Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 16. Apr. 2015 - 7 TaBV 17/14
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 23.01.2014 in Sachen 1 BV 28/13 abgeändert:
Dem Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Kai Lucas einzuholen und hierbei die standardisierte Unterlage „Tätigkeitsdarstellung und Tätigkeitsbewertung“ vollständig, einschließlich des Abschnitts „Tariflich geforderte tätigkeits-bezogene Anforderungen“, vorzulegen, und für den Fall der Zustimmungsverweigerung ein Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeits- gericht einzuleiten.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I. Die Beteiligten streiten um den Umfang der arbeitgeberseitigen Unterrichtungspflichten bei Ein- und Umgruppierungen gemäß § 99 BetrVG.
3Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die erste Kammer des Arbeitsgerichts Siegburg dazu bewogen haben, die Anträge des Betriebsrats zurückzuweisen, wird auf den vollständigen Inhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg vom 23.01.2014 in Sachen 1 BV 28/13 Bezug genommen.
4Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde dem antragstellenden Betriebsrat am 24.02.2014 zugestellt. Der Betriebsrat hat hiergegen am 18.03.2014 Beschwerde eingelegt und diese am 24.04.2014 begründet.
5Der Betriebsrat und Beschwerdeführer hält an seiner Auffassung fest, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, ihm im Rahmen von Anhörungen nach
6§ 99 BetrVG zu Eingruppierungen und Umgruppierungen auch den Bewertungsteil des für Ein- und Umgruppierungsentscheidungen entwickelten Standardformularwerks vorzulegen, welcher zur Zeit die Überschrift „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderungen“ trägt. Die vom Arbeitsgericht Siegburg vorgenommene scharfe Trennung zwischen der Information über Tatsachen und der Mitteilung der rechtlichen Subsumtion, die zu der Ein- bzw. Umgruppierungsentscheidung führt, sei verfehlt. Zum einen enthalte auch der Abschnitt „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderungen“ regelmäßig für die Eingruppierung wesentliche ergänzende Tatsachen, die teilweise auch nicht mit den übrigen Bestandteilen der Tätigkeitsdarstellung korrespondierten. In rechtlicher Hinsicht sei aber auch zu beanstanden, dass sich die Informationspflicht des Arbeitgebers im Rahmen des § 99 BetrVG nicht nur auf Tatsachen, sondern auch auf die vom Arbeitgeber für richtig gehaltene Subsumtion bezieht. Auch das BAG spreche in seiner Entscheidung vom 13.03.2013, 7 ABR 39/11, davon, dass es bei Umgruppierungen zu einer vollständigen Unterrichtung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gehöre, die Gründe zu erläutern, weshalb der Arbeitnehmer nunmehr in einer bestimmten anderen Vergütungsgruppe einzugruppieren sei. Außerdem habe der Betriebsrat ohnehin das Recht, im Rahmen der Information nach § 99 BetrVG vorhandene Unterlagen, die in einem standardisierten Formularwerk auf eine konkrete Eingruppierungsentscheidung hin erstellt worden sind, vollständig vorgelegt zu erhalten.
7Zudem bestreitet der beschwerdeführende Betriebsrat, dass es in der Vergangenheit zwischen seinen Vorgängergremien und dem Arbeitgeber eine Regelungsabrede mit dem Inhalt gegeben habe, dass der Bewertungsteil der arbeitgeberseitigen Eingruppierungsformulare nicht vorgelegt werden müsse.
8Der Betriebsrat als Beschwerdeführer beantragt,
9die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg vom 23.01.2014, 1 BV 28/13, abzuändern und dem Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Zustimmung des Betriebsrats zu der Eingruppierung des Arbeitnehmers K L einzuholen und hierbei die vollständigen Unterlagen vorzulegen, insbesondere die Beurteilung offenzulegen, die zu der Bewertung der zuvor gefundenen Arbeitsabläufe angesichts der nach Auffassung des Arbeitgebers einschlägigen Tarifnorm führt und die standardisiert als Anlage „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderungen“ erstellt wird, und für den Fall, dass die Zustimmung verweigert wird, ein Verfahren beim Arbeitsgericht einzuleiten, um die Zustimmung des Betriebsrats ersetzen zu lassen;
10hilfsweise,
11dem Beteiligten zu 2) aufzugeben, dem Beteiligten zu 1) die Beurteilung vorzulegen, die zu der Bewertung der zuvor gefundenen Arbeitsabläufe angesichts der nach Auffassung des Arbeitgebers einschlägigen Tarifnorm führt und die üblicherweise als Anlage „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderung“ erstellt wird.
12Der Arbeitgeber als Beschwerdegegner beantragt,
13die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.
