Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 21. Apr. 2010 - 3 Sa 203/09

21.04.2010

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 18.03.2009- Aktenzeichen 11 Ca 1415/08 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Feststellungsklage um die korrekte Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist auf der Grundlage eines "Dienstvertrages" (Blatt 32, 33 Band I d. A.) seit dem 01.04.2001 als Pflegefachkraft in einem psychiatrischen Pflegeheim beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Arbeitsvertragsrichtlinien der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg-Vorpommern e. V. (künftig: AVR DWM) Anwendung. Mit Wirkung zum 01.01.2008 hat die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg e. V. eine Reform dieser Arbeitsvertragsrichtlinien unter anderem mit dem Inhalt eines neuen Entgeltsystems beschlossen. In der Folge ist der Kläger ab Januar 2008 in die Entgeltgruppe 7 der Anlage 1 zu den AVR DWM eingruppiert worden.

3

Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 07.05.2008 sowie mit seiner am 31.07.2008 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu den AVR DWM, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger gegenwärtig auf Grund entsprechender Besitzstandssicherungsvorgaben ein höheres Entgelt erhält, als die Grundvergütung nach der Entgeltgruppe 8.

4

Das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten verfügt über 61 Plätze, von denen 48 Plätze für die offene und 13 Plätze für die geschlossene Heimunterbringung zur Verfügung stehen. Der Kläger ist dabei ausschließlich im Bereich der offenen Heimunterbringung tätig. Er ist für die Wohngruppen A und B zuständig. Dort sind 13 Bewohner mit der Pflegestufe 1, fünf Bewohner mit der Pflegestufe 2 sowie ein Bewohner mit der Pflegestufe 3 zu betreuen. In dem Leitbild für das psychiatrische Pflegeheim (Blatt 48 bis 68 Band I d. A.) heißt es - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

5

Ziffer 2. Art der Einrichtung

...

6

Sowohl die Leistungen der Pflege im Sinne des SGB XI, die eindeutig im Vordergrund stehen, als auch die Leistungen der Eingliederungshilfe werden mit dem Ziel erbracht, eine ganzheitliche individuelle Pflege und Betreuung der Bewohner entsprechend dem personenzentrierten Ansatz zu gewährleisten und einen hohen Grad an Autonomie jedes einzelnen Bewohners zu erreichen.

...

7

Personenkreis 1 (Chronisch psychisch kranke Menschen mit einem erhöhten Pflegebedarf)

8

Im Landkreis L. besteht bislang keine speziell auf chronisch psychisch kranke Menschen ausgerichtete Pflegeeinrichtung, die einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen hat. Insofern ist das Psychiatrische Pflegeheim N. K. ein Element der gemeindepsychiatrischen Versorgung, das Menschen des Kreises offensteht, die auf Grund ihres Pflegebedarfs in den anderen psychiatrischen Einrichtungen der Region nicht (mehr) angemessen betreut werden können.

9

Personenkreis 2 (Pflegebedürftige Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung)

10

Pflegebedürftige Menschen mit einer Pflegestufe nach SGB XI, die gleichzeitig eine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung haben, können häufig in (Alten-)Pflegeheimen nicht (mehr) angemessen betreut werden. Die psychiatrische Erkrankung macht eine intensive Pflege und Betreuung erforderlich, die nur durch ein zusätzlich im psychiatrischen Bereich ausgebildetes Fachpersonal gewährleistet werden kann.

11

Personenkreis 3 (Menschen mit Chorea-Huntington)

12

Chorea Huntington (Veitstanz) zählt mit einer Prävalenz von fast 10:100 000 zu den häufigsten neurologischen Erbkrankheiten. Die Krankheit tritt meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Im Krankheitsverlauf kommt es nicht nur zu neurologischen Veränderungen, sondern auch zu schweren psychischen Symptomen wie Unruhe, Ängste, Schlafstörungen, Depressionen, Suizidalität, Affektlabilität, Aggressivität und zu schizophrenieähnlichen Wahnvorstellungen. Da die Versorgung von Chorea-Patienten besonders hohe Anforderungen an die Pflege stellt und zugleich Kompetenz im Umgang mit psychiatrischen Erkrankungen erfordert, sind (Alten-)Pflegeheime in der Regel mit dieser Aufgabe überfordert. In unserer Einrichtung können drei Bewohner mit Chorea Huntington gepflegt und betreut werden.

