Tenor

I.

Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II.

Das Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 21. März 2017 (13 Ca 61/16) wird in der Hauptsache aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst.

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2017 angefallenen Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit ab dem 1. Oktober 2017 angefallenen und zukünftig anfallenden Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten, wahlweise der Klägerin Arbeitsbefreiung ohne Wegfall der Vergütung im Umfang von 20 Prozent einer Stunde für jede Arbeitsstunde in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens zu gewähren.

3. Es wird festgestellt, dass auf die Verpflichtung nach Ziffern 1 und 2 der arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung nur angerechnet werden kann, soweit dieser Zuschlag für Arbeiten in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens gewährt wurde oder zukünftig gewährt wird.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Höhe des angemessenen Zuschlags für die Nachtarbeit nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG), die die Klägerin im Rahmen ihrer Altenpflegetätigkeit leistet.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten in A-Stadt als Pflegefachkraft beschäftigt. Die nicht tarifgebundene bundesweit aktive Beklagte betreibt in A-Stadt unter anderem die Einrichtungen W. und H.. Die Klägerin ist regulär im H. eingesetzt, vertretungsweise wird sie auch in der W. tätig.

3

Das H. ist auf die Pflege und Betreuung von Senioren ausgerichtet. Die Einrichtung umfasst ungefähr 60 Zimmer, in denen im Mittel 80 ältere Menschen mit unterschiedlichen Pflegegraden und unterschiedlichsten – häufig chronischen – Erkrankungen betreut werden. Die Beklagte ist der Behauptung der Klägerin, die Einrichtung habe sich auf die Beherbergung demenzkranker Bewohner spezialisiert, nicht entgegengetreten. Die Einrichtung ist in einem Gebäudekomplex mit zwei Stockwerken untergebracht.

4

Die Personalbesetzung tagsüber ist nicht weiter aufgeklärt. Nachts ist die gesamte Einrichtung lediglich mit einer Pflegefachkraft und einer Pflegehilfskraft besetzt.

5

In der Nachtschicht fallen planbare Arbeiten an und es muss auf nicht planbare Ereignisse reagiert werden.

6

Zum Bereich der planbaren Arbeiten gehört die Medikamentengabe und die Vornahme von Messungen (beispielsweise Blutzucker oder Blutdruck). Bei Bewohnern, die einen Katheder tragen, und bei inkontinenten Bewohnern müssen auch nachts die Hilfsmittel gewechselt werden. Bei Bedarf werden Magensonden oder Trachialkanülen kontrolliert und gegebenenfalls wieder funktionstüchtig gemacht. Die dekubitus-gefährdeten Bewohner werden auch nachts umgelagert. Schließlich müssen anlasslose Kontrollgänge durch das Gebäude und alle Zimmer gemacht werden. In den letzten Stunden der Nachtschicht fallen zusätzlich Vorbereitungsarbeiten für das Frühstück an.

7

Zusätzlich fallen regelmäßig anlassbezogene nicht planbare Tätigkeiten an. Da die dort wohnenden Personen häufig krankheitsbedingte Ein- und Durchschlafschwierigkeiten haben, wird die Anzahl der unregelmäßigen Einsatzereignisse in der Nachtschicht von den Beschäftigten als sehr hoch eingeschätzt. Beispielsweise müssen verwirrte Bewohner auf den Fluren wieder ins Bett gebracht werden, oder es müssen Bewohner, die nach der Schwester rufen, versorgt oder beruhigt werden. Bewohner mit gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus müssen gegebenenfalls nachts beschäftigt werden.

8

Als besonders belastend wird von den Pflegekräften die Sterbebegleitung empfunden. Verstirbt einer der Bewohner während der Nachtzeit, müssen die anwesenden Pflegekräfte – wenn keine Angehörigen anwesend sind – die Sterbenden begleiten, nach dem Versterben die notwendigen organisatorischen Schritte einleiten und sich gegebenenfalls auch um die Angehörigen kümmern. Es ist unstreitig, dass Sterbefälle nachts häufiger sind als tagsüber. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung allerdings behauptet, in den letzten 2 Jahren hätte es nachts nur einen einzigen Sterbefall gegeben.

9

Da nachts in der Einrichtung nur die zwei Arbeitnehmerinnen mit der pflegerischen Aufgabenstellung beschäftigt sind, müssen diese bei Bedarf auch Aufgaben einer Reinigungskraft wahrnehmen, etwa wenn außer der Reihe mal etwas geputzt oder weggewischt werden muss.

10

Viele der nachts dort eingesetzten Pflegekräfte nutzen die Nachtzeit zusätzlich dafür, tagsüber liegengebliebene Schreibarbeiten (notwendige Dokumentationsarbeiten) zu erledigen. Auch andere Arbeiten, die zeitlich geschoben werden können, werden von den Mitarbeitern gelegentlich in die Nachtschicht verschoben, so etwa die Medikamentenbestellung oder notwendige Reinigungsarbeiten an Rollatoren.

11

In beiden Einrichtungen wird nach Dienstplan in Wechselschicht gearbeitet. Einige Dienstplanparameter sind durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 9. Mai 2005 vorgegeben. Danach können bis zu vier Nachtschichten in Folge angeordnet werden und nach einem Nachtschichtblock müssen mindestens zwei freie Tage gewährt werden. Die Nachtschicht weist eine Bruttoschichtlänge von 10,5 Stunden (19:45 Uhr bis 06:15 Uhr) auf. Nach den Dienstplänen ist in ihr eine Pause von 45 Minuten, die nach Mitternacht liegt, ausgewiesen. Die Klägerin war nach ihren eigenen Angaben in den letzten Jahren im Durchschnitt 32-mal pro Jahr in der Nachtschicht eingesetzt.

12

Die Bruttovergütung der Klägerin beträgt derzeit 1.800,00 Euro zuzüglich einer Leistungszulage in Höhe von 50,00 Euro brutto monatlich bei einer Wochenarbeitszeit der teilzeitbeschäftigten Klägerin von 35 Stunden. Die Klägerin errechnet sich daraus einen Stundenlohn in Höhe von 11,69 Euro brutto. Die Klägerin arbeitet nach Dienstplan in Wechselschicht mit Früh-, Spät- und Nachtschichten.

13

In § 5 Nr. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrages der Parteien aus Juni 2011 ist für die Arbeit während der Zeit von 22:00 Uhr abends bis 06:00 Uhr morgens ein Zuschlag in Höhe von 1,00 Euro brutto pro Stunde vereinbart. Außerdem hat die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 9. Mai 2005 eine Gesamtbetriebsratsvereinbarung abgeschlossen, deren Ziffer 11 auszugsweise wie folgt lautet:

14

"Den gesamten Mitarbeitern wird arbeitgeberseitig zugesagt, soweit nicht individualvertraglich eine günstigere Regelung besteht, dass neben der Zeitgutschrift für die tatsächliche Arbeitsleistung folgende Zeitzuschläge gewährt werden:

15

a) Für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr 1,00 Euro pro Stunde

b) ..."

16

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält außerdem eine Regelung zum Verfall von Ansprüchen mittels Ausschlussfristen. Nach § 12 des Arbeitsvertrages verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

17

Die Klägerin hat außergerichtlich gemeint, der ihr gewährte Nachtarbeitszuschlag sei nicht angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG, ihr stünde ein Nachtzuschlag in Höhe von 25 Prozent zu. Die Klägerin hat den Anspruch auf weiteren Nachtzuschlag erstmals am 28. April 2016 für die Zeit ab Juni 2015 außergerichtlich geltend gemacht.

18

Da die Beklagte eine Verbesserung des gewährten Zuschlags abgelehnt hat, verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der vorliegenden Klage in Form von Feststellungsanträgen weiter. Die Klage ist Ende Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangen und wurde der Beklagten am 13. Juni 2016 zugestellt.

19

Das Arbeitsgericht Stralsund – Kammern Neubrandenburg – hat mit Urteil vom 21. März 2017 (13 Ca 61/16) in der Hauptsache – bei Klageabweisung im Übrigen – festgestellt, dass der Klägerin ein Ausgleichsanspruch im Umfang von 20 Prozent zustehe, der nach Wahl der Beklagten als Zuschlag auf das Entgelt oder als Freizeitausgleich auf die geleistete Arbeitszeit zu leisten sei. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf etwas über 1.288 Euro festgesetzt und der Beklagten 70 Prozent der Kosten auferlegt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

20

Gegen dieses Urteil hat allein die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt und fristgemäß begründet worden. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte nach wie vor das Ziel, die Klage vollständig abzuweisen.

21

Die Klägerin hat ihren Klageantrag im Berufungsrechtszug auf Anregung des Gerichts in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt und im Übrigen neu formuliert. Die Beklagte ist der Antragsänderung nicht entgegengetreten.

22

Die Beklagte hält die Klage bereits für unzulässig, da es der Klägerin möglich sei, den Klageantrag zu beziffern und Leistungsklage zu erheben. Die Beklagte beruft sich wegen der älteren Ansprüche zudem auf die Ausschlussfrist aus dem Arbeitsvertrag.

23

Der Sache nach hilfsweise meint die Beklagte, der von ihr geleistete Nachtzuschlag in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde sei angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG. Mit diesem Zuschlag werde ein Ausgleich von rund 11 Prozent auf das Entgelt während der Nachtstunden gewährt. Das sei angesichts der Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im Bereich der Beklagten ein angemessener Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG.

24

Der angemessene Nachtzuschlag sei im Bereich der pflegerischen Tätigkeiten mit 10 Prozent zu bemessen. Das Bundesarbeitsgericht sei in einer Entscheidung den Wachdienst betreffend zu der Einschätzung gekommen, dass 10 Prozent Nachtzuschlag ausreichend seien, wenn der Zweck, die Nachtarbeit zu verteuern, um sie möglichst zu vermeiden, keine Rolle spielen könne, da die Tätigkeit grundsätzlich nicht tagsüber erfolgen könne (Verweis auf BAG 11. Februar 2009 — 5 AZR 148/08). Auch in seinem Urteil vom 31. August 2005 (5 AZR 545/04) habe das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass für Angehörige des Rettungsdienstes ein Nachtzuschlag im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG in Höhe von 10 Prozent des Arbeitsverdienstes angemessen sei. Durch den Zuschlag sollen für den Personenkreis nur die mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwernisse abgegolten werden. Der Zweck, die Nachtarbeit einzuschränken, sei – so das Gericht – im Rettungsdienst nicht erreichbar, da der Rettungsdienst der öffentlichen Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung diene. Zutreffend habe daher auch das LAG Köln in seiner Entscheidung vom 2. September 2005 — 12 Sa 132/05 — allein das Kriterium des Gesundheitsschutzes für Zeitungszusteller bewertet und daher den angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit ebenfalls mit 10 Prozent bemessen. Diese zutreffende Argumentation des Bundesarbeitsgerichts und des LAG Köln müsse auch auf die Bewertung der Nachtarbeit in der Pflege übertragen werden. Hier sei für eine Sanktionierung im Sinne einer Verteuerung, um die Nachtarbeit einzudämmen und auszuschließen, kein Raum. Der Sanktionierungsaspekt müsste daher unberücksichtigt bleiben.

25

Vorliegend könne daher nur der Aspekt des Gesundheitsschutzes zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt werden. Dieser sei mit einem Ausgleich im Umfang von 10 Prozent angemessen bewertet.

26

Im Übrigen sei es ein erhebliches Indiz für die Angemessenheit des vorliegend gewährten Nachtzuschlags, dass die Betriebsparteien mit Gesamtbetriebsvereinbarung vom 9. Mai 2005 es als angemessen ansehen haben, den Nachtzuschlag mit 1,00 Euro pro Nachtarbeitsstunde zu bewerten.

27

Dabei müsse auch die Zusatzvergütung, die für die Spätarbeit vor 23:00 Uhr gezahlt werde, einbezogen werden, da auch damit ein Ausgleich für die Nachtarbeit geleistet werde. Verteile man vorliegend den bisher gezahlten Zuschlag von 1,00 Euro für 8 Stunden Nachtarbeit, auf die siebenstündige gesetzliche Nachtarbeitszeit, werde durch die Beklagte bereits derzeit ein Nachtzuschlag annähernd in der hier verlangten Höhe gezahlt. Bei der Berechnung müsse man zusätzlich beachten, dass die Klägerin und ihre Kolleginnen tatsächlich nur 6,25 Stunden Nachtarbeit pro Nachtschicht leisten, da in die Zeit zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens auch die 45-minütige nicht vergütungspflichtige Pause falle. Die Klägerin werde also für 6,25 Nachtstunden Arbeit mit 8,00 Euro Nachtzuschlag entschädigt, was bei dem klägerseits angegebenen Stundenlohn in Höhe von 11,69 Euro einem Zuschlag in Höhe von rund 11 Prozent entspreche.

28

Weder in der W. noch im H. seien die Belastungen während der Nachtarbeit als ungewöhnlich hoch zu bewerten.

29

Nicht berücksichtigt werden könnten von vornherein die Arbeiten, die die Pflegekräfte eigentlich tagsüber zu erledigen haben, die sie jedoch in die Nachtzeit schieben (Medikamentenbestellung, Reinigungsarbeiten an Rollatoren u.ä, Pflegedokumentation und sonstige Büroarbeiten). Es gebe keine Anweisung der Beklagten, entsprechend zu verfahren. Hilfsweise müsse berücksichtigt werden, dass diese Arbeiten nicht in jeder Nachtschicht anfallen würden.

30

Die Belastungen während der Nachtarbeit würden die Belastungen, die die pflegerische Tätigkeit ohnehin mit sich bringe, nicht übersteigen. Generell würde nachts weniger Arbeit anfallen, da die Bewohner schlafen. Bei dementen Bewohnern sei zwar mit gewissen Verhaltensauffälligkeiten auch in den Nachtzeiten zu rechnen, das sei jedoch eine betriebstypische Belastung, die auch tagsüber auftrete. Kennzeichnend für die Nachtarbeit seien daher im Wesentlichen nur die routinemäßigen nächtlichen Kontrollgänge. Diese mögen zeitaufwendig sein, sie erhöhten die Belastung, die mit der Arbeit in der Nacht verbunden ist, jedoch nicht wesentlich. Die geringere Besetzung mit Personal werde durch den geringeren Anfall von Arbeit in den Nachtstunden ausgeglichen. In der Nacht sei die Belastung des Personals keinesfalls höher als tagsüber, allenfalls könne man von einer gleichwertigen Belastung sprechen.

31

Die Beklagte beantragt,

32

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 21. März 2017 (13 Ca 61/16) abzuändern und die Klage abzuweisen.

33

Die Klägerin beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen und nach den umgestellten Anträgen nunmehr wie folgt zu erkennen:

1.

35

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2017 angefallenen Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten;

2.

36

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit ab dem 1. Oktober 2017 angefallenen und zukünftig anfallenden Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten, wahlweise der Klägerin Arbeitsbefreiung ohne Wegfall der Vergütung im Umfang von 20 Prozent einer Stunde für jede Arbeitsstunde in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens zu gewähren.

3.

