Finanzgericht Hamburg Urteil, 20. Aug. 2015 - 4 K 56/15

bei uns veröffentlicht am20.08.2015

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.

2

Am 01.10.2008 wurden anlässlich einer Durchsuchung der Wohnung der Klägerin 40.100 Stück unverzollte und unversteuerte Zigaretten der Marke A gefunden, wobei die Schachteln entweder eine ukrainische (betrifft 10.160 Zigaretten) oder keine Steuerbanderole (betrifft 29.940 für den Duty-free-Verkauf bestimmte Zigaretten) trugen. Die Zigaretten befanden sich überwiegend in einer Garage auf dem Grundstück des von der Klägerin und ihrer Familie bewohnten Hauses. 160 Stück Zigaretten wurden im Schlafzimmer der Klägerin gefunden. Die Durchsuchung erfolgte anlässlich eines gegen die Klägerin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens, im Rahmen dessen ein Scheinkäufer mit der Klägerin den Kauf von 190 Stangen Zigaretten und die Übergabe dieser Zigaretten für den 01.10.2008 an der Wohnanschrift der Klägerin vereinbart hatte. Am 01.10.2008 erfolgte der Zugriff durch Beamte des Zollfahndungsdienstes, als die Klägerin dem Scheinkäufer die betreffenden Zigaretten übergeben wollte.

3

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2009 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt ... € (... € Zoll, ... € Tabaksteuer und ... € Einfuhrumsatzsteuer) fest.

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Gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2009 legte die Klägerin am 30.01.2009 Einspruch ein. Dabei trug sie u. a. vor, sie sei immer davon ausgegangen, dass die von einem polnischen Bekannten namens B mitgebrachten Zigaretten polnischen Ursprungs gewesen seien. Außerdem seien die Zigaretten ohne ihr Wissen von B in ihrer Garage deponiert worden.

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Das Amtsgericht C verurteilte die Klägerin am ... 2009 (...) wegen Beihilfe zur versuchten Steuerhehlerei zu einer Geldstrafe ....

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Den gegen den Abgabenbescheid vom 23.01.2009 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 08.02.2011 zurück. Darin trug er vor, die Einfuhrabgabenschuld sei gem. Art. 202 Abs. 1 S. 2 Zollkodex i. V. m. § 21 TabStG und § 21 UStG entstanden. Aufgrund des Besitzes an den Zigaretten sei die Klägerin Abgabenschuldnerin gem. Art. 202 Abs. 3 Beistrich 3 Zollkodex geworden. Die Einlassungen der Klägerin seien als Schutzbehauptung zu werten. Es habe sich ihr aufdrängen müssen, dass der B die Garage als Lagermöglichkeit für Zigaretten genutzt habe. Dies habe sie in der Vernehmung vom 05.12.2008 auch eingeräumt. Da die Zigaretten keine Steuerzeichen von Mitgliedstaaten aufgewiesen hätten, könne ausgeschlossen werden, dass sie sich im freien Verkehr eines Mitgliedstaats befunden hätten. Die Zigaretten seien ausweislich des Produktionscodes in Litauen (D) hergestellt worden. Nach Auskunft der Herstellerfirma (E) seien diese Zigaretten ausschließlich in die Länder ... und ... geliefert worden. Daher hätten die Zigaretten das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen und ihren möglichen Gemeinschaftswarenstatus verloren. Der Zollwert sei nach Art. 31 Zollkodex festgesetzt worden, wobei auf schon früher ermittelte Zollwerte zurückgegriffen worden sei.

