Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 14. Jan. 2016 - 18 Sa 1279/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 07.07.2015 – 3 Ca 684/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Vergütungszahlung für die Monate Januar und Februar 2015; die Klägerin will diese Ansprüche auf das Mindestlohngesetz stützen.
3Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 15.08.2006 als Servicekraft im Restaurant beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag, den die Parteien am 09.08.2006 abschlossen, beträgt die Arbeitszeit 19,5 Stunden wöchentlich. § 4 des Arbeitsvertrages lautet auszugsweise wie folgt:
4„Die Weihnachtsgratifikation und das zusätzliche Urlaubsgeld werden nach unserer innerbetrieblich üblichen Regelung vergütet.
5Die Weihnachtsgratifikation, das zusätzliche Urlaubsgeld oder sonstige Sonderzuwendungen sind jederzeit widerrufliche, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers und begründen, auch bei wiederholter Zahlung, keinen Rechtsanspruch.
6Bei Ausscheiden des Mitarbeiters aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch bis zum einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres, ist die Weihnachtsgratifikation in voller Höhe zurückzuzahlen.“
7Mit Schreiben vom 13.12.2010 wandte sich die Beklagte an die Klägerin wegen einer Änderungsvereinbarung. In dem Schreiben heißt es:
8„Umstellung auf Jahresgehälter ab 01.01.2011
9Sehr geehrte Frau H,
10wir möchten zur Vereinfachung der Zahlungsweise die bisherigen, jährlichen Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) auf 12 gleiche Monatsbeträge umstellen.
11Für Sie hat dies den Vorteil, dass Ihnen diese Zahlungen bereits zu 1/12 jeden Monat zur Verfügung stehen. Außerdem würden auch etwaige Zusatzbedingungen für die jährlichen Sonderzahlungen entfallen.
12Deswegen bitten wir Sie nunmehr direkt um Ihre Zustimmung für folgende Änderung ab 1.1.2011:
13„Die bisherigen jährlichen Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, ggf. Urlaubsgeld) werden anteilig zu 1/12 monatlich gezahlt, so dass Sie ab 1.1.2011 eine entsprechend höhere, gleichmäßige monatliche Grundvergütung erhalten. Wir sind uns einig, dass ab 1.1.2011 etwaige Ansprüche auf jährliche Sonderzahlungen nicht mehr bestehen.“
14Wir möchten Sie bitten, Ihre Zustimmung zu oben genannter Regelung durch Unterschrift auf der beiliegenden Zweitschrift zu bestätigen und diese bis 16.12.2010 bei Ihrer Bereichsleitung abzugeben.
15Ihre Reaktion auf dieses Schreiben wird Bestandteil des Arbeitsvertrages und zu Ihrer Personalakte genommen.
16Das Schreiben wurde von beiden Parteien unterzeichnet.
17In den Lohnabrechnungen der Klägerin für die Monate Januar und Februar 2015 lauten die ersten drei Positionen jeweils:
18Grundgehalt Lohnart 001 676,91 € brutto,
19Grundgehalt 1/12 JL Lohnart 001 26,62 € brutto,
20Grundgehalt 1/12 UG Lohnart 001 14,71 € brutto.
21Mit ihrer am 11.02.2015 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 13.03.2015 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Restentgelt für die Monate Januar und Februar 2015.
22Die Klägerin meint, die Beklagte sei verpflichtet, die monatlich geleisteten 84,5 Arbeitsstunden mit einem Stundenlohn in Höhe von 8,50 € brutto zu vergüten, woraus sich ein Anspruch in Höhe von 718,25 € brutto errechne. Die Beklagte sei überdies verpflichtet, der Klägerin ein monatliches Urlaubsgeld in Höhe von 14,96 € (718,25 € x 25 % x 1/12) und ein monatliches Weihnachtsgeld in Höhe von 29,92 € brutto (718,25 € x 50 % x 1/12) zu zahlen. Auf den sich sonach ergebenden Gesamtanspruch in Höhe von 763,13 € brutto habe die Beklagte sowohl im Januar als auch im Februar 2015 jeweils nur 718,24 € brutto gezahlt, so dass eine monatliche Differenz in Höhe von 44,89 € brutto bestehe. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das in den Lohnabrechnungen ausgewiesene und gezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei auf den Mindestlohnanspruch nicht anzurechnen. Nach dem Wortlaut der Bestimmungen unter § 4 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2006 handele es sich um Gratifikationen, die keine Gegenleistung für die Arbeit der Klägerin seien. Wie sich aus der Rückzahlungsklausel unter § 4 des Arbeitsvertrages ergebe, stelle die Weihnachtsgeldzahlung eine Honorierung für gezeigte Betriebstreue dar. Eine Anrechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den Mindestlohn verbiete sich auch deshalb, weil es sich ausweislich der Vereinbarung in § 4 des Arbeitsvertrages um freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen handele, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Die Änderungsvereinbarung vom 13.12.2010 betreffe lediglich die Modalitäten der Zahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, habe aber am Rechtscharakter dieser Gratifikationen nichts geändert. In der Änderungsvereinbarung sei eingangs klargestellt worden, dass die Umstellung der bisherigen jährlichen Sonderzahlungen lediglich zur Vereinfachung der Zahlungsweise diene. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung bleibe es aber bei den „bisherigen jährlichen Sonderzahlungen“. Die Gratifikationen seien nur gezwölftelt, nicht jedoch in einen Monats- oder Stundenlohn umgewandelt worden. Die Widerruflichkeit der Gratifikationen sei in der Vereinbarung vom 13.12.2010 nicht aufgehoben worden. Falls die Änderungsvereinbarung eine Unwiderruflichkeit der Sonderzahlungen regele, sei dies überraschend und zumindest mehrdeutig im Sinne des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine Anrechnung der Gratifikationen auf den Mindestlohn führe praktisch zu einem Widerruf dieser Zusatzleistungen.