37

festzustellen, dass auf die Verpflichtung nach Ziffern 1 und 2 der arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung nur angerechnet werden kann, soweit dieser Zuschlag für Arbeiten in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens gewährt wurde oder zukünftig gewährt wird.

38

Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein Nachtzuschlag mindestens in der zugesprochenen Höhe von 20 Prozent zum arbeitsvertraglichen Bruttolohn zu. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (Verweis auf BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14) sei im Regelfall davon auszugehen, dass Arbeitnehmer für Nachtarbeitszeiten ein 25-prozentiger Nachtzuschlag zu gewähren sei, daher seien die zugesprochenen 20 Prozent jedenfalls nicht zu hoch angesetzt. Gründe, die dafürsprechen, im vorliegenden Fall nach unten abzuweichen, lägen nicht vor.

39

Die Klägerin meint, die bisher gewährten Zuschläge würden keinen angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit darstellen. Das Bundesarbeitsgericht habe ausgeführt, dass Zweck des § 6 Absatz 5 ArbZG unter anderem der Gesundheitsschutz sei und die gesetzlichen Regelungen auch einen Sanktionscharakter zur Vermeidung unnötiger Nachtarbeit habe. Diese beiden Kriterien seien jedoch nicht die einzigen ausschließlichen Kriterien die für die Angemessenheitsprüfung von Relevanz seien. Vielmehr handele es sich um Beispiele, was sich auch der Gesetzesbegründung des Arbeitszeitgesetzes entnehmen lasse. Neben der unbestreitbaren Gesundheitsbeeinträchtigung sei zu berücksichtigen, dass Nachtarbeit auch zu Beeinträchtigungen der familiären und sozialen Bindungen führe, die Wach- und Schlafzeiten störe und das Interesse der Familienmitglieder – insbesondere der Kinder – nach körperlicher und emotionaler Nähe verletze. Durch die Nachtarbeit könnten Kulturveranstaltungen nicht besucht werden und gemeinsame Familienzeit werde unmöglich. Ebenso würden Behördengänge bzw. Arztbesuche erschwert. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit sei bei wechselnden Arbeitszeiten mit Nachtdiensten nur eingeschränkt möglich.

40

Auch der von der Beklagten gezogene Vergleich zu den Berufsgruppen, zu denen bereits Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vorliegen, sei nicht überzeugend. Die Tätigkeit als Altenpflegerin sei nicht mit der Tätigkeit im Rettungsdienst vergleichbar. Im Gegensatz zu der Tätigkeit als Rettungssanitäter falle im Rahmen der Altenpflege nicht in erster Linie Rufbereitschaft an. Vielmehr seien die Nachtschichten besonders lang, besonders arbeitsintensiv und psychisch besonders belastend. Es komme außerdem zu einer Arbeitsverdichtung in der Nacht, da nachts bedeutend weniger Personal zur Verfügung stehe und der Verantwortungsbereich dementsprechend größer als tagsüber sei. Die Klägerin müsse unter hohem Termindruck arbeiten und insbesondere bei der Gabe von Medikamenten und Infusionen höchst konzentriert sein.

41

Demente Patienten hätten im Regelfall einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus oder zumindest Durchschlafstörungen und sie müssten daher nachts permanent beaufsichtigt und immer wieder in ihre Zimmer gebracht werden. Bei 60 Zimmern erfordere allein die Durchführungen der regelmäßigen Anwesenheitskontrolle einen erheblichen Zeitaufwand. Dazu komme, dass sich bei nur 2 tätigen Mitarbeitern durch die umfangreichen Aufgaben die Arbeiten konzentrierten und Pausenzeiten dementsprechend oft verlegt und verkürzt werden müssten.

42

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

43

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die inzwischen präzisierte und in zeitlicher Hinsicht eingeschränkte Klage ist zulässig und begründet. Das hat das Arbeitsgericht mit überwiegend zutreffenden Erwägungen, denen sich das Berufungsgericht insoweit anschließt, begründet.

44

In Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts wie folgt zu ergänzen.

A.

45

Die Berufung ist zulässig.

46

Da das Arbeitsgericht die Berufung nicht gesondert zugelassen hat, kann sie nur aufgrund des Überschreitens des notwendigen Beschwerdewerts zulässig sein. Nach § 64 Absatz 2 Buchst. b) ArbGG muss dafür der Beschwerdewert mehr als 600 Euro betragen. Das ist hier der Fall.

47

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert des Urteils auf 1.288,59 Euro festgesetzt und hat der Beklagten 70 Prozent der Kosten auferlegt. Die Kostenquote ist zutreffend berechnet. Die Beklagte zahlt derzeit einen Aufschlag, den man – je nach Rechenweise – mit ungefähr 10 Prozent oder einem Prozentpunkt darüber oder darunter bewerten kann. Die Klägerin hat damit einen um rund 15 Prozentpunkte höheren Ausgleich eingeklagt und ihr ist ein Ausgleich, der rund 10 Prozentpunkte über dem derzeitigen Ausgleich liegt, zugesprochen worden. Sie hat daher überschlägig zu 2 Drittel gewonnen und zu 1 Drittel verloren.

48

Damit beträgt die Beschwer der Beklagten durch das angegriffene Urteil etwas über 900 Euro und liegt damit über dem notwendigen Schwellenwert aus § 64 Absatz 2 ArbGG.

49

Es besteht auch kein Anlass, bei der Berechnung der Beschwer von dem ausgeurteilten Streitwert abzuweichen. Das Arbeitsgericht hat die Herleitung des Streitwertes zwar nicht begründet, sondern nur mitgeteilt, man habe den Wert auf Basis des unstreitigen Vortrags von 32 Nachtschichten im Jahr berechnet. Die von der Klägerin verlangte Erhöhung der Zulage um rund 15 Prozentpunkte kann man überschlägig mit 1,50 Euro pro Nachtstunde bewerten. Wenn man aufgrund des erstinstanzlichen klägerischen Antrags von 8 Nachtstunden ausgeht, lässt sich der wirtschaftliche Wert des Streits der Parteien vor dem Arbeitsgericht pro Jahr mit 384,00 Euro ausdrücken. Maßgebend für die Streitwertberechnung dürfte der Dreijahreswert aus § 42 GKG sein, der sich nach der vorliegenden überschlägigen Berechnung auf 1.152,00 Euro beläuft. Ein Abschlag des Wertes in Hinblick auf die gestellten Feststellungsanträge ist nicht geboten. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Beklagte, sollte der Rechtsstreit zu ihren Lasten ausgehen, die Konsequenzen tragen und entsprechende Zahlungen vornehmen wird.

B.

50

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klage ist zulässig und im jetzt allein noch rechtshängigen Umfang auch begründet.

I.

51

Die Klage ist zulässig.

1.

52

Die beantragten Feststellungen sind ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO.

53

Dem Vorbringen der Klägerin ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Absatz 5 ArbZG bezieht. Die Klägerin begehrt die Feststellung des Bestehens und der Höhe des Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang.

54

Den Geltungsbereich der begehrten Feststellung haben die Parteien zu Protokoll des Gerichts dadurch klargestellt, dass diese nur für die Zeit der Teilnahme der Klägerin an der Wechselschicht gelten soll.

55

Die Parteien haben auf Anregung des Gerichts auch zu Protokoll erklärt, dass die begehrte Feststellung den eventuell gegebenen Anspruch auf höhere Zuschläge (beispielsweise bei Nachtarbeit an Feiertagen) nicht einschränken soll.

2.

56

Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Absatz 5 ArbZG. Eine Feststellungsklage nach § 256 Absatz 1 ZPO kann sich auch auf einzelne Ansprüche eines umfassenderen Rechtsverhältnisses beschränken (Elementfeststellungsklage, vgl. beispielsweise BAG 15. April 2015 – 10 AZR 250/14 – AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

3.

57

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn einen angemessenen Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG gewährt hat oder ob der Klägerin für ihre geleistete Nachtarbeit ein weitergehender Ausgleichsanspruch zusteht.

58

Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Feststellungsantrag ist daher geeignet, den Rechtsfrieden im Arbeitsverhältnis der Parteien wiederherzustellen.

59

Dem steht nicht entgegen, dass sich in der Anwendung des durch die gerichtliche Feststellung fixierten angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit weitere Probleme ergeben können, die sich bereits jetzt abzeichnen. Dabei geht es im Einzelnen unter anderem um die Frage, ob die in den Dienstplänen ausgewiesene Pause als Pause im Sinne von § 4 ArbZG anerkannt werden kann und um die weitere Frage, wie man die Höhe des der Klägerin zustehenden Stundenlohns, der Basis für einen prozentual bestimmten Aufschlag, bestimmen muss. Obwohl es sich bereits im hiesigen Rechtsstreit abzeichnet, dass die Auffassungen der Parteien in diesen Fragen nicht übereinstimmen, ergibt sich dagegen kein Argument gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages, da mit der begehrten Feststellung jedenfalls die Grundfragen der Bemessung des angemessenen Ausgleichs für die Belastungen der Nachtarbeit geklärt werden.

60

Wegen der ausreichenden Befriedungsfunktion der begehrten Feststellung bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass sich die Feststellung auch auf vergangene Zeiträume bezieht; eine Rechtspflicht, zum Leistungsantrag überzugehen, besteht nicht (BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14 — BAGE 153, 378 = NZA 2016, 426 = AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG).

4.

61

Das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung ist auch nicht für die Zeiträume in der Vergangenheit entfallen, für die die Klägerin bei wortgetreuer Anwendung der arbeitsvertraglichen Verfallklausel wegen Verfalls gar keine Ansprüche mehr durchsetzen könnte.

62

Zum einen verlangt die Klägerin vorliegend allein die Feststellung, dass der Ausgleichsanspruch jedenfalls in der vom Gericht zugesprochenen Höhe für alle Nachtarbeitsstunden seit dem 1. Januar 2015 entstanden ist. Ob er inzwischen noch erfüllt werden muss, ist damit nicht Teil des zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Anspruchs.

63

Aber selbst dann, wenn man das Feststellungsinteresse für zurückliegende Zeiträume verneinen würde, soweit daraus wegen des Eingreifens von Verfallsfristen keine wirtschaftlichen Folgerungen mehr gezogen werden könnten, ergäbe sich daraus vorliegend keine weitere Einschränkung des Feststellungsinteresses für Zeiträume aus der Vergangenheit. Denn die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag keine wirksame Verfallsklausel vereinbart.

64

§ 12 des im Juni 2011 unterzeichneten Arbeitsvertrages der Parteien, der heute noch maßgeblich ist, sieht folgende Regelungen zum Verfall von Ansprüchen vor:

65

"§ 12 Ausschlussfristen

1.

66

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

2.

67

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

3.

68

Dies gilt nicht für Ansprüche aus strafbaren Handlungen. …"

69

Diese arbeitsvertragliche Regelung ist mit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes zum 1. Januar 2015 unwirksam geworden, da sie gegen das Transparenzgebot aus § 307 Absatz 1 BGB verstößt.

70

Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB) ist auf den Arbeitsvertrag der Parteien anzuwenden, da es sich um einen von der Beklagten vorformulierten Vertragstext handelt, der – was das Gericht aus den zahlreichen Parallelverfahren weiß – in einer Vielzahl von Fällen zur Anwendung gekommen ist.

71

Nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung auch aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (BAG 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 – AP Nr. 1 zu § 9 AEntG = NZA 2016, 1539; 21. Januar 2015 – 10 AZR 84/14 – AP Nr. 8 zu § 92 HGB = NJW 2015, 2364; BAG 17. August 2011 – 5 AZR 406/10 – AP Nr. 55 zu § 307 BGB = NJW 2012, 552 = DB 2011, 2550). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH 25. November 2015 – VIII ZR 360/14 – BGHZ 208, 52 = NJW 2016, 936; BGH 5. Oktober 2005 – VIII ZR 382/04 – NJW 2006, 211).

72

Hieran gemessen ist die Ausschlussfristenregelung des § 12 des Arbeitsvertrags der Parteien intransparent. Die Klausel stellt die Rechtslage irreführend dar und suggeriert dem durchschnittlichen Arbeitnehmer, er müsse auch seinen Anspruch auf Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) innerhalb der dort vorgesehenen Fristen außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Damit besteht die Gefahr, dass bei Verstreichen dieser Fristen der Arbeitnehmer den Anspruch auf Mindestlohn nicht mehr durchsetzt, obwohl nach § 3 MiLoG noch kein Verfall eingetreten ist. Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des MiLoG – hier zutreffend – der Anspruch auf den Mindestlohn nach § 1 MiLoG von einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (BAG 28. August 2016 aaO mit weiteren Nachweisen zu der vergleichbaren Regelung über den Mindestlohn in der Pflegebranche).

73

Diese notwendige Klarstellung fehlt in der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung der Parteien.

74

Es ist unerheblich, dass die Parteien vorliegend nicht um Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz streiten, denn die intransparente Regelung bezogen auf die klägerischen Ansprüche aus diesem führt zur vollständigen Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Verfallsklausel, denn sie kann nicht sinnvoll in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufgeteilt werden. Das liegt daran, dass der Klausel eine einschränkende Formulierung fehlt, wie sie in § 12 Punkt 3 des Arbeitsvertrages für den Fall von Ansprüchen aus strafbaren Handlungen ausdrücklich aufgenommen wurde.

75

Eine zusätzliche Einschränkung der zu weitgehend formulierten Ausschlussfrist mittels ergänzender Vertragsauslegung einzufügen, kommt vorliegend nicht in Betracht. Dies würde voraussetzen, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und das Unterbleiben der Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet. Der Wegfall der Klausel muss den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt den Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist (BAG 24. August 2016 aaO). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die bei Wegfall der Verfallklausel greifenden Verjährungsregeln bieten einen hinreichenden Interessenausgleich.

76

Insoweit weicht das Berufungsgericht von der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ab. Das hatte gemeint, die Fälligkeit eines weiteren Zuschlags sei auch für Zeiträume in der Vergangenheit noch gar nicht eingetreten, da die Beklagte insoweit ihr Wahlrecht noch gar nicht ausgeübt hätte. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 9. Dezember 2015 aaO Randnummer 52 ff).

II.

77

Die Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der angemessene Nachtzuschlag im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG im Falle der Klägerin nicht unterhalb von 20 Prozent angesetzt werden kann. Die dagegen vorgetragenen Angriffe der Beklagten rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht.

1.

78

Die Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit der Klägerin nach § 6 Absatz 5 ArbZG beträgt mindestens 20 Prozent pro geleisteter Nachtarbeitsstunde im Sinne von § 2 Absatz 3 ArbZG (23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens).

79

Die Klägerin kann Ansprüche aus § 6 Absatz 5 ArbZG geltend machen, da sie Nachtarbeitnehmerin im Sinne von § 2 Absatz 5 ArbZG ist, denn sie arbeitet nach Dienstplan in Wechselschicht. Ihr steht ein angemessener Ausgleich für die Nachtarbeit zu, da eine tarifliche Regelung nicht besteht. Weder ist die Beklagte tarifgebunden, noch haben die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifwerks vereinbart.

