das BAG hat mit Urteil vom 26.05.2009 (1 AZR 198/08 - NZA 2009, 849) festgestellt, dass eine Abfindungsregelung in einem Sozialplan, die zwischen „rentenfernen“ und „rentennahen“ Jahrgängen differenziert, durch § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gedeckt ist und auch nicht gegen die Richtlinie 2007/78/EG verstößt. Das BAG hat sich ausführlich mit Fragen der Diskriminierung wegen des Alters beschäftigt und u.a. ausgeführt:

42

„Rn. 48 Die Vorschrift [§ 10 Satz 3 Nr. 6 AGG] ist auch insoweit gemeinschaftsrechtskonform, als sie den Ausschluss von Sozialplanleistungen ermöglicht, wenn Arbeitnehmer, gegebenenfalls nach dem Bezug von Arbeitslosengeld, gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen können.

43

Rn. 49 Die gesetzliche Regelung ist auch in dieser Hinsicht mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar. Die Differenzierung zwischen „rentenfernen“ und „rentennahen“ Jahrgängen ist i.S.v. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG objektiv und angemessen und im Rahmen des deutschen Rechts durch ein legitimes sozialpolitisches Ziel gerechtfertigt. Auch das Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist angemessen und erforderlich. Der deutsche Gesetzgeber verfolgt auch mit dieser Regelung das im Allgemeininteresse liegende sozialpolitische Ziel, den Betriebsparteien zu ermöglichen, Sozialplanleistungen an den wirtschaftlichen Nachteilen zu orientieren, die den Arbeitnehmern drohen, die durch eine Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz verlieren. Diese Nachteile sind bei Arbeitnehmern, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach dem Bezug von Arbeitslosengeld, gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen können, geringer als bei den von längerer Arbeitslosigkeit bedrohten „rentenfernen“ Arbeitnehmern (vgl. dazu zuletzt BAG 30.09.2008 - 1 AZR 684/07 - Rn. 38 m.w.N - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 197; BAG 20.01.2009 - 1 AZR 740/07 - Rn. 17, 25 m.w.N - NZA 2009, 495). Es ist ein legitimes Ziel, diesem Umstand durch differenzierte Sozialplanleistungen Rechnung tragen zu können. Dazu ist es angemessen und erforderlich, den Betriebsparteien entsprechende Sozialplangestaltungen zu ermöglichen. Durch die Reduzierung der Sozialplanabfindungen bei rentennahem Ausscheiden ist es möglich, im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit das weitere Anwachsen der Abfindungen trotz abnehmender Schutzbedürftigkeit zu korrigieren.“

44

Dem ist nichts hinzuzufügen. Das BAG hat in der Entscheidung vom 26.05.2009 einen vollständigen Ausschluss von Sozialplanleistungen bei „rentennahen“ Arbeitnehmern für möglich gehalten. Das BAG hat seine Rechtsprechung mit Urteil vom 23.03.2010 (1 AZR 832/08 - NZA 2010, 774) im Wesentlichen bestätigt und u.a. ausgeführt:

45

„Rn. 20 „§ 10 Satz 3 Nr. 6 AGG ermöglicht danach den Betriebsparteien unter den dort bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung in einem Sozialplan. Die Vorschrift bestimmt aber nur das legitime Ziel i.S.v. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG und eröffnet den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum. Dessen Ausgestaltung unterliegt noch einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung nach §10 Satz 2 AGG. Die von den Betriebsparteien gewählte Sozialplangestaltung muss geeignet sein, das mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel tatsächlich zu fördern und darf die Interessen der benachteiligten (Alters-)Gruppe nicht unverhältnismäßig stark vernachlässigen.“

46

Unter Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Fall, haben die Betriebsparteien die Interessen der „rentennahen“ Altersgruppe, der der (am 10.06.1949 geborene) Kläger angehört, im Sozialplan vom 05.11.2009 nicht unverhältnismäßig stark vernachlässigt, wie die Berufung meint. Der Kläger erhält zusätzlich zu den Sozialzuschlägen von € 6.000,00 eine Abfindung von € 16.200,00. Dass der Kläger wegen zwei Scheidungen - trotz einer besonders langjährigen Rentenversicherung von über 45 Jahren - nur eine relativ geringe Altersrente von ca. € 1.000,00 monatlich beziehen wird, macht die Regelung in § 3 des Sozialplans nicht unverhältnismäßig. Auf die konkrete wirtschaftliche Absicherung des Klägers, dessen persönliche Rente sich durch zwei Versorgungsausgleiche verringert, kommt es nicht an. Mit den Vorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung und ihre Ausgestaltung hat der Gesetzgeber ein geeignetes Altersversorgungssystem für Arbeitnehmer geschaffen, das nach ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ihren Lebensunterhalt sicherstellt. Durch die von beiden Arbeitsvertragsparteien entrichteten Beiträge erwerben die Arbeitnehmer eine Altersrente, die ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage nach Wegfall des Arbeitseinkommens bilden soll. Die Höhe der sich im Einzelfall aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Ansprüche ist für die Wirksamkeit eines Sozialplans ohne Bedeutung (vgl. zur Altersbefristung: BAG Urteil vom 18.06.2008 - 7 AZR 116/07 - Rn. 26 - NZA 2008, 1302). Der EuGH hat in seiner Entscheidung in der Rechtssache Rosenbladt vom 12.10.2010 (C 45/09 - NZA 2010, 1167) erkannt, dass die gesetzliche Altersrente (der seit 39 Jahren teilzeitbeschäftigten Reinigungskraft) von monatlich ca. € 250,00 für ihren Lebensunterhalt völlig unzureichend ist, die fragliche Regelung jedoch gleichwohl für angemessen erachtet.

47

Eine Abweichung von der Rechtsprechung des BAG ist nicht durch die vom Kläger in der Berufung zitierte Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Andersen vom 12.10.2010 (C 499/08 - NZA 2010, 1341) veranlasst. In dieser Rechtssache ging es um eine Vorschrift nach dänischem Recht, die bei einer Kündigung nach einer Betriebszugehörigkeit von 12, 15 oder 18 Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung von 1, 2 bzw. 3 Monatsgehältern vorsieht, die ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, eine von seinem Arbeitgeber finanzierte Rente zu beziehen. Diese Entscheidung ist nicht auf die Regelung des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG für Sozialpläne übertragbar. Die Berufungskammer folgt der Ansicht von Rolfs (BB 2010, 2894-2896), der ausführt, dass es bei einem Sozialplan gilt, ein begrenztes Volumen zu verteilen. Die Betriebsparteien müssen die zur Verfügung stehenden Mittel im Hinblick auf den Ausgleich künftiger Nachteile der Arbeitnehmer, die von der Betriebsänderung betroffen sind, optimieren und darauf achten, dass keine Gruppe übermäßig bevorzugt wird (Verteilungsgerechtigkeit). Erhöhen sich die Abfindungen für ältere Arbeitnehmer, weil ein möglicher Rentenbezug nicht mehr berücksichtigt würde, hat dies einen nachhaltigen Effekt für jüngere Arbeitnehmer, für die die Rente noch in weiter Ferne liegt. Die Betriebspartner können deshalb zwischen „rentennahen“ und „rentenfernen“ Jahrgängen differenzieren. Vorliegend werden die Nachteile, die der Kläger durch den vorzeitigen Bezug der Altersrente erleidet, durch die Abfindung von € 16.200,00 (ohne Sozialzuschläge von zusätzlich € 6.000,00) ausreichend gemildert.

48

2. Der Kläger kann sein Begehren auf Zahlung von € 156.695,42 (brutto) nicht auf § 826 BGB stützen. Nach § 826 BGB ist derjenige dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise dem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. Für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten fehlt jedweder Anhaltspunkt. Der Kläger kann einen Anspruch auf eine höhere Abfindung auch nicht aus § 113 BetrVG herleiten. Ein Nachteilsausgleich ist zu zahlen, wenn der Arbeitgeber ohne zwingenden Grund von einem Interessenausgleich abweicht (Abs. 1) oder einen Interessenausgleich nicht ausreichend versucht (Abs. 3). Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor.