23Die Klägerin hat beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, an sie 89,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Höhe von 44,89 € seit dem 01.02.2015 sowie aus weiteren 44,89 € seit dem 01.03.2015 zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe den Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Mindestlohnes erfüllt. Die Beträge, die vormals jährliche Sonderzahlungen darstellten, seien auf den Mindestlohnanspruch anzurechnen. Es handele sich um unwiderrufliche monatliche Teilzahlungen, die in den Entgeltabrechnungen als „Grundgehalt“ ausgewiesen seien. Der Zweck dieser Zahlungen bestehe allein darin, die Arbeitsleistung der Klägerin zu vergüten. Mit dem Änderungsvertrag seien sämtliche Zusatzbedingungen für die Sonderzahlungen entfallen, auch der Widerrufsvorbehalt und die Rückzahlungsklausel. Die Änderungsvereinbarung vom 13.12.2010 stelle klar, dass der Klägerin eine höhere monatliche Grundvergütung zustehe und etwaige Ansprüche auf jährliche Sonderzahlungen nicht mehr bestünden. Insbesondere eine Belohnung von Betriebstreue habe durch monatliche Zahlungen offensichtlich nicht mehr erfolgen sollen.
28Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 0,02 € brutto nebst Zinsen stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die von der Beklagten geleisteten Beträge in Höhe von 26,62 € brutto (anteiliges Weihnachtsgeld) und 14,71 € brutto (anteiliges Urlaubsgeld) seien auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch der Klägerin anrechenbar. Die Zahlungen erfolgten monatlich und unwiderruflich; sie wiesen einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung auf und hätten damit Entgeltcharakter. Dies ergebe sich aus der Vereinbarung vom 13.12.2010. Das Arbeitsgericht hat die Berufung zugelassen. Im Übrigen wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
29Das Urteil erster Instanz ist der Klägerin am 21.08.2015 zugestellt worden. Sie hat mit einem Schriftsatz, der am 01.09.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung mit einem am 15.09.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
30Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass das Weihnachts- und Urlaubsgeld durch die Verrechnung mit dem Mindestlohn praktisch entfalle. Die Klägerin erhalte ab dem Jahr 2015 nicht mehr das Weihnachts- und Urlaubsgeld nach innerbetrieblich üblicher Regelung, sondern durch die Verrechnung auf den Mindestlohn nur noch in reduzierter Höhe. Diesbezüglich habe aber keine Änderung des Arbeitsvertrages stattgefunden. Insbesondere habe sich der Zweck der Leistungen nicht geändert. Die Leistungen seien nach wie vor widerruflich. Durch die Änderungsvereinbarung vom 13.12.2010 seien die jährlichen Sonderzahlungen lediglich in monatliche Sonderzahlungen umgewandelt worden.
31Die Klägerin beantragt,
32das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 07.07.2015 – 3 Ca 684/15 – abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat, und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über die ihr zugesprochenen 0,02 € hinaus weitere 89,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 89,87 € seit dem 01.02.2015 und aus 89,78 € seit dem 01.03.2015 zu zahlen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Berufung zurückzuweisen.
35Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Ansicht, die Anrechnung der monatlichen Teilzahlungen des vormaligen Weihnachts- und Urlaubsgeldes sei nicht als Widerruf dieser Leistung anzusehen. Mit der Vereinbarung vom 13.12.2010 sei abschließend geregelt worden, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vormaligen Sonderleistungen Zug um Zug gegen Erhöhung ihrer Grundvergütung aufgehoben worden sei.
36Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe
38I
39Die Berufung der Klägerin ist zulässig.
40Die Klägerin hat die Berufung insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet.
41II
42Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
43Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht überwiegend abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an die Klägerin weitere Vergütung für die Monate Januar und Februar 2015 zu zahlen.
441. Ein Zahlungsanspruch ergibt sich für die Klägerin nicht aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MiLoG.
45Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Mindestlohns nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MiLoG beträgt 718,25 € brutto monatlich (84,5 Stunden x 8,50 €). Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2006 beträgt die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin 19,5 Stunden. Bei einer verstetigten monatlichen Entlohnung sind 84,5 Stunden zu vergüten (19,5 Stunden x 52 Wochen : 12 Monate). Auf diesen Anspruch hat die Beklagte 718,24 € brutto gezahlt (676,91 € brutto „Grundgehalt“ + 26,62 € brutto anteiliges „Weihnachtsgeld“ + 14,71 € brutto anteiliges „Urlaubsgeld“). Die bestehende monatliche Differenz in Höhe von 0,01 € brutto hat das Arbeitsgericht der Klägerin richtigerweise zugesprochen.
46Zutreffend hat das Arbeitsgericht weitergehende Ansprüche der Klägerin aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MiLoG verneint. Die Zahlung des Arbeitsentgelts in Höhe von 718,24 € brutto ist insgesamt auf den Mindestlohnanspruch der Klägerin anrechenbar. Die Arbeitsvergütung, die monatlich verstetigt und unwiderruflich für die Normalleistung des Arbeitnehmers gezahlt wird, ist nach dem Prinzip der funktionalen Gleichwertigkeit auf den Mindestlohnanspruch anzurechnen (allgemeine Auffassung, vgl. etwa LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.10.2015 – 9 Sa 570/15; Bayreuther, NZA 2015, 385; 389; Düwell, in: Düwell/Schubert, § 1 MiLoG Rdnr. 41 ff.; Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016, § 1 MiLoG Rdnr. 11 f.; Jöris/von Steinau-Steinrück, BB 2014, 2101, 2103 f.; Lembke, NZA 2018, 1, 6 ff.; Riechert/Nimmerjahn, § 1 MiLoG Rdnr. 94 ff., alle m.w.N.). Das ergibt sich aus dem Zweck des Mindestlohngesetzes, der darin besteht, dem Arbeitnehmer ein bestimmtes Lohnniveau zu garantieren, ohne das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu seinem Nachteil zu verschieben.
47Bei der Vergütungszahlung, die die Klägerin in Höhe von 718,24 € brutto monatlich erhält, handelt es sich um einen Entgeltbestandteil, der funktional gleichwertig zur Mindestlohnverpflichtung ist. Die Zahlung ist als „Grundvergütung“ nach ihrer Zweckbestimmung Gegenleistung für die Normalleistung der Klägerin, die Gegenstand der Mindestlohnverpflichtung ist. Wie sich aus den Entgeltabrechnungen für die Monate Januar und Februar 2015 ergibt, erhält die Klägerin darüber hinausgehende Zuschläge für die Arbeit an bestimmten Tagen.
48Im Einzelnen streitig, aber hier nicht entscheidungserheblich ist die Frage, inwieweit Sonderleistungen auf die Mindestlohnverpflichtung des Arbeitgebers anrechenbar sind (vgl. Düwell, a.a.O., Rdnr. 46; Riechert/Nimmerjahn, a.a.O., Rdnr. 128; Franzen, a.a.O., Rdnr. 15 f.). Der Klägerin ist darin Recht zu geben, dass Bedenken dagegen bestehen, ob die jährliche Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeld nach Maßgabe der Regelungen unter § 4 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2006 als Leistung anzusehen wäre. Aufgrund der Vereinbarung, die die Parteien unter dem 13.12.2010 trafen, kann das indes dahin stehen.
49a) Nach der Vereinbarung vom 13.12.2010 entfallen die vormaligen Ansprüche der Klägerin auf jährliche Sonderzahlungen gemäß § 4 des Arbeitsvertrages. Stattdessen erhält die Klägerin eine höhere monatliche Grundvergütung.
50Der Wortlaut der Vereinbarung zielt eindeutig darauf ab, nicht nur die Zahlungsmodalitäten der Sonderzahlungen zu ändern, sondern auch deren Rechtscharakter. Die Sonderzahlungen werden (im Text der Vereinbarung vom 13.12.2010 durch Fettdruck hervorgehoben) in eine „gleichmäßige monatliche Grundvergütung“ umgewandelt. Folgerichtig nimmt das Schreiben vom 13.12.2010 einleitend Bezug auf die „bisherigen“ jährlichen Sonderzahlungen.