14Der Arbeitgeber hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg für richtig. Im Rahmen des § 99 BetrVG komme es darauf an, dass der Betriebsrat aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt. In den Fällen der Ein- und Umgruppierung bestehe das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage im Sinne einer Richtigkeitskontrolle. Dem Betriebsrat seien daher alle zur Ausübung seines Mitbeurteilungsrechts erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, insbesondere in Form der Tätigkeitsdarstellung des betreffenden Mitarbeiters.
15Aus dieser Tätigkeitsdarstellung ergäben sich sämtliche beurteilungsrelevanten Tatsachen. Die eigene Bewertung des Arbeitgebers, d. h. dessen eigenständige Subsumtion der beurteilungsrelevanten Tatsachen unter die einschlägige Tarifnorm, gehöre nicht zu den bei einer Eingruppierungsentscheidung mitzuteilenden Umständen.
16Ferner behauptet der Arbeitgeber, dass bereits seit einem Zeitraum von mindestens 30 Jahren eine Abrede mit dem früheren Betriebsrat geschlossen worden sei, wonach der interne Vermerk der Personalabteilung, der die Bewertung der Tätigkeiten seitens des Beschwerdegegners enthalte, dem Betriebsrat gerade nicht vorzulegen sei.
17Auf den vollständigen Inhalt der Beschwerdebegründungsschrift des Betriebsrats und der Beschwerdeerwiderungsschrift des Arbeitgebers wird Bezug genommen.
18Das Beschwerdegericht hat Beweis erhoben, über die Behauptung, ob im Zeitpunkt der hier streitigen Anhörungen im März 2013 seit vielen Jahren zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber eine Regelungsabrede bestanden habe, wonach bei Anhörungen zur Eingruppierung die Seiten 6 ff. der Unterlage „Tätigkeitsdarstellung und Tätigkeitsbewertung“, insbesondere der dort enthaltene Abschnitt „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderung“ bzw. ein entsprechender, diesen Abschnitt ersetzender Vermerk, vom Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht vorzulegen sei, durch Vernehmung der hierfür benannten Zeugen B C und B H . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.04.2015 Bezug genommen.
19II.A. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen die seine Anträge abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg ist zulässig. Die Beschwerde ist statthaft und wurde innerhalb der hierfür vorgeschriebenen Fristen formgerecht eingelegt.
20B. Die Beschwerde des Betriebsrats muss zur Überzeugung des Beschwerdegerichts auch Erfolg haben.
211. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat bei der Anhörung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers K L in die Vergütungsgruppe EG 13 TVöD nur unvollständig und damit nicht wirksam angehört.
22a. Der Arbeitgeber verwendet seit Jahrzehnten vor Ein- und Umgruppierungsentscheidungen eine standardisierte Formularunterlage. Diese enthält neben der Zusammenstellung der allgemeinen Daten des einzugruppierenden Arbeitnehmers und der Darstellung seiner Arbeitsaufgaben und Tätigkeiten auch einen Bewertungsteil, welcher in der zur Zeit der hier streitigen Anhörung verwendeten Version die Überschrift „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderungen“ trägt. In diesem Abschnitt führt der Arbeitgeber aus, warum seiner Meinung nach die zuvor dargestellte Tätigkeit des Mitarbeiters die Voraussetzungen der von ihm, dem Arbeitgeber, für richtig gehaltenen tariflichen Vergütungsgruppe erfüllt. Diesen Teil des Standardformularwerks hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei der Anhörung zur Eingruppierung des Mitarbeiters K L im März 2013 nicht vorgelegt.
23b. Der Arbeitgeber hat die entsprechenden Informationen auch nicht nachgeliefert, nachdem der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist nach Anhörung das Fehlen der Unterlagen gerügt und darauf hingewiesen hatte, dass er zur Prüfung der Richtigkeit der Eingruppierung auf diese Angaben angewiesen sei.
24c. Der Arbeitgeber wäre zur Überzeugung des Beschwerdegerichts verpflichtet gewesen, den Bewertungsteil des Standardformulars mit vorzulegen. Da dies nicht geschehen ist und auch nicht nachgeholt wurde, war die Anhörung zur Eingruppierung des Mitarbeiters K L unvollständig und zur ordnungsgemäßen Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG ungeeignet. In einem solchen Fall kann der Betriebsrat verlangen, dass der Arbeitgeber das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG erneut einleitet und durchführt. Dem Hauptantrag des Beschwerdeführers war daher stattzugeben.