...

13

Ziffer 8. Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsbereich § 39 BSHG) in Ergänzung der Leistungen nach SGB XI

14

Neben den in aller Regel deutlich überwiegenden pflegerischen Hilfen benötigen die Bewohner des Psychiatrischen Pflegeheims auch Hilfen zur Erhaltung und Weiterentwicklung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die geeignet sind, dem Menschen mit Behinderung die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Obwohl Leistungen der Pflege bei diesem Personenkreis im Vordergrund stehen, sind zusätzlich zum Bedarf an den genannten Pflegeleistungen die im Folgenden näher beschriebenen Hilfen erforderlich. Ein Teil dieser Hilfen ist der aktivierenden Pflege nach SGB XI zuzuordnen, jedoch lässt er sich nicht ganz von den Leistungen der Eingliederungshilfe trennen.

15

Psychiatrische Hilfen

16

Um die Beeinträchtigung des Einzelnen durch die psychische Behinderung zu bewältigen bzw. zu vermindern, sind individuelle Hilfen in unterschiedlicher Intensität erforderlich:

17

- Beobachtung, Information und Beratung bezüglich der Erkrankung, des Krankheitsverlaufes sowie über Kompensationsmöglichkeiten

18

- Unterstützung bei der Erarbeitung von Krankheitseinsicht

19

- Unterstützung bei der Bewältigung der Krankheitsfolgen, zur Erarbeitung und Einübung von alternativen bzw. krankheitsangepassten Verhaltensweisen

20

- Unterstützung und Motivation zur Erschließung von Hilfsmöglichkeiten bzw. zur Inanspruchnahme von Therapiemöglichkeiten

21

- entlastende und/oder konfrontierende Gespräche

22

- Hilfestellung bei der Sinnorientierung und bei der Entwicklung von Lebensperspektiven, wenn die Sinngebung des eigenen Lebens nicht zur Bewältigung der Schwierigkeiten ausreicht

23

- Rückfallprophylaxe; Erkennen von Signalen und Situationen, die zu einer erneuten Dekompensation führen können, Schulung der Wahrnehmung von Frühwarnsymptomen, Kompetenzerweiterung zur Verhinderung eines Rückfalles

24

- Krisenintervention; akute Soforthilfen zur Überwindung von Krisen, zur Wiedererlangung des psychischen und sozialen Gleichgewichtes und zur Verhinderung einer ungünstigen Weiterentwicklung bzw. Verfestigung des Problems (z. B. plötzliche Angst- und Erregungszustände), Erarbeiten von Krisenbewältigungsstrategien

25

Hilfen zur Förderung und Gestaltung sozialer Beziehungen

26

Um die Aufnahme und Gestaltung persönlicher Beziehungen zu unterstützen, wird ein sozialer Raum bereitgestellt, in dem sich der Bewohner selbstständig orientieren und erproben kann. Konflikte in der Gruppe werden zum Gegenstand bewusster Auseinandersetzung und Inhalt therapeutischer Arbeit gemacht. Um die Kompetenzen zum Leben in der sozialen Gemeinschaft innerhalb der Wohngruppe sowie in Bezug auf Freundschaften und Partnerschaften zu fördern, werden folgende Hilfen geleistet:

27

- Erlernen und Erhalten sozialer Kompetenzen in alltäglichen Situationen sowie im Rahmen von geplanten Gruppenprojekten (Ausflüge, kreatives Gestalten, ...)

28

- Beobachtung und Beratung über Verhalten, Hilfen beim Erkennen unrealistischer Sicht- und Verhaltensweisen, Planung und Überprüfung von Verhaltensänderungen

29

- Hilfestellung bei der Übernahme von Verantwortung für sich und für andere, bei der Wahrnehmung der eigenen Rechte und der Pflichten gegenüber anderen

30

- Hilfen bei der Förderung einer realistischen Eigen- und Fremdwahrnehmung

31

- Hilfe bei der gemeinsamen Auseinandersetzung bzgl. Tendenzen zur Isolation

32

- Hilfeleistung beim Aufbau, der Wiederherstellung und der Pflege von Kontakten zu Freunden, Angehörigen