51Dass sich der Rechtscharakter der Zahlungen ändert, ergibt sich auch daraus, dass „etwaige Zusatzbedingungen für die jährlichen Sonderzahlungen entfallen“. Soll dieser Satz nicht schlichtweg bedeutungslos und überflüssig sein, können mit den Zusatzbedingungen nur die in § 4 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2006 einschränkend aufgeführten Zahlungsvoraussetzungen gemeint sein (kein Widerruf, kein Ausscheiden vor dem 31.03. des Folgejahres). Der in der Vereinbarung vom 13.12.2010 vorgesehene Anspruch der Klägerin auf eine „höhere, gleichmäßige monatliche Grundvergütung“ setzt voraus, dass die ursprünglich unter § 4 des Arbeitsvertrages vorgesehenen Einschränkungen für die Sonderzahlungen entfallen. Mit der Bezeichnung als „Grundvergütung“ ist auch klargestellt, dass es sich nicht mehr um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers handelt, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Freiwilligkeitsvorbehalte bei laufenden Leistungen sind ohnehin gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BAG, Urteil vom 25.04.2007 – 5 AZR 627/06, Urteil vom 14.09.2011 – 10 AZR 526/10). Mit der Bezeichnung der Zahlung als „monatliche Grundvergütung“ ist überdies klargestellt, dass der Zweck der Leistung allein in der Vergütung der Arbeitsleistung besteht und die Zahlung damit das Kriterium der funktionellen Gleichwertigkeit als Voraussetzung für die Anrechenbarkeit auf den Mindestlohnanspruch erfüllt.
52Da der Inhalt der Vereinbarung vom 13.12.2010 bei verständiger Auslegung hinreichend klar ist, besteht kein Raum für die Anwendung der auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB.
53b) Der Inhalt der Vereinbarung vom 13.12.2010 wird durch die monatlichen Entgeltabrechnungen, die die Klägerin erhielt, nicht in Frage gestellt.
54Dabei kann die Frage offen bleiben, inwieweit einer Entgeltabrechnung überhaupt ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt und inwieweit nachfolgende Entgeltabrechnungen Umstände sind, die die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen zu beeinflussen vermögen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Inhalt einer Entgeltabrechnung Rückschlüsse auf vertragliche Vereinbarungen bzw. den Rechtscharakter einer Leistung des Arbeitgebers zulässt, können die von der Beklagten erstellten Entgeltabrechnungen die Auslegungshypothese der Klägerin, wonach die Vereinbarung vom 13.12.2010 nur auf eine Änderung der Zahlungsmodalitäten gerichtet war und den Rechtscharakter der Sonderleistungen gemäß § 4 des Arbeitsvertrages unberührt ließ, nicht stützen.
55Zwar sind in den Entgeltabrechnungen noch die anteiligen (1/12) Beträge der vormaligen jährlichen Sonderzahlungen ausgewiesen. Diese Beträge werden jedoch in den Entgeltabrechnungen als „Grundgehalt“ bezeichnet. Sie tragen damit dieselbe Bezeichnung, wie das sonstige verstetigte Entgelt der Klägerin, das als erste Position in der Entgeltabrechnung aufgeführt ist. Hinzu kommt, dass sowohl die anteiligen Beträge der vormaligen jährlichen Sonderzahlungen als auch das Grundentgelt dieselbe Lohnart (001) bilden. Die Entgeltabrechnungen spiegeln damit den Inhalt der Abrede vom 13.12.2010 wider und deuten nicht auf eine von dieser Vereinbarung abweichende Vertragspraxis im Sinne der Weiterzahlung vormaliger Sonderleistungen hin.
56c) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 13.12.2010 bestehen nicht.
57aa) Es kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Abreden, die die Parteien unter dem 13.12.2010 trafen, um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Die Abreden halten einer Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand.
58(1) Die vorgesehene Änderung des Arbeitsvertrages ist wirksamer Vertragsbestandteil geworden.
59Die Klägerin hat ihr Einverständnis mit der vorgesehenen Änderung der Vertragsbedingungen erklärt. Sie hat die Vereinbarung vom 13.12.2010 unterzeichnet.
60Es ist nicht ersichtlich, dass die Parteien eine vorrangige individuelle Abrede gemäß § 305 b BGB trafen.
61Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die vorgesehene Vertragsänderung als überraschende Bestimmung im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags wurde. Eine überraschende Klausel (dazu Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, §§ 305 – 310 BGB Rdnr. 29 m.w.N.) liegt vor, wenn die vertragliche Bestimmung objektiv ungewöhnlich ist und der andere Teil mit der Klausel nicht zu rechnen braucht. Die Regelung muss von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweichen, ihr muss ein „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ inne wohnen. Die vorgesehene Vertragsänderung besteht darin, dass die jährliche Sonderzahlung entfällt und sich die monatliche Grundvergütung entsprechend (in Höhe von 1/12 der bisher gewährten jährlichen Sonderzahlungen) erhöht. Eine solche Abrede ist nicht ungewöhnlich. Anhaltspunkte für eine „Überrumpelung“ der Klägerin sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hob die vorgesehene Vertragsänderung durch Fettdruck in der Vereinbarung vom 13.12.2010 besonders hervor.
62(2) Die Vereinbarung vom 13.12.2010 stellt keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar.
63(a) Die Klägerin wird durch die Vereinbarung nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt i. S. d. §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.