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Mit ihrer am 18.02.2011 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie räumt ein, in Geschäfte mit unverzollten und unversteuerten Zigaretten verwickelt gewesen zu sein. In drei Fällen im Jahre 2007 seien von B, von dem sie weder den vollständigen Namen noch die Anschrift oder die Telefonnummer gekannt habe, dem sie aber aus Dankbarkeit habe helfen wollen, Zigaretten in ihrer Wohnung abgestellt und dort von Kunden abgeholt worden. Weiter trägt sie vor, sie habe erstmalig am 29.09.2008 von B erfahren, dass er Zigaretten in ihre Garage gestellt habe. Die Einlagerung der Zigaretten in ihrer Garage sei nicht als Inbesitznahme durch sie, die Klägerin, zu werten. Eine Zollschuldnerschaft nach Art. 202 Abs. 3 Beistrich 3 Zollkodex scheide daher aus. Abgesehen davon könnten die Zigaretten, wenn sie tatsächlich zunächst in die Ukraine verbracht worden sein sollten, faktisch nur über Polen nach Deutschland verbracht worden sein. Dass die Zigaretten nicht in ein Zolllager in Hamburg verbracht worden seien, stehe fest, weil es sich bei den dort festgestellten Fehlmengen immer um Zigaretten anderer Marken gehandelt habe. Dann könne die Erhebung der Tabaksteuer nur auf § 19 TabStG gestützt werden. Sie, die Klägerin, sei jedoch weder Verbringerin noch Versenderin oder Empfängerin im Sinne dieser Vorschrift gewesen. Wegen des Begriffs des Empfängers verweist sie auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.02.2010 (1 Str 635/09). Sie habe keinen Besitz an den Zigaretten erlangt. Die Berechnungsgrundlage für den Zollwert sei ihr nicht bekannt.

8

Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.02.2011 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10

Er bezieht sich auf die in dieser Sache ergangenen Entscheidungen und betont, dass es sich um Zigaretten drittländischer Herkunft gehandelt habe. Nach Auskunft der Firma E habe nach der Herstellung der streitgegenständlichen Zigaretten eine ordnungsgemäße Ausfuhr aus dem Zollgebiet der Union stattgefunden. Er überreicht ein an ihn gerichtetes Schreiben der E GmbH vom 27.07.2007, darin heißt es: "Aufgrund der Information welche wir von Ihnen erhalten haben (Produktion-Code ...), können wir lediglich bestätigen, dass weder E International noch eines unserer Tochterunternehmen einen Diebstahl des Produktes mit dem von ihnen mitgeteilten Produktions-Code hatte, solange sich dieses Produkt im Besitz von E International befunden hat. Ohne die CBL Codes welche sich auf den Umkartons befinden, sind wir leider nicht in der Lage, Ihnen weitere Auskünfte über die Weiterverteilung des Produktes zu liefern.". Weiter verweist der Beklagte auf E-Mail-Korrespondenz mit der E International, aus der sich ergibt, dass die gestellten Zigaretten nicht direkt vom Produktionsort an den Endverbraucher in einem Drittland ausgeführt, sondern zunächst stets in ein Zolllager in Hamburg verbracht werden. Von dort aus findet die Ausfuhr aus dem Zollgebiet der Union statt. Festgestellte Fehlmengen bei der Firma E hätten, so heißt es in der Korrespondenz, stets andere Zigarettenmarken betroffen.

11

Schließlich trägt er vor, die Zigaretten seien in den freien Verkehr eines Drittlands überführt worden und hätten damit ihren Status als Gemeinschaftsware verloren. Sie seien direkt aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft bzw. das Steuergebiet eingeführt worden. Die Klägerin habe nicht glaubhaft dargelegt, dass die Zigaretten über Polen in das Steuergebiet gelangt seien. Die Tabaksteuer wäre gem. § 19 TabStG auch bei einem Verbringen über Polen entstanden. Diese Bestimmung erfasse entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht nur den ersten, sondern auch alle weiteren Empfänger.