49

3. Der Hilfsantrag zu 4.1. b) auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn im Falle der rechtskräftigen Abweisung des Klageantrages zu 1) (hilfsweise der Klageanträge zu 1 bis 3) € 156.695,42 brutto Sozialplanabfindung nebst Zinsen zu zahlen, ist unzulässig.

50

Der Kläger hat die Kündigungsschutzklage (Klageantrag zu 1) sowie die Klageanträge zu 2) bis 3) mit Zustimmung der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung am 10.03.2011 zurückgenommen. Der Zahlungsantrag zu 4.1. a) ist demzufolge Hauptantrag. Für den Feststellungsantrag zu 4.1. b) fehlt das Feststellungsinteresse. Dieser Antrag ist auch nicht als Zwischenfeststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Die begehrte Feststellung müsste sich auf einen Gegenstand beziehen, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Zahlungsantrags zu 4.1. a hinausgeht. Für eine Zwischenfeststellungsklage ist kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rn. 26). Letzteres ist vorliegend der Fall.

51

4. Der Hilfsantrag zu 4.2. a) ist unbegründet. Der Hilfsantrag zu 4.2. b.) unzulässig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger eine Sozialplanabfindung „unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ zu zahlen. Hierfür besteht keine Anspruchsgrundlage.

52

Nach Ziffer 6.2. des Sozialplans ist die Abfindung im Fall der Erhebung der Kündigungsschutzklage bis zu einer Klagerücknahme oder einer rechtskräftigen Abweisung der Klage gehemmt. Nach der Rechtsprechung des BAG, der die Berufungskammer folgt, ist es sachlich gerechtfertigt, die Fälligkeit des Sozialplananspruchs bis zum Abschluss eines etwaigen Kündigungsschutzprozesses hinauszuschieben (vgl. BAG Urteil vom 31.05.2005 - 1 AZR 254/04 - Rn. 21 - NZA 2005, 997; m.w.N.). Der Kläger hat die Kündigungsschutzklage am 10.03.2011 mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen. Die Abfindung (in Höhe von € 22.200,00) wurde deshalb erst im Laufe des 10.03.2011 zur Zahlung fällig. Der Kläger konnte zuvor keine Abfindung „unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ beanspruchen. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verpflichtet, an ihn eine Abfindung „unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ zu zahlen, weil andere Arbeitnehmer, ihre Abfindung bereits erhalten haben. Die anderen Arbeitnehmer haben entweder keine Kündigungsschutzklage erhoben oder die Klage zurückgenommen, so dass ihre Abfindung fällig war. Etwas anderes behauptet der Kläger selbst nicht. Für die Vorstellung des Klägers, durch eine Verurteilung der Beklagten, ihm eine Abfindung von € 156.695,42 „unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ zu zahlen, könne ein „ausreichender Anreiz“ geschaffen werden, um die Beklagte zu einer Änderung des Sozialplans zu veranlassen, fehlt jedwede Anspruchsgrundlage.

53

5. Der (unnummerierte) weitere Hilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, mit dem Betriebsrat Verhandlungen über die Änderungen des Sozialplanes vom 05.11.2009 unverzüglich aufzunehmen und bei Nichteinigung unverzüglich die Einigungsstelle anzurufen, ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Beklagte mit dem Betriebsrat derartige Verhandlungen aufnimmt und führt. Ein Anspruch folgt auch nicht aus der Protokollnotiz zum Sozialplan. Ein Verhandlungsanspruch steht - unter den geregelten Voraussetzungen - dem Betriebsrat zu, nicht dem einzelnen Arbeitnehmer, der eine Bestimmung des Sozialplans für unwirksam hält. Dessen ungeachtet ist die Sonderregelung für rentennahe Arbeitnehmer in § 3 des Sozialplans - wie oben ausgeführt - nicht unwirksam, so dass kein Fall vorliegt, der zur Überschreitung des Sozialplanvolumens von € 6,8 Mio. führen könnte.

III.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

55

Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen, soweit der Klageantrag zu 4.1. a) auf Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von € 156.695,42 brutto abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. März 2011 - 10 Sa 547/10

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. August 2008 - 10 Sa 573/08 - wird zurückgewiesen.

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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. August 2008 - 10 Sa 573/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sozialplanabfindung.

2

Der im Juli 1946 geborene Kläger war vom 24. Mai 1965 bis zum 30. November 2007 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 3.160,39 Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten wegen einer Betriebsstilllegung.

3

Die Beklagte und der Betriebsrat schlossen am 23. März 2007 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan für die von der Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmer. Nach Ziff. 2 des Interessenausgleichs sollten deren Arbeitsverhältnisse durch eine nach dem 1. April 2007 ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen und einzelvertraglichen Fristen oder durch Aufhebungsvertrag beendet werden. Der Sozialplan enthält unter Ziff. 3 Buchst. c und d folgende Regelungen:

        

c)     

Abfindungsformel

                 

Anspruchsberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben einen Anspruch auf eine individuell berechnete Abfindung, die sich nach der folgenden Formel berechnet:

                 

Lebensalter x Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsentgelt

                 

X       

                 

Der Faktor ‚X’ wird wie folgt bestimmt:

                 

Die Gesellschaft stellt für diesen Sozialplan eine Summe zur Verfügung, welche die Einigungsstelle durch Spruch festlegen soll.

                 

Die Betriebspartner legen gemeinsam die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fest, welche nach den Regeln dieses Sozialplans anspruchsberechtigt sind.

                 

Danach errechnen sie gemeinsam die Summe der Zahlungen nach Ziffer 3 e dieses Sozialplans.

                 

Diese Summe ziehen sie von der durch Spruch der Einigungsstelle festgesetzten Gesamtdotierung ab und errechnen sodann gemeinsam den sich nunmehr ergebenden Divisor bis zur ersten Stelle hinter dem Komma, wobei die zweite Stelle kaufmännisch auf- oder abgerundet wird. Danach wird diese Zahl in die obige Formel anstelle des Buchstabens ,X’ eingesetzt.

                 

…       

        

d)       

Abfindung für ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bei außerordentlicher Eigenkündigung

                 

Die Abfindung nach Ziffer 3c vermindert sich für Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen nach Vollendung des 60. Lebensjahres für jeden weiteren Monat um 1/60stel. Stichtag ist der letzte Tag des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses.

                 

…“   

4

Der Gesamtbetrag für die Abfindungen wurde durch einen Spruch der Einigungsstelle auf 4,55 Mio. Euro festgesetzt.

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger, der zum Zeitpunkt seines Ausscheidens 61 Jahre und 5 Monate alt war, einen Abfindungsbetrag von 113.017,66 Euro. Der sich aus der Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ergebende Kürzungsbetrag betrug beim Kläger rechnerisch 43.495,36 Euro.

6

Mit der am 29. November 2007 erhobenen Klage hat der Kläger eine weitere Abfindung in Höhe des Kürzungsbetrags begehrt. Er hat gemeint, die Regelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans sei unwirksam, da sie eine unzulässige Ungleichbehandlung aufgrund des Alters enthalte.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.495,49 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte weitere Abfindungsanspruch nicht zu.

11

I. Die Beklagte hat die sich aus dem Sozialplan vom 23. März 2007 ergebenden Ansprüche des Klägers erfüllt. Seine Abfindung beträgt nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans 153.513,02 Euro. Hinzu kommen weitere 3.000,00 Euro als Ausgleich für den beim Kläger festgestellten Grad der Behinderung. Nach der für ältere Arbeitnehmer geltenden Kürzungsbestimmung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ermäßigt sich die Abfindung um 43.495,36 Euro auf 113.017,66 Euro. Diesen Betrag hat der Kläger erhalten.

12

II. Der Kläger hat keinen weitergehenden Abfindungsanspruch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz(§ 75 Abs. 1 BetrVG). Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans, der eine Kürzung der nach Ziff. 3 Buchst. c berechneten Sozialplanansprüche von Arbeitnehmern vorsieht, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist wirksam. Die unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung dieser Arbeitnehmergruppe ist nach § 10 Satz 3 Nr. 6, Satz 2 AGG in der ab dem 12. Dezember 2006 geltenden Fassung zulässig.