64Es lässt sich weder feststellen, dass die Vereinbarung mit wesentlichen Grundgedanken des Arbeitsvertragsrechts unvereinbar ist, noch, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Die Umwandlung der jährlichen Sonderzahlungen ist für die Klägerin mit Rechtsvorteilen verbunden. Sie kann bereits monatlich über Teilbeträge der vormals jährlich ausgezahlten Leistungen verfügen. Durch die Umwandlung der Sonderzahlungen in die monatliche Grundvergütung entfallen auch die Zusatzbedingungen für die Sonderzuwendungen, die in § 4 des Arbeitsvertrages geregelt waren. Eine Benachteiligung der Klägerin könnte sich allenfalls daraus ergeben, dass sie, falls die im Arbeitsvertrag vom 09.08.2016 unter § 4 vorgesehenen Sonderzahlungen auf den Mindestlohnanspruch nicht anrechenbar gewesen wären, ohne den Abschluss der Vereinbarung vom 13.12.2010 diese Sonderleistungen zusätzlich zu ihrem Mindestlohnanspruch erhalten hätte. Diese denkbare Benachteiligung ist jedoch erst weit nach dem Abschluss der Vereinbarung vom 13.12.2010 mit in Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes entstanden und muss daher außer Betracht bleiben. Maßgeblich für die Frage, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Klumpp, in: Clemenz/Kreft/Krause, AGB, Arbeitsrecht, 2013, § 307 BGB Rdnr. 44 m.w.N.). Das ergibt sich aus § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB. Danach sind bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (diese Vorschrift findet auf Arbeitsverträge Anwendung, da der Arbeitnehmer als Verbraucher anzusehen ist, vgl. BAG, Urteil vom 25.05.2005 – 5 AZR 572/04). Im Interesse der Rechtssicherheit können erst künftig eintretende, bei Vertragsschluss noch nicht konkret vorhersehbare Umstände, die sich für den vertragsschließenden Arbeitnehmer nachteilig auswirken, keine Berücksichtigung finden.
65(b) Die Anforderungen des Transparenzgebotes (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) sind gewahrt.
66Die Vereinbarung vom 13.12.2010 ist hinreichend klar und verständlich. Dies gilt sowohl für die Änderung der Fälligkeit als auch für die Änderung des Rechtscharakters der Zahlung. In der Vereinbarung wird ausdrücklich klargestellt, dass es sich nunmehr um eine „monatliche Grundvergütung“ handelt und etwaige Zusatzbedingungen für die bisherigen jährlichen Sonderzahlungen entfallen.
67bb) Die Vereinbarung vom 13.12.2010 ist nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam.
68Durch die Vereinbarung wird der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Mindestlohns nicht unterschritten. Zwar mag es zwar der Klägerin zum Nachteil gereichen, die Änderungsvereinbarung vom 13.12.2010 abgeschlossen zu haben, weil die vormaligen Sonderzahlungen jedenfalls durch die Umwandlung in eine monatliche Grundvergütung mindestlohnrelevant wurden. Die Vereinbarung zielte jedoch, als sie im Jahr 2010 abgeschlossen wurde, nicht darauf ab, den Mindestlohn zu unterschreiten oder seine Geltendmachung zu beschränken.
69Die Entscheidung des Streitfalls macht es nicht erforderlich, die abstrakte Frage zu beantworten, inwieweit Handlungen, die darauf gerichtet sind, eine Anrechnung eigentlich nicht anrechenbarer Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn zu erreichen, objektiv als Umgehung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs unzulässig sind, wenn sie vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes vorgenommen wurden. Das Mindestlohngesetz wurde am 11.08.2014 verkündet; die Festsetzung des Mindestlohns gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG beanspruch ab dem 01.01.2015 Gültigkeit. Es mag einiges dafür sprechen, Handlungen und Abreden, die nach oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu der Verkündung des Gesetzes vorgenommen wurden und auf eine Umwandlung nicht mindestlohnrelevanter Sonderleistungen in anrechenbare Vergütungsbestandteile abzielen, an § 3 Satz 1 MiLoG zu messen (vgl. ArbG Berlin, Urteil vom 04.03.2015 – 54 Ca 14420/14, dort unter II 2.4 der Entscheidungsgründe, hinsichtlich einer am 30.09.2014 ausgesprochenen Änderungskündigung, mit der unter anderem die Umwandlung einer Jahressonderzahlung und zusätzlichen Urlaubsvergütung in laufendes Arbeitsentgelt erstrebt wurde). Jedenfalls bei einer Vereinbarung, die vier Jahre vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes und etwa drei Jahre vor der Erwähnung dieses Gesetzesvorhabens im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD abgeschlossen wurde, muss eine Rechtskontrolle nach § 3 Satz 1 MiLoG ausscheiden.