12

Zwischenzeitliche ruhte das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs über die Revision gegen den Gerichtsbescheid des Senats vom 24.05.2011 (4 K 30/11). Nachdem der Bundesfinanzhof den Gerichtsbescheid mit Urteil vom 11.11.2014 (VII R 44/11) bestätigt hatte, wurde das vorliegende Verfahren wieder aufgenommen. Im Verlauf trug der Beklagte weiter vor und reichte eine Erklärung des Hauptzollamts F, dem Bewilligungshauptzollamt für das Steuerlager der Firma E GmbH, vom 23.01.2013 vor. Darin heißt es unter anderem, dass aufgrund des in den Zigarettenschachteln abgedruckten Produktionscodes habe ermittelt werden können, dass die fraglichen Zigaretten von der Firma E-1 in Litauen produziert worden seien. Nach den Angaben der Firma E seien im fraglichen Zeitraum alle in den E Werken der Union produzierten Zigaretten in das bewilligte Zolllager in Hamburg geliefert worden. Nach Angaben der Firma E seien die Zigaretten in dem Werk in Litauen - abhängig vom vorgesehenen Bestimmungsland - sowohl im freien Verkehr im Steuerlager als auch im Verfahren der aktiven Veredelung hergestellt worden. Aus dem Produktionscode ergebe sich, dass die streitigen Zigaretten für ein Drittland bestimmt gewesen seien, woraus sich wiederum ergebe, dass sie im Verfahren der aktiven Veredelung hergestellt worden seien. Anschließend seien sie im externen Versandverfahren in das Zolllager in Hamburg befördert worden. Von dort seien sie im externen Versandverfahren in das vorgesehene Drittland transportiert worden. Sie hätten also den Status von Nichtgemeinschaftswaren gehabt. Wenn die Zigaretten im Steuerlager hergestellt worden wären, wären sie unter Steueraussetzung vom Steuerlager in Litauen in das Steuerlager in Hamburg geliefert worden. Nach der Kommissionierung wären Sie mit einem begleitenden Versanddokument unter Steueraussetzung in das vorgesehene Bestimmungsland ausgeführt worden. Eine Überprüfung durch das Hauptzollamt F habe ergeben, dass auf dem Transportweg Litauen-Hamburg-Drittland im Jahr 2008 bei Zigaretten der Marke "A" keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden seien.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie der Verfahren 4 V 49/11 und 4 V 83/09 und die Sachakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

I.

15

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 23.01.2009 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.02.2011 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO. Die Abgaben sind entstanden (1.). Die Klägerin ist auch Schuldnerin der erhobenen Abgaben (2.).

1.

16

Die Einfuhrabgaben sind nach Art. 202 Abs. 1 lit. a) Zollkodex, der nach § 21 S. 2 TabStG sowie § 21 Abs. 2 UStG - in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung - sinngemäß auch für die Tabaksteuer und die Einfuhrumsatzsteuer gilt, entstanden. Danach entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden ist. Die Abgaben sind auch am Wohnort der Klägerin entstanden. Gemäß Art. 215 Abs. 1 Beistrich 2 Zollkodex entsteht die Zollschuld - entsprechendes gilt für die weiteren Abgaben - an dem Ort, an dem die Zollbehörden feststellen, dass die Zollschuld entstanden ist, wenn der Ort, an dem der Tatbestand eintritt, der die Zollschuld entstehen lässt, nicht bestimmt werden kann. Im Streitfall konnte nicht ermittelt werden, ob die Zigaretten über einen anderen Mitgliedstaat - etwa Polen - ins Steuergebiet gelangt sind. Dass hierfür eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen mag, reicht nicht. Genauso gut hätten die Zigaretten etwa auf dem See- oder dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt sein können.