80

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass im Betrieb der Beklagten und für die Arbeitsaufgabe der Klägerin ein Ausgleich in Höhe von 20 Prozent auf jede Stunde der Nachtarbeit oder eine entsprechende bezahlte Freistellung angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG ist. Da die Klägerin diese Feststellung nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat, kann und braucht das Berufungsgericht nicht zu entscheiden, ob der angemessene Ausgleich für die Nachtarbeit unter Umständen auch noch höher hätte bewertet werden können.

81

Der Auffassung der Beklagten, das Arbeitsgericht habe den Ausgleich für die Nachtarbeit mit 20 Prozent zu hoch bemessen, kann jedenfalls nicht gefolgt werden.

a)

82

Nach § 6 Absatz 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit – wie vorliegend – eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Absatz 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt.

83

Im Regelfall führt ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von zusätzlichen bezahlten freien Tagen zu einem angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG (BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14 — BAGE 153, 378 = NZA 2016, 426 = AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG). Davon kann es Abweichungen nach oben wie nach unten geben.

84

Im Einzelfall maßgeblich ist die mit der Nachtarbeit verbundene Belastung. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich damit nach der Gegenleistung, für die er bestimmt ist (BAG 9. Dezember 2015 aaO). Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich gegenüber dem Regelwert in Höhe von 25 Prozent erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. In anderen Fällen kann nach § 6 Absatz 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich ausreichend sein, nämlich dann, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil beispielsweise in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um einen nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist.

b)

85

Gemessen an diesem Kriterium gibt es vorliegend keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag geringer anzusetzen als im Regelfall.

86

Die Beklagte räumt ein, dass die Belastung der in der Nachtschicht eingesetzten Pflegekräfte mit den Belastungen der Pflegekräfte in der Früh- und Spätschicht vergleichbar sei. Die Verringerung der in der Nacht geforderten Leistungen gleiche sich in etwa mit der Erweiterung des Verantwortungsbereichs durch die geringere Personalbesetzung aus.

87

Legt man diese Feststellung zu Grunde, gibt es keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag abweichend vom Regelfall mit weniger als 25 Prozent zu bemessen. Denn der Bezugspunkt für den notwendigen wertenden Vergleich ist nicht die Belastung der Früh- und Spätschicht in den Einrichtungen der Beklagten, sondern die übliche Belastung während der Nachtschicht in anderen Betrieben und Branchen. Da die Belastungen in der Nachtschicht in vielen Bereichen durch Überwachungstätigkeiten und Wartezeiten geprägt ist, die nur gelegentliches anlassbezogenes aktives Arbeiten erfordern, reicht schon das Eingeständnis der Beklagten, die Belastung in der Nachtschicht sei mit den Belastungen in der Früh- und Spätschicht vergleichbar, aus, um zu der Feststellung zu gelangen, die Belastungen in der Nachtschicht bei der Beklagten sei höher als die übliche Belastung in der Nachtschichtarbeit.

c)

88

Eine Herabsetzung der Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit mit Rücksicht auf ihre Unvermeidbarkeit in den Pflegeeinrichtungen der Beklagten ist nicht möglich.

89

Von Arbeitgeberseite wird immer wieder – so auch hier – argumentiert, der Nachtzuschlag aus § 6 Absatz 5 ArbZG habe auch eine Steuerungsfunktion. Mit ihm solle die Nachtarbeit verteuert werden, damit Nachtarbeit möglichst nur dort eingerichtet wird, wo dies unvermeidbar sei. Versage diese Steuerungsfunktion, weil es sich um Arbeiten handele, die notwendig allein in den Nachtstunden erledigt werden können, müsse der angemessene Nachtzuschlag um den Anteil des Nachtzuschlags gemindert werden, der auf diese Steuerungsfunktion entfällt. Es gehe also nur noch um den Ausgleich der persönlichen Unannehmlichkeiten der Nachtarbeit für den Arbeitnehmer; ein Zuschlag von 10 Prozent für die Nachtarbeit sei daher im Regelfall ausreichend.

90

Das Berufungsgericht hält dieses Argument nicht für tragfähig. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten hilfsweise davon ausgehen mag, dass die Verteuerung der Nachtarbeit durch § 6 Absatz 5 ArbZG einen Steuerungseffekt hat, könnte dieser bei der Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs für Nachtarbeit allenfalls mit zwei oder drei Prozentpunkten des angemessenen Aufschlags Berücksichtigung finden.

aa)

91

Die gesetzliche Regulierung der Nachtarbeit in § 6 ArbZG beruht auf der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnis, dass regelmäßige Nachtarbeit gesundheitsschädlich ist. Die Schädigung tritt allerdings nicht im engen zeitlichen Zusammenhang zur Nachtarbeit auf, sondern sie wirkt sich im Regelfall erst Jahre oder gar Jahrzehnte später aus. Das erhöht die Gefahr, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gesundheitlichen Fernwirkungen regelmäßiger Nachtarbeit unterschätzen.

92

Die gesundheitlichen Spätfolgen regelmäßiger Nachtarbeit können nach derzeitigem Stand der Erkenntnis der Arbeitswissenschaften dadurch vermieden oder zumindest abgeschwächt werden, dass Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten müssen, weniger Stunden in der Woche arbeiten, als andere Arbeitnehmer. Durch die dadurch gewonnenen zusätzlichen Ruhezeiten bekommt der Körper die Chance, sich wieder auf den biologischen Tag-Nacht-Rhythmus einzupendeln. Vor diesem Hintergrund verfolgt § 6 Absatz 5 ArbZG in erster Linie und von seiner gesetzlichen Konzeption her Ziele des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

93

Es bedarf keiner tiefen Begründung, dass die nach dem Gesetz auch mögliche Bezahlung eines Zuschlags in Geld für die Stunden der Nachtarbeit, das mit der Regelung verfolgte Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes konterkariert. Denn die Ausbezahlung eines Nachtzuschlags an Stelle der gesundheitspolitisch gebotenen Gewährung zusätzlicher Freizeit begünstigt das Ausblenden der tatsächlichen gesundheitlichen Risiken der regelmäßigen Nachtarbeit durch alle Beteiligten. Die Auszahlung des Zuschlags führt zu gesundheitspolitischen Fehlentwicklungen, die auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmer gehen und im weiteren Sinne damit auch auf Kosten der Sozialversicherungsträger. Wenn man schon die Nachtarbeit verteuern will, hätte man eigentlich konsequenterweise die Beitragspflicht für Nacharbeitnehmer erhöhen müssen.

94

Das Bundesarbeitsgericht hat diese offensichtliche Schwäche der gesetzlichen Arbeitsschutzregelung zur Nachtarbeit erkannt. Das Gericht formuliert seine Kritik sehr vorsichtig und sagt, der Geldzuschlag könne dem Gesundheitsschutz jedenfalls mittelbar dienen. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers werde dadurch verteuert. Das könne dazu beitragen, Nachtarbeit einzudämmen. Nachtarbeit solle damit für Arbeitgeber weniger attraktiv sein (BAG 5. September 2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG = DB 2003, 1175 unter Bezugnahme auf BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1998, 441).

95

Es mag sein, dass es diesen Zusammenhang zwischen den Kosten der Nachtarbeit und der Häufigkeit der Einrichtung von Nachtarbeit gibt. Das kann aber nicht dazu führen, dass der angemessene Ausgleich für Nachtarbeit, die unvermeidbar ist, geringer ausfällt, als bei nachts durchgeführten Arbeiten, die man auch tagsüber erledigen lassen könnte, denn die gesundheitlichen Risiken der Nachtarbeit ändern sich dadurch nicht. Bezugspunkt der gesetzlichen Ausgleichsregelung in § 6 Absatz 5 ArbZG ist sowohl bei den zusätzlichen freien Tagen als auch bei dem Zuschlag auf das Entgelt die Gesundheit des Arbeitnehmers. Während man durch die freien Tage die Gesundheit des Arbeitnehmers zielgerichtet schützt, gleicht man mit dem Zuschlag in Geld die gesundheitlichen Risiken finanziell aus, die der Arbeitnehmer durch regelmäßiger Nachtarbeit ohne verkürzte Arbeitszeit in Form der Spätfolgen eingeht.

96

Die Steuerungsfunktion des Zuschlags auf das Entgelt bezogen auf die Häufigkeit der Einrichtung von Nachtarbeit tritt als möglicher zusätzlicher Effekt lediglich neben den eigentlichen Zweck des Zuschlags, den Arbeitnehmer für die Übernahme des Risikos wahrscheinlicher gesundheitlicher Spätfolgen zu entschädigen. Fällt der Steuerungseffekt bei Nachtarbeiten, die notwendig nachts zu erledigen sind, weg, berührt das in keiner Weise die Bemessung der angemessenen Entschädigung des Arbeitnehmers für die Übernahme des Gesundheitsrisikos.

bb)

97

Selbst wenn man der Steuerungsfunktion des Zuschlags auf das Entgelt mit der Beklagten eine eigene Bedeutung beimessen wollte, könnte dies keinesfalls dazu führen, den im Regelfall als angemessen anzusehenden Zuschlag in Höhe von 25 Prozent bei unausweichlicher Nachtarbeit zu halbieren oder gar noch weiter abzusenken.

98

Denn die Vorstellung, man könne betriebswirtschaftlich geprägte Entscheidungen zur Einrichtung von Nachtarbeit dadurch beeinflussen, dass man die Nachtarbeit um 25 Prozent oder einen Aufschlag in ähnlicher Größenordnung verteuert, geht an der Realität vollständig vorbei. Angesichts der Vorteile, die längere Laufzeiten für teure hochtechnisierte Maschinen mit sich bringen, könnte man auf die Entscheidungen der Unternehmen allenfalls dann Einfluss nehmen, wenn man die Nachtarbeit – um einmal eine Zahl zu greifen – um den Faktor 3 bis 5 verteuern würde. Da dies an der derzeitigen Gesetzeslage weit vorbeigeht, kann umgekehrt auch der mit der derzeitigen Gesetzeslage unter Umständen nebenbei verbundene Steuerungseffekt nur als vernachlässigbar gering eingeschätzt werden. Wenn man ihn beziffern wollte, könnte man ihn vielleicht mit 2 oder 3 Prozentpunkten aus dem gesamten für angemessen erachteten Nachtzuschlag bemessen. Eine Kürzung des im Regelfall angemessenen Nachtzuschlags in Höhe von 25 Prozent könnte in Bereichen, in denen die Nachtarbeit unvermeidbar anfällt, also allenfalls dazu führen, dass sich der im Regelfall angemessene Zuschlag auf 22 oder 23 Prozent reduziert.

cc)

99

In diesem Zusammenhang ist es auch nicht zutreffend zu argumentieren, auch das Bundesarbeitsgericht halte eine Absenkung des Nachtzuschlags für Arbeiten, die notwendig nachts zu erledigen sind, für geboten oder jedenfalls für möglich. Denn in der jüngsten Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2015 (aaO) hatte dieser Aspekt keine Rolle gespielt und das Gericht fasst lediglich die dazu bisher ergangene Rechtsprechung kursorisch zusammen und schließt diesen Teil seiner Ausführungen mit dem Bemerken ab, dass ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 Prozent jedenfalls die absolute Untergrenze für alle dahingehenden Gedankenspiele sein müsse (Randnummer 29).

100

Der Umstand, dass die Nachtarbeit in den beiden Einrichtungen der Beklagten in A-Stadt, unvermeidbar ist, kann daher hier nicht dazu führen, den vom Arbeitsgericht als angemessen angesehenen Ausgleichssatz von 20 Prozent noch weiter abzusenken.

d)

101

Selbst wenn man – abermals hilfsweise – das Argument der Beklagten aufgreift und für unvermeidbare Nachtarbeit eine Reduzierung des regelmäßigen Nachtzuschlags in Höhe von 25 Prozent um ungefähr 10 bis 15 Prozentpunkte für denkbar hält, würde das im vorliegenden Falle nicht zu einem teilweisen Obsiegen mit der Berufung führen. Denn die tatsächlichen Belastungen der Beschäftigten der Beklagten in den beiden Einrichtungen in A-Stadt rechtfertigen eine Anhebung des für den Regelfall angemessenen Aufschlags von 25 Prozent um mindestens 5 Prozentpunkte.

102

Im Gegensatz zu einer Nachtwache in einem Krankenhaus – um einmal einen Vergleich zu ziehen – ist die Nachtschicht in den beiden Einrichtungen in A-Stadt nicht durch die Bereitschaftszeiten, sondern durch die tatsächlichen Arbeitseinsätze geprägt. Das liegt zum einen an den chronischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bewohner oder an ihren geistigen und körperlichen Behinderungen, die beide dazu führen, dass man nicht von einer regelmäßigen Nachtruhe in den Einrichtungen ausgehen kann.

103

Zum anderen ist die Personalbesetzung in der Nacht in der Einrichtung ausgesprochen gering. In dem Seniorenpflegeheim müssen im Regelfall 80 Bewohner in 60 Zimmern, die sich auf zwei Stockwerke verteilen, durch eine Pflegefachkraft und eine Pflegehilfskraft durch die Nacht gebracht werden. Aufgrund des häufig chronischen Krankheitsbildes der Bewohner müssen ungewöhnlich häufig des nachts Hilfsmaßnahmen (Medikamente geben, Hilfsmittel austauschen, Messungen vornehmen) ergriffen werden und wegen der Spezialisierung des Hauses auf demenzkranke Bewohner muss auffällig häufig mit ein- und Durchschlafschwierigkeiten und den Folgeproblemen für die Beschäftigten gerechnet werden.

104

Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch auf die erhöhte psychische Belastung während der Nachtschichten abgestellt. In der Nacht ist der Verantwortungsbereich, für den die Klägerin zuständig ist, vergrößert. Ihr obliegt die Gesamtverantwortung für viel mehr Bewohner, was die psychische Belastung der Tätigkeit steigert. Gleichzeitig ist ein fokussiertes Abarbeiten von Routineaufgaben dadurch erschwert, dass ständig parallel dazu die Überwachungsaufgabe weiter ausgefüllt werden muss.

105

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht hält das Berufungsgericht auch die nächtliche Erledigung von Arbeiten, die tagsüber liegengeblieben sind (Pflegedokumentation und sonstige Büroarbeit, Medikamentenbestellung, Reinigungsarbeiten an Rollatoren usw.), für belastungserhöhend. Es mag sein, dass diese Aufgabe eigentlich zu den Aufgaben der Früh- und Spätschicht gehören. Die Beklagte hat sich aber auf das Argument der Klägerin, in der Früh- und Spätschicht sei die Belastung so groß, dass solche Arbeiten gelegentlich liegen bleiben bzw. in die Nachtschicht geschoben würden, nicht substantiiert eingelassen. Das Gericht muss also davon ausgehen, dass in den anderen Schichten nicht genügend Zeit für die Erledigung dieser Aufgaben verbleibt. Da die Beklagte nicht dargelegt hat, dass die Klägerin diese Aufgaben nicht zu erledigen braucht, müssen sie bei der Bewertung der Belastungen in der Nachtschicht mitberücksichtigt werden. Da es sich um Arbeiten handelt, die nicht notwendig in der Nachtschicht erledigt werden müssen, rechtfertigt allein schon diese ungeschickte Betriebsorganisation einen sichtbaren Aufschlag.