25d. Im Ausgangspunkt zutreffend führt der Arbeitgeber und ihm folgend das Arbeitsgericht Siegburg sinngemäß aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG dem Betriebsrat alle Tatsachen mitteilen muss, die diesen in die Lage versetzen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt. Da das Mitbestimmungsrecht in Fällen der Ein- und Umgruppierung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Mitgestaltungsrecht, sondern ein Mitbeurteilungsrecht beinhaltet, geht es bei der Anhörung zu Fällen der Ein- und Umgruppierung darum, dem Betriebsrat alle Tatsachen vorzutragen, die er kennen muss, um die Rechtslage im Sinne einer Richtigkeitskontrolle mitbeurteilen zu können. Hierzu gehört insbesondere die Tätigkeitsdarstellung des betroffenen Mitarbeiters. Dass hierzu jedoch die Begründung der eigenen Bewertung des Arbeitgebers, d. h. die vom Arbeitgeber vorgenommene Subsumtion der beurteilungsrelevanten Tatsachen unter die einschlägige Tarifnorm, nicht gehören soll, vermag nicht zu überzeugen.
26aa. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen der Information über Tatsachen und die vom Arbeitgeber vorgenommene rechtliche Subsumtion der Tatsachen unter eine Tarifnorm wirkt künstlich und nicht zielführend. Es erscheint zwar vordergründig richtig, dass der Betriebsrat, wenn er alle nach der einschlägigen Tarifnorm eingruppierungsrelevanten Tatsachen kennt, die Subsumtion unter die Tarifnorm auch alleine und ohne Kenntnis der Rechtsmeinung des Arbeitgebers durchführen könnte. Gerade weil nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen in einem Mitbeurteilungsrecht besteht, und die gemeinsame Beurteilung der Eingruppierungsrechtslage durch Arbeitgeber und Betriebsrat nach dieser Vorstellung zu einer größeren Richtigkeitsgewähr führt, hat der Betriebsrat aber in seiner Rolle als ‚Zweitbeurteiler‘ ein wesentliches Interesse daran zu erfahren, welche rechtlichen Überlegungen der Arbeitgeber als ‚Erstbeurteiler‘ angestellt hat, um zu der von ihm beantragten Eingruppierungsentscheidung zu gelangen.
27bb. Dem kann nicht etwa entgegengehalten werden, dass der Betriebsrat seine rechtliche Bewertung möglichst eigenständig und unbeeinflusst entwickeln soll; denn es geht im Rahmen des § 99 BetrVG nicht darum, dass der Betriebsrat quasi freihändig eine eigene Eingruppierungsentscheidung entwickelt, sondern gerade wegen des ihm zukommenden Mitbeurteilungsrechts besteht seine Aufgabe darin, die Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers, deren Ergebnis dieser zu Beginn der Anhörung dem Betriebsrat zwingend mitzuteilen hat, auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen.
28cc. Genau aus diesem Grund hält das BAG in seiner Entscheidung vom 13.03.2013, 7 ABR 39/11, auch fest, dass zu einer vollständigen Unterrichtung im Sinne des § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG über eine Umgruppierungsentscheidung auch die Erläuterung (!) der Gründe gehört, weshalb der Arbeitnehmer nach Meinung des Arbeitgebers in einer bestimmten anderen Vergütungsgruppe als bisher einzugruppieren ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dieser bei Umgruppierungen geltende Grundsatz bei einer erstmaligen Eingruppierungsentscheidung nicht gelten sollte.
29e. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung darüber, in welcher Weise und in welchem Umfang der Betriebsrat eine Erläuterung der Gründe des Arbeitgebers zu einer Ein- oder Umgruppierungsentscheidung verlangen könnte, wenn der Arbeitgeber eine solche nicht ohnehin in standardisierter Form schriftlich erstellen würde; denn Letzteres ist hier unbestritten seit Jahrzehnten der Fall. Unstreitig erstellt der hiesige Arbeitgeber seit jeher eine nach standardisiertem Aufbau schriftlich begründete Eingruppierungsentscheidung, die auch einen Bewertungs- bzw. ‚Subsumtionsteil‘ enthält. Hierbei handelt es sich auch keineswegs etwa nur um eine Art unverbindlicher Skizze, die die Verantwortlichen auf Arbeitgeberseite im Rahmen der eigenen Entscheidungsfindung anfertigen; denn wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht erläutert wurde, dient die in standardisierter Form begründete Eingruppierungsentscheidung auch dazu, den mit der jeweiligen Eingruppierung verbundenen finanziellen Aufwand vor der Seite der Geldgeber und der Finanzaufsicht zu rechtfertigen.