17

Das Gericht geht angesichts einer Gesamtwürdigung der Umstände des Sachverhalts und insbesondere auch der vom Beklagten vorgelegten Unterlagen davon aus, dass es sich bei den Zigaretten nicht um solche mit Gemeinschaftsursprung gehandelt hat und dass diese ohne Überführung in den freien Verkehr und insofern vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind. Unstreitig sind die Zigaretten, wie sich auch bereits aus der Überprüfung des Produktionscodes durch den Beklagten ergibt, in Litauen, das seit Mai 2004 der Europäischen Union angehört, produziert worden. Indes muss davon ausgegangen werden, dass sie nach der Herstellung zunächst in ein Drittland ausgeführt worden sind. Insbesondere vor dem Hintergrund der Erklärungen des Hauptzollamts F vom 23.01.2013, das am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt ist, das als für die Bewilligung des Zolllagers der Firma E in Hamburg zuständiges Hauptzollamt jedoch sachkundig auch in Bezug auf die streitgegenständlichen Zigaretten ist, hält das Gericht an der Bewertung im Beschluss vom 20.06.2011 (4 V 49/11) nicht fest. Sicherlich lassen die - soweit vorhanden - ukrainischen Steuerzeichen für sich genommen noch keinen sicheren Schluss darauf zu, dass die Zigaretten auch tatsächlich in die Ukraine ausgeführt worden sind, weil die Steuerzeichen bereits in Litauen aufgebracht wurden. Entsprechendes gilt für die ohne Steuerzeichen aufgefundenen Zigaretten, die für den Duty free Verkauf bestimmt waren. Das Hauptzollamt F hat in der genannten Stellungnahme nachvollziehbar unter Hinweis auf Angaben der E GmbH sowie damit übereinstimmende eigene Erkenntnisse nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass alle von der Firma E in der EU produzierten Zigaretten - und damit auch die streitgegenständlichen - im fraglichen Zeitraum in das Zolllager der Firma E in Hamburg verbracht und von dort unter Steueraussetzung in das jeweilige Bestimmungsland geliefert wurden. Für Drittländer bestimmte Zigaretten seien in Litauen im Verfahren der aktiven Veredelung hergestellt worden. Ausweislich der Produktionscodes habe festgestellt werden können, dass die streitigen Zigaretten für ein Drittland bestimmt gewesen seien. Dies bezieht sich sowohl auf die Schachteln mit ukrainischer als auch auf die Schachteln ohne Steuerbanderole, da, wie das Hauptzollamt F auf telefonische Nachfrage des Gerichts am 20.08.2015 noch einmal ausdrücklich bestätigt hat, das Verfahren der Herstellung, der Zwischenlagerung im Zolllager Hamburg sowie dem Verbringen in das Bestimmungsland - abgesehen von den fehlenden Steuerzeichen - identisch ist. Das Hauptzollamt F konnte nach eigener Überprüfung mitteilen, dass im Kalenderjahr 2008 bei Zigaretten der Marke "A" auf dem Transportweg Litauen-Hamburg-Drittland keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sind. Auch die vom Beklagten befragte Firma E hat erklärt, dass es im streitigen Zeitraum nicht zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Nach alledem besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Zigaretten tatsächlich in die Ukraine oder ggf. ein anderes Drittland ausgeführt worden sind, bevor sie - vorschriftswidrig - in das Zollgebiet der Union verbracht wurden, auch wenn ein förmlicher Nachweis für die Ausfuhr der Zigaretten vom insoweit darlegungspflichtigen Beklagten nicht beigebracht werden kann. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2015 noch einmal aufgezeigte Möglichkeit, dass die Zigaretten am Produktionsstandort, im Zolllager Hamburg oder während der Beförderung innerhalb der Union entwendet worden sein könnten, ist zwar theoretisch vorstellbar, hierfür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr spricht in einem für die Überzeugungsbildung des Gerichts hinreichendem Umfang weit überwiegendes dafür, dass die Zigaretten tatsächlich in ein Drittland gelangt sind. Dann wurden sie vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union eingeführt.

2.

18

Die Klägerin ist nach Art. 202 Abs. 3 Beistrich 3 Zollkodex auch Abgabenschuldnerin in Bezug auf die bei ihr gefundenen Zigaretten geworden. Danach ist Zollschuldner die Person, welche die betreffende Ware erworben oder in Besitz gehabt hat, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden ist. Die Klägerin ist jedenfalls als Besitzerin Zollschuldnerin geworden. Besitz ist die tatsächliche Sachherrschaft, die von einem Besitzwillen getragen ist, wobei Mitbesitz - also der Besitz einer beweglichen Sache durch mehrere Personen in der Weise, dass jeder die ganze Sache besitzt und dabei durch den gleichen Besitz der anderen beschränkt ist - ausreicht (FG Hamburg, Urteil vom 15.07.2015, 4 K 109/15). Die Zigaretten befanden sich zum Zeitpunkt der Sicherstellung in der Garage der Klägerin. In ihrer Vernehmung am 05.12.2008 hat sie berichtet, 2006 mit einem polnischen Staatsangehörigen mit dem Vornamen B in Kontakt gekommen zu sein. Ab dem Frühjahr 2007 habe sie den G mit Zigaretten versorgt, die B besorgt habe. Sie habe die Bestellungen aufgenommen und an B weitergegeben. Die Übergaben hätten in ihrer Wohnung stattgefunden. Ausdrücklich hat sie drei derartige Bestellungen und Übergaben eingeräumt. In der Folge habe sie B dann gebeten, Sachen in ihrer Garage unterstellen zu dürfen, weil das von ihm bewohnte Zimmer zu eng sei. B habe die Garage dann nach Übergabe des Garagenschlüssels nutzen dürfen. Bei einem Besuch in der Garage habe sie einige nicht übermäßig große Kartons gesehen, sich aber nicht weiter dafür interessiert. Im Zusammenhang mit einer weiteren Bestellung von 500 Stangen Zigaretten habe B ihr am 29.09.2008 gesagt, dass er 200 Stangen Zigaretten in ihre Garage gestellt habe. Dadurch habe sie zum ersten Mal erfahren, dass er Zigaretten in ihre Garage gestellt habe, darüber sei sie ungehalten gewesen. Am 01.10.2008 sei dann der Zugriff erfolgt. Diese Darstellung hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2013 im Wesentlichen bestätigt.