106

Dass das Arbeitsgericht in der Gesamtabwägung der Faktoren, die die Angemessenheit des Zuschlags im vorliegenden Falle steigern oder abschwächen können, zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls ein Zuschlag von 20 Prozent als angemessen anzusehen ist, ist vor dem geschilderten Hintergrund nicht zu kritisieren. Neue Gesichtspunkte, die eine weitere Reduzierung des als angemessen anzusehenden Zuschlags rechtfertigen, sind im Berufungsrechtszug nicht vorgetragen worden.

e)

107

Die von der Beklagten als Hilfs-Abwägungskriterium angeführte Gesamtbetriebsvereinbarung, nach der allen Beschäftigten zugesagt wird, für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde zu gewähren, ist für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Absatz 5 ArbZG ohne eigenen Erkenntniswert.

108

Dem Betriebsrat steht bei der Bemessung der richtigen Höhe des angemessenen Zuschlags im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG kein Mitbestimmungsrecht zu (BAG 26. August 1997 – 1 ABR 16/97 – AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1998, 441). Eine gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat in einer Betriebsvereinbarung verschriftliche Zusage des Arbeitgebers, Nachtzuschläge in einem gewissen Mindestumfang zu leisten, hat daher keinerlei Aussagekraft in Bezug auf die Angemessenheit des angebotenen Ausgleichs. Es ist und bleibt eine einseitige Zusage des Arbeitgebers.

2.

109

Die Beklagte hat den klägerischen Anspruch auf Leistung eines Zuschlags auf das Entgelt für die Stunden der Nachtarbeit in Höhe von 20 Prozent für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume bisher nicht annähernd erfüllt. Der klägerische Anspruch ist nicht durch Erfüllung untergegangen.

110

Die Klägerin bezieht ein regelmäßiges Monatseinkommen in Höhe von 1.850 Euro brutto einschließlich der Leistungszulage. Die Leistungszulage in Höhe von 50 Euro monatlich ist hinzuzurechnen, da sie regelmäßig gezahlt wird. Dem regelmäßigen Entgelt steht eine wöchentliche Arbeitspflicht der Klägerin im Umfang von 35 Stunden gegenüber. Geht man von 13 Wochen im Quartal aus, ergibt sich daraus ein Wochenentgelt in Höhe von 426,92 Euro brutto. Daraus ergibt sich ein Stundenlohn in Höhe von 12,20 Euro brutto. Dieser Feststellung steht die klägerische Auffassung, der Stundenlohn betrage 11,69 Euro brutto, nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Schlussfolgerung aus anderen Tatsachen handelt.

111

20 Prozent von 12,20 Euro berechnen sich auf 2,44 Euro. Dieser Aufschlag steht der Klägerin pro Stunde der Nachtarbeit zu. Die Beklagte hat bisher lediglich 1,00 Euro pro Stunde als Aufschlag gezahlt, so dass die Klägerin Anspruch auf weiteren Zuschlag in Höhe von 1,44 Euro pro Stunde Arbeit während der gesetzlichen Nachtarbeitszeit hat.

3.

112

Für die Zuschläge auf das Entgelt bis zu dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat die Beklagte ihr Wahlrecht ausgeübt. Sie hat sich für die Zahlung eines angemessenen Zuschlags auf das Entgelt für die Stunden der Nachtarbeit entschlossen. Daher ist der auf die Vergangenheit bezogene Urteilstenor zu 1 auf weitere Zahlung gerichtet.

113

Für die Zuschläge, die ab dem Datum der gerichtlichen Entscheidung im Oktober 2017 fällig werden, steht der Beklagten noch das Wahlrecht zu. Der Urteilstenor zu 2 ist daher auf wahlweise Zahlung oder Freistellung gerichtet.

4.

114

Auch der Feststellungsantrag zu 3 ist begründet.

115

Zwischen den Parteien besteht Streit, in welchem Umfang die Beklagte berechtigt ist, die von ihr gezahlten Zuschläge wegen Nachtarbeit aus den Arbeitszeiten zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens auf die gesetzliche Nachtarbeit von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens anzurechnen.

116

Insoweit ist festzustellen, dass die Beklagte nur solche Zahlungen auf den gesetzlich geschuldeten Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung anrechnen kann, die für die gesetzlich definierte Nachtzeit geleistet werden. Da die gesetzliche Nachtzeit erst um 23 Uhr beginnt, kann die Beklagte einen Zeitzuschlag, den sie ausdrücklich für die Zeit von 22 Uhr bis 23 Uhr leistet, auf den geschuldeten Zuschlag nicht verrechnen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 aaO Randnummer 51).

C.

117

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da das von ihr eingelegte Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 ZPO).

118

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 ArbGG) sind nicht erfüllt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 2 Sa 57/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 2 Sa 57/17

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 2 Sa 57/17 zitiert 21 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 42 Wiederkehrende Leistungen


(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitneh

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 6 Nacht- und Schichtarbeit


(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen. (2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 4 Ruhepausen


Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nac

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit. (2) Arbeitn

Handelsgesetzbuch - HGB | § 92


(1) Versicherungsvertreter ist, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. (2) Für das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer gelten die Vorschriften für

Mindestlohngesetz - MiLoG | § 1 Mindestlohn


(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber. (2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Di

Mindestlohngesetz - MiLoG | § 3 Unabdingbarkeit des Mindestlohns


Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch

Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG 2009 | § 9 Verzicht, Verwirkung


Ein Verzicht auf den aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a entstandenen Anspruch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Mindestentgeltsätze nach § 5 Satz 1 Nummer 1 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein V

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 2 Sa 57/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 2 Sa 57/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Aug. 2016 - 5 AZR 703/15

bei uns veröffentlicht am 24.08.2016

Tenor I. Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 17. September 2015 - 6 Sa 1328/14 - teilw

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Dez. 2015 - 10 AZR 423/14

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tenor I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Be

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2015 - VIII ZR 360/14

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 360/14 Verkündet am: 25. November 2015 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BG

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 5 AZR 406/10

bei uns veröffentlicht am 17.08.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2010 - 15 Sa 166/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klä

Referenzen

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

I. Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 17. September 2015 - 6 Sa 1328/14 - teilweise aufgehoben.

II. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12. September 2014 - 3 Ca 253/14 - in Ziff. 1 teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 648,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 288,00 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus 216,00 Euro seit dem 8. Januar 2014 und aus 144,00 Euro seit dem 20. Januar 2014 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3, von den Kosten der Berufung und der Revision die Klägerin 1/20 und der Beklagte 19/20 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

2

Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals den ambulanten Pflegedienst L betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 20 Stunden, als Vergütung war ein Bruttostundenlohn von 9,00 Euro vereinbart.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Formulararbeitsvertrag vom 11. Juli 2013, der - drucktechnisch hervorgehoben - folgende Regelung enthält:

        

„§ 22 Ausschlussfrist bei Geltendmachung von Ansprüchen

        

(1)     

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Dies gilt auch für Ansprüche, die während des bestehenden Arbeitsverhältnisses entstehen.

        

(2)     

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Der vereinbarte Bruttostundenlohn entsprach dem ab dem 1. Juli 2013 im Gebiet des Landes Niedersachsen „je Stunde“ zu zahlenden Mindestentgelt nach § 2 Abs. 1 Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 (BAnz. 2010 Nr. 110 S. 2571). Deren § 4 bestimmt unter der Überschrift Ausschlussfrist:

        

„Die Ansprüche auf das Mindestentgelt verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.“

5

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung.

6

Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 forderte die Klägerin den Beklagten zu Abrechnung und Bezahlung der Krankentage auf, mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2014 bezifferte sie die Entgeltfortzahlung auf 684,00 Euro. Eine Reaktion des Beklagten erfolgte nicht.

7

Mit der am 2. Juni 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krank gewesen. Für die in diesem Zeitraum anfallenden 19 Arbeitstage schulde der Beklagte für jeweils vier Arbeitsstunden Entgeltfortzahlung. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist habe sie nicht einhalten müssen, die Frist des § 4 PflegeArbbV sei gewahrt.

8

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 684,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2014 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung sei jedenfalls nach § 22 Arbeitsvertrag verfallen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten hat nur hinsichtlich der Höhe der Klageforderung Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

12

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 21). Streitgegenstand ist ein bezifferter Eurobetrag, den die Klägerin als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer ihrer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 begehrt.

13

II. In Höhe eines Teilbetrags von 36,00 Euro brutto ist die Klage nach der eigenen Darlegung der Klägerin unbegründet.

14

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG betrifft den durch die krankheitsbedingte Verhinderung verursachten Arbeitsausfall, insoweit begründet die Norm trotz Nichtleistung der Arbeit den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin am 19. November 2013 ihren Arbeitsplatz (erst) verlassen, „nachdem sie zuvor ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen war“. Danach ist an diesem Tag keine Arbeitsleistung wegen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausgefallen. Sie hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ob das für den Monat November 2013 gezahlte Entgelt die am 19. November 2013 noch vor Arbeitsende geleistete Arbeit mitumfasst, ist nicht streitgegenständlich.

15

III. Im Übrigen ist die Klage begründet. Der Beklagte ist nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG verpflichtet, der Klägerin für die Dauer ihrer durch ärztliche Bescheinigung belegten Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe des ihr bei der für sie maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts zu leisten. Seine Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin hat der Beklagte in der Revisionsinstanz ausdrücklich nicht aufrechterhalten. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist nicht aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist erloschen, denn diese ist wegen Intransparenz unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Folglich war die Klägerin nicht gehalten, den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall binnen der Fristen des § 22 Arbeitsvertrag geltend zu machen.

16

1. § 22 Arbeitsvertrag ist nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet zudem das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

17

2. § 22 Arbeitsvertrag erfasst den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV und verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 AEntG, der über § 13 AEntG auch für das Mindestentgelt aufgrund einer nach § 11 AEntG erlassenen Rechtsverordnung gilt.

18

a) Der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist ein normativ begründeter Anspruch, der eigenständig neben die sonstigen Grundlagen für das Entgelt tritt(vgl. - zum MiLoG - BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 22). Er fällt als Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, jedenfalls als solcher, der mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht, in den Anwendungsbereich von § 22 Arbeitsvertrag.

19

b) Die Klausel kann - ausgehend von ihrem Wortlaut - nicht einengend dahingehend ausgelegt werden, sie erfasse den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht.

20

aa) Während für Altverträge, also vor dem Inkrafttreten der PflegeArbbV geschlossene Arbeitsverträge, eine einengende, das Mindestentgelt nicht erfassende und damit den Vorgaben des § 9 Satz 3 AEntG genügende Auslegung in Erwägung gezogen werden könnte(vgl. zum entsprechenden Problem im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes Preis/Ulber Ausschlussfristen und Mindestlohngesetz S. 49 ff.; Greiner in Thüsing 2. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 12), scheidet eine solche Auslegung bei einem Neuvertrag wie dem vorliegenden aus. Wird eine derartige Verfallklausel im Anwendungsbereich der PflegeArbbV noch nach deren Inkrafttreten gestellt, muss der durchschnittliche Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sie auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfassen soll.

21

bb) Auch die Annahme, eine arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist solle nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen, während eine Anwendung auf Fallkonstellationen, die zwingend durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig nicht gewollt sei (BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 21 f. mwN; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19), führt zu keinem anderen Ergebnis (zum Mindestlohngesetz ebenso Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 3 Rn. 17; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 47; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936; unentschieden Preis/Ulber aaO S. 53 f.; Bayreuther NZA 2014, 865, 870). Denn die Kollision des Anwendungsbereichs der Verfallklausel mit § 9 Satz 3 AEntG betrifft nicht einen nur selten auftretenden Sonderfall, sondern das Entgelt für geleistete Arbeit und damit den Hauptanwendungsbereich einer Ausschlussfrist.

22

c) Wegen der Einbeziehung des Anspruchs auf das Mindestentgelt verstößt die Klausel gegen § 9 Satz 3 AEntG. Danach können Ausschlussfristen für die Geltendmachung eines durch Rechtsverordnung nach § 7 AEntG oder § 11 AEntG(§ 13 AEntG) begründeten Anspruchs auf das Mindestentgelt nicht arbeitsvertraglich geregelt werden. Die Norm entzieht zum Schutz des Mindestentgeltanspruchs Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs der Regelungsmacht der Arbeitsvertragsparteien und ist damit Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB(zu dessen Voraussetzungen vgl. etwa BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 31 f., BAGE 152, 228). Soweit der Schutzzweck des Verbotsgesetzes reicht, ist die Klausel teilunwirksam (allg. zur Rechtsfolge Palandt/Ellenberger BGB 75. Aufl. § 134 Rn. 13, § 139 Rn. 18 mwN). Denn arbeitsvertragliche Ausschlussfristen für andere Ansprüche als den auf das Mindestentgelt verbietet § 9 Satz 3 AEntG nicht.

23

3. Nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt der Verstoß gegen § 9 Satz 3 AEntG zur Gesamtunwirksamkeit der Verfallklausel nach § 306 BGB, dessen Rechtsfolgen nicht nur zur Anwendung kommen, wenn sich die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel aus den §§ 305 ff. BGB selbst ergibt, sondern auch dann, wenn sie gegen sonstige Verbote verstößt (BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 712/10 - Rn. 21 mwN; 21. April 2016 - 8 AZR 474/14 - Rn. 42).

24

a) Die Klausel ist nicht teilbar, denn § 22 Arbeitsvertrag enthält nicht verschiedene Ausschlussfristenregelungen(dazu BAG 27. Januar 2016 - 5 AZR 277/14 - Rn. 22 ff.), sondern erfasst inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen (vgl. HWK/Gotthardt/Roloff 7. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 12; aA Riechert/Nimmerjahn MiLoG § 3 Rn. 18, die stets Teilbarkeit annehmen).

25

b) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB) und richtet sich der Inhalt des Vertrags insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion von Klauseln auf den zulässigen Inhalt durch die Gerichte findet grundsätzlich nicht statt (vgl. nur BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 39, BAGE 116, 66; 16. Dezember 2014 - 9 AZR 295/13 - Rn. 20, BAGE 150, 207; 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 29; ErfK/Preis 16. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 104; HWK/Gotthardt/Roloff 7. Aufl. § 306 BGB Rn. 4; Bonin in Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 306 BGB Rn. 18, alle mwN; krit. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB - Arbeitsrecht § 306 BGB Rn. 73 ff.).

26

4. Der Aufrechterhaltung der Verfallklausel für - abgesehen vom Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV - alle anderen von ihr erfassten Ansprüche steht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.