13

1. Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Diese sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind.

14

a) Arbeitgeber und Betriebsrat haben nach § 75 Abs. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in der Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote in § 75 Abs. 1 BetrVG übernommen. Die unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen aus einem in § 1 AGG genannten Grund ist daher nur unter den im AGG normierten Voraussetzungen zulässig. Sind diese erfüllt, ist auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt.

15

b) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung kann aber nach § 10 AGG unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig sein. § 10 Satz 1 und 2 AGG gestatten die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und wenn die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

16

c) Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG können die Betriebsparteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen, in der sie die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigen, oder auch Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausschließen, weil diese, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld I, rentenberechtigt sind. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen.

17

aa) Die den Betriebsparteien in § 10 Satz 3 Nr. 6 2. Alt. AGG eingeräumte Möglichkeit, ältere Arbeitnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen von Sozialplanleistungen auszuschließen, verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union. Die nationale Regelung ist iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(Richtlinie 2000/78/EG) durch ein im Allgemeininteresse liegendes sozialpolitisches Ziel des deutschen Gesetzgebers gerechtfertigt. Dieser wollte es den Betriebsparteien entsprechend dem zukunftsgerichteten Entschädigungscharakter von Sozialplanleistungen ermöglichen, diese bei „rentennahen“ Arbeitnehmern stärker an den tatsächlich eintretenden wirtschaftlichen Nachteilen zu orientieren, die ihnen durch den bevorstehenden Arbeitsplatzverlust und eine darauf zurückgehende Arbeitslosigkeit drohen. Durch diese Gestaltungsmöglichkeit kann das Anwachsen der Abfindungshöhe, das mit der Verwendung der Parameter Betriebszugehörigkeit und/oder Lebensalter bei der Bemessung der Abfindung zwangsläufig verbunden ist, bei abnehmender Schutzbedürftigkeit im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit begrenzt werden ( vgl. dazu die ausführliche Begründung in BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 33 bis 40 sowie Rn. 48 f., AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31).

18

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats sind die zur Beurteilung der Zulässigkeit von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG heranzuziehenden Grundsätze zum Verständnis und zur Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG offenkundig, jedenfalls aber durch die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs(22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Slg. 2005, I-9981; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Slg. 2007, I-8531; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] NZA 2009, 305) geklärt, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EGV(nunmehr: Art. 267 Abs. 3 AEUV) nicht geboten ist (26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 41, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB veranlasst(19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] NZA 2010, 85). In dieser Entscheidung hat der Gerichtshof lediglich seine vom Senat bereits berücksichtigten Grundsätze zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen wegen des Alters auf die Regelung in § 622 Abs. 2 BGB fallbezogen angewandt(19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 33 bis 43, aaO).

19

d) § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erfasst nach seinem Wortlaut nur den Ausschluss von älteren Arbeitnehmern, die entweder unmittelbar nach dem Ausscheiden oder im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Bezug einer Altersrente wirtschaftlich abgesichert sind. Die Vorschrift ist gleichermaßen anwendbar, wenn die betroffenen Arbeitnehmer zwar nicht unmittelbar nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I rentenberechtigt sind, die Abfindung aber ausreichend bemessen ist, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die sie in der Zeit nach der Erfüllung ihres Arbeitslosengeldanspruchs bis zum frühestmöglichen Bezug einer Altersrente erleiden. Dies ist stets der Fall, wenn die Abfindungshöhe für diesen Zeitraum den Betrag der zuletzt bezogenen Arbeitsvergütung erreicht. Die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer sind dann wirtschaftlich so gestellt, als wäre das Arbeitsverhältnis bis zu dem Zeitpunkt fortgesetzt worden, in dem sie nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Altersrente beziehen können.

20

e) § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG ermöglicht danach den Betriebsparteien unter den dort bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung in einem Sozialplan. Die Vorschrift bestimmt aber nur das legitime Ziel iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG und eröffnet den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum. Dessen Ausgestaltung unterliegt noch einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 10 Satz 2 AGG. Die von den Betriebsparteien gewählte Sozialplangestaltung muss geeignet sein, das mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel tatsächlich zu fördern und darf die Interessen der benachteiligten (Alters-)Gruppe nicht unverhältnismäßig stark vernachlässigen.

21

2. Danach verstößt die Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans nicht gegen das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG.

22

a) Die Regelungen des Sozialplans vom 23. März 2007 sind nach dem am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG idF des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006(BGBl. I S. 2742) und nach § 75 Abs. 1 BetrVG in der seit dem 18. August 2006 geltenden Fassung zu beurteilen.

23

b) Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans führt zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung. Von der Kürzung der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans berechneten Abfindung sind nur Arbeitnehmer betroffen, die zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse das 60. Lebensjahr vollendet haben.

24

c) Die Voraussetzungen des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG liegen vor.

25

aa) Nach Ziff. 2 des Interessenausgleichs vom 23. März 2007 konnte die Beklagte betriebsbedingte Kündigungen erst nach dem 1. April 2007 aussprechen. Unter Berücksichtigung der längsten gesetzlichen Kündigungsfrist hätte eine solche Kündigung die in Betracht kommenden Arbeitsverhältnisse zum Ablauf des 30. November 2007 beendet. Von der Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans waren danach nur Arbeitnehmer betroffen, die im November 1947 oder früher geboren worden sind.

26

bb) Die bis einschließlich Juni 1947 geborenen Arbeitnehmer, zu denen auch der Kläger zählt, konnten bei einem Ausscheiden am 30. November 2007 nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beziehen. Nach § 237 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI iVm. der Anlage 19 liegt das Alter für die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente für bis zum Juni 1947 geborene Personen bei 61 Jahren und 6 Monaten oder darunter. Bis zum Erreichen des frühestmöglichen Renteneintrittsalters war diese Arbeitnehmergruppe durch den Bezug von Arbeitslosengeld I abgesichert. Die Anspruchsdauer für Arbeitslose, die bei der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld das 55. Lebensjahr vollendet hatten, betrug nach einer Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses von 36 Monaten 18 Monate(§ 127 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 SGB III idF des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 [BGBI. I S. 3002]).

27

cc) Die zwischen Juli und November 1947 geborenen Arbeitnehmer konnten eine vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zwar erst mit 61 Jahren und sieben bzw. elf Monaten in Anspruch nehmen. Ihre Einbeziehung in die Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ist aber gleichermaßen nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG zulässig. Die Betriebsparteien konnten nach der Berechnungsformel für die Abfindungen, die sich an den Faktoren Betriebszugehörigkeit, Lebensalter sowie Bruttomonatsverdienst orientiert, und dem von der Einigungsstelle festgesetzten Sozialplanvolumen davon ausgehen, dass die für diese Beschäftigtengruppe zur Verfügung stehenden Abfindungsbeträge ausreichend bemessen waren, um die wirtschaftlichen Nachteile, die diese nach dem Bezug des Arbeitslosengeldes I und der vorzeitigen Inanspruchnahmemöglichkeit einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erleiden würden, vollständig auszugleichen. Die Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters führte zu einem überproportionalen Ansteigen der Abfindungshöhe bei älteren Arbeitnehmern mit längerer Betriebszugehörigkeit. Überdies mussten die nach dem Juni 1947 geborenen und von der Kürzungsregelung betroffenen Arbeitnehmer lediglich einen Abschlag zwischen 1/60 und 5/60 von der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans ermittelten Abfindung hinnehmen.

28

d) Die Kürzungsregelung in § 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ist angemessen und erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG.

29

aa) Nach der Senatsrechtsprechung haben Sozialpläne eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Geldleistungen in Form einer Abfindung stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern. Die Betriebsparteien können diese Nachteile aufgrund ihres Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums in typisierter und pauschalierter Form ausgleichen(26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Dazu können sie die übermäßige Begünstigung, die ältere Beschäftigte mit langjähriger Betriebszugehörigkeit bei einer am Lebensalter und an der Betriebszugehörigkeit orientierten Abfindungsberechnung erfahren, durch eine Kürzung für rentennahe Jahrgänge zurückführen, um eine aus Sicht der Betriebsparteien verteilungsgerechte Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Betriebsänderung zu ermöglichen.

