Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 20. Feb. 2014 - 6 Sa 880/13
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.09.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln– 19 Ca 2569/13 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Zahlung von Lohnzuschlägen nach dem Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassung in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) vom 22.05.2012 kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme.
3Der Kläger war bei der Beklagten, die erlaubte Arbeitnehmerüberlassung betreibt, vom 01.10.2012 bis zum 09.03.2013 als Elektriker zu einem Stundensatz von 12,21 € beschäftigt. Er wurde bei der Firma C GmbH, in K eingesetzt, die nicht tarifgebunden ist. Für den Monat Dezember 2012 zahlte die Beklagte Lohnzuschläge in Höhe von 172,48 €, danach nicht mehr.
4Mit seiner am 27.03.2013 erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung der Branchenzuschläge auch für die Monate Januar bis März 2013 verlangt.
5Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 20.09.2013 antragsgemäß zur Zahlung von 791,15 € verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach § 138 Abs. 3 ZPO sei der Vortrag des Klägers als zugestanden anzusehen, dass die Kundenfirma sich überwiegend mit Maschinen- und Apparatebau befasse und daher dem Anwendungsbereich des TV BZ ME unterfalle.
6Mit ihrer Berufung macht die Beklagte unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, die Kundenfirma sei entgegen irrtümlicher früherer Angaben kein Unternehmen der Metallbranche, sondern dem Bereich des Handels zuzurechnen, so dass auch die Berufsgenossenschaft Handel- und Warendistribution (BGHW) zuständig sei. In dem Unternehmen arbeite weniger als ¼ der Mitarbeiter im Anlagen- und Maschinenbau, aus dem auch nur 1/7 des Umsatzes stamme. Jedenfalls würden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie im Betrieb der Entleihfirma nicht angewandt.
7Die Beklagte beantragt,
8das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.2013 –19 Ca 2569/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
9Der Kläger beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Er verweist ergänzend auf den Eintrag im Handelsregister, wonach die Firma C mit der Herstellung und dem Vertrieb von Verpackungssystemen sowie ähnlichen Produkten, insbesondere unter dem Warenzeichen „Cy “ befasst sei. Den von der Beklagten angebotenen Beweis hält er für einen unzulässigen Ausforschungsbeweis.
12Die Beklagte hat der Firma C GmbH mit Schriftsatz vom 30.12.2013 den Streit verkündet.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben, durch Vernehmung des Zeugen M . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.02.2014 verwiesen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
17II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
18Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die begehrten Branchenzuschläge nach dem TV BZ ME nicht zu, weil der Kundenbetrieb der Beklagten, in dem der Kläger als Leiharbeitnehmer eingesetzt wurde, nicht dem fachlichen Geltungsbereich dieses kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme anwendbaren Tarifvertrags unterfällt. Im Einzelnen gilt folgendes:
19Nach § 1 TV BZ ME gilt der Tarifvertrag fachlich für Zeitarbeitsunternehmen, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einem Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einsetzen. Als Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie gelten u. a. die Betriebe des Wirtschaftszweigs Maschinen-, Apparate- und Werkzeugbau, soweit sie nicht dem Handwerk zuzuordnen sind. Es heißt dann weiter:
20„Bei Zweifelsfällen hinsichtlich der Einordnung eines Kundenbetriebs gilt als maßgebliches Entscheidungskriterium der im Kundenbetrieb angewandte Tarifvertrag. In dem Vertrag gemäß § 12 AÜG ist die Branchenzugehörigkeit festzuhalten. Ohne eine eindeutige Angabe des Kundenbetriebs zum angewandten Tarifvertrag kann das Zeitarbeitsunternehmen denTV BZ ME anwenden“.