19

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin Mitbesitzerin der am 01.10.2008 sichergestellten Zigaretten gewesen ist. Schon aufgrund ihrer Einlassungen steht fest, dass sie über Jahre in den illegalen Zigarettenhandel involviert gewesen ist. Ihr Vortrag, bis zum 29.09.2008 nichts von den in der Garage befindlichen Zigaretten gewusst zu haben, ist unglaubhaft und kann nur als Schutzbehauptung angesehen werden. Ihr war seit geraumer Zeit bekannt und offenbar auch recht, dass ihr Bekannter B einen schwunghaften Zigarettenhandel betreibt und dafür ihre Wohnung nutzt. Es lag daher überaus nahe, dass B auch die Garage, deren Nutzung als Lagerraum ihm von der Klägerin ausdrücklich gestattet wurde, für Zwecke des illegalen Zigarettenhandels genutzt hat. Dass dies ohne Absprache mit der Klägerin erfolgt sein soll, ist vor dem Hintergrund, dass diese mit dem B auch sonst offenbar vertrauensvoll zusammenarbeitete, fernliegend. Auch angesichts ihres Vorbringens, sie habe bei einem Besuch in der Garage - insofern hatte sie offenbar auch nach Übergabe des Schlüssels an den B die tatsächliche Sachherrschaft an der Garage und deren Inhalt - Kartons gesehen, ist die Annahme, sie habe keine Kenntnis von in der Garage befindlichen Zigaretten gehabt, nicht vorstellbar und letztlich lebensfremd. Mithin muss davon ausgegangen werden, dass sie die tatsächliche Sachherrschaft über die Zigaretten hatte, die auch von ihrem Besitzwillen getragen war.

20

Die Klägerin hätte auch zumindest vernünftigerweise wissen müssen, dass die Zigaretten vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden sind. Dass sie ernsthaft davon ausgegangen sein könnte, es habe sich um legal eingeführte Zigaretten gehandelt, ist aufgrund der konspirativen Umstände der Geschäftsabwicklung - insbesondere auch der Anonymität zwischen Käufer und Verkäufer -, der Menge und des niedrigen Verkaufspreises auszuschließen.

II.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 21 Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer


(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung. (2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr. (2a) Abfert

Tabaksteuergesetz - TabStG 2009 | § 21 Steuerentstehung, Steuerschuldner


(1) Die Steuer entsteht vorbehaltlich des Satzes 2 zum Zeitpunkt der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Einfuhr oder durch den unrechtmäßigen Eingang. Die Steuer entsteht nicht, wenn1.die Tabakwaren unmittelbar

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Bundesfinanzhof Urteil, 11. Nov. 2014 - VII R 44/11

bei uns veröffentlicht am 11.11.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 24. Mai 2011  4 K 30/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

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(1) Die Steuer entsteht vorbehaltlich des Satzes 2 zum Zeitpunkt der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Einfuhr oder durch den unrechtmäßigen Eingang. Die Steuer entsteht nicht, wenn

1.
die Tabakwaren unmittelbar am Ort der Einfuhr in ein Verfahren der Steueraussetzung überführt werden,
2.
sich eine Steuerbefreiung anschließt oder
3.
die Einfuhrzollschuld nach Artikel 124 Absatz 1 Buchstabe e, f, g oder Buchstabe k des Unionszollkodex erlischt.

(2) Steuerschuldner ist

1.
jede Person nach Artikel 77 Absatz 3 des Unionszollkodex,
2.
jede andere Person, die an einem unrechtmäßigen Eingang beteiligt ist.
§ 15 Absatz 7 gilt entsprechend.