30

bb) Die in Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans vereinbarte Abfindungsformel führt zu einer überproportionalen Begünstigung von älteren Arbeitnehmern mit längeren Beschäftigungszeiten. Eine Kürzung der mit dem Alter und der Betriebszugehörigkeit ansteigenden Abfindungsbeträge war aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit geboten. Bei den rentennahen Jahrgängen war absehbar, dass diese bei fortbestehender Arbeitslosigkeit nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Bezug einer vorgezogenen Altersrente weitgehend wirtschaftlich abgesichert waren. Von einer vergleichbaren Absicherung konnten die Betriebsparteien bei den rentenfernen Jahrgängen nicht ausgehen. Entgegen der Auffassung des Klägers hält es sich auch im Rahmen des den Betriebsparteien zustehenden Gestaltungsspielraums, wenn sie die Abfindung nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans bei Arbeitnehmern, die im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen, nicht gleichermaßen einer Kürzung unterworfen haben. Denn auch dieser Personenkreis verliert seine bisherige kündigungsschutzrechtliche Stellung und gehört bei künftigen Personalreduzierungen regelmäßig zu den Arbeitnehmern, die wegen ihrer kurzen Betriebszugehörigkeit vorrangig entlassen werden.

31

cc) Die Interessen der älteren Arbeitnehmer sind bei der Ausgestaltung der Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans genügend beachtet worden. Die Betriebsparteien haben die über 59-jährigen Arbeitnehmer nicht von Sozialplanleistungen ausgeschlossen, sondern nur Abschläge von der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans berechneten Abfindung vorgesehen. Sie haben keinen Systemwechsel bei der Bemessung der Sozialplanabfindung vorgenommen und die mit Stichtagsregelungen regelmäßig verbundenen Härten weitgehend vermieden. Die Kürzungsregelung orientiert sich entsprechend dem von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgten Zweck an dem Zeitpunkt, in dem die entlassenen Arbeitnehmer eine Regelaltersrente(§ 35 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 [BGBl. I S. 754]) beanspruchen können, durch deren Bezug sie wirtschaftlich abgesichert sind. Die Abschläge betragen 1/60 für jeden Monat nach der Vollendung des 60. Lebensjahres, so dass nur Arbeitnehmer, die im Monat ihres Ausscheidens das 65. Lebensjahr vollenden, keine Abfindung erhalten. Die wirtschaftlichen Nachteile der übrigen von der Kürzungsregelung betroffenen Arbeitnehmer werden aufgrund ihrer überproportionalen Begünstigung durch die verwandte Abfindungsformel und der moderat bemessenen Abschläge durch den Sozialplan in nicht zu beanstandender Weise abgemildert oder im Einzelfall sogar vollständig ausgeglichen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Münzer    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 19/04 Verkündet am:
27. September 2006
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Mit dem in § 533 Nr. 1 ZPO bestimmten Merkmal der Sachdienlichkeit einer Klageänderung
in der Berufungsinstanz ist die entsprechende Zulassungsschranke der §§ 523,
263 ZPO in der bis zum 31. Januar 2001 geltenden Fassung unverändert in das neue
Berufungsrecht übernommen worden.
Zu den Tatsachen, auf die gemäß § 533 Nr. 2 ZPO eine Klageänderung gestützt werden
kann, weil sie das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die
Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, gehören auch solche, die
bereits in erster Instanz vorgetragen waren, von dem erstinstanzlichen Gericht aber als
unerheblich beurteilt worden sind und deshalb im Urteilstatbestand keine Erwähnung
gefunden haben; kommt es aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts
aufgrund der Klageänderung auf diese Tatsachen an, bestehen erhebliche Zweifel an
der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht
nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen
und verpflichten (im Anschluss an BGH, Urteil vom 19. März 2004 – V ZR 104/03,
BGHZ 158, 295, 309 f.).

b) Das Gericht verletzt seine Hinweispflicht aus § 139 Abs. 2 ZPO, wenn es ohne vorherigen
Hinweis eine Klage mangels Aktivlegitimation des Klägers abweist, nachdem es
zuvor durch eine Beweisaufnahme zu erkennen gegeben hat, dass es die Klage für
schlüssig hält.
BGH, Urteil vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Wolst sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Dezember 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte bot im November 1999 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 550 Ölgemälde aus dem 18. bis 20. Jahrhundert für 280.000 DM zum Kauf an. Am 3. Dezember 1999 schlossen der Zeuge F. – der Ehemann der Klägerin – und der Beklagte einen entsprechenden Kaufvertrag. Bei der Übergabe der Bilder am 9. Dezember 1999 wurde der Vertrag auf Veranlassung des Zeugen F. von den Beteiligten ohne Wissen der Klägerin auf diese als Käuferin umgeschrieben. Am selben Tag beglich der Zeuge F. auch den Kaufpreis – ob vollständig oder nur teilweise ist streitig – mit Mitteln, die er zuvor von der Klägerin als Darlehen erhalten hatte.
2
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von 280.000 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe von 433 Bildern, die der Beklagte dem Zeugen F. nach ihrem Vortrag nur übergeben hat. Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Klägerin Ansprüche auch aus abgetretenem Recht des Zeugen F. geltend gemacht und die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der 433 Bilder in Annahmeverzug befinde. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr zweitinstanzliches Begehren nur noch aus abgetretenem Recht des Zeugen F. weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
4
Es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass es sich bei der Zahlung des Kaufpreises um eine Leistung der Klägerin im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB gehandelt habe, weil aus der maßgeblichen Sicht des Beklagten eine solche nur gegeben sei, wenn die Geldzahlung nach der Umschreibung des Kaufvertrags auf die Klägerin erfolgt sei; dies habe sie nicht zur vollen Überzeugung des Senats bewiesen. Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB wegen einer behaupteten Täuschung des Zeugen F. durch den Beklagten über die Anzahl und die Qualität der verkauften Gemälde fehle es schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin an einem Schaden, weil durch den Verlust des dem Zeugen F. dar- lehensweise überlassenen Geldes ohne gleichwertige Gegenleistung nur dieser , nicht aber die Klägerin geschädigt worden sein könne.
5
Soweit die Klägerin ihre Klageforderung im Berufungsverfahren auch auf abgetretenes Recht des Zeugen F. gestützt habe, liege darin eine nach § 533 ZPO nicht zulässige Klageänderung. Nach § 533 Nr. 2 ZPO könne eine Klageänderung nur zugelassen werden, wenn diese auf Tatsachen gestützt werden könne, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen habe. Das sei hier nicht der Fall. Bei Berücksichtigung der Klageänderung müsse der Frage nachgegangen werden, ob ein abgetretener Anspruch des Zeugen F. wegen eines gegen ihn gerichteten Anspruchs aus § 179 BGB nicht durchsetzbar sei. Im Rahmen des § 179 BGB stellten sich die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, ob der Kaufvertrag sittenwidrig, wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten oder infolge Wandelung rückabzuwickeln sei. Dies könne nur aufgrund eines Sachverhalts entschieden werden, den der Senat derzeit nicht zu beurteilen habe. Voraussichtlich wären weitere Feststellungen durch Vernehmung von Zeugen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Wert der Kunstwerke erforderlich. Daraus folge, dass die Klageänderung auch nicht als sachdienlich angesehen werden könne, was weitere Voraussetzung ihrer Zulassung sei, nachdem der Beklagte in die Änderung nicht eingewilligt habe.
6
Ob das Landgericht die Klage nicht ohne vorherigen Hinweis an die Klägerin mangels Schlüssigkeit habe abweisen dürfen, nachdem es zuvor aufwändig Beweis erhoben habe, könne dahinstehen, weil sich ein möglicher Verfahrensfehler nicht ausgewirkt habe. Selbst wenn die Klägerin einen solchen Hinweis zum Anlass genommen hätte, sich auf eine Abtretung zu berufen, wäre eine Klageänderung auch vom Landgericht nicht zuzulassen gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte wie auch in zweiter Instanz der Klage- änderung widersprochen hätte; die Sachdienlichkeit wäre in gleicher Weise zu verneinen gewesen, wie es in der Berufungsinstanz der Fall sei.