33

- Gespräche über Beziehungssituationen und Hilfen zur Konfliktlösung

34

- Hilfen zur Begleitung schwerstkranker und sterbender Bewohner

35

- Hilfen zur Gestaltung von rechtlich geprägten Beziehungen, z. B. Unterstützung bei der Kontaktaufnahme zu Betreuern oder Behörden

36

- Hilfen zur Mitwirkung beim Heimbeirat, z. B. Bewohnervollversammlung

37

Hilfen und Anleitung im täglichen Leben

38

Aus eigenen Erfahrungen in der täglichen Arbeit ist zu beobachten, dass es seelisch kranken Menschen häufig schwer fällt, die sie betreffenden Angelegenheiten zu überschauen. Deshalb unterstützen wir unsere Bewohner bei der Bewältigung und Gestaltung des Alltags mit dem Ziel, ihre Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu fördern. Im Einzelnen gehören hierzu die folgenden Angebote:

...

39

Soziale Betreuung/Hilfen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

40

Auf Grund der psychischen Erkrankung bereitet es vielen Bewohnern Schwierigkeiten, sich sinnvoll die Zeit einzuteilen und eigene Ziele zu entwickeln und zu verfolgen. Um dem Bewohner eine befriedigende Freizeitgestaltung sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, werden folgende Hilfen geleistet:

...

41

Ergo- und Bewegungstherapie

42

Die Hilfen zur Eingliederung, die durch die multiprofessionellen Teams auf den Wohngruppen geleistet werden, werden ergänzt durch therapeutische Maßnahmen im Rahmen der Ergo- und Bewegungstherapie.

43

Für alle Bewohner steht die Möglichkeit offen, an den Angeboten der Ergotherapie teilzunehmen. Je nach Interessen, Neigungen und Fähigkeiten wird zusammen mit den Bewohnern die Teilnahme an der Ergotherapie geplant. Die Einzel- und Gruppenangebote beinhalten Malen, Seidenmalerei, Korbflechten, Tonarbeiten, Holzarbeiten, Singen, Kochen, Backen, Tischtennis, Kognitives Training, Gartenarbeit, etc. Die Ergotherapie dient dem Erhalten von körperlicher, geistiger und seelischer Beweglichkeit und der gezielten Förderung von motorischen, kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten. Außerdem fördert sie das gesellige Zusammensein und Knüpfen von Kontakten der Bewohner untereinander. Im Rahmen der Ergotherapie werden auch wohngruppenübergreifend Ausflüge und Unternehmungen geplant und durchgeführt.

44

Um die körperlichen Kräfte zu erhalten und die Körperwahrnehmung und Beweglichkeit gezielt zu fördern, gibt es auch Einzel- und Gruppenangebote der Bewegungstherapie.

45

Ziffer 9. Therapeutische Leistungen (Leistungsbereich SGB V)

46

Die ärztliche Versorgung ist durch die niedergelassene Ärzteschaft und durch ergänzende Vereinbarungen mit dem sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises L. sichergestellt. Die Einrichtung sorgt dafür, dass Bewohner Leistungen von niedergelassenen Ärzten sowie therapeutische Leistungen, die ärztlich verordnet wurden, in Anspruch nehmen. Dazu zählen unter anderem:

47

- Diagnostik und medizinische Versorgung bei kurrenten und chronischen Erkrankungen

- Psychosoziale Beratung

- Psychotherapie

- Logopädie

- Musiktherapie

- Physiotherapie

48

Die Diagnosen der Heimbewohner stellen sich dabei wie folgt dar:

49

- WG B: fünf Bewohner mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei einer Bewohnerin liegt zusätzlich eine leichte geistige Behinderung vor;

50

fünf Bewohner mit Hirnorganischen Störungen (primär Korsakow-Syndrom)

51

- WG A: vier Bewohner mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis

52

fünf mit Hirnorganischen Störungen

53

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

54

Es wird festgestellt, dass der Kläger eingruppiert ist in die Entgeltgruppe 8 und die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 01.01.2008 Vergütung aus der Entgeltgruppe 8 zu zahlen.

55

Die Beklagte hat beantragt,

56

die Klage abzuweisen.