70Unbehilflich ist der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der gezwölftelten vormaligen Sonderzahlungen auf den Mindestlohnanspruch komme im Ergebnis einem Widerruf dieser Leistungen gleich. Die Klägerin steht nach dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes nicht schlechter als zuvor. Das regelmäßig gezahlte monatliche Entgelt blieb der Höhe nach - bis auf 0,01 €, die die Klägerin zusätzlich erhält - unverändert. Der Zweck des Mindestlohngesetzes besteht (nur) darin, ein angemessenes Stundenentgelt zu sichern. Zweck des Gesetzes ist es nicht, dem Arbeitnehmer Ansprüche auf zusätzliche Sonderleistungen zu verschaffen.
712. Ein Anspruch auf die eingeforderte Zahlung ergibt sich für die Klägerin nicht aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag vom 09.08.2006.
72Dies gilt zunächst im Hinblick auf den der Klägerin zustehenden Stundenlohn. Der Arbeitsvertrag sieht unter § 4 einen Stundenlohn in Höhe von 7,56 € brutto vor. Bei einer monatlichen Arbeitszeit von 84,5 Stunden folgt daraus ein Anspruch auf Lohnzahlung in Höhe von 638,82 € brutto. Diesen Anspruch hat die Beklagte für die Monate Januar und Februar 2015 erfüllt. Sie hat bereits als Grundgehalt (ohne Berücksichtigung der anteiligen vormaligen Jahressonderzahlungen) einen Betrag in Höhe von 676,91 € brutto abgerechnet und an die Klägerin gezahlt.
73Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage auch die monatliche Zahlung anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes; die Klägerin berechnet ihre Ansprüche ausgehend von einem monatlichen Entgelt auf Basis des Mindestlohngesetzes in Höhe von 718,25 € brutto. Insoweit stehen der Klägerin jedoch keine Ansprüche zu. Die Klägerin kann nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 13.12.2010 nur noch die Zahlung der (erhöhten) Grundvergütung verlangen, nicht jedoch die Zahlung der Sonderleistungen, die in § 4 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2006 vorgesehen waren (siehe oben unter II 1 a, b der Entscheidungsgründe). Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 13.12.2010 bestehen insoweit nicht (siehe oben unter II 1 c der Entscheidungsgründe).
74III
75Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen.
76Es bestand keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere wirft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Streitentscheidend war die Auslegung der Vereinbarung, die die Parteien unter dem 13.12.2010 trafen. Die Auslegung dieser Vereinbarung ergibt, dass der Klägerin eine monatliche Grundvergütung in Höhe von 718,24 € brutto zusteht und gezahlt wurde. Dass die Grundvergütung, die ein Arbeitnehmer erhält, auf den Mindestlohnanspruch anzurechnen ist, entspricht allgemeiner Auffassung. Die umstrittene Frage, inwieweit Sonderleistungen des Arbeitgebers dessen Mindestlohnverpflichtung erfüllen können, bedurfte keiner Beantwortung.
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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.
(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.
(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
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mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2008.
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Der Kläger ist seit dem 4. September 1981 als Sozialpädagoge bei dem beklagten Verein beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Vertrag vom 1. August 1982 zugrunde, der auszugsweise lautet:
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„§ 4
Der Arbeitnehmer erhält eine Bruttovergütung in Höhe von DM 3.400,-, zahlbar spätestens am Ende eines jeden Monats. Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf ein vom Arbeitnehmer anzugebendes Konto.
Mit der vereinbarten Vergütung sind etwa anfallende Überstunden pauschal abgegolten.
Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.
...
§ 15
Vertragsänderungen und -ergänzungen bedürfen der Schriftform.“
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Der Kläger erhielt mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt ausgezahlt. Für das Jahr 2006 erfolgte die Zahlung in zwölf Monatsraten nachträglich im Laufe des Jahres 2007. Für das Jahr 2007 erstritt sich der Kläger die Zahlung durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 8. Oktober 2008 (- 3 Ca 175/08 -).
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Mit Schreiben vom 28. November 2008 wies der Beklagte auf eine angespannte wirtschaftliche Situation hin und bot dem Kläger drei Modelle über eine verringerte Zahlung und/oder veränderte Auszahlungsmodalitäten an. Der Kläger lehnte dies ab, worauf keine Zahlung für das Jahr 2008 erfolgte. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 24. Dezember 2008 zur Zahlung auf.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags habe nicht verhindern können, dass ihm ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung erwachsen sei. Die Klausel sei unklar und widersprüchlich.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.956,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Dezember 2008 zu zahlen.
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Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen eine Leistung in einem Vertrag überhaupt nicht zugesagt und erwähnt werde, § 307 BGB insoweit keine Anwendung finden könne, da es sich nicht um eine vertragliche Leistung handele. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags sei ausreichend, um das für die betriebliche Übung erforderliche Vertrauensmoment nicht entstehen zu lassen. Selbst wenn § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags als in sich widersprüchliche Regelung unwirksam sei, behalte die restliche Regelung nach dem sog. Blue-pencil-Test ihre Bedeutung als wirksamer Vorbehalt.