II.

7
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 533 ZPO für eine Klageänderung in der Berufungsinstanz rechtsfehlerhaft verneint.
8
1. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass die Geltendmachung eines Anspruchs aus abgetretenem Recht auch bei einem einheitlichen Klageziel einen anderen Streitgegenstand darstellt als die Geltendmachung aus eigenem Recht (BGH, Urteil vom 17. November 2005 – IX ZR 8/04, NJW-RR 2006, 275 = WM 2006, 592 unter A II 2 b bb; Senatsurteil vom 4. Mai 2005 – VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004 unter II 3; Urteil vom 13. April 1994 – XII ZR 168/92, NJW-RR 1994, 1143 = WM 1994, 1545 unter II 1; Urteil vom 29. November 1990 – I ZR 45/89, NJW 1991, 1683 unter I 2 a), weil der der Klage zugrunde gelegte Lebenssachverhalt im Kern geändert wird, wenn die Klage statt auf eigenes auf fremdes Recht gestützt wird. Die deshalb durch die zusätzliche Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht eingetretene nachträgliche (Eventual-)Klagenhäufung (§ 260 ZPO) ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (BGHZ 158, 295, 305; Senatsurteil vom 15. Juni 2005 – VIII ZR 74/04, WM 2005, 2057 unter II 5; BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 unter 4).
9
2. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass die Annahme des Berufungsgerichts , die Klageänderung sei nicht sachdienlich (§ 533 Nr. 1 ZPO), von Rechtsfehlern beeinflusst ist. Das Revisionsgericht kann zwar die Verneinung der Sachdienlichkeit nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht den Begriff der Sachdienlichkeit verkannt oder die Grenzen seines Ermessens überschritten hat (Senatsurteil vom 15. Juni 2005, aaO; BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 – XI ZR 308/98, NJW 2000, 143, unter II 2 b; BGHZ 123, 132, 137). Das ist hier jedoch der Fall, weil das Berufungsgericht einerseits für die Beurteilung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat und andererseits Gesichtspunkte in die Abwägung eingeflossen sind, die so nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.
10
a) Die Beurteilung der Sachdienlichkeit erfordert eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999, aaO, unter II 2 a). Nach ständiger Rechtsprechung zu dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Berufungsrecht (Senatsurteil vom 15. Juni 2005, aaO, unter II 5 a; BGHZ 143, 189, 197 f. m.w.Nachw.) kommt es für die Frage der Sachdienlichkeit allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern die Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien entscheidend. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert würde. Die Sachdienlichkeit kann vielmehr bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise im allgemeinen nur dann verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann.
11
Daran hat sich durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl I 1887) nichts geändert. Denn mit den in § 533 Nr. 1 ZPO bestimmten Merkmalen der Einwilligung des Gegners oder der Sachdienlichkeit wollte der Gesetzgeber die bereits nach bisherigem Recht (§ 523 ZPO a.F. in Verbindung mit § 263 ZPO) geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen einer zweitinstanzlichen Klageänderung übernehmen (BT-Drucks. 14/4722, S. 102).
12
b) Das Oberlandesgericht hat bei seiner Würdigung der Sachdienlichkeit außer Acht gelassen, dass der von der Klägerin in der Berufung neu geltend gemachte Anspruch aus abgetretenem Recht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung unmittelbar an den vorherigen Prozessstoff anknüpft. Die Klägerin hatte, wie die Revision zu Recht geltend macht, bereits in erster Instanz zu den vom Beklagten angeblich gegebenen Zusicherungen, dem Ablauf der Vertragsverhandlungen , der Übergabe der Bilder und des Geldes, zum wahren Wert der Bilder sowie zu einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung vorgetragen und sich auf Gewährleistungsansprüche berufen. Das Landgericht hatte auch bereits Beweis erhoben über die Umstände des Kaufvertragsabschlusses am 3. Dezember 1999 und der nachträglichen Vertragsgestaltung, die Höhe des gezahlten Kaufpreises und die Zahl der zur Erfüllung übergebenen Bilder durch Vernehmung des Zeugen F. und durch kommissarische Vernehmung des Zeugen L. V. in Rumänien. Dass es darauf aus der Sicht des Berufungsgerichts für die Abweisung des Anspruchs der Klägerin aus eigenem Recht nicht ankam, hindert die Sachdienlichkeit der Klageänderung nicht; der bisherige Vortrag der Parteien und die dazu bereits gewonnenen Beweisergebnisse können gleichwohl bei der Verhandlung und Entscheidung über den von der Klägerin neu geltend gemachten Anspruch aus abgetretenem Recht verwertet werden. Der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit spricht deshalb für die Sachdienlichkeit der Klageänderung. Anders als das Berufungsgericht meint, steht dieser nach dem oben (unter a) Ausgeführten auch nicht entgegen, dass die Klageänderung weitere Feststellungen durch Vernehmung von Zeugen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich macht.
13
3. Die Klageänderung kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch auf Tatsachen gestützt werden, die dieses seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (§ 533 Nr. 2 ZPO).
14
Dabei kann offen bleiben, ob die von der Revision als rechtsfehlerhaft gerügte Ansicht des Berufungsgerichts zutrifft, bei Berücksichtigung der Klageänderung müsse der Frage nachgegangen werden, ob der abgetretene Anspruch des Zeugen F. wegen eines gegen ihn gerichteten Anspruchs aus § 179 BGB nicht durchsetzbar sei. Auch über einen – die Klageforderung hindernden – möglichen Gegenanspruch des Beklagten gegenüber dem Zeugen F. kann aufgrund der Tatsachen entschieden werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte.
15
a) Für einen solchen Anspruch kommt es darauf an, ob und mit welchem Inhalt das zunächst zwischen dem Zeugen F. und dem Beklagten abgeschlossene und sodann auf die Klägerin "umgeschriebene" Geschäft – vorbehaltlich des Fehlens der Vertretungsmacht des Zeugen F. – wirksam zustande gekommen ist, ob es infolge Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig ist oder ob Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüchen des Beklagten aus diesem Geschäft die Sachmängeleinrede entgegensteht. Das Landgericht hat dazu zwar keine Tatsachen festgestellt (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) in dem Sinne, dass es aufgrund einer freien Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO die Entscheidung getroffen hat, die insoweit behaupteten Tatsachen seien wahr oder nicht wahr. Denn darauf kam es nach der materiell-rechtlichen Beurteilung des – nach mehrfachem Richterwechsel – letztlich erkennenden Einzelrichters beim Landgericht nicht an.
16
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelangt jedoch mit dem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz. Das Berufungsgericht darf also auch schriftsätzlich angekündigtes, entscheidungserhebliches Parteivorbringen berücksichtigen, das von dem erstinstanzlichen Gericht für unerheblich erachtet worden ist, auch wenn es im Urteilstatbestand keine Erwähnung gefunden hat (BGHZ 158, 295, 309; 158, 269, 278, 280 ff.). Die Klägerin hatte – wie oben (unter 2 b) bereits ausgeführt – zu den tatsächlichen Umständen, aus denen sie die Sittenwidrigkeit des Vertrags wegen eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung (§ 138 Abs. 1 und 2 BGB), dessen Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) oder jedenfalls die Berechtigung eines Wandelungsverlangens (§§ 462, 459 ff. BGB in der bis zum 31. Januar 2001 geltenden Fassung) herleitet, schon in erster Instanz vorgetragen. Der entsprechende Vortrag in der Berufungsbegründung war daher nicht neu im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO. Kommt es aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts aufgrund der Klageänderung für die Entscheidung auf Tatsachen an, die – wie hier – in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt sind, bestehen erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen , die das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten (vgl. BGHZ 158, 295, 310).
17
b) Neu war in der Berufungsinstanz allerdings die Behauptung der Klägerin , der Zeuge F. habe einen ihm zustehenden Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises an sie abgetreten. Dieser Vortrag war aber, wie die Revision zu Recht rügt, nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil er im ersten Rechtszug infolge eines Verfahrensmangels nicht geltend gemacht worden ist; er war daher vom Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu berücksichtigen.
18
aa) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die erstinstanzliche Klageabweisung wegen mangelnder Schlüssigkeit ohne vorherigen Hinweis an die Klägerin verfahrensfehlerhaft war, nachdem das Landgericht zuvor in anderer Besetzung aufwändig Beweis erhoben hatte. Die Frage ist zu bejahen.
19
Nach § 139 Abs. 2 ZPO darf das Gericht seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat oder den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien, nur stützen , wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Die Hinweispflicht dient vor allem der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und besteht auch gegenüber der anwaltlich vertretenen Partei, wenn der Prozessbevollmächtigte der substantiierungspflichtigen Partei ersichtlich darauf vertraut, dass sein schriftlicher Vortrag ausreicht (BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 – X ZR 83/00, NJW 2002, 3317 unter II 2 a; Urteil vom 18. Mai 1994 – IV ZR 169/93, NJW-RR 1994, 1085 unter 3 b; Urteil vom 4. Juli 1989 – XI ZR 45/88, BGHR ZPO § 139 Abs. 1 Anwaltsprozess 3 m.w.Nachw.). Deshalb hat das Berufungsgericht auf Bedenken hinzuweisen und Gelegenheit zur Ergänzung des Sachvortrags zu geben, wenn es anders als das erstinstanzliche Gericht das Klagevorbringen nicht als schlüssig ansieht (BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 197/01, NJW-RR 2002, 1436 unter II 1). Ein Hinweis ist weiter geboten, wenn ein Gericht von seiner in einer gerichtlichen Verfügung geäußerten Auffassung später abweichen will (BGH, Urteil vom 25. Juni 2002, aaO). Nichts anderes kann gelten, wenn es die Klage mangels Sachbefugnis des Klägers als unschlüssig abweisen will, obwohl es zuvor durch Anordnung einer Beweisaufnahme konkludent zu erkennen gegeben hat, dass es die Klage für schlüssig und insbesondere die Aktivlegitimation des Klägers für gegeben hält (OLG Saarbrücken, MDR 2003, 1372 f.; OLG Bamberg, NJWRR 1998, 1608 f.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdnr. 30; Musielak /Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 139 Rdnr. 8).
20
So liegt der Fall hier. Die Parteien konnten die Anordnung der Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen F. in der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2000 und die aufgrund Beweisbeschluss vom 30. Juli 2001 erfolgte Vernehmung des von dem Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugen V. in Rumänien nur dahin verstehen, dass das Landgericht jedenfalls nach der persönlichen Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2000 von der Schlüssigkeit ihres Klagevorbringens und damit auch von ihrer Aktivlegitimation ausging. Nach Eingang der Aussage des Zeugen V. ist nicht erneut mündlich verhandelt, sondern nach § 128 ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet worden. Weder von Seiten des Gerichts noch von Seiten des Beklagten ist in diesem Stadium die Schlüssigkeit des Klagevorbringens im Hinblick auf die Aktivlegitimation der Klägerin erneut thematisiert worden. Vor diesem Hintergrund stellte sich das landgerichtliche Urteil für die Klägerin als Überraschungsentscheidung dar.
21
bb) Dies hat die Klägerin, wie die Revision zutreffend geltend macht, mit ihrer Berufungsbegründung gerügt (§§ 529 Abs. 2 Satz 1, 520 Abs. 3 ZPO) und vorgetragen, sie und der Zeuge F. seien sich bereits vor Klageerhebung einig gewesen, dass alle in Betracht kommenden Rückforderungsansprüche, auch soweit sie in der Person des Zeugen F. entstanden sein sollten, der Klägerin zustehen sollten. Gleichzeitig hat sie eine aktuelle Abtretungsvereinbarung vorgelegt und ausgeführt, auf einen Hinweis des Landgerichts hin wäre zur Klarstellung bereits im ersten Rechtszug (nochmals) die Abtretung erklärt worden.
22
cc) Der Berücksichtigung der auf eine Verletzung von § 139 Abs. 2 ZPO durch das Landgericht gestützten Verfahrensrüge und der mit der Rüge vorgetragenen neuen Tatsachen durch das Berufungsgericht stand auch nicht der Schutzzweck von § 139 ZPO entgegen. Zwar soll die Vorschrift grundsätzlich der betroffenen Partei nur die Möglichkeit geben, sich zu dem gegebenen Streitgegenstand umfassend zu äußern. Das Gericht darf nicht auf neue, in dem Vortrag der Parteien noch nicht andeutungsweise enthaltene Klagegründe hinweisen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 – I ZR 17/01, NJW-RR 2004, 495, unter II 1 c bb). Das schließt jedoch nicht aus, dass die Partei auf einen zulässigen und gebotenen Hinweis nach § 139 ZPO, der die Schlüssigkeit ihres bisherigen Vorbringens in Frage stellt, von sich aus – im Rahmen von § 263 ZPO – einen neuen Klagegrund in das Verfahren einführt (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003, aaO; Urteil vom 7. Dezember 2000 – I ZR 179/98, NJW 2001, 2548, unter III 1 b und c; Urteil vom 25. November 1992 – XII ZR 116/91, NJW 1993, 597, unter 2 b und c; zum Parteiwechsel BGHZ 91, 132, 134). Auch diese Reaktionsmöglichkeit wird vom Schutzzweck des § 139 ZPO umfasst.