57

Das Arbeitsgericht Schwerin hat der Klage mit Urteil vom 18.03.2009 vollumfänglich stattgegeben und im wesentlichen ausgeführt, die Eingruppierungsklage sei als Feststellungsklage zulässig und auch begründet. Der Anspruch sei gerechtfertigt, da die von dem Kläger zu verrichtende Tätigkeit fachliche Besonderheiten aufweise, so dass die Eingruppierungsmerkmale der vertieften Überlegung und besonderen Sorgfalt erfüllt seien. Der Kläger habe auf unterschiedlichste psychische Erkrankungen zu reagieren. So sei der Kläger in der Vergangenheit häufig gebissen, bespuckt und getreten worden. Darauf müsse der Kläger jeweils gesondert und fachgerecht reagieren. Dies setze ein vertieftes Fachwissen und ein besonders sorgfältiges Vorgehen voraus. Schließlich sei dem Kläger durch die Beklagte die Tätigkeit mit psychisch kranken Menschen auch ausdrücklich übertragen worden.

58

Gegen diese der Beklagten am 12.06.2009 zugegangene Entscheidung richtet sich ihre am 09.07.2009 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung. Die Berufungsbegründung ist nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung am 14.09.2009 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangen.

59

Die Beklagte hält an ihrer erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Das Regelbeispiel "Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie" sei nicht erfüllt, da der Begriff der "Psychiatrie" das medizinische Fachgebiet in einem psychiatrischen Krankenhaus betreffe. Diese Voraussetzung liege hier ersichtlich nicht vor. In dem Pflegeheim der Beklagten seien unter anderem in den Wohngruppen A und B heterogene Betreuungsteams vorhanden, so dass die psychologischen bzw. psychiatrischen Aufgaben von geschultem Fachpersonal wahrgenommen werde.

60

Mithin habe der Kläger ausschließlich Pflegetätigkeiten zu verrichten. Dies entspreche auch seiner Tätigkeitsbeschreibung (Blatt 69 bis 72 Band I d. A.) sowie der konkreten Arbeitsplatzbeschreibung des Klägers (Blatt 102, 103 Band I d. A.). Auch sei dieser Umstand ersichtlich aus den zur Akte abgereichten Schichtabläufen in den benannten Wohngruppen (Blatt 111 bis 115 Band I d. A.) sowie der beschriebenen Teamzusammensetzung nebst Beschreibung der regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Wohnbereich I einer Pflegefachkraft (Blatt 107, 108, 116 Band I d. A.).

61

Die Tätigkeit des Klägers sei mit der klassischen Tätigkeit "in der Psychiatrie" nicht zu vergleichen. Mithin habe das erstinstanzliche Gericht ohne weitere Prüfung und Würdigung der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen eine Tätigkeit für den Kläger angenommen, welche dieser tatsächlich nicht ausübe.

62

Die Beklagte beantragt,

63

1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 18.03.2009 - 11 Ca 1415/08 - aufzuheben und die Klage abzuweisen;

64

2. der Kläger/Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

65

Der Kläger beantragt,

66

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

67

Der Kläger ist der Auffassung, dass benannte Regelbeispiel "Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie" werde durch die von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten erfüllt. Die Tätigkeit in einer psychiatrischen Einrichtung und zwar unabhängig davon ob es sich dabei um ein Krankenhaus oder um ein Pflegeheim handele, stelle an die Pflegefachkräfte neben der pflegerischen Tätigkeit weitere und darüberhinausgehende Anforderungen. Es seien pflegerischen Leistungen (Grund- und Behandlungspflege) gegenüber verwirrten, desorientierten und psychisch kranken Menschen zu erbringen. Dies setze neben der pflegerischen Kompetenz ein besonderes Verständnis von und im Umgang mit psychischen Erkrankungen voraus. Mit diesen zusätzlichen Tätigkeiten seien die herausgehobenen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 erfüllt.

68

Dafür spreche auch der Inhalt der Konzeption für das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten. Diese Konzeption setze voraus, dass ein zusätzlich im psychiatrischen Bereich ausgebildetes Fachpersonal vorhanden sei. Dabei liege entgegen dem Vortrag der Beklagten die Hauptlast der psychiatrischen Pflege bei den Pflegefachkräften. So sei es Aufgabe der Pflegefachkräfte, die Pflegeplanung umzusetzen.