(3) Für das Erlöschen, in anderen Fällen als denen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3, das Steuerverfahren und, wenn die Steuer nicht durch Verwendung von Steuerzeichen entrichtet wird, für die Fälligkeit, den Zahlungsaufschub sowie die Nacherhebung, den Erlass und die Erstattung, in anderen Fällen als nach den Artikeln 119 und 120 des Unionszollkodex gelten die Zollvorschriften sinngemäß. Abweichend von Satz 1 bleiben die §§ 163 und 227 der Abgabenordnung unberührt.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 finden für Tabakwaren in der Truppenverwendung, die zweckwidrig verwendet werden, die Vorschriften des Truppenzollgesetzes Anwendung.

(5) Für den Eingang von Tabakwaren aus einem der in Artikel 4 Absatz 2 der Systemrichtlinie aufgeführten Gebiete in das Steuergebiet sind die in den zollrechtlichen Vorschriften der Union vorgesehenen Formalitäten für den Eingang von Waren in das Zollgebiet der Union entsprechend anzuwenden.

(6) Für den unrechtmäßigen Eingang gilt Artikel 87 des Unionszollkodex sinngemäß.

(7) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, in Bezug auf Absatz 3 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen und die Besteuerung abweichend von Absatz 3 zu regeln, soweit dies zur Sicherung des Steueraufkommens oder zur Anpassung an die Behandlung im Steuergebiet hergestellter Tabakwaren oder wegen der besonderen Verhältnisse bei der Einfuhr erforderlich ist.

(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr.

(2a) Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen nach Absatz 2 vornehmen, gehören insoweit zum Inland. Das Gleiche gilt für ihre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden.

(3) Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann ohne Sicherheitsleistung aufgeschoben werden, wenn die zu entrichtende Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.

(3a) Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gemäß Artikel 110 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.

(4) Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, so entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. Das gilt auch, wenn der Gegenstand nach dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt bearbeitet oder verarbeitet worden ist. Bemessungsgrundlage ist die entstandene Zollschuld oder die entstandene oder unbedingt gewordene Verbrauchsteuer. Steuerschuldner ist, wer den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren im Sinne des Zollrechts sind und für die keine Zollvorschriften bestehen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 24. Mai 2011  4 K 30/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde mit rechtskräftigem Urteil wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. In den Urteilsgründen führte das Strafgericht aus, der Kläger habe von einer Organisation, die unverzollte und unversteuerte Zigaretten geschmuggelt habe, mehrfach solche Zigaretten abgenommen, um sie weiterzuverkaufen. Mit Bescheid vom 28. Juli 2010 nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) den Kläger gesamtschuldnerisch mit drei weiteren Schuldnern wegen Tabaksteuer nebst Zinsen in Anspruch.

2

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Steueranspruch ergebe sich aus § 19 Satz 1 des Tabaksteuergesetzes (TabStG) in der zur Tatzeit (Oktober 2008) geltenden Fassung. Im Streitfall seien Zigaretten ohne deutsche Steuerzeichen außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens zu gewerblichen Zwecken aus einem anderen Mitgliedstaat in das deutsche Steuergebiet verbracht worden. Nach den im Strafurteil getroffenen Feststellungen, die sich das Gericht zu eigen mache, habe der Kläger wiederholt unverzollte und unversteuerte Zigaretten von einer Gruppe Schmuggler in der Absicht bezogen, diese weiterzuverkaufen und davon seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nachdem die Zigaretten in das Steuergebiet verbracht worden seien, habe der Kläger sie als Empfänger in Besitz genommen, so dass er nach § 19 Satz 2 TabStG Steuerschuldner geworden sei.