III.

23
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; das Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es zu dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus abgetretenem Recht weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ball Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 09.08.2002 - 3 O 232/00 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 03.12.2003 - 8 U 181/02 -

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Teilnahmekosten bestimmen sich nach den §§ 49, 64, 73 und 74 des Neunten Buches. Sie beinhalten auch weitere Aufwendungen, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen, sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei anderweitiger auswärtiger Unterbringung.

(2) Die Teilnahmekosten nach Absatz 1 können Aufwendungen für erforderliche eingliederungsbegleitende Dienste während der und im Anschluss an die Maßnahme einschließen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Altersrente, wenn sie

1.
vor dem 1. Januar 1952 geboren sind,
2.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
3.
entweder
a)
bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben
oder
b)
die Arbeitszeit aufgrund von Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes für mindestens 24 Kalendermonate vermindert haben,
4.
in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert, und
5.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(2) Anspruch auf diese Altersrente haben auch Versicherte, die

1.
während der Arbeitslosigkeit von 52 Wochen nur deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung standen, weil sie nicht arbeitsbereit waren und nicht alle Möglichkeiten nutzten und nutzen wollten, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden,
2.
nur deswegen nicht 52 Wochen arbeitslos waren, weil sie im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Entschädigung für Mehraufwendungen nach dem Zweiten Buch eine Tätigkeit von 15 Stunden wöchentlich oder mehr ausgeübt haben, oder
3.
während der 52 Wochen und zu Beginn der Rente nur deswegen nicht als Arbeitslose galten, weil sie erwerbsfähige Leistungsberechtigte waren, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten worden ist.
Der Zeitraum von zehn Jahren, in dem acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sein müssen, verlängert sich auch um
1.
Arbeitslosigkeitszeiten nach Satz 1,
2.
Ersatzzeiten,
soweit diese Zeiten nicht auch Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sind. Vom 1. Januar 2008 an werden Arbeitslosigkeitszeiten nach Satz 1 Nr. 1 nur berücksichtigt, wenn die Arbeitslosigkeit vor dem 1. Januar 2008 begonnen hat und die Versicherten vor dem 2. Januar 1950 geboren sind.

(3) Die Altersgrenze von 60 Jahren wird bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenzen und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrenten bestimmen sich nach Anlage 19.