27

a) Gibt eine Norm eine eindeutige Grenze der Unwirksamkeit vor, stellt die Aufrechterhaltung des nicht verbotenen Teils einer Klausel nicht in jedem Falle eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion dar (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu III 2 der Gründe, BAGE 115, 19; 21. April 2010 - 10 AZR 288/09 - Rn. 22, BAGE 134, 147). Dementsprechend lässt im Bereich des Mindestlohngesetzes die weit überwiegende Meinung im Schrifttum eine geltungserhaltende Reduktion arbeitsvertraglicher Ausschlussfristenregelungen zu, weil § 3 Satz 1 MiLoG die Unwirksamkeit nur „insoweit“ anordne, als Vereinbarungen die Geltendmachung des Anspruchs auf den Mindestlohn beschränken oder ausschließen, er also eine geltungserhaltende Reduktion vollumfänglicher Verfallklauseln ermögliche(Bayreuther NZA 2014, 865, 870; ders. NZA 2015, 385, 387; ErfK/Franzen 16. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; ders. JbArbR Bd. 52 S. 89; HK-MiLoG/Trümner § 3 Rn. 30; Greiner in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936;Stoffels AGB-Recht 3. Aufl. Rn. 1127; wohl auch Preis/Ulber aaO S. 55; HWK/Sittard 7. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 4; abl. Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 48).

28

b) Ob § 9 Satz 3 AEntG eine geltungserhaltende Reduktion ermöglicht, braucht der Senat nicht zu klären, denn der Aufrechterhaltung der streitgegenständlichen Verfallklausel für Ansprüche, die nicht solche auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV sind, steht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.

29

aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, BAGE 139, 44; 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH 5. Oktober 2005 - VIII ZR 382/04 - Rn. 23; 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - Rn. 17 mwN, BGHZ 208, 52).

30

bb) Gemessen daran ist die Ausschlussfristenregelung des § 22 Arbeitsvertrag intransparent. Die Klausel stellt die Rechtslage irreführend dar und suggeriert dem durchschnittlichen Arbeitnehmer - selbst wenn er die Klausel nicht nur flüchtig, sondern aufmerksam und sorgfältig betrachtet (vgl. BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 24) -, er müsse auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV innerhalb der dort vorgesehenen Fristen außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Damit besteht die Gefahr, dass bei Verstreichen dieser Fristen der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Mindestentgelt nicht mehr durchsetzt, obwohl nach § 4 PflegeArbbV noch kein Verfall eingetreten ist. Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich der PflegeArbbV der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV von einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden(zum Mindestlohngesetz im Ergebnis ebenso ErfK/Franzen 16. Aufl. § 3 MiLoG Rn. 3a; HK-MiLoG/Trümner § 3 Rn. 30; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 66 Rn. 48; Nebel/Kloster BB 2014, 2933, 2936 f.; wohl auch Preis/Ulber aaO S. 56; aA Greiner in Thüsing MiLoG 2. Aufl. § 3 Rn. 12; Bayreuther NZA 2015, 385, 387; Sagan/Witschen jM 2014, 372, 376; Stoffels ABG-Recht 3. Aufl. Rn. 1127).

31

5. Eine rechtskonforme Ausschlussfrist mittels ergänzender Vertragsauslegung einzufügen, kommt nicht in Betracht. Dies setzte voraus, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und das Unterbleiben der Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19). Der Wegfall der Klausel muss den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt den Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist (BAG 17. März 2016 - 8 AZR 665/14 - Rn. 31 mwN).

32

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Pflegearbeitsbedingungenverordnung war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fast drei Jahre in Kraft, dem Beklagten als Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes wäre es unschwer möglich gewesen, die Verfallklausel so zu formulieren, dass sie den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ausnimmt. Die bei Wegfall der Verfallklausel greifenden Verjährungsregeln sowie die Bestimmung des § 4 PflegeArbbV bieten einen hinreichenden Interessenausgleich.

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen, § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Arbeitsvertrag wurde die Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 20. bis 30. November 2013 am 15. Werktag des Folgemonats fällig, so dass diesbezüglich dem Antrag der Klägerin mit dem Zinsbeginn 1. Januar 2014 entsprochen werden konnte. Von der Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 1. bis 15. Dezember 2013 waren 60 % am fünften Werktag (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsvertrag) und der Rest am 15. Werktag des Januar 2014 fällig. Insoweit war die Zinsentscheidung der Vorinstanzen zu korrigieren.

34

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth     

        

    Zorn    

                 

Ein Verzicht auf den aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a entstandenen Anspruch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Mindestentgeltsätze nach § 5 Satz 1 Nummer 1 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des in Satz 1 genannten Anspruchs ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des in Satz 1 genannten Anspruchs können ausschließlich in dem der Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.

(1) Versicherungsvertreter ist, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen.

(2) Für das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer gelten die Vorschriften für das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer vorbehaltlich der Absätze 3 und 4.

(3) In Abweichung von § 87 Abs. 1 Satz 1 hat ein Versicherungsvertreter Anspruch auf Provision nur für Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind. § 87 Abs. 2 gilt nicht für Versicherungsvertreter.

(4) Der Versicherungsvertreter hat Anspruch auf Provision (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2010 - 15 Sa 166/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. September 2009 - 20 Ca 19044/08 - stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

Der 1968 geborene Kläger war seit dem 16. Oktober 2006 bei der Beklagten als Rechtsanwalt beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 16. Juli/8. August 2006 heißt es ua.:

        

„§ 1 Tätigkeit

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter wird als Rechtsanwalt eingestellt. Sein Arbeitsgebiet umfasst alle damit verbundenen Tätigkeiten.

        

(2)     

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Tätigkeit gewissenhaft und nach bestem Vermögen zu erfüllen, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich der vereinbarten Tätigkeit zu widmen. Nebenbeschäftigungen, gleich welcher Art, bedürfen der Genehmigung seitens des Arbeitgebers.

        

…       

                 
                 
        

§ 3 Vergütung

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält für die vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 5.833,33 EURO. Die Vergütung ist jeweils am Letzten eines Monats fällig und wird auf ein von dem Mitarbeiter noch zu benennendes Bankkonto überwiesen.

        

…       

        
        

(3)     

Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.

                 
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich.

        

(2)     

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Bürozeiten, die derzeit von 8.30 Uhr bis 19.00 Uhr sind.“

2

Mit Schreiben vom 3. August 2006 hatte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage Folgendes bestätigt:

        

„Anlässlich unserer gemeinsamen Besprechungen hatten wir uns darauf verständigt, dass die Partner jeweils nach Ablauf eines Geschäftsjahres prüfen werden, ob sie Ihnen neben der vereinbarten festen Vergütung einen Bonus gewähren wollen. Ein solcher Bonus steht allerdings dem Grunde und der Höhe nach im alleinigen freien Ermessen der Partner. Ein Anspruch hierauf besteht daher grundsätzlich nicht.

        

Ferner ist es unser gemeinsames Verständnis, dass die Partner nach etwa einem bis anderthalb Jahren mit Ihnen Gespräche darüber aufnehmen werden, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt Ihnen eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden kann.“

3

Ab März 2007 erhielt der Kläger ein Jahresgehalt iHv. 80.000,00 Euro brutto. Ende März 2008 gewährte ihm die Beklagte für das Jahr 2007 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro brutto. In einem Personalgespräch am 30. September 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Aufnahme als Partner komme nicht in Betracht.

4

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2009. Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht mit rechtskräftig gewordenem Anerkenntnisurteil vom 27. Februar 2009 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Es endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 18. März 2009 mit Ablauf des 30. Juni 2009.

5

Mit einer am 2. März 2009 im Kündigungsschutzprozess eingereichten Klageerweiterung hat der Kläger zuletzt noch Überstundenvergütung für die Zeit vom 16. Oktober 2006 bis zum 30. September 2008 iHv. 39.362,26 Euro brutto geltend gemacht und vorgetragen, in diesem Zeitraum ausweislich einer Stundenliste sowie von ihm geführter Zeitnachweise unter Einschluss der Lektüre von Fachliteratur und des Besuchs eines Notargrundkurses 930,33 Überstunden geleistet zu haben, die mit 42,31 Euro brutto je Stunde zu vergüten seien. Er hat die Auffassung vertreten, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sei jedenfalls nach § 307 BGB unwirksam. Die Beklagte habe bereits mit dem Arbeitsvertrag Überstunden angeordnet, zudem seien die angestellten Anwälte aufgefordert worden, deutlich mehr als 40 Wochenstunden zu arbeiten. Die Partner hätten darauf geachtet, dass kein Leerlauf entstehe und ein kontinuierlicher Fluss von zwei bis zweieinhalb Überstunden pro Arbeitstag nicht abriss. Jedenfalls habe die Beklagte die Leistung von Überstunden geduldet. Eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung scheitere schon daran, dass er bis zum 30. September 2008 fest von einer zeitnahen Aufnahme in die Partnerschaft ausgegangen sei. Die in Aussicht gestellte Partnerschaft sei die Gegenleistung für die erbrachten Überstunden gewesen. Erst nachdem die Beklagte sich einseitig von ihrer Zusage gelöst habe, sei der Anlass, Überstundenvergütung nicht geltend zu machen, entfallen.

6

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Belang - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.362,26 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, bis zu acht Überstunden wöchentlich seien durch § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags wirksam mit der regulären Vergütung abgegolten. Der Kläger habe die Leistung von Überstunden nicht substantiiert dargelegt, Anwesenheitszeit sei nicht mit Arbeitszeit gleichzusetzen. Die Lektüre von Fachzeitschriften gehöre nicht zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der Besuch des Notargrundkurses habe überwiegend im persönlichen Interesse des Klägers gelegen. Im Übrigen habe der Kläger etwaige Überstunden nicht auf Anordnung geleistet, ihm sei auch keine Arbeit zugewiesen worden, die er nur unter Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit hätte erledigen können. Überstunden seien von der Beklagten weder gebilligt noch geduldet worden. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche des Klägers verwirkt. Selbst wenn die Aussicht auf eine Aufnahme als Partner für den Kläger Anlass für die angebliche Leistung von Überstunden gewesen sein sollte, berechtige ihn das nicht, diese eigenverantwortlich getätigte Investition in seine berufliche Zukunft der Beklagten „in Rechnung zu stellen“.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Schlussurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers durch Teilurteil der Klage iHv. 30.229,12 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens hat das Landesarbeitsgericht durch Schlussurteil entschieden, das nicht angefochten worden ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Schlussurteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden.

10

I. Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags. Danach ist durch die zu zahlende Bruttovergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten. Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

11

1. Bei § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags handelt es sich nach der von der Revision nicht angegriffenen rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet auch das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, BAGE 128, 73), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

12

2. Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

13

a) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372; BGH 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05 - Rn. 23, BGHZ 165, 12).

14

b) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 50; 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 16, DB 2011, 1639 - jeweils mwN; vgl. auch ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39).

15

3. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll etwaig notwendig werdende Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 40 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden „etwaig notwendig“ sein sollen. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit(zu einer solchen Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 ergibt sich eine derartige Beschränkung jedenfalls nicht. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (zum Verständnis der im Arbeitszeitgesetz nicht verwendeten Begriffe Über- und Mehrarbeit siehe ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing § 611 BGB Rn. 134). Zudem haben die Parteien die Klausel übereinstimmend nicht mit einer Beschränkung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit verstanden. Erst im Laufe des Verfahrens ist die Beklagte zu einem solchen Verständnis der Klausel gekommen.

16

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags könne dahingehend ausgelegt werden, mit der vereinbarten Vergütung sollten(nur) bis zu acht Überstunden wöchentlich abgegolten sein, bliebe die Klausel intransparent. Sie enthielte vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz (vgl. ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 44; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 157 - jeweils mwN). Lässt sich aber eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu acht Stunden wöchentlich gewollt gewesen, so hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können.

17

II. Mithin enthält der Arbeitsvertrag weder eine positive noch eine negative Regelung zur Vergütung von Überstunden. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kann deshalb, wie das Landesarbeitsgericht insoweit zutreffend erkannt hat, nur § 612 Abs. 1 BGB sein. Dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

18

1. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

19

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger mit dem Studium von Fachliteratur und dem Besuch eines Notargrundkurses Arbeit im Sinne einer Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (zum Begriff der Arbeit siehe BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, DB 2011, 1639), geleistet hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Es fehlt jedenfalls an der weiteren Voraussetzung des § 612 Abs. 1 BGB, dass die Leistung der streitgegenständlichen Überstunden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

20

a) Die nach § 612 Abs. 1 BGB erforderliche - objektive - Vergütungserwartung wird zwar in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es jedoch gerade bei Diensten höherer Art nicht (ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 18; HWK/Thüsing § 612 BGB Rn. 23 - jeweils mwN; vgl. auch - zu leitenden Angestellten - BAG 17. November 1966 - 5 AZR 225/66 - BAGE 19, 126 und - zu Chefärzten - BAG 17. März 1982 - 5 AZR 1047/79 - BAGE 38, 194). Die Vergütungserwartung ist deshalb stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 122/99 - zu IV 4 a der Gründe, BAGE 96, 45). Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen einer Vergütungserwartung ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der eine Vergütung begehrt.

21

b) Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich das Bestehen einer Vergütungserwartung nicht begründen. Auf einen Tarifvertrag, der eine Vergütungspflicht für Überstunden angestellter Rechtsanwälte vorsieht, beruft sich der Kläger nicht. Er hat auch nicht einmal ansatzweise Tatsachen dafür vorgetragen, angestellte Rechtsanwälte in vergleichbarer Stellung als potentielle Partner der Arbeitgeberin und mit einem vergleichbaren, deutlich herausgehobenen Gehalt würden Überstunden nur gegen zusätzliche Vergütung leisten oder Überstunden stets vergütet erhalten. Ebenso wenig hat der Senat Anhaltspunkte für eine entsprechende Verkehrssitte. Dieses Ergebnis bestätigt die subjektive Einstellung des Klägers, der nach seinem Vortrag für Überstunden keine Vergütung im Sinne einer Geldzahlung erwartete. Er erhoffte sich vielmehr die Aufnahme in die Partnerschaft und dass sich damit die Leistung von Überstunden „bezahlt“ machen werde.

22

2. Eine Vergütungspflicht der Beklagten für die vom Kläger geleisteten Überstunden ergibt sich nicht in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der fehlgeschlagenen - subjektiven - Vergütungserwartung. Danach wird ein (nachträglicher) Vergütungsanspruch bejaht, wenn die dem durch die Dienstleistungen Begünstigten erkennbare Erwartung des die Dienste Leistenden bestand, durch eine in Zukunft erfolgende Übertragung eines Vermögens oder Vermögensbestandteils würden die in der Vergangenheit geleisteten Dienste abgegolten werden, sofern für die geleisteten Dienste entweder keine oder doch nur eine deutlich unterwertige Bezahlung erfolgte und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der unterwertigen oder fehlenden Zahlung und der Erwartung bestand (BAG 14. Juli 1966 - 5 AZR 2/66 - AP BGB § 612 Nr. 24; 13. Mai 1969 - 5 AZR 457/68 - AP BGB § 612 Nr. 25; vgl. auch ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 21 ff.; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 612 BGB Rn. 16 ff. - jeweils mwN).