21Nach Durchführung der Beweisaufnahme kann im Streitfall nicht zugrunde gelegt werden, dass der Kundenbetrieb nach Maßgabe seines Tätigkeitsschwerpunkts dem Bereich der Metall- und Elektroindustrie zuzuordnen ist. Die Darlegungs- und Beweislast folgt dabei dem Grundsatz, dass der Kläger als Anspruchssteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss. Etwaigen Schwierigkeiten, die sich mangels eigener Kenntnismöglichkeiten ergeben, ist durch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen (vgl. BAG vom 23.10.2008 –2 AZR 131/07; BAG vom 24.01.2013 – 2 AZR 140/12, juris). Die Regeln der sekundären Darlegungslast greifen ein, wenn ein darlegungspflichtiger Kläger außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, aber der Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt oder sich unschwer zu beschaffen vermag. Bei dieser Sachlage muss der Beklagte den Vortrag des Klägers substantiiert bestreiten, wenn er ihm entgegentreten will. Einfaches Bestreiten genügt nicht, sofern nähere Angaben zumutbar sind. Trägt der sekundär Darlegungspflichtige ausreichend vor, benennt aber keine Beweismittel, so kann dies vom Gericht zwar nicht als Verletzung der sekundären Darlegungslast nach § 138 ZPO, wohl aber nach § 286 ZPO möglicherweise als Beweisvereitelung berücksichtigt werden. Benennt der sekundär Darlegungspflichtige dagegen Beweismittel, etwa auch Zeugen, so kann der primär Darlegungspflichtige, hier der Kläger, sich der vom Gegner benannten Beweismittel bedienen. Auf diese Möglichkeit ist der primär Darlegungspflichtige nach § 139 ZPO hinzuweisen, wenn er sie erkennbar übersehen hat (vgl. BAG vom 26.06.2008 – 2 AZR 264/07, juris Rz. 28 m. w. N.).
22Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger hier zunächst seiner Darlegungslast genügt, indem er die für eine Zuordnung des Kundenbetriebs zur Metall- und Elektroindustrie entsprechenden Umstände aus den ihm zugänglichen Erkenntnisquellen wie Handelsregister und Internet vorgetragen hat. Es war dann Sache der Beklagten diese Angaben im Einzelnen zu bestreiten und näher darzulegen, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte jedenfalls mit ihrem Berufungsvorbringen gerecht geworden, indem sie unter Rückgriff auf die Auskünfte des Kundenbetriebs unter Beweisantritt vorgetragen hat, dass dort die Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie nicht angewandt würden. Da dieses Vorbringen auch nicht unsubstantiiert war und nicht auf eine Ausforschung hinauslief, sondern dem zentralen Abgrenzungskriterium nach dem TV BZ ME entsprach, war der angebotene Zeugenbeweis letztlich im Beweisinteresse des Klägers zu erheben. Die objektive Beweislast des Klägers als Anspruchstellers kommt dabei in der Beweisfrage zum Ausdruck, ob in dem Betrieb der Firma C GmbH die Tarifverträge für die Metallindustrie angewendet werden.
23Der Zeuge M , Personalleiter des Kundenunternehmens, hat im Einzelnen nachvollziehbar und glaubhaft ausgesagt, dass in dem Unternehmen seit seiner Gründung keine Tarifverträge angewandt wurden, sondern die Arbeitsbedingungen in den Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Zusammenfassend hat er dargelegt, dass der Schwerpunkt umsatzmäßig im Kunststoffbereich und personenmäßig im Vertrieb, Handel und im Kundenservice liegt. Dementsprechend sei auch die BGHW für den Betrieb zuständig. Dazu passt die Angabe, dass bei einem monatlichen Umsatz von 5 Millionen Euro nur etwa 1 Million auf den Bereich Anlagen- und Maschinenbau entfällt. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Schwerpunkt des Kundenbetriebs im Bereich der Metall- und Elektroindustrie liegt. Da nach der Bekundung des Zeugen die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie nicht angewandt werden, kann auch dieses Abgrenzungskriterium für den Zweifelsfall der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
24III. Die Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
25IV. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
26RECHTSMITTELBELEHRUNG
27Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
28Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf72a ArbGG verwiesen.
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Referenzen - Gesetze
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedarf der Schriftform. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend. In der Urkunde hat der Verleiher zu erklären, ob er die Erlaubnis nach § 1 besitzt. Der Entleiher hat in der Urkunde anzugeben, welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist sowie welche im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gelten; Letzteres gilt nicht, soweit die Voraussetzungen der in § 8 Absatz 2 und 4 Satz 2 genannten Ausnahme vorliegen.
(2) Der Verleiher hat den Entleiher unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis zu unterrichten. In den Fällen der Nichtverlängerung (§ 2 Abs. 4 Satz 3), der Rücknahme (§ 4) oder des Widerrufs (§ 5) hat er ihn ferner auf das voraussichtliche Ende der Abwicklung (§ 2 Abs. 4 Satz 4) und die gesetzliche Abwicklungsfrist (§ 2 Abs. 4 Satz 4 letzter Halbsatz) hinzuweisen.
(3) (weggefallen)
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.