30f. Bei der Bestimmung von Art und Umfang arbeitgeberseitiger Informationspflichten ist nicht zuletzt auch der in § 2 Abs. 1 BetrVG niedergelegte Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat heranzuziehen (Fitting u. a., BetrVG, 25. Auflage,
31§ 2 Rdnr. 24; Freckmann /Koller-van Delden, BB 2006, 490 f.). Indem der hiesige Arbeitgeber den in seinen standardisierten Eingruppierungsunterlagen enthaltenen Subsumtionsteil dem Betriebsrat bei der Anhörung nach § 99 Abs. 1 BetrVG vorenthält, verletzt er diesen Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Dabei ist nicht nur darauf abzustellen, dass die Kenntnis der rechtlichen Überlegungen, die der Arbeitgeber bei der Entwicklung seiner Eingruppierungsentscheidung angestellt hat, dem Betriebsrat seine Mitbeurteilungsaufgabe erheblich erleichtert. Vielmehr ist diese Kenntnis auch geeignet, ein zielführendes Miteinander im Hinblick auf eine von den Betriebspartnern gemeinsam getragene Eingruppierungsentscheidung zu fördern, wie es der Gesetzgeber als Idealfall ansieht. Abgesehen davon liegt die Mitteilung der eigenen Subsumtionsüberlegungen nicht zuletzt auch im eigenen Interesse des Arbeitgebers, da sie die Chance bietet, den Betriebsrat von vorneherein von der Richtigkeit der arbeitgeberseitigen Entscheidung zu überzeugen.
322. Die Vorlage der vollständigen Standardunterlage einschließlich des Abschnitts „tariflich geforderte tätigkeitsbezogene Anforderungen“ war vorliegend auch nicht deshalb entbehrlich, weil zwischen Betriebsratsseite und Arbeitgeber seit Jahrzehnten eine Regelungsabrede bestanden hätte, wonach die Vorlage nicht erforderlich sein solle. Die Existenz einer solchen Regelungsabrede kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht angenommen werden.
33a. Dass es eine solche Regelungsabrede in schriftlicher Form gegeben hätte, haben sowohl der Zeuge C wie auch der Zeuge H verneint.
34b. Der Zeuge H , welcher seit 1981 Betriebsratsmitglied und seit 1984 langjährig dessen Vorsitzender war, hat im Übrigen hierzu angegeben, dass er auf einer Niederlegung in Schriftform bestanden hätte, wenn es überhaupt eine solche Regelungsabsprache gegeben hätte. Er hat die Existenz einer solchen Regelungsabsprache dezidiert verneint („hat es mit Sicherheit nicht gegeben“).
35c. Aber auch die Aussage des Zeugen C ist im Hinblick auf eine mündliche Regelungsabsprache des fraglichen Inhalts unergiebig geblieben. Der Zeuge wusste lediglich zu berichten, dass man auch in der Vergangenheit den Bewertungsteil der Standardformulare dem Betriebsrat nicht zur Verfügung gestellt habe und der Betriebsrat diese Unterlage nie eingefordert habe. Abgesehen davon, dass der Zeuge H Letzteres so nicht bestätigt hat, ist das – gegebenenfalls auch langjährige – Nichteinfordern eines Rechts nicht gleichzusetzen mit einem Verzicht auf das Recht. Der Zeuge H konnte sich zwar ebenfalls nicht daran erinnern, dass der Betriebsrat „jetzt mal generell unabhängig von einem Einzelfall irgendwie schriftlich verlangt hätte, dass uns das immer vorgelegt wird“. Er hat auch eingeräumt, einzelfallbezogen zu dem Zeugen C gesagt zu haben: „Sie können das Zeug auch behalten, wir machen uns unsere eigenen Gedanken“. Andererseits hat der Zeuge H aber auch angegeben, dass er sich an Einzelfälle erinnern könne, „an denen wir dann auch mal darum gestritten haben, ob bzw. dass uns dieser Bewertungsteil vorgelegt wird.“.
36d. Der Zeuge H hat im Rahmen seiner Vernehmung auch angegeben, dass es „im Laufe der Zeit unzählige Eingruppierungsverfahren“ zwischen den Beteiligten vor dem Arbeitsgericht gegeben habe, was sinngemäß von den Arbeitgebervertretern bestätigt wurde. Die hinter dem Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen nach § 99 BetrVG stehende gesetzliche Intention besteht aber gerade darin, solche Verhältnisse durch eine gedeihliche gemeinsame Beurteilung der Rechtslage in konkreten Eingruppierungsfällen möglichst zu verhindern.
37C. Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegt nicht vor.
38Rechtsmittelbelehrung
39Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen. Auf §§ 92 a, 72 a Abs.2 bis Abs. 7 ArbGG wird vorsorglich hingewiesen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 16. Apr. 2015 - 7 TaBV 17/14
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Referenzen - Gesetze
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.
(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.
(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.