69

Den vorhandenen therapeutischen Kräften sei es nur zu einem sehr geringen Anteil des Tages möglich, sich um die Patienten therapeutisch zu kümmern. Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung und Betreuung erfolge durch die Pflegefachkräfte. Für diese Tätigkeit seien bei den Pflegefachkräften vertiefte und erweiterte Kenntnisse, nämlich Kenntnisse über psychiatrische Krankheiten, den angemessenen Umgang und therapeutische Möglichkeiten erforderlich.

70

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in der Berufungsinstanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

71

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Eingruppierungsfeststellungsklage des Klägers ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I.

72

Die Klage ist hinsichtlich der begehrten Feststellung der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu den AVR DWM (künftig: Entgeltgruppe) zulässig.

73

Das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse ist zu bejahen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass sich derzeit (im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung) auf Grund der an den Kläger zu zahlenden Besitzstandszulage keine geringere Bezahlung im Vergleich zu einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 ergibt. Zur Begründung kann insoweit auf die zutreffenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

74

Soweit der Kläger allerdings zusätzlich im Rahmen des gestellten Klageantrages die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihm ab dem 01.01.2008 Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 zu zahlen, so ist die Klage unzulässig. Denn der Kläger erhält zur Zeit unstreitig eine höhere Vergütung, als eine solche nach der Entgeltgruppe 8. Das heißt, das Klagebegehren geht der Höhe nach "ins Leere", da die Beklagte die vom Kläger geforderte Entgelthöhe tatsächlich erfüllt. Mithin ist insoweit das notwendige Feststellungsinteresse nicht ersichtlich.

75

Eine dahingehende Auslegung des Klageantrages, der Kläger wolle mit seiner Klage eine schlechtere Bezahlung mit Wirkung ab dem 01.01.2008 als die tatsächlich erhaltene Vergütung erreichen, verbietet sich im Übrigen von selbst.

II.

76

Die Klage ist hinsichtlich des Eingruppierungsfeststellungsantrages nicht begründet.

77

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes Schwerin reicht der Vortrag des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers unter Berücksichtigung des weiteren Sach- und Streitstandes nicht aus, um feststellen zu können, er sei ab dem 01.01.2008 in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert.

78

Gemäß § 12 Abs. 2 AVR DWM erfolgt die Eingruppierung der Mitarbeiter in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale sie erfüllen und die der Tätigkeit jeweils das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist. Nach § 12 Abs. 3 AVR DWM ist für die Eingruppierung nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit der Mitarbeiter maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation der Mitarbeiter.

79

In dem entsprechenden Eingruppierungskatalog der Anlage 1 zu den AVR DWM heißt es - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

80

"Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15)

81

A) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

82

Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

83

1. mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen

84

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

b. ...

2. ...

85

Richtbeispiele:

Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegerin,

...

B) ...

86

Entgeltgruppe 8 (Anm. 6, 7, 10, 11, 14)

87

A) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

88

Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit:

89

1. eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen

90

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

b. ...

2. ...

91

Richtbeispiele:

Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie,

...

92

B) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Entgeltgruppe 7

93

1. mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) und Leitungsaufgaben (Anm. 11) in den Tätigkeitsbereichen

94

a. Pflege/Betreuung/Erziehung,

b. ...

2. ...

95

Richtbeispiele:

Stationsleiterin,

Wohnbereichsleiterin,

..."

96

Die entsprechenden Anmerkungen lauten - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

97

"(6) Die eigenständig wahrgenommenen Aufgaben der Entgeltgruppe 7 und 8 setzen Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die in der Regel durch eine dreijährige Fachschulausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Eigenständig wahrgenommen bedeutet, dass für die Erledigung der übertragenen Aufgaben Entscheidungen über Mittel und Wege zur Erreichung von Arbeitsergebnissen selbst getroffen werden. Die Aufgaben, die im Klientenbezug weitergehende emotionale und soziale Kompetenz erfordern, beinhalten Tätigkeiten, die in verschiedenen Arbeitssituationen in unterschiedlichem Maße anfallen und wechselnde Anforderungen stellen.