(4) Die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit wird für Versicherte, die

1.
bis zum 14. Februar 1941 geboren sind und
a)
am 14. Februar 1996 arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder
b)
deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 14. Februar 1996 erfolgt ist, nach dem 13. Februar 1996 beendet worden ist,
2.
bis zum 14. Februar 1944 geboren sind und aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchstabe b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V), die vor dem 14. Februar 1996 genehmigt worden ist, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden sind oder
3.
vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig waren, wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um
Monate
auf Altervorzeitige
Inanspruchnahme
möglich
ab Alter
JahrMonatJahrMonat
vor 19410600600
1941
Januar-April1601600
Mai-August2602600
September-Dezember3603600
1942
Januar-April4604600
Mai-August5605600
September-Dezember6606600
1943
Januar-April7607600
Mai-August8608600
September-Dezember9609600
1944
Januar-Februar106010600

Einer vor dem 14. Februar 1996 abgeschlossenen Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht eine vor diesem Tag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses oder Bewilligung einer befristeten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gleich. Ein bestehender Vertrauensschutz wird insbesondere durch die spätere Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses oder den Eintritt in eine neue arbeitsmarktpolitische Maßnahme nicht berührt.

(5) Die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme wird für Versicherte,

1.
die am 1. Januar 2004 arbeitslos waren,
2.
deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 1. Januar 2004 erfolgt ist, nach dem 31. Dezember 2003 beendet worden ist,
3.
deren letztes Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2004 beendet worden ist und die am 1. Januar 2004 beschäftigungslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches waren,
4.
die vor dem 1. Januar 2004 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
5.
die Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
nicht angehoben. Einer vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossenen Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht eine vor diesem Tag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses oder Bewilligung einer befristeten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gleich. Ein bestehender Vertrauensschutz wird insbesondere durch die spätere Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses oder den Eintritt in eine neue arbeitsmarktpolitische Maßnahme nicht berührt.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. August 2008 - 10 Sa 573/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sozialplanabfindung.

2

Der im Juli 1946 geborene Kläger war vom 24. Mai 1965 bis zum 30. November 2007 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 3.160,39 Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten wegen einer Betriebsstilllegung.

3

Die Beklagte und der Betriebsrat schlossen am 23. März 2007 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan für die von der Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmer. Nach Ziff. 2 des Interessenausgleichs sollten deren Arbeitsverhältnisse durch eine nach dem 1. April 2007 ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen und einzelvertraglichen Fristen oder durch Aufhebungsvertrag beendet werden. Der Sozialplan enthält unter Ziff. 3 Buchst. c und d folgende Regelungen:

        

c)     

Abfindungsformel

                 

Anspruchsberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben einen Anspruch auf eine individuell berechnete Abfindung, die sich nach der folgenden Formel berechnet:

                 

Lebensalter x Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsentgelt

                 

X       

                 

Der Faktor ‚X’ wird wie folgt bestimmt:

                 

Die Gesellschaft stellt für diesen Sozialplan eine Summe zur Verfügung, welche die Einigungsstelle durch Spruch festlegen soll.

                 

Die Betriebspartner legen gemeinsam die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fest, welche nach den Regeln dieses Sozialplans anspruchsberechtigt sind.

                 

Danach errechnen sie gemeinsam die Summe der Zahlungen nach Ziffer 3 e dieses Sozialplans.

                 

Diese Summe ziehen sie von der durch Spruch der Einigungsstelle festgesetzten Gesamtdotierung ab und errechnen sodann gemeinsam den sich nunmehr ergebenden Divisor bis zur ersten Stelle hinter dem Komma, wobei die zweite Stelle kaufmännisch auf- oder abgerundet wird. Danach wird diese Zahl in die obige Formel anstelle des Buchstabens ,X’ eingesetzt.

                 

…       

        

d)       

Abfindung für ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bei außerordentlicher Eigenkündigung

                 

Die Abfindung nach Ziffer 3c vermindert sich für Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen nach Vollendung des 60. Lebensjahres für jeden weiteren Monat um 1/60stel. Stichtag ist der letzte Tag des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses.

                 

…“   

4

Der Gesamtbetrag für die Abfindungen wurde durch einen Spruch der Einigungsstelle auf 4,55 Mio. Euro festgesetzt.

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger, der zum Zeitpunkt seines Ausscheidens 61 Jahre und 5 Monate alt war, einen Abfindungsbetrag von 113.017,66 Euro. Der sich aus der Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ergebende Kürzungsbetrag betrug beim Kläger rechnerisch 43.495,36 Euro.

6

Mit der am 29. November 2007 erhobenen Klage hat der Kläger eine weitere Abfindung in Höhe des Kürzungsbetrags begehrt. Er hat gemeint, die Regelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans sei unwirksam, da sie eine unzulässige Ungleichbehandlung aufgrund des Alters enthalte.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.495,49 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte weitere Abfindungsanspruch nicht zu.

11

I. Die Beklagte hat die sich aus dem Sozialplan vom 23. März 2007 ergebenden Ansprüche des Klägers erfüllt. Seine Abfindung beträgt nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans 153.513,02 Euro. Hinzu kommen weitere 3.000,00 Euro als Ausgleich für den beim Kläger festgestellten Grad der Behinderung. Nach der für ältere Arbeitnehmer geltenden Kürzungsbestimmung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ermäßigt sich die Abfindung um 43.495,36 Euro auf 113.017,66 Euro. Diesen Betrag hat der Kläger erhalten.

12

II. Der Kläger hat keinen weitergehenden Abfindungsanspruch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz(§ 75 Abs. 1 BetrVG). Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans, der eine Kürzung der nach Ziff. 3 Buchst. c berechneten Sozialplanansprüche von Arbeitnehmern vorsieht, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist wirksam. Die unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung dieser Arbeitnehmergruppe ist nach § 10 Satz 3 Nr. 6, Satz 2 AGG in der ab dem 12. Dezember 2006 geltenden Fassung zulässig.

13

1. Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Diese sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind.

14

a) Arbeitgeber und Betriebsrat haben nach § 75 Abs. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in der Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote in § 75 Abs. 1 BetrVG übernommen. Die unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen aus einem in § 1 AGG genannten Grund ist daher nur unter den im AGG normierten Voraussetzungen zulässig. Sind diese erfüllt, ist auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt.

15

b) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung kann aber nach § 10 AGG unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig sein. § 10 Satz 1 und 2 AGG gestatten die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und wenn die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

16

c) Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG können die Betriebsparteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen, in der sie die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigen, oder auch Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausschließen, weil diese, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld I, rentenberechtigt sind. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen.

17

aa) Die den Betriebsparteien in § 10 Satz 3 Nr. 6 2. Alt. AGG eingeräumte Möglichkeit, ältere Arbeitnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen von Sozialplanleistungen auszuschließen, verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union. Die nationale Regelung ist iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(Richtlinie 2000/78/EG) durch ein im Allgemeininteresse liegendes sozialpolitisches Ziel des deutschen Gesetzgebers gerechtfertigt. Dieser wollte es den Betriebsparteien entsprechend dem zukunftsgerichteten Entschädigungscharakter von Sozialplanleistungen ermöglichen, diese bei „rentennahen“ Arbeitnehmern stärker an den tatsächlich eintretenden wirtschaftlichen Nachteilen zu orientieren, die ihnen durch den bevorstehenden Arbeitsplatzverlust und eine darauf zurückgehende Arbeitslosigkeit drohen. Durch diese Gestaltungsmöglichkeit kann das Anwachsen der Abfindungshöhe, das mit der Verwendung der Parameter Betriebszugehörigkeit und/oder Lebensalter bei der Bemessung der Abfindung zwangsläufig verbunden ist, bei abnehmender Schutzbedürftigkeit im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit begrenzt werden ( vgl. dazu die ausführliche Begründung in BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 33 bis 40 sowie Rn. 48 f., AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31).

18

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats sind die zur Beurteilung der Zulässigkeit von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG heranzuziehenden Grundsätze zum Verständnis und zur Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG offenkundig, jedenfalls aber durch die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs(22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Slg. 2005, I-9981; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Slg. 2007, I-8531; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] NZA 2009, 305) geklärt, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EGV(nunmehr: Art. 267 Abs. 3 AEUV) nicht geboten ist (26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 41, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB veranlasst(19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] NZA 2010, 85). In dieser Entscheidung hat der Gerichtshof lediglich seine vom Senat bereits berücksichtigten Grundsätze zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen wegen des Alters auf die Regelung in § 622 Abs. 2 BGB fallbezogen angewandt(19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 33 bis 43, aaO).

