Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Apr. 2014 - 2 Sa 247/13

bei uns veröffentlicht am09.04.2014

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung von Weihnachtsgeld für die Jahre 2011 und 2012. Dem liegt ausweislich des Tatbestandes des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 21.08.2013 – 2 Ca 902/12 – folgender Sachverhalt zu Grunde:

2

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 18.08.1992 beschäftigt. Einen Arbeitsvertrag in Schriftform haben die Parteien nicht ausgefertigt. Uneinigkeit besteht bereits dahingehend, ob der Kläger als Maschinenführer (Behauptung des Klägers) oder aber als Sägewerksarbeiter (Behauptung der Beklagten) eingestellt ist, wobei dies für den Rechtsstreit letztendlich nicht relevant ist. Beim Einstellungsgespräch ist von Seiten der Beklagten auch das Thema Weihnachtsgeld angesprochen worden. Die genauen Einzelheiten des Gespräches hierzu sind zwischen den Parteien streitig.

3

Seit der Einstellung erhielt der Kläger von der Beklagten Weihnachtsgeld wie folgt:

4

1992   

        

1992   

700,- DM

        

1993   

        

1993   

2.000,- DM

        

1994   

        

1994   

2.500,- DM

        

1995   

        

1995   

2.600,- DM

        

1996   

        

1996   

2.697,- DM

        

1997   

        

1997   

2.800,- DM

        

1998   

        

1998   

2.900,- DM

        

1999   

        

1999   

3.000,- DM

        

2000   

        

2000   

2.008,- DM

        

2001   

        

2001   

2.900,- DM

        

2002   

        

2002   

1.500,- €

        

2003   

        

2003   

1.400,- €

        

2004   

        

2004   

1.400,- €

        

2005   

        

2005   

1.400,- €

        

2006   

        

2006   

1.400,- €

        

2007   

        

2007   

1.400,- €

        

2008   

        

2008   

–       

        

2009   

        

2009   

500,- €

(Prämie JT auf der Lohnabrechnung 2010 bezeichnet)

2011   

        

2010   

2.322,- €

Prämie

2012   

        

2011   

1.780,- €

Prämie.

5

Bei den Zahlungen im Jahr 2010 und 2011 handelt es sich um eine leistungsorientierte Prämie.

6

Die Weihnachtsgeldzahlungen erfolgten jeweils im November eines Jahres.

7

Ab dem Jahr 1997 übersandte die Beklagte Begleitschreiben mit den Verdienstabrechnungen im November eines Jahres. Ob sie dies in jedem Jahr seit 1997 tat oder nur in einigen Jahren, ist zwischen den Parteien streitig.

8

Die Beklagte erstellte per 31.12.2006 eine Statusinformation bzgl. des Arbeitsvertragsinhalts gemäß Nachweisgesetz für den Kläger. Die Beklagte unterzeichnete dieses Schreiben am 24.01.2007 und der Kläger am 09.02.2007. Diese Statusinformation enthält unter anderem folgenden Inhalt:

9

„5. Arbeitsentgelt
Herr C. enthält für seine Tätigkeit die folgende Vergütung:

10

Grundlohn: EUR 12,00 Anwesenheitsprämie pro Std.: EUR 1,20

11

Urlaubs- und Weihnachtsgeld richten sich nach den betrieblichen Vereinbarungen. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht auch nach wiederholter Zahlung jedoch nicht.“

12

Diese Statusinformation erhielten alle Mitarbeiter ohne schriftlichen Arbeitsvertrag.

13

Unter dem 01.07.2008 richtete die Beklagte ein Rundschreiben an alle Mitarbeiter, in welchem die Beklagte auf konjunkturelle Schwächen und Probleme vieler Unternehmen der Sägeindustrie verwies. Auch auf die Beklagte habe dies Auswirkungen. So könnten keine pauschalen Lohnerhöhungen im Jahr 2008 durchgeführt werden. Weiter enthält dieses Schreiben folgenden Inhalt:

14

„Bitte stellen Sie sich jedoch darauf ein, dass unter Umständen in diesem Jahr ein Weihnachtsgeld nicht gezahlt werden kann und möglicherweise auch in den Folgejahren alle unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit gewährten Gratifikationen entfallen werden.

15

Die dafür vorgesehenen Beträge wollen wir ab dem nächsten Jahr in eine Zielerreichungsprämie stecken, also wieder an Sie ausschütten. Das zugrunde gelegte Verteilungskriterium wird das Erreichen von Zielen sein, die Sie für sich mit ihren Vorgesetzten vereinbaren und die dem Unternehmen als Ganzes nützen sollen.“

16

Die angekündigte Leistungsprämie entspricht den unter anderem an den Kläger gezahlten Prämien, welche bereits oben dargestellt worden sind.

17

Im Zeitraum vom 01.04.2009 bis zum 31.12.2010 wurde bei der Beklagten Kurzarbeit durchgeführt. Weihnachtsgeldzahlungen erfolgten in diesem Zeitraum unstreitig nicht. Ab dem Jahr 2011 erfolgten die Arbeiten bei der Beklagten wieder ohne Einschränkungen.