23

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Wenn der Kläger in der Hoffnung, seine Aufnahme in die Partnerschaft zu befördern, Überstunden leistete, handelte er gleichsam auf eigenes Risiko. Die Beklagte hat zwar mit der Klausel des § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, der Kläger werde bei Bedarf „kostenlos“ Überstunden leisten. Sie hat dafür aber nicht die Aufnahme in die Partnerschaft als sicher oder auch nur wahrscheinlich hingestellt. In ihrem Schreiben vom 3. August 2006 ist nur von der Aufnahme von Gesprächen der Parteien darüber die Rede, ob und ggf. wann dem Kläger eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden könnte. Dass die Beklagte davon unabhängig zumindest die Aufnahme in die Partnerschaft mit der Leistung von Überstunden verknüpft hätte, etwa indem sie solche vom Kläger unter Hinweis auf die von ihm angestrebte Partnerschaft verlangte oder eine Aufnahme in die Partnerschaft bei der Nichtleistung von Überstunden als gefährdet darstellte, kann dem Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden.

24

III. Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Über die die Klage auf Überstundenvergütung betreffenden erst- und zweitinstanzlichen Kosten hat das Landesarbeitsgericht, ohne den Ausgang des Revisionsverfahrens abzuwarten, in einem rechtskräftigen Schlussurteil vom 18. August 2010 mitentschieden. Daran ist der Senat gebunden (vgl. BGH 9. April 1956 - II ZR 135/55 - BGHZ 20, 253; 9. November 1977 - VIII ZB 36/77 - WM 1977, 1428 und 26. Juni 1986 - V ZB 15/86 - VersR 1986, 1210; noch aA RAG 7. August 1940 - RAG 258/39 - RAGE 23, 289).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 360/14 Verkündet am:
25. November 2015
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Energieversorgungsunternehmen in
Stromversorgungsverträgen mit Endverbrauchern (Sonderkunden) verwendet, hält
die Klausel
"Der Lieferant wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden
Preise darüber hinaus nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten
anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preiserhöhung
kommt in Betracht und eine Preisermäßigung ist vorzunehmen, wenn
sich z.B. die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des
Verteilernetzes erhöhen oder absenken oder sonstige Änderungen der
energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten
Kostensituation führen (z.B. durch die Einführung von Netzzugangsentgelten
für Einspeisungen, Änderungen der Belastungen nach dem
EEG oder KWKG). Steigerungen bei einer Kostenart, z.B. den Strombezugskosten
, dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen
werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen
Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, erfolgt. Bei Kostensenkungen
, z.B. der Strombezugskosten, sind vom Lieferanten die Preise
zu ermäßigen, soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen
in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Der Lieferant
wird bei der Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte
einer Preisänderung so wählen, dass Kostensenkungen nicht nach
für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen werden als
Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang
preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen."
im Gesamtzusammenhang des Klauselwerks den Transparenzanforderungen des
§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.
BGH, Urteil vom 25. November 2015 - VIII ZR 360/14 - OLG München
LG Augsburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die
Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Juli 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht unter Ziffer II a seiner Urteilsformel (Preisanpassungsklausel) zum Nachteil der Beklagten erkannt und diese außerdem verurteilt hat, die Klägerin von Abmahnkosten in Höhe von mehr als 986,95 € freizustellen. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Augsburg vom 18. März 2014 zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen; im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien stehen als Stromanbieter im Wettbewerb. Die Beklagte verwendet in ihren "Allgemeinen Geschäftsbedingungen S. Strom der E. S. GmbH für den Eigenverbrauch im Haushalt, Stand Januar 2014" (im Folgenden: AGB) unter der Überschrift "Preise und Preisanpassung /Steuern, Abgaben und sonstige hoheitlich auferlegte Belastungen" unter anderem folgende Regelungen: "6.1. Der Gesamtpreis setzt sich aus der Servicepauschale, dem Arbeitspreis und ggf. einem Leistungspreiszuschlag zusammen. Er enthält den Energiepreis, die Kosten für Messstellenbetrieb und Messung [...] sowie für die Abrechnung, die aus dem ErneuerbareEnergien -Gesetz (EEG) folgenden Belastungen, das an den Netzbetreiber abzuführende Netzzugangsentgelt [...] inklusive der vom Netzbetreiber erhobenen Zuschläge nach dem Kraft-WärmeKopplungsgesetz (KWKG) sowie die Konzessionsabgaben, die Offshore-Haftungsumlage und die § 19 Sonderkundenumlage. [...] 6.3. Wird die Belieferung oder die Verteilung von elektrischer Energie mit zusätzlichen Steuern oder Abgaben belegt, kann der Lieferant [= die Beklagte] hieraus entstehende Mehrkosten an den Kunden weiterberechnen [...]. 6.4. Ziffer 6.3. gilt entsprechend, falls sich die Höhe einer nach Ziffer 6.3. weitergegebenen Steuer oder Abgabe ändert; bei einem Wegfall oder einer Absenkung ist der Lieferant zu einer Weitergabe verpflichtet. 6.5. Ziffer 6.3. und Ziffer 6.4. gelten entsprechend, falls auf die Belieferung oder die Verteilung von elektrischer Energie nach Vertragsschluss eine hoheitlich auferlegte, allgemeinverbindliche Belastung (d.h. keine Bußgelder o.ä.) entfällt, soweit diese unmittelbaren Einfluss auf die Kosten für die nach diesem Vertrag geschuldeten Leistungen hat (wie derzeit z.B. nach dem EEG und KWKG) oder dem Lieferanten geänderte Netzentgelte oder Sonderkundenaufschläge berechnet werden. 6.6. Der Lieferant wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise darüber hinaus nach billigem Ermessen der Ent- wicklung der Kosten anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preiserhöhung kommt in Betracht und eine Preisermäßigung ist vorzunehmen, wenn sich z.B. die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes erhöhen oder absenken oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen (z.B. durch die Einführung von Netzzugangsentgelten für Einspeisungen, Änderungen der Belastungen nach dem EEG oder KWKG). Steigerungen bei einer Kostenart , z.B. den Strombezugskosten, dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, erfolgt. Bei Kostensenkungen, z.B. der Strombezugskosten, sind vom Lieferanten die Preise zu ermäßigen , soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Der Lieferant wird bei der Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen. 6.7. Änderungen der Preise nach Ziffer 6.6. sind nur zum Monatsersten möglich. Der Lieferant wird dem Kunden die Änderung spätestens 6 Wochen vor dem geplanten Wirksamwerden in Textform mitteilen. Im Fall einer Preisänderung hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung in Textform zu kündigen. Hierauf wird der Kunde vom Lieferanten in der Preisänderungsmitteilung gesondert hingewiesen. Im Fall der Kündigung wird die Preisänderung gegenüber dem Kunden nicht wirksam. Im Übrigen bleibt § 315 BGB unberührt."
2
Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. August 2013 mahnte die Klägerin, die die aus Ziffer 6.6. der AGB ersichtliche Preisanpassungsklausel sowie darüber hinaus eine in Ziffer 14.2. der AGB enthaltene salvatorische Klausel für unwirksam hält, die Beklagte vergeblich auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
3
Ihre daraufhin gegen die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung beider Klauseln sowie auf Freistellung von Abmahnkosten in Höhe von 1.973,90 € gerichtete Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte - bei dem Unterlassungsausspruch unter Androhung von Ordnungsmitteln - antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die Beklagte hinsichtlich der auf die Preisanpassungsklausel bezogenen Verurteilung sowie der hierauf entfallenden Abmahnkosten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (OLG München, ZNER 2015, 461) hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 BGB. Denn die von der Beklagten unter Ziffer 6.6. ihrer AGB verwendete Preisanpassungsklausel sei unwirksam, weil sie nicht den Anforderungen genüge, die an die tatbestandliche Konkretisierung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zu stellen seien, und deshalb die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 BGB). Sie lasse jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung nicht hinreichend deutlich erkennen, dass dem Kunden - wie von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 43 f.) gefordert - das Recht zustehe, die von der Beklagten nach billigem Ermessen vorzunehmende Preisanpassung gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf Billigkeit überprüfen zu lassen, und stelle damit die Rechtslage irreführend dar.
7
Die Klausel sehe ausweislich ihres Wortlauts für Preisänderungen im Fall von Kostensteigerungen sowie Kostensenkungen die Ausübung billigen Ermessens durch die Beklagte vor. Damit sei der Anwendungsbereich des § 315 BGB, insbesondere auch von dessen Absatz 3, eröffnet. Die Verwendung der Worte "billiges Ermessen" lasse für den Durchschnittskunden allerdings nicht erkennen, dass die Preisänderungen der Billigkeitskontrolle unterlägen und damit eine richterliche Überprüfung möglich sei. Auch der in Ziffer 6.7. des Klauselwerks enthaltene Hinweis, wonach § 315 BGB "im Übrigen unberührt" bleibe, stelle keinen ausreichenden Hinweis auf eine mögliche richterliche Billigkeitskontrolle dar.

II.