19

d) § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erfasst nach seinem Wortlaut nur den Ausschluss von älteren Arbeitnehmern, die entweder unmittelbar nach dem Ausscheiden oder im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Bezug einer Altersrente wirtschaftlich abgesichert sind. Die Vorschrift ist gleichermaßen anwendbar, wenn die betroffenen Arbeitnehmer zwar nicht unmittelbar nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I rentenberechtigt sind, die Abfindung aber ausreichend bemessen ist, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die sie in der Zeit nach der Erfüllung ihres Arbeitslosengeldanspruchs bis zum frühestmöglichen Bezug einer Altersrente erleiden. Dies ist stets der Fall, wenn die Abfindungshöhe für diesen Zeitraum den Betrag der zuletzt bezogenen Arbeitsvergütung erreicht. Die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer sind dann wirtschaftlich so gestellt, als wäre das Arbeitsverhältnis bis zu dem Zeitpunkt fortgesetzt worden, in dem sie nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Altersrente beziehen können.

20

e) § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG ermöglicht danach den Betriebsparteien unter den dort bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung in einem Sozialplan. Die Vorschrift bestimmt aber nur das legitime Ziel iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG und eröffnet den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum. Dessen Ausgestaltung unterliegt noch einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 10 Satz 2 AGG. Die von den Betriebsparteien gewählte Sozialplangestaltung muss geeignet sein, das mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel tatsächlich zu fördern und darf die Interessen der benachteiligten (Alters-)Gruppe nicht unverhältnismäßig stark vernachlässigen.

21

2. Danach verstößt die Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans nicht gegen das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG.

22

a) Die Regelungen des Sozialplans vom 23. März 2007 sind nach dem am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG idF des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006(BGBl. I S. 2742) und nach § 75 Abs. 1 BetrVG in der seit dem 18. August 2006 geltenden Fassung zu beurteilen.

23

b) Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans führt zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung. Von der Kürzung der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans berechneten Abfindung sind nur Arbeitnehmer betroffen, die zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse das 60. Lebensjahr vollendet haben.

24

c) Die Voraussetzungen des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG liegen vor.

25

aa) Nach Ziff. 2 des Interessenausgleichs vom 23. März 2007 konnte die Beklagte betriebsbedingte Kündigungen erst nach dem 1. April 2007 aussprechen. Unter Berücksichtigung der längsten gesetzlichen Kündigungsfrist hätte eine solche Kündigung die in Betracht kommenden Arbeitsverhältnisse zum Ablauf des 30. November 2007 beendet. Von der Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans waren danach nur Arbeitnehmer betroffen, die im November 1947 oder früher geboren worden sind.

26

bb) Die bis einschließlich Juni 1947 geborenen Arbeitnehmer, zu denen auch der Kläger zählt, konnten bei einem Ausscheiden am 30. November 2007 nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beziehen. Nach § 237 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI iVm. der Anlage 19 liegt das Alter für die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente für bis zum Juni 1947 geborene Personen bei 61 Jahren und 6 Monaten oder darunter. Bis zum Erreichen des frühestmöglichen Renteneintrittsalters war diese Arbeitnehmergruppe durch den Bezug von Arbeitslosengeld I abgesichert. Die Anspruchsdauer für Arbeitslose, die bei der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld das 55. Lebensjahr vollendet hatten, betrug nach einer Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses von 36 Monaten 18 Monate(§ 127 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 SGB III idF des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 [BGBI. I S. 3002]).

27

cc) Die zwischen Juli und November 1947 geborenen Arbeitnehmer konnten eine vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zwar erst mit 61 Jahren und sieben bzw. elf Monaten in Anspruch nehmen. Ihre Einbeziehung in die Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ist aber gleichermaßen nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG zulässig. Die Betriebsparteien konnten nach der Berechnungsformel für die Abfindungen, die sich an den Faktoren Betriebszugehörigkeit, Lebensalter sowie Bruttomonatsverdienst orientiert, und dem von der Einigungsstelle festgesetzten Sozialplanvolumen davon ausgehen, dass die für diese Beschäftigtengruppe zur Verfügung stehenden Abfindungsbeträge ausreichend bemessen waren, um die wirtschaftlichen Nachteile, die diese nach dem Bezug des Arbeitslosengeldes I und der vorzeitigen Inanspruchnahmemöglichkeit einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erleiden würden, vollständig auszugleichen. Die Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters führte zu einem überproportionalen Ansteigen der Abfindungshöhe bei älteren Arbeitnehmern mit längerer Betriebszugehörigkeit. Überdies mussten die nach dem Juni 1947 geborenen und von der Kürzungsregelung betroffenen Arbeitnehmer lediglich einen Abschlag zwischen 1/60 und 5/60 von der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans ermittelten Abfindung hinnehmen.

28

d) Die Kürzungsregelung in § 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ist angemessen und erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG.

29

aa) Nach der Senatsrechtsprechung haben Sozialpläne eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Geldleistungen in Form einer Abfindung stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern. Die Betriebsparteien können diese Nachteile aufgrund ihres Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums in typisierter und pauschalierter Form ausgleichen(26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Dazu können sie die übermäßige Begünstigung, die ältere Beschäftigte mit langjähriger Betriebszugehörigkeit bei einer am Lebensalter und an der Betriebszugehörigkeit orientierten Abfindungsberechnung erfahren, durch eine Kürzung für rentennahe Jahrgänge zurückführen, um eine aus Sicht der Betriebsparteien verteilungsgerechte Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Betriebsänderung zu ermöglichen.

30

bb) Die in Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans vereinbarte Abfindungsformel führt zu einer überproportionalen Begünstigung von älteren Arbeitnehmern mit längeren Beschäftigungszeiten. Eine Kürzung der mit dem Alter und der Betriebszugehörigkeit ansteigenden Abfindungsbeträge war aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit geboten. Bei den rentennahen Jahrgängen war absehbar, dass diese bei fortbestehender Arbeitslosigkeit nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Bezug einer vorgezogenen Altersrente weitgehend wirtschaftlich abgesichert waren. Von einer vergleichbaren Absicherung konnten die Betriebsparteien bei den rentenfernen Jahrgängen nicht ausgehen. Entgegen der Auffassung des Klägers hält es sich auch im Rahmen des den Betriebsparteien zustehenden Gestaltungsspielraums, wenn sie die Abfindung nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans bei Arbeitnehmern, die im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen, nicht gleichermaßen einer Kürzung unterworfen haben. Denn auch dieser Personenkreis verliert seine bisherige kündigungsschutzrechtliche Stellung und gehört bei künftigen Personalreduzierungen regelmäßig zu den Arbeitnehmern, die wegen ihrer kurzen Betriebszugehörigkeit vorrangig entlassen werden.

31

cc) Die Interessen der älteren Arbeitnehmer sind bei der Ausgestaltung der Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans genügend beachtet worden. Die Betriebsparteien haben die über 59-jährigen Arbeitnehmer nicht von Sozialplanleistungen ausgeschlossen, sondern nur Abschläge von der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans berechneten Abfindung vorgesehen. Sie haben keinen Systemwechsel bei der Bemessung der Sozialplanabfindung vorgenommen und die mit Stichtagsregelungen regelmäßig verbundenen Härten weitgehend vermieden. Die Kürzungsregelung orientiert sich entsprechend dem von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgten Zweck an dem Zeitpunkt, in dem die entlassenen Arbeitnehmer eine Regelaltersrente(§ 35 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 [BGBl. I S. 754]) beanspruchen können, durch deren Bezug sie wirtschaftlich abgesichert sind. Die Abschläge betragen 1/60 für jeden Monat nach der Vollendung des 60. Lebensjahres, so dass nur Arbeitnehmer, die im Monat ihres Ausscheidens das 65. Lebensjahr vollenden, keine Abfindung erhalten. Die wirtschaftlichen Nachteile der übrigen von der Kürzungsregelung betroffenen Arbeitnehmer werden aufgrund ihrer überproportionalen Begünstigung durch die verwandte Abfindungsformel und der moderat bemessenen Abschläge durch den Sozialplan in nicht zu beanstandender Weise abgemildert oder im Einzelfall sogar vollständig ausgeglichen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Münzer    

        

    Sibylle Spoo    

                 

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)