98

(7) Die verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben der Entgeltgruppe 8 setzen vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die in der Regel durch eine dreijährige Fachschulausbildung oder eine mindestens zweieinhalbjährige Berufsausbildung mit Weiterqualifikationen aber auch anderweitig erworben werden können. Verantwortlich wahrgenommen bedeutet, dass Ziele und die dazu benötigten Lösungswege selbstständig erarbeitet werden.

99

(11) Leitungsaufgaben werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben ihrer Tätigkeit ausdrücklich übertragen und umfassen nicht alle der in der Anmerkung 10 beschriebenen Aspekte der Leitung.

100

(14) Schwierige Aufgaben weisen fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten auf, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern."

101

Bei der Festschreibung der vorbenannten Eingruppierungsvoraussetzungen sind zum Teil nicht näher konkretisierte Begrifflichkeiten verwendet worden, die der Auslegung bedürfen.

102

Dabei erfolgt die Auslegung der von der arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsrichtlinien den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Grundsätzen. Danach ist an Hand des Wortlautes der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne dabei am Buchstaben zu haften. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, ist der wirkliche Wille zu ermitteln, soweit er in den Arbeitsvertragsrichtlinien seinen Niederschlag gefunden hat. Zu berücksichtigen ist stets der Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen liefert und nur so der Sinn und Zweck der entsprechenden Regelung in den Arbeitsvertragsrichtlinien ermittelt werden kann. Lässt sich auch danach ein zweifelfreies Auslegungsergebnis nicht feststellen, können weitere Merkmale wie beispielsweise die Entstehungsgeschichte oder auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse in die Auslegung einbezogen werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (zur entsprechenden Auslegung von Tarifverträgen vgl. BAG vom 24. September 2008 - 10 AZR 669/07 -; juris).

103

Gemessen an den vorbenannten Voraussetzungen und unter Vornahme der gebotenen Auslegung an Hand der bezeichneten Auslegungsmerkmale sind die von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten nicht geeignet, um eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 rechtfertigen zu können.

1.

104

Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 B) 1. kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger keine entsprechend notwendigen Leitungsaufgaben verrichtet.

2.

105

Zudem erfüllen die vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten nicht die an die Entgeltgruppe 8 A) 1. zu stellenden Voraussetzungen.

a)

106

Der Auffassung des Klägers, er erfülle das Richtbeispiel "Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie", so dass allein daraus eine Eingruppierungsnotwendigkeit nach der Entgeltgruppe 8 A) 1. folge, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen.

107

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 AVR DWM für die Eingruppierung nicht die berufliche Qualifikation, sondern allein die ausgeübte Tätigkeit maßgeblich ist. Deshalb kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass seine berufliche Qualifikation der einer "Gesundheitspflegerin" entspricht. Jedoch ist die Tätigkeit einer Fachkraft in einem psychiatrischen Pflegeheim in der Wertigkeit nicht mit den Aufgaben einer Gesundheitspflegerin in einer Psychiatrie gleichzusetzen. Psychiatrie bedeutet Seelenheilkunde und ist als solche ein Fachgebiet der Medizin und umfasst beispielsweise Maßnahmen zur Diagnostik und zur nicht operativen Therapie (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage, Seite 1314).

108

Das heißt, nach dem Wortlaut des in Frage kommenden Richtbeispieles liegt das prägende Merkmal in der medizinischen Behandlung und Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen und nicht - wie es in dem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten unstreitig der Fall ist - in der pflegenden Betreuung. Dieses Ergebnis wird durch die Systematik der genannten Richtbeispiele in der Entgeltgruppe 8 A) 1. bestätigt. Denn auch bei der Gesundheitspflegerin im OP-Dienst sowie in der Intensivpflege steht jeweils die medizinische Heilbehandlung und nicht die pflegende Betreuung im Vordergrund. Für ein solches Verständnis sprechen schließlich auch die Festlegungen der arbeitsrechtlichen Kommission in der Überleitungstabelle als Anhang zur Anlage 1 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (ebenfalls Grundlage für die AVR DWM). Dort heißt unter der Bezeichnung Kr 71 A, 10/26 - soweit hier von Bedeutung - bei vorgesehener Überleitung in die Entgeltgruppe 7 wie folgt:

109

"Krankenschwestern und Krankenpfleger, die Pflegeaufgaben an Patientinnen und Patienten von psychiatrischen oder neurologischen Krankenhäusern, die nicht in diesen Krankenhäusern untergebracht sind, zu erfüllen haben ..."