8
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Insbesondere verstößt die Preisanpassungsklausel in Ziffer 6.6. der AGB nicht schon deshalb gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot , weil darin nicht auf die Möglichkeit hingewiesen wird, künftige Preisanpassungen gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen zu lassen. Auch sonst hält die Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Dementsprechend hat die Klägerin insoweit auch keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auf Freistellung von den bei ihr angefallenen Abmahnkosten.
10
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass ein Mitbewerber wie die Klägerin den Verwender unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen grundsätzlich gemäß § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 BGB wegen des in der Verwendung solcher Klauseln liegenden wettbewerbswidrigen Verhaltens und der dadurch begründeten Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Denn die Bestimmung des § 307 BGB hat jedenfalls insoweit, als sie als Marktverhaltensregel einer Benachteiligung des Kunden entgegenwirken soll, eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion (BGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - I ZR 40/11, GRUR 2013, 421 Rn. 31 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center; vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, GRUR 2012, 949 Rn. 46 - Missbräuchliche Vertragsstrafe; jeweils mwN).
11
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die streitgegenständliche Preisregelung sei intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil sie keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit enthalte, künftige Preisanpassungen gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit hin überprüfen zu lassen.
12
a) Allerdings kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen sowie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen zu lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 179/13, BGHZ 201, 271 Rn. 27; jeweils mwN).
13
Bei Beurteilung der Frage, ob eine Vertragsklausel diesen Transparenzanforderungen gerecht wird, ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, aaO; vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 179/13, aaO; jeweils mwN). Auslegungszweifel gehen hierbei gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel hat zur Folge, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 337/11, BGHZ 194, 121 Rn. 16 mwN).
14
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die in Ziffer 6.6. der AGB enthaltene Preisanpassungsbestimmung, die der Senat uneingeschränkt selbst auslegen kann (Senatsurteil vom 17. April 2013 - VIII ZR 225/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9 mwN), diesen Transparenzanforderungen trotz des fehlenden Hinweises auf die in § 315 Abs. 3 BGB vorgesehene richterliche Kontrolle einer Preisanpassung auf Billigkeit gerecht.
15
aa) Die vorgenannte Regelung berechtigt die Beklagte, den Strompreis unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen nach billigem Ermessen anzupassen, wenn sich die für die Preisbildung maßgeblichen Kosten ändern. Wie auch ein juristisch nicht vorgebildeter Kunde der Klausel ohne weiteres entnehmen kann, sind Preisanpassungen damit weder - im Sinne einer Spannungsklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKlG) - anhand eines feststehenden Index oder - im Sinne einer Kostenelementeklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 PrKlG) - aufgrund feststehender rechnerischer Bezugsgrößen vorzunehmen noch stehen sie im freien Belieben der Beklagten. Vielmehr haben die Parteien mit der Regelung eine sogenannte Leistungsvorbehaltsklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 PrKlG) vereinbart , bei der dem Bestimmungsberechtigten hinsichtlich des Ausmaßes künftiger Preisanpassungen ein Ermessensspielraum verbleibt, der es ermöglicht, Zeitpunkt und Höhe eines geänderten Strompreises nach Billigkeitsgrundsätzen festzusetzen. Der damit für die Preisanpassungen verbindliche Maßstab des § 315 BGB (vgl. BGH, Urteile vom 9. Mai 2012 - XII ZR 79/10, NJW 2012, 2187 Rn. 27; vom 27. Juni 2012 - XII ZR 93/10, juris Rn. 22; jeweils mwN), den auch das Berufungsgericht der im Streit stehenden Klausel richtigerweise entnimmt, ist nämlich nicht nur im Klauselwortlaut durch die mehrfache Verwendung der Formulierung "... nach billigem Ermessen ..." unmissverständlich herausgestellt. Er wird zusätzlich durch die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Regelung in Ziffer 6.7. der AGB unterstrichen, die in Bezug auf die vorzunehmenden Preisanpassungen eigens hervorhebt, dass § 315 BGB unberührt bleibt.
16
bb) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts , ein Durchschnittskunde könne bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel weder aufgrund der Verwendung der Worte "billiges Ermessen" noch aufgrund der ergänzenden Bezugnahme auf § 315 BGB erkennen, dass er ein Recht auf eine richterliche Überprüfung künftiger Preisanpassungen habe. Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich auch dem von ihm zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Senatsurteil vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09, aaO) nicht entnehmen, dass es bei einer Klauselgestaltung wie der hier vorliegenden noch zusätzlich eines ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit einer richterlichen Billigkeitskontrolle bedarf.
17
(1) Zwar verstößt eine Allgemeine Geschäftsbedingung gegen das Transparenzgebot, wenn der Vertragspartner durch die unklare, mehrdeutige oder unvollständige Fassung einer Klausel davon abgehalten wird, seine berechtigten Ansprüche oder Gegenrechte dem Verwender gegenüber geltend zu machen, oder wenn eine irreführende Darstellung der Rechtslage es dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren (BGH, Urteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11, 24 f.; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, WM 2011, 1678 Rn. 44; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, WM 2014, 132 Rn. 19, 23). Allerdings gebietet es das Transparenzgebot darüber hinaus nicht, die aus dem Gesetz oder der Rechtsnatur eines Vertrages folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 257/94, BGHZ 133, 25, 32; vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, NJW 1999, 276 unter 2; vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99, NJW 2000, 2103 unter II 4 a; vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, WM 2010, 1861 Rn. 18; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, aaO Rn. 19; jeweils mwN). Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht vielmehr nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (BGH, Urteil vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, aaO; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, aaO Rn. 23). So liegt der Fall hier aber nicht.
18
(2) Die im Streit stehenden Preisanpassungsregelungen sind nicht geeignet , Fehlvorstellungen über das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Recht des Kunden, künftige Preisanpassungen gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen zu lassen, zu wecken. Vielmehr ist das der Beklagten eingeräumte Ermessen - wie vorstehend unter II 2 b aa ausgeführt - in Ziffer 6.6. und 6.7. der AGB unübersehbar herausgestellt mit der Folge, dass damit von Gesetzes wegen der Anwendungsbereich einer richterlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB eröffnet ist, ohne dass es hierzu noch einer ausdrücklichen Regelung in der Preisanpassungsklausel bedurft hätte. Denn allein dadurch, dass die Frage einer richterlichen Billigkeitskontrolle in den Klauseln nicht ausdrücklich angesprochen ist, entstehen keine Unklarheiten darüber, ob die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei Zweifeln über die Billigkeit abschließend und umfassend geregelt sind; insbesondere eröffnet das Fehlen eines Hinweises auf die Möglichkeit einer solchen Billigkeitskontrolle angesichts der klaren Gesetzeslage der Beklagten weder ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume noch hält sie auf diese Weise die Kunden sonst unzulässig von einer Durchsetzung der ihnen zustehenden Rechte ab (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 202/11, WM 2012, 2069 Rn. 25).
19
(3) Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Berufungsgericht für einschlägig erachteten Senatsurteil vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09, aaO), bei dem die zu beurteilende Klauselgestaltung dadurch geprägt war, dass bei kundenfeindlichster Auslegung auch ein Klauselverständnis in Betracht kam, wonach dem Lieferanten wegen der festen, nach Art eines Index vorgenommenen Kopplung der Preisanpassungen an die Änderungen der Grundversorgungspreise kein der Überprüfung zugänglicher Ermessensspielraum zugestanden und deshalb für den Kunden auch keine Kontrolle des geänderten Preises auf Billigkeit stattgefunden hätte. Die vorliegende Klauselgestaltung unterscheidet sich - anders als das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen - hiervon grundlegend.
20
(a) § 315 Abs. 1 BGB setzt für seine Anwendbarkeit eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Vertragspartei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleis- tung bestimmen kann (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, VersR 2013, 219 Rn. 21; vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 33 mwN). Dementsprechend ist auch Voraussetzung für eine Überprüfung der Preisgestaltung nach § 315 Abs. 3 BGB stets, dass der Bestimmungsberechtigte die Leistung einseitig bestimmen darf und ihm hierbei ein gewisser Ermessensspielraum zustehen soll (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, WM 2007, 40 Rn. 19; vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, aaO).
21
(b) Hiernach geht eine bereits im Vertrag erfolgte Bestimmung der Leistung einer Anwendung des § 315 BGB vor. Das ist nicht nur der Fall, wenn die Parteien bereits im Vertrag konkret festgelegt haben, welche Leistungen zu erbringen sind (BGH, Urteil vom 23. November 1994 - IV ZR 124/93, BGHZ 128, 54, 57 f.). So verhält es sich auch, wenn die Vertragsparteien objektive Maßstäbe , namentlich etwa bestimmte Berechnungsfaktoren für eine Preisanpassung , vereinbaren, aus denen sich die Kriterien für die danach zu bestimmende Leistung ohne Eröffnung von Ermessensspielräumen unmittelbar ableiten lassen (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, aaO; vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Juli 1991 - V ZR 117/90, WM 1991, 1854 unter II 2 a). Auf einen solchen Fall war - jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung - auch die Beurteilung der Klauselgestaltungen in den Senatsurteilen vom 14. Juli 2010 (VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 41) und vom 31. Juli 2013 (VIII ZR 162/09, aaO) bezogen, so dass dem Kunden bei einem solchen Verständnis der Blick für das ihm an sich zukommende Recht, die auf die Klauseln gestützten Preisanpassungen auf Billigkeit überprüfen zu lassen, (unzulässig) versperrt war.
22
(c) Anders verhält es sich, wenn der Bestimmungsberechtigte sein Ermessen zwar in einzelnen Beziehungen - Weitergabe von Kostensenkungen - in bestimmter Weise gebunden, in anderer Hinsicht - Weitergabe von Kostensteigerungen - im Rahmen der Billigkeit dagegen keinen Einschränkungen unterworfen hat. Denn die Anwendbarkeit des § 315 BGB scheitert nicht bereits daran, dass der Ermessensausübung, gleich ob durch Gesetz oder durch Vertrag , ein bestimmter (objektiver) Rahmen vorgegeben ist, in dem sich das Ermessen des Bestimmungsberechtigten (nur) bewegen darf (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - IX ZR 306/12, WM 2013, 1756 Rn. 7; BAG, AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Papierindustrie unter II 2; ferner auch Erman/Hager, BGB, 14. Aufl., § 315 Rn. 4 mwN). Demgemäß steht einer Anwendung des § 315 BGB auf das in der streitgegenständlichen Klausel geregelte Preisanpassungsrecht der Beklagten nicht entgegen, dass sie sich bei Kostensenkungen in bestimmter Weise an eine dem Kunden günstige Weitergabe hinsichtlich Umfang und Zeitpunkt gebunden und im Übrigen ihren Ermessensspielraum auf die Weitergabe von Kostensteigerungen beschränkt hat. Damit bietet die Klausel weder nach ihrem Wortlaut noch sonst nach dem Zusammenhang der Klauselgestaltungen Anhaltspunkte für ein Verständnis des Kunden, wonach ihm eine von Gesetzes wegen zustehende richterliche Überprüfung der auf die Klausel gestützten Preisanpassungen auf Billigkeit verwehrt, zumindest aber wegen Fehlens einer zur Überprüfung stehenden Ermessensausübung aussichtslos sei.
23
3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn die streitgegenständliche Preisanpassungsbestimmung wird auch in weiterer Hinsicht den Anforderungen des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) gerecht. Ebenso hält die Klausel sonst einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
24
a) Der Umstand, dass das Berufungsgericht im Gegensatz zum Landgericht die von der Klägerin erhobenen weiteren Angriffe gegen die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht mehr geprüft und auch die Revisionserwiderung diese nicht aufgegriffen hat, steht einer dahingehenden Prüfung durch den Senat nicht entgegen (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Denn das Revisionsgericht hat die Wirksamkeit der Klausel unter sämtlichen in Betracht kommenden Aspekten zu beurteilen. Hierbei bilden mehrere zur Begründung des erhobenen Unterlassungsanspruchs aufgegriffenen Gesichtspunkte , aus denen sich die beanstandete Klausel als unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB darstellen soll, einen einheitlichen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteile vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 17 ff. mwN - Biomineralwasser; vom 20. März 2013 - I ZR 209/11, GRUR 2013, 1170 Rn. 9 - Telefonwerbung für DSL-Produkte; vgl. auch BGH, Urteile vom 10. März 1993 - VIII ZR 85/92, WM 1993, 845 unter II 1 a; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 9; jeweils mwN).
25
b) Die Regelung in Ziffer 6.6. der AGB ist insgesamt hinreichend transparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie genügt insbesondere den in dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) vom 21. März 2013 (C-92/11, NJW 2013, 2253 Rn. 49 ff. - RWE Vertrieb AG) im Einzelnen dargestellten, auf Art. 3 und Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21. April 1993, S. 29, im Folgenden: Klauselrichtlinie) zurückgehenden Anforderungen, die an die Bestimmtheit eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zu stellen sind. Auch die in dem Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2014 (C-359/11 und C-400/11, NJW 2015, 849 Rn. 45 ff. - Schulz und Ebringhoff) präzisierten Anforderungen des Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. Nr. L 176/37 vom 15. Juli 2003; im Folgenden: Stromrichtlinie) einschließlich der in Buchst. b und c ihres Anhangs A genannten Maßnahmen sind gewahrt.
26
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs beschränken sich die in den genannten Bestimmungen der Klausel- und der Stromrichtlinie aufgestellten Anforderungen an die Transparenz von Vertragsklauseln nicht auf deren bloße Verständlichkeit in formeller und grammatikalischer Hinsicht; dies steht bei den streitgegenständlichen Preisanpassungsbestimmungen der Beklagten außer Frage. Vielmehr dient das Transparenzerfordernis auch einem Ausgleich des regelmäßig geringeren Informationsstandes von Verbrauchern gegenüber dem als Klauselverwender auftretenden Gewerbetreibenden. Es ist deshalb umfassend zu verstehen, um den Verbraucher in die Lage zu versetzen, mit den ihm vor Vertragsschluss gegebenen Informationen über die Bedingungen der Verpflichtung und die Eigenheiten der Vertragsabwicklung, hier namentlich die Gründe und den Mechanismus der Preisanpassung, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen sowie zu entscheiden, ob er sich gegenüber dem Gewerbetreibenden binden will, indem er sich den von diesem vorformulierten Bedingungen unterwirft (EuGH, Urteile vom 23. April 2015 - C-96/14, EuZW 2015, 516 Rn. 40 f. - Van Hove; vom 26. Februar 2015 - C-143/13, RIW 2015, 283 Rn. 73 f. - Matei; jeweils mwN).
27
Vor diesem Hintergrund ist es für die Zulässigkeit eines dem Versorgungsunternehmen in dessen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeräumten einseitigen Preisanpassungsrechts insbesondere von wesentlicher Bedeutung , ob der Vertrag den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung so transparent darstellt, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen dieser Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann. Dies wiederum erfordert eine klare und verständliche Information über die grundlegenden Voraussetzungen der Ausübung eines solchen Änderungsrechts (EuGH, Urteile vom 21. März 2013 - C-92/11, aaO - RWE Vertrieb AG; vom 23. Oktober 2014 - C-359/11 und C-400/11, aaO - Schulz und Ebringhoff; Senatsurteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, aaO Rn. 59). Dem wird die streitgegenständliche Preisanpassungsbestimmung indessen gerecht.
28
aa) Ein Kunde kann dieser Regelung bereits vor Vertragsschluss entnehmen , dass eine Preisanpassung immer dann in Betracht kommt, wenn sich die für die Preisberechnung maßgeblichen Kosten ändern. Nicht nur dieser Anlass für eine Preisanpassung, sondern auch die den Anlass prägenden Kosten werden ihrer Art nach in der Klausel selbst näher konkretisiert, indem einzelne relevante Kostenfaktoren - etwa die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes - beispielhaft benannt sind. Weitere Informationen über die preisbildenden und damit zwangsläufig änderungsrelevanten Faktoren lassen sich der Aufzählung in Ziffer 6.1. Satz 2 der AGB entnehmen , die als Teil des Gesamtzusammenhangs, in den die Preisanpassungsklauseln eingebettet sind, ebenfalls berücksichtigt werden muss (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 337/11, aaO Rn. 18 mwN). Zugleich machen die betreffenden Preisanpassungsbestimmungen deutlich, dass Erhöhungen oder Ermäßigungen der für die Preisbildung relevanten Steuern, Abgaben und hoheitlich auferlegten, allgemeinverbindlichen Belastungen bereits nach Ziffern 6.3., 6.4. und 6.5. der AGB eine Preisanpassung zur Folge haben können und deshalb nicht zusätzlich Anlass für eine Preisanpassung nach Ziffer 6.6. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben.
29
bb) Der für die Preisanpassungen geltende Modus des billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB geht ebenfalls klar und verständlich aus der Klausel hervor.
30
(1) In Ausgestaltung des der Beklagten zustehenden Ermessensspielraums enthält die Klausel die erforderlichen grundlegenden Informationen zur Berechnung künftiger Preisanpassungen. Denn wie aus der gewählten Formulierung ("eine Preiserhöhung kommt in Betracht ...") ersichtlich ist, beinhaltet sie zum einen die Möglichkeit, den Kunden etwaige (Bezugs-)Kostensteigerungen weiter zu belasten, und zum anderen die Verpflichtung ("eine Preisermäßigung ist vorzunehmen"), künftigen Ermäßigungen der (Bezugs-)Kosten Rechnung zu tragen. Darüber hinaus ist aufgrund des Wortlauts der Klausel - anders als die Klägerin meint - auch für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres erkennbar, dass (Bezugs-)Kostensteigerungen und -ermäßigungen im Rahmen der Preisanpassung zu saldieren sind und jeweils nur die Differenz an den Kunden weitergegeben werden darf. Denn in der Klausel heißt es wörtlich: "Steigerungen bei einer Kostenart (...) dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen (...) erfolgt (...)". Zudem "[sind] bei Kostensenkungen (...) die Preise zu ermäßigen, soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen (...) ausgeglichen werden".