18

Mit seiner Klageschrift vom 23.05.2012, eingegangen beim Arbeitsgericht Schwerin am 25.05.2012 sowie einer späteren Klageerweiterung begehrt der Kläger die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1.400,- € für das Jahr 2011 sowie in gleicher Höhe für das Jahr 2012.

19

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, ein Anspruch sei nicht begründet. Eine vertragliche Vereinbarung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses liege nicht vor. Der Kläger könne sich auch nicht auf eine betriebliche Übung berufen. Eine Gleichförmlichkeit der Zahlungen könne nicht festgestellt werden. Dies gelte auch hinsichtlich der Zahlungen aus den Jahren 2003 bis 2007, da auf Grund der unregelmäßigen Zahlungen in den Jahren davor kein Vertrauenstatbestand habe entstehen können. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

20

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

21

Es sei bereits bei der Einstellung eine Einigung über eine Weihnachtsgeldzahlung erfolgt. Die Beklagte selbst habe vorgetragen, dass dem Kläger bei der Einstellung erklärt worden sei, „der Umstand, ob gezahlt und die Höhe der Zahlung jährlich in Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Ergebnis des Unternehmens neu betrieblich festgelegt werde“. Damit sei eine Einigung über die Höhe des Weihnachtsgelds in Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Ergebnis erfolgt. Der Erhalt der Freiwilligkeitsvorbehalte werden mit Nichtwissen bestritten.

22

Der Kläger beantragt:

23

1.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an den Kläger für das Jahr 2011 eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für das Jahr 2012 eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Die Beklagte tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei.

28

Hinsichtlich jedes weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

30

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

31

Im Einzelnen gilt Folgendes:

1.

32

Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Weihnachtsgeld sich nicht auf Grund einer etwaigen vertraglichen Vereinbarung der Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages ergibt. Es fehlt ein wesentlicher Vertragsbestandteil, nämlich die Höhe des zu zahlenden Weihnachtsgeldes. Auch aus der Darlegung in der Berufungsbegründung ergibt sich kein vertraglicher Anspruch. Der Kläger bezieht sich darin auf die von der Beklagten wieder gegebenen Erinnerung des Zeugen S.. Wenn dieser aber gesagt hat, dass der Umstand, ob gezahlt werde jedes Jahr betrieblich neu festgelegt werde, spricht dies für eine freiwillige Leistung. Dabei ist die Äußerung, dass gegenwärtig ein Weihnachtsgeld in Höhe von einem Bruttogehalt gezahlt werde, unerheblich. Die weitere Argumentation des Klägers in der Berufungsbegründung ist bei dieser Sachlage unbeachtlich. Mit der Formulierung, dass offen bleibe, ob gezahlt werde, ist eine freiwillige Leistung vereinbart worden.

2.

33

Darüber hinaus kann ein Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes in Höhe von 1.400,00 Euro auch nicht aus dem Institut der betrieblichen Übung abgeleitet werden. Mit der Statusinformation vom Januar/Februar 2007 ist insoweit eine vertragliche Festlegung getroffen worden. Hätte der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus den §§ 2, 4 Nachweisgesetz genügen wollen, hätte es ausgereicht, dass er die Erklärung unterzeichnet bzw. sich den Erhalt von dem Kläger lediglich quittieren lässt. Stattdessen befindet sich unter der Statusinformation eine Unterschriftenleiste, die der Unterschriftenleiste bei einem Arbeitsvertrag entspricht.

34

Schließlich geht das Gericht auf Grund der vorbehaltlosen Unterzeichnung dieser Erklärung durch den Kläger auch davon aus, dass der Kläger fortlaufend über die Freiwilligkeit der Leistung durch Erhalt der von der Beklagten abgereichten Schreiben (Blatt 41 ff d. A.) informiert worden war. Hierfür spricht auch der Umstand, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern durch den Beklagtenvertreter unwidersprochen darauf hingewiesen worden ist, dass in einem vor dem Arbeitsgericht verhandelten Parallelfall der dortige Kläger, der von der gleichen Kanzlei wie der Kläger vertreten worden ist, dem Gericht sämtliche Unterrichtungsschreiben aus den Jahren seit 1997 vorgelegt hat. Dies und die vorbehaltlose Unterzeichnung des Klägers vom 09.02.2007 lassen den Vortrag des Klägers als Unglaubhaft erscheinen.

3.

35

Der in den Schreiben vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt ist auch wirksam. Die Formulierung, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, aus der sich eine regelmäßige Gewährung und kein Rechtsanspruch abgeleitet werden kann, ist ausreichend. Dem steht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 17.04.2013 – 10 AZR 281/12 – nicht entgegen. Diese Entscheidung lag einer anderen Formulierung zu Grunde.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

37

Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG besteht kein Anlass.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Referenzen

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.