3

Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG (RL 92/12/EWG) des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 76/1) seien als Steuerschuldner beim Verbringen oder Versenden einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware in das inländische Steuergebiet alle Personen anzusehen, die Herrschaft über die Ware erlangten. Somit komme auch ein weiterer Empfänger im Steuergebiet, z.B. ein Zwischenhändler oder ein Abnehmer, als Steuerschuldner in Betracht. Diese Auslegung stehe im Einklang mit der Festlegung der Zollschuldner in Art. 202 und 203 des Zollkodex. Empfänger i.S. des § 19 Satz 2 TabStG könne somit auch eine Person sein, die den Besitz an den Tabakwaren erst nach der Beendigung des Vorgangs des Verbringens bzw. Versendens erlange. Auf die Richtigkeit eines solchen Normverständnisses deute die Nachfolgevorschrift des § 19 TabStG, nämlich § 23 TabStG hin, nach der in Versandhandelsfällen neben dem Lieferer auch der Empfänger Steuerschuldner sei, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt habe. Der Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH), nach der Empfänger nicht mehr sein könne, wer den Besitz an den Tabakwaren erst nach Beendigung der genannten Vorgänge erlange (Urteil vom 2. Februar 2010  1 StR 635/09, Neue Zeitschrift für Strafrecht --NStZ-- 2010, 644), könne nicht gefolgt werden.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, er habe die Zigaretten erst nach Beendigung des Verbringens über die Grenze erhalten. Die in § 19 Satz 2 TabStG festgelegte Steuerschuldnerschaft könne sich nicht auf Personen beziehen, die mit dem eigentlichen Einfuhrvorgang keinerlei Verbindung gehabt hätten. Nach der Rechtsprechung des BGH sei eine Beendigung anzunehmen, wenn die Tabakwaren in Sicherheit und "zur Ruhe gekommen" seien. Daher könne eine nachfolgende Besitzerlangung eine Steuerschuldnerschaft nach § 19 Satz 2 TabStG nicht mehr begründen. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL 92/12/EWG beziehe sich auf Fälle, in denen die Waren in einem anderen Mitgliedstaat bereits in Besitz genommen und danach in verschiedene Mitgliedstaaten "durchgereicht" worden seien.

5

Das HZA schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung des FG an. Zwar habe der Kläger die Zigaretten erst nach Beendigung des Vorgangs des Verbringens in das Steuergebiet erlangt, doch hindere dies seine tabaksteuerrechtliche Inanspruchnahme nach § 19 TabStG nicht. Die richtlinienkonform auszulegende Vorschrift diene der Umsetzung des Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 92/12/EWG. Nach der Änderung des TabStG werde der Tatbestand nunmehr von § 23 TabStG erfasst. Danach werde Steuerschuldner aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbrachter oder versandter Zigaretten, wer die Tabakwaren in Besitz halte, und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt habe. Die Argumentation des BGH werde durch die Neufassung widerlegt. § 19 TabStG müsse dahingehend verstanden werden, dass jeder Besitzer der Tabakwaren nach deren Verbringung in das Steuergebiet Steuerschuldner der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) entstandenen Tabaksteuer werde.

6

Der erkennende Senat hat das Revisionsverfahren in analoger Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 92/12/EWG unbeschadet seines systematischen Zusammenhangs mit Art. 7 Abs. 3 RL 92/12/EWG einer gesetzlichen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführte verbrauchsteuerpflichtige Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz hält, nicht Steuerschuldner wird, wenn sie die Waren erst nach Beendigung des Vorgangs des Verbringens von einer anderen Person erworben hat (BFHE 240, 458, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2013, 138).

7

Auf diese Frage hat der EuGH mit Urteil vom 3. Juli 2014 C-165/13, ZfZ 2014, 253 Folgendes geantwortet:

8

"Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG... in Verbindung mit Art. 7 der Richtlinie 92/12 ist dahin auszulegen, dass diese Vorschrift es einem Mitgliedstaat erlaubt, eine Person, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Steuergebiet dieses Staates zu gewerblichen Zwecken verbrauchsteuerpflichtige Waren in Besitz hält, die in einem anderen Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, als Schuldner der Verbrauchsteuer zu bestimmen, selbst wenn diese Person nicht die erste Besitzerin der Waren im Bestimmungsland gewesen ist."

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Zu Recht hat das FG entschieden, dass der Kläger durch Inbesitznahme der entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbrachten Zigaretten nach § 19 Satz 2 TabStG Schuldner der Tabaksteuer geworden ist.

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1. Werden Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht oder versandt, entsteht die Steuer mit dem Verbringen oder Versenden in das Steuergebiet (§ 19 Satz 1 TabStG). Steuerschuldner ist, wer verbringt oder versendet