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Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts für das Jahr 2008.
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I. Der Beklagte hat mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt an den Kläger ausgezahlt. Dadurch ist ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen.
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1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat.
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a) Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 16, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine verbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164).
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b) Auch wenn es an einer betrieblichen Übung fehlt, weil beispielsweise der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 17, AP BGB § 151 Nr. 5).
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2. Der Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt ist - abgesehen von der Frage des arbeitsvertraglichen Vorbehalts (dazu unter I 3) - Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien geworden.
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a) Die seit mehr als 20 Jahren im November erfolgte Zahlung einer als 13. Monatsgehalt bezeichneten Zuwendung konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), sowie unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass der Beklagte sich auch zur zukünftigen dauerhaften Leistung verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: JbArbR Bd. 47 S. 93, 112). Da der Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt noch auf den vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste der Kläger auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt: vgl. Annuß FS Picker S. 861, 865). Vom Bestehen eines entsprechenden Anspruchs ging offensichtlich auch der Beklagte aus; anders kann der Inhalt des Schreibens vom 28. November 2008 kaum gedeutet werden. Ein Angebot auf Vertragsänderung zur teilweisen Beseitigung oder Umgestaltung eines Anspruchs ist nur dann erforderlich, wenn ein solcher Anspruch besteht. Auch die Bezeichnung als „13. Gehalt“ spricht für einen Anspruch.
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Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung entstanden ist - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, ohne allerdings entsprechende Feststellungen zu treffen - oder aufgrund konkludenten Verhaltens ausschließlich im Verhältnis der Parteien.
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b) Dem Anspruch steht die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert eine konkludente Vertragsänderung oder das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht. Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17, BAGE 126, 364 [betriebliche Übung]; vgl. 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 25, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17 [konkludente Vertragsänderung]).
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3. Ebenso wenig steht dem Anspruch der Vorbehalt aus § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die vertragliche Formulierung das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts nicht ausschließen konnte. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen des Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Zahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel ist wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Darüber hinaus benachteiligt ein derartig weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.
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a) Bei der vom Beklagten in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, aaO).
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, aaO). Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; vgl. 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285).
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c) Die im Streitfall formulierte Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, ZTR 2011, 547; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Eine solche Situation ist bei der Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt regelmäßig gegeben.
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bb) § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags formuliert, dass im(schriftlichen) Vertrag nicht vereinbarte Leistungen freiwillig sind. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen, dass der Arbeitgeber Leistungen erbringt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Allerdings enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags darüber hinaus den für sich genommen klaren Hinweis, dass auch bei einer mehrmaligen und regelmäßigen Zahlung der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für die Zukunft erwerben solle. Einen solchen Vorbehalt hat der Senat als ausreichend angesehen, um einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung auszuschließen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43 [Vorbehalt bei Zahlung]; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164 [Vorbehalt im Formulararbeitsvertrag]).
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cc) Die Klausel in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist aber deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 1 darüber hinaus eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Der Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 113, 140).
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Dem Landesarbeitsgericht ist in der Annahme zu folgen, dass in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt, sodass der Arbeitgeber sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen kann (noch offengelassen in BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Begriff des Widerrufsvorbehalts hat eine bestimmte arbeitsrechtliche Bedeutung. Nutzt der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen einen solchen Begriff, so darf sein Vertragspartner diesem eine entsprechende Bedeutung zumessen. Im Widerrufsvorbehalt liegt damit nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts. Bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt wird vielmehr schon nach dem Vertragstext auch für den um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Erfolgen dann noch mehrfache Zahlungen einer bestimmten Leistung ohne weitere Vorbehalte, so ist erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.
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dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klausel nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt aufrechterhalten bliebe.
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Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).
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Die Aufrechterhaltung eines zulässigen Teils der Klausel kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht. Die Intransparenz der vertraglichen Regelung und damit ihre Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB folgt gerade aus der Kombination zweier Klauselteile, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Dies unterscheidet die Fallgestaltung von den Fällen, in denen ein abgrenzbarer Teil der Vertragsklausel unwirksam ist. Nur in solchen Fällen ist eine Streichung des unwirksamen Teils möglich, ohne gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) zu verstoßen (vgl. dazu BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 37 f., AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6).
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d) Darüber hinaus benachteiligt der in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.
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aa) Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass nicht nur Freiwilligkeitsvorbehalte, die bei der jeweiligen Zahlung erklärt werden, sondern auch vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte dazu führen können, dass das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung zu verstehen ist. Vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte wurden grundsätzlich als wirksam im Hinblick auf eine Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB angesehen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils um Ansprüche auf Leistungen, die als „Weihnachtsgeld“ oder „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnet waren, auch wenn die Vertragsklauseln teilweise auch andere Leistungen erfassten (zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14 f., BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 14 f.; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185).