110

Auch daran wird deutlich, dass die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Übertragung einer pflegenden Betreuungstätigkeit im Gegensatz zu einer medizinischen Behandlungstätigkeit von einer Zuordnung zur Entgeltgruppe 7 ausgeht. Dass bei dem psychiatrischen Pflegeheim der Beklagten die pflegende Betreuung in Vordergrund steht, ist dabei zwischen den Parteien unstreitig und entspricht im Übrigen der Ausrichtung des Heimes N. K. (insbesondere die Ausführungen zu Ziffer 2; Seite 51 bis 53 Band I d. A.).

b)

111

Auch der weitere Vortrag des Klägers vermag eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 A) 1 nicht zu begründen. Denn danach ist ein Anspruch auf Eingruppierung in die vorbenannte Entgeltgruppe dann gegeben, wenn die prägenden Bestandteile der von dem Arbeitnehmer konkret auszuübenden Tätigkeit ein vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen.

112

Die benannten Merkmale sind für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit eigenständiger Wahrnehmung von schwierigen Aufgaben in dem Tätigkeitsbereich Pflege zu bejahen. Das wiederum bedeutet, dass die prägenden Bestandteile der von dem Arbeitnehmer konkret auszuübenden Tätigkeit fachliche Besonderheiten aufweisen müssen, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern.

aa)

113

Soweit der Kläger zunächst offensichtlich meint, dass allein die Pflege psychisch erkrankter Menschen die benannten Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 erfüllt, so vermag dieser Ansatz nicht zu überzeugen.

114

In diesem Zusammenhang soll hier nicht verkannt werden, dass der Kläger tagtäglich eine ausgesprochen anstrengende und anspruchsvolle Arbeitssituation vorfindet und zu bewältigen hat. Andererseits ist zu bedenken, dass auch die Pflegefachkräfte in anderen (Alten-)Pflegeheimen mit einer Tätigkeit nach der Entgeltgruppe 7 vergleichbar belastende Arbeitsumstände vorfinden. So ist beispielsweise der Umgang mit demenzkranken Pflegefällen, die regelmäßig über ein erhöhtes Aggressionspotential verfügen, mit einem sehr hohen Belastungspotential für die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden. Keinesfalls lässt sich im Übrigen der Rückschluss ziehen, dass alle pflegebedürftigen Bewohner mit einem psychischen Krankheitsbild ausnahmslos und regelmäßig aggressiv gegenüber den dort beschäftigten Pflegefachkräften werden. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass bereits die Pflegefachkräfte mit Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe 7 sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht erheblichsten Arbeitsbelastungen ausgesetzt sind. Wenn damit allein die deutliche Belastungssituation eines Mitarbeiters mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben im Tätigkeitsbereich Pflege Bestandteil der Entgeltgruppe 7 ist, wird deutlich, dass die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Mecklenburg e. V. mit dem Merkmal der schwierigen Aufgaben nach der Anmerkung 14 des Eingruppierungskataloges eine zusätzliche Komponente verlangt, die zu der beschriebenen hohen Belastungssituation hinzutreten muss. Das heißt, neben den pflegerischen Tätigkeiten müssen weitere medizinische oder pädagogische oder psychologische Aufgabenstellungen durch den betroffenen Arbeitnehmer zu erfüllen sein. Diese zusätzlichen Aufgaben dürfen auch nicht nur vereinzelt oder untergeordnet anfallen. Vielmehr ist es erforderlich, dass gerade die Erfüllung dieser Aufgaben der konkret auszuübenden Tätigkeit jeweils das Gepräge geben (§ 12 Abs. 2 AVR DWM).

115

Allein der Umstand, dass der Kläger ausschließlich mit psychisch erkrankten Menschen zu tun hat, erfüllt die benannten Voraussetzungen nicht.

bb)

116

Mithin käme eine Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 8 A) 1 nur dann in Frage, wenn er hätte darlegen und gegebenenfalls beweisen können, mit welchen konkreten Tätigkeiten und Aufgabenstellungen er sich im Sinne der benannten Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 von Tätigkeiten einer Fachpflegekraft der Entgeltgruppe 7 abhebt. Ein entsprechend substantiierter Vortrag des Klägers ist nicht gegeben.