31
(2) Aus Satz 5 der Preisanpassungsregelung geht außerdem deutlich hervor, dass die Beklagte - auch in zeitlicher Hinsicht - Bezugskostensteigerungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben berücksichtigen darf als Kostensenkungen. Anders als die Klägerin meint, kann die gewählte Formulierung ("Der Lieferant wird ... die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisanpassung so wählen...") nicht so verstanden werden, dass die Beklagte berechtigt sein soll, die Zeitpunkte einer Preisanpassung nach freiem Belieben wählen und auf diese Weise Kostensteigerungen umgehend, Kostensenkungen hingegen nicht oder nur mit zeitlicher Verzögerung zu berücksichtigen. Denn der Wortlaut und der Regelungszusammenhang lassen ein dahingehendes - den Kunden nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unangemessen benachteiligendes (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 20 f.; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 29, und VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 29; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, aaO Rn. 41) - Verständnis der Klausel nicht zu. Dem Gesamtzusammenhang der Klausel ist vielmehr unübersehbar zu entnehmen, dass das der Beklagten eingeräumte Ermessen nicht nur inhaltlich, sondern auch im Hinblick auf die zeitliche Ausgestaltung künftiger Preisanpassungen durch den Maßstab der Billigkeit begrenzt ist.
32
Soweit die Klägerin für den zeitlichen Anpassungsmodus zusätzliche Angaben wie etwa "objektive Zeitspannen und Erfahrungswerte" fordert, zeigt sie bereits nicht auf, dass es dahingehend einer gewissen Abstraktion zugängliche Werte gibt, die geeignet sind, die Realität von Kostenänderungen und/oder Kostenverschiebungen in ihrer zeitlichen Dimension mit einer ausreichenden Verlässlichkeit abzubilden. Insoweit ist jedoch anerkannt, dass das Transparenzgebot den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch nicht überfordern darf und die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren , nur im Rahmen des nach den Umständen Möglichen besteht (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO Rn. 27 mwN). Ein Zwang zur Angabe "objektiver Zeitspannen und Erfahrungswerte", denen der erforderliche Realitätsbezug fehlt, würde im Gegenteil sogar - dem Transparenzgebot zuwider - zu einer zu vermeidenden Irreführung des Kunden führen und Erwartungen wecken, denen der Verwender billigerweise nicht nachkommen kann und muss.
33
Das gilt umso mehr, als zum einen die Ermittlung der für die Preisberechnung maßgeblichen Kosten regelmäßig auf einer (prognostischen) Kostenkalkulation beruht. Diese ist zwangsläufig mit gewissen Unsicherheiten verbunden , wobei sich der zeitliche Eintritt von Kostenänderungen und/oder -verschiebungen und deren Erfassung nach den jeweiligen Umständen bestimmt , ohne sich allgemeingültig vorhersagen zu lassen. Die Validität der jeweiligen Kostenkalkulation lässt sich - ebenso wie eine sich später möglicherweise ergebende Änderungsnotwendigkeit - damit erst nach einem gewissen, nicht genau vorherbestimmbaren Zeitraum ermitteln (vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, ZIP 2015, 2226 Rn. 102 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen], und VIII ZR 13/12, juris Rn. 104). Zum anderen hat sich die Beklagte in der streitgegenständlichen Klausel in einer dem Kunden ersichtlich vorteilhaften Weise dahin für ihre Ermessensausübung gebunden, dass sie etwaige Kostensteigerungen nicht zwingend, zumindest nicht sofort in eine Preisanpassung umsetzen muss. Auch aus diesem Grunde sind deshalb genauere zeitliche Angaben zum Anpassungsmodus kaum vorab möglich.
34
cc) Die Klausel ist weiterhin nicht deshalb intransparent, weil sieweder eine abschließende Aufzählung und Erläuterung noch eine Gewichtung sämtlicher für die Preisberechnung maßgeblicher Kostenfaktoren enthält. Insbesondere unterscheidet sie sich von einer Kostenelementeklausel (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 Rn. 20 ff.), der - anders als hier - aufgrund ihres in mathematischer Ableitung erfolgenden Automatismus einer Preisanpassung das Erfordernis einer vollständigen Benennung und Gewichtung der abwälzbaren Kostenveränderungen immanent ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2006 - VII ZR 13/05, WM 2006, 1502 Rn. 15; OLG Schleswig, BauR 2009, 503, 504). Die teilweise in der Literatur vertretene Auffassung , wonach auch Leistungsvorbehaltsklauseln einen umfassenden Überblick über die relevanten Kostenpositionen, deren Verteilungsmaßstab sowie die für die Preisanpassung maßgeblichen Bezugszeitpunkte beinhalten müssten (BeckOK-BGB/Becker, Stand 1. August 2015, § 309 Nr. 1 Rn. 26), damit die Kunden die mit einer Bezugskostensteigerung verbundenen Auswirkungen konkret vorhersehen könnten (Grün/Ostendorf, BB 2014, 259, 260), überhöht die sich daraus für den Kunden hinsichtlich des Modus der Preisanpassungen ergebenden Erkenntnismöglichkeiten und überspannt auf diese Weise zugleich die nach den gesamten Umständen des Falles an die Transparenz einer solchen Klausel zu stellenden Anforderungen.
35
(1) Wie vorstehend unter II 3 b ausgeführt, folgt aus dem mit dem Transparenzgebot verfolgten Zweck die Verpflichtung der Beklagten, den Anlass und den Modus der die Entgeltänderung prägenden Umstände so transparent darzustellen , dass die Kunden die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen können. Dies verlangt der Beklagten eine so genaue Beschreibung der tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen ab, dass für sie keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Dazu gehört ferner, dass ihre Preisanpassungsregelungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies - bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - nach den Umständen, insbesondere auch nach den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Kunden, gefordert werden kann (Senatsurteile vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, aaO; vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 179/13, aaO; jeweils mwN). Denn nur dann wird der Kunde in die Lage versetzt, ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte zu erkennen sowie eine geltend gemachte Preisanpassung nachzuvollziehen und zumindest auf Plausibilität zu überprüfen (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 31; vom 15. Mai 2013 - IV ZR 33/11, VersR 2013, 888 Rn. 45).
36
(2) Die aus dem Transparenzgebot folgende Verpflichtung des Verwenders zur klaren und verständlichen Formulierung des Klauselinhalts besteht anerkanntermaßen aber nur im Rahmen des Möglichen (BGH, Urteile vom 19. Januar 2005 - XII ZR 107/01, BGHZ 162, 39, 45; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO mwN) und beschränkt sich auf diejenige Angaben, die dem Ver- wender rechtlich und tatsächlich zumutbar sind (Senatsurteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, aaO S. 16; vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 23/06, BGHZ 170, 1 Rn. 41). Dementsprechend brauchen die notwendig generalisierenden Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einen solchen Grad an Konkretisierung anzunehmen, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können. Vielmehr müssen Allgemeine Geschäftsbedingungen auch noch ausreichend flexibel bleiben, um künftigen Entwicklungen und besonderen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können, ohne dass von ihnen ein unangemessener Benachteiligungseffekt ausgeht. Die Anforderungen an die mögliche Konkretisierung dürfen deshalb nicht überspannt werden; sie hängen auch von der Komplexität des Sachverhalts unter den spezifischen Gegebenheiten des Regelungsgegenstandes ab (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, aaO; Fuchs inUlmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 Rn. 342).
37
(a) Hieran gemessen ist unter Transparenzgesichtspunkten nicht zu fordern , dass ein Versorgungsunternehmen in seiner Preisanpassungsklausel sämtliche für die Preisbildung maßgebliche Kostenfaktoren einschließlich deren Gewichtung im Detail benennt oder sogar die vollständige Kalkulation offenlegt, die dem im Vertrag vereinbarten Preis und den erwarteten künftigen Preisanpassungen zugrunde liegt. Denn derart ins Einzelne gehende Angaben sind dem Versorgungsunternehmen in einer Form, welche gleichzeitig auch die für einen durchschnittlichen Kunden notwendige Verständlichkeit und Übersichtlichkeit wahren muss, weder möglich noch zumutbar und auch sonst mit dem Charakter einer nach billigem Ermessen ausgestalteten Leistungsvorbehaltsklausel nicht zu vereinbaren.
38
Auch wenn eine Preisanpassungsklausel derart gestaltet sein muss, dass der Kunde in die Lage versetzt wird, ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte zu erkennen sowie eine geltend gemachte Preisanpassung nachzuvollziehen und zumindest auf Plausibilität zu überprüfen, muss sie zugleich so überschaubar bleiben, dass ein Kunde sie noch handhaben kann. Denn es liegt auf der Hand, dass durch allzu detaillierte Regelungen unübersichtliche und nur noch schwer durchschaubare Klauselwerke entstehen, die den Informationsinteressen des anderen Vertragsteils keinen wesentlichen Nutzen mehr bringen, sondern ihnen im Gegenteil abträglich sind und bei mangelnder Überschaubarkeit bisweilen sogar in den Bereich der Irreführung abgleiten können (BGH, Urteile vom 21. Juni 1990 - VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388, 391; vom 19. Januar 2005 - XII ZR 107/01, aaO). Deshalb ist auch hier von der Beklagten nicht zu verlangen, über die in Ziffern 6.1. Satz 2 und 6.6. der AGB gemachten Angaben hinaus sämtliche für die Preisbildung maßgebliche Kostenfaktoren einschließlich deren Gewichtung im Detail zu benennen oder gar die vollständige Kalkulation offenzulegen.
39
(b) Während die in Ziffer 6.1. Satz 2 und Ziffer 6.6. der AGB genannten und zur besseren Verständlichkeit beispielhaft erläuterten Kostenelemente dem Kunden nach Art einer Leitlinie einen prägnanten und eingängigen Überblick vermitteln, um welche Kostenelemente es geht, die die Beklagte aus den von ihr exemplarisch herausgestellten Anlässen zum Gegenstand einer Preisänderung machen kann, wäre eine Klauselgestaltung, die alle Details der Kostenkalkulation darzustellen versucht, angesichts der damit zwangsläufig verbundenen Komplexität kaum noch verständlich und würde ihrerseits alsbald in eine Intransparenz umschlagen (vgl. Staudinger/Rieble, BGB, Neubearb. 2015, § 315 Rn. 272; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 307 Rn. 253; Thomas, AcP 209 [2009], 84, 107 f.). Zudem würde eine vermeintlich abschließende Aufzählung aller relevanten Kostenfaktoren die unvermeidliche Gefahr der Unvollständigkeit in sich bergen und wäre dem Verwender auch angesichts des damit einhergehenden Transparenzverlusts kaum zumutbar (vgl. Senatsur- teile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, aaO S. 17; vom 18. Juli 2012 - VIII ZR 337/11, aaO Rn. 45).
40
Dass die Beklagte bei ihrer exemplarischen, auf die grundlegenden Änderungsparameter bezogenen Benennung wesentliche Kostenfaktoren außer Betracht gelassen hätte, die sich für den Kunden nicht bereits in naheliegender Weise aus den in der Klausel genannten Positionen als änderungsrelevant erschließen , die zu einer sachgerechten Beurteilung künftiger Preisanpassungen aber unerlässlich wären und deren fehlende Benennung ihm den Blick für eine angemessene Beurteilung des Preisanpassungsrechts versperren würde, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Übrigen geht - anders als die Klägerin meint - aus der streitgegenständlichen Preisanpassungsklausel in ihrem Gesamtzusammenhang unmissverständlich hervor, dass das Maß der Kostensteigerungen, und zwar nach Saldierung mit den dabei stets vollständig zu berücksichtigenden Kostensenkungen, die Obergrenze für eine Preisanpassung bildet.
41
(c) Ebenso wenig leidet die erforderliche Transparenz daran, dass die Klausel keine Angaben zur Gewichtung der in Betracht kommenden Kostenfaktoren enthält (aA Grün/Ostendorf, aaO). Das wäre ohnehin nur dann sinnvoll gewesen, wenn die Beklagte - wie hier nicht - verpflichtet gewesen wäre, die in Betracht kommenden Kostenfaktoren nicht nur exemplarisch, sondern sämtlich im Detail zu benennen. Denn ohne eine solche Benennung wäre die eine Vollständigkeit voraussetzende Gewichtung naturgemäß sinnlos. Es kommt hinzu, dass die Beklagte sich in zulässiger Weise - zugunsten des Kunden - vorbehalten hat, bestimmte Kostensteigerungen (zunächst) nicht oder nicht vollständig weiterzugeben, wodurch sich zwangsläufig zugleich die Gewichtung der einzelnen Kostenfaktoren untereinander verschieben würde, so dass auch aus die- sem Grunde eine ein für alle Mal gültige Gewichtungsangabe kaum möglich, sondern mangels hinreichender Validität eher sogar irreführend wäre.
42
Davon abgesehen ließe sich eine Gewichtung wegen der hohen Änderungsanfälligkeit der einzelnen Elemente für die Preisbildung im Hinblick auf ihre weitere Entwicklung sowie das relative Gewicht zueinander in einer Preisanpassungsklausel der in Rede stehenden Art gar nicht nachvollziehbar in einer dafür erforderlichen mathematisierten Form abbilden. Dem stünde zum einen entgegen, dass nicht nur die einzelnen Parameter für die Gesamtkosten, sondern auch deren relatives Gewicht im Verhältnis zueinander Änderungen unterliegt. Zum anderen ließe sich dies auch sonst nicht mit dem vorstehend näher beschriebenen Gestaltungsspielraum der Beklagten im Rahmen des von ihr in zulässiger Weise in Anspruch genommenen billigen Ermessens gemäß § 315 BGB vereinbaren (so zutreffend Büdenbender, NJW 2013, 3601, 3605).
43
(d) Im Übrigen wäre - ohne dass es darauf für das Ergebnis noch entscheidend ankäme - die Zumutbarkeit einer (weitgehenden) Offenlegung der Preiskalkulation im Rahmen einer Preisanpassungsklausel noch aus einem weiteren Grund zu verneinen. Zwar hat ein Versorgungsunternehmen im Rahmen der richterlichen Billigkeitskontrolle einer Preisanpassung, die im Rahmen eines - wie hier - einseitigen Leistungsbestimmungsrechts nach § 315 BGB vorgenommen wird, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der neu festgesetzte Preis der Billigkeit entspricht, und hierbei unter Umständen näher zu seiner Kalkulation vorzutragen (Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - VIII ZR 138/14, juris Rn. 38 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 46 f.).
44
Allerdings kann das Versorgungsunternehmen selbst in diesem Rahmen im Einzelfall ein verfassungsrechtlich geschütztes Interesse daran haben, die - grundsätzlich seiner freien unternehmerischen Entscheidung unterliegende (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - VIII ZR 138/14, aaO Rn. 14 mwN) - Preiskalkulation vor der Öffentlichkeit geheim zu halten (Senatsurteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, aaO; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rn. 527 ff.). Mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, zu denen auch betriebsinterne Kostenkalkulationen der in Rede stehenden Art gehören können (vgl. BVerfGE 115, 205, 230 f.; BVerfG, NVwZ 2014, 1652, 1661), wäre es nur schwer zu vereinbaren, wenn das Versorgungsunternehmen zur Wahrung der Transparenzanforderungen bereits im Rahmen eines formularmäßigen einseitiges Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 315 BGB sämtliche betriebswirtschaftlichen Details seiner Preiskalkulation offenbaren und auf diese Weise der Öffentlichkeit unter Einschluss der Mitbewerber zugänglich machen müsste.
45
c) Die in Ziffer 6.6. der AGB enthaltene Preisanpassungsbestimmung ist auch sonst nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie unterliegt zwar als Preisnebenabrede im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 19 f.; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 15; jeweils mwN). Dieser Inhaltskontrolle hält sie aber stand.
46
aa) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen ein grundsätzlich geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen namentlich im Bereich der Energieversorgung - wie hier - dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, ohne den Vertrag kündigen zu müssen, und andererseits den Vertragspartner davor zu be- wahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostensteigerungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO Rn. 14; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 22, und VIII ZR 56/08, aaO Rn. 24; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 34 f.).
47
bb) Allerdings ist auch in diesen Fällen die zum Schutz einer unangemessenen Benachteiligung bestehende Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überschritten, wenn die dazu in Allgemeinen Geschäftsbedingungen formulierten Preisanpassungsbestimmungen dem Verwender die Möglichkeit einräumen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 unter II 2; vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, aaO Rn. 21; vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08, aaO Rn. 35; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, aaO Rn. 35). Richtet sich das Preisanpassungsrecht - wie vorliegend - nach billigem Ermessen (§ 315 BGB), ist von einer unangemessenen Benachteiligung insbesondere dann auszugehen, wenn die Klausel zwar das Recht vorsieht, Bezugskostensteigerungen an die Kunden weiter zu belasten, nicht aber die Verpflichtung, Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und diese nach denselben Maßstäben an die Kunden weiterzugeben (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO Rn. 17; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 23; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 320/07, WM 2010, 228 Rn. 26 f. mwN).
48
cc) Dem wird die streitgegenständliche Preisanpassungsklausel in Ziffer 6.6. der AGB gerecht. Wie vorstehend bereits dargestellt, beinhaltet die Regelung zum einen die Verpflichtung der Beklagten, Ermäßigungen bei den in Ziffer 6.1. Satz 2 der AGB näher umschriebenen Kostenbestandteilen bei künftigen Preisanpassungen zu berücksichtigen und diesen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung zu tragen als gestiegenen (Bezugs-)Kosten. Zum anderen bildet danach das - erforderlichenfalls mit unabhängig davon zeitnah zu berücksichtigenden Kostenrückgängen in anderen Bereichen zu saldierende - Maß der Kostensteigerungen die Obergrenze für eine Preisanpassung. Darüber hinausgehende Beanstandungen hat die Klägerin in dieser Hinsicht nicht vorgebracht.
49
4. Von den nach einem Streitwert von 100.000 € zu bemessenden Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 1.973,90 € kann die Klägerin die beanspruchte Freistellung nur hinsichtlich des hälftigen Betrages, nämlich 986,95 €, beanspruchen, da sie mit ihrem Unterlassungsbegehren nur mit dem die Klausel in Ziffer 14.2. der AGB der Beklagten betreffenden Teil durchgedrungen ist.
50
Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann der Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer lediglich teilweise berechtigten Abmahnung deshalb nur insoweit zu ersetzen, als die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH, Urteile vom 10. Dezember 2009 - I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 Rn. 52 - Sondernewsletter; vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, aaO Rn. 49 mwN - Missbräuchliche Vertragsstrafe). Dem entspricht der erkannte Betrag.

III.

51
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist deshalb im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 18.03.2014 - 2 HKO 3775/13 -
OLG München, Entscheidung vom 24.07.2014 - 29 U 1466/14 -

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.