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bb) Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann (kritisch auch Däubler/Bonin/Deinert/ Bonin 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 200 ff.; ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 68; Kittner/Zwanziger/Deinert 6. Aufl. § 11 Rn. 135a, 224; aA bei Gratifikationen DFL/Löwisch 4. Aufl. § 308 BGB Rn. 4; Henssler/Moll AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen S. 35; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 508 ff.; MüArbR/Krause 3. Aufl. § 56 Rn. 7; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 67). Die vorliegende Fallgestaltung mit einer mehr als 20 Jahre lang erfolgten vorbehaltlosen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung lässt eine entsprechende Annahme als zweifelhaft erscheinen.
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cc) Unabhängig hiervon muss diese Rechtsprechung in den Fällen eingeschränkt werden, in denen ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind.
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(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; vgl. 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33, BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
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(2) Der Vorbehalt in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lässt eine Auslegung zu, wonach er alle zukünftigen, im Vertrag nicht unmittelbar vereinbarten Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll.
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Der Vorbehalt bezieht sich nach seinem Wortlaut auf alle im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. August 1982 nicht vereinbarten Leistungen. Es wird nicht danach unterschieden, ob es sich um laufende Leistungen oder einmalige Sonderzahlungen handeln soll; eine Konkretisierung auf bestimmte Leistungen oder zumindest auf eine bestimmte Art von Leistungen ist nicht enthalten. Ebenso wenig wird auf den Entstehungsgrund der Leistung abgestellt. Der Wortlaut erfasst sowohl Fälle der betrieblichen Übung als auch konkludente, zB auf einer Gesamtzusage beruhende Vereinbarungen und sogar ausdrückliche vertragliche Einzelabreden. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt nicht dahingehend auslegen, dass damit allein das Entstehen einer betrieblichen Übung hinsichtlich bestimmter Sonderzahlungen ausgeschlossen werden sollte. Aus dem Wortlaut der Regelung ist eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen. Auch aus den übrigen vertraglichen Regelungen lässt sich aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise eine Beschränkung auf die Verhinderung einer betrieblichen Übung nicht erkennen. Zwar ist eine solche Auslegung möglich; ebenso nahe liegend erscheint aber eine dem Wortlaut entsprechende weiter gefasste Auslegung. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; auch st. Rspr. des BGH, vgl. zB 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).
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(3) Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs für außerhalb der früheren vertraglichen Vereinbarungen gezahltes laufendes Arbeitsentgelt benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
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Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt widerspricht dem Zweck des Arbeitsvertrags. Dem Arbeitgeber soll damit ermöglicht werden, vom Arbeitnehmer die vollständige Erbringung der geschuldeten Leistung zu verlangen und seinerseits über die von ihm geschuldete Gegenleistung zu disponieren. Damit verhindert der Ausschluss des Rechtsanspruchs die Verwirklichung des Prinzips der Vertragsbindung und löst die synallagmatische Verknüpfung der Leistungen beider Vertragsparteien. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den unter einem Vorbehalt stehenden Leistungen nicht um die eigentliche Grundvergütung, sondern um eine zusätzliche Abgeltung der Arbeitsleistung in Form einer Zulage oder sonstiger laufender Leistungen handelt (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 20, BAGE 122, 182; Schaub/Linck § 35 Rn. 70 f.).
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(4) Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers liegt auch darin, dass der vertragliche Vorbehalt spätere Individualabreden iSv. § 305b BGB erfasst.
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Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Individualabreden können grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Geschäftsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. zu § 4 AGBG: BGH 6. März 1986 - III ZR 234/84 - zu II 2 a der Gründe, NJW 1986, 1807). Auch nachträglich getroffene Individualabreden haben Vorrang vor kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst geworden sind (BGH 21. September 2005 - XII ZR 312/02 - zu 2 a der Gründe, BGHZ 164, 133). Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt (vgl. auch zur doppelten Schriftformklausel: BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 39, BAGE 126, 364).
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(5) Darüber hinaus weicht eine solche Regelung von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 34, BAGE 116, 267; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140). Dies gilt auch für nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags im laufenden Arbeitsverhältnis eingegangene Verpflichtungen. Von diesen kann nicht unter Hinweis auf einen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt wieder Abstand genommen werden.
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(6) Es gibt auch keine objektiv feststellbaren Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB(vgl. dazu zB BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 29, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11), die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Dies gilt insbesondere, weil es dem Arbeitgeber unschwer möglich ist, bei der Erbringung der jeweiligen Leistung kontrollfrei zu bestimmen, ob es sich um eine einmalige Leistung handeln soll, und ggf. einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären (vgl. Preis/Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 70 Rn. 44, 71; Reinhard NJW 2011, 2317).
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4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Mikosch
W. Reinfelder
Mestwerdt
Thiel
A. Effenberger
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.
(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.
(3) Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen dieses Gesetzes vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.
Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.