117

Die zur Akte abgereichte Arbeitsplatzbeschreibung eines Krankenpflegers (Blatt 69 bis 72 Band I d. A.) enthält keine Besonderheiten und insbesondere keine Heraushebungsmerkmale im Vergleich zu den Tätigkeiten einer Fachpflegekraft der Entgeltgruppe 7.

118

Auch die konkretisierende Arbeitsplatzbeschreibung für den Kläger begründet keine schwierigen Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 8 A) 1. Der Kläger ist danach für die Wohngruppen A und B zuständig. Dort sind zu betreuen 13 Bewohner mit der Pflegestufe 1, fünf Bewohner mit der Pflegestufe 2 und ein Bewohner mit der Pflegestufe 3, wobei die Aufenthaltsdauer direkt in der Wohngruppe B im Durchschnitt vier Jahre beträgt. In der Zeit von 2003 bis 2008 sind insgesamt in acht Fällen Krankenhauseinweisungen auf Grund der psychiatrischen Grunderkrankung zu verzeichnen gewesen, so dass sich auch insoweit keine auffälligen Besonderheiten ergeben.

119

Auch die Übersicht über den Schichtablauf in der Wohngruppe B (einschließlich Behandlungspflege in der Wohngruppe A) sowohl für die Frühschicht als auch für die Spätschicht lässt keinerlei Rückschlüsse auf schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 8 zu. Im Gegenteil bestätigen die dort aufgeführten Schichtabläufe den Vortrag der Beklagten. Denn die Beklagte hat insoweit schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen, dass die anfallenden psychiatrischen Aufgaben von geschultem Fachpersonal wahrgenommen werden und die Pflegefachkräfte im Wesentlichen mit den pflegerischen Tätigkeiten betraut sind. Dies entspricht auch der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers sowie der konkreten Arbeitsplatzbeschreibung (Blatt 102, 103 Band I d. A.) sowie den geschilderten Schichtabläufen in der Wohngruppe B (einschließlich Behandlungspflege in der Wohngruppe A).

120

Gestärkt wird dieser Umstand durch die vorgelegte Konzeption für das psychiatrische Pflegeheim der Beklagten. Denn dort ist ausdrücklich festgelegt, dass die notwendige intensivere Pflege und Betreuung nur durch eine zusätzlich im psychiatrischen Bereich ausgebildetes Fachpersonal gewährleistet werden kann.

121

Diesem Vortrag begegnet der Kläger mit der Behauptung, die zusätzlich notwendigen psychologischen und pädagogischen Betreuungsaufgaben würden nicht nur von dem unstreitig vorhandenen psychologischen bzw. pädagogischen Fachpersonal ausgeführt, sondern auch von den Pflegefachkräften und damit auch von ihm selbst. Die von dem Kläger vorgebrachte Begründung für seinen Klageanspruch ist jedoch zu pauschal und auch für die Beklagte nicht einlassungsfähig. Denn es fehlt insoweit an konkretem Sachvortrag, als nicht ersichtlich wird, welche zusätzlichen psychologischen oder pädagogischen Aufgaben täglich in welchem zeitlichen Umfang durch den Kläger in der Vergangenheit verrichtet worden sein sollen. Ganz im Gegenteil ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen und insbesondere aus der Arbeitsplatzbeschreibung und den abgereichten Schichtplänen keinerlei Hinweise darauf, dass der Kläger in die zusätzlichen pädagogischen und psychologischen Betreuungsangebote der Beklagten an die Heimbewohner einbezogen worden ist.

III.

122

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.

123

Die Revisionszulassung folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

124

Dem Rechtsstreit ist zur Überzeugung der Kammer grundsätzliche Bedeutung beizumessen, da der zu behandelnde Eingruppierungskatalog landesübergreifend für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland zu berücksichtigen ist.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 21. Apr. 2010 - 3 Sa 203/09

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Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 21. Apr. 2010 - 3 Sa 203/09 zitiert 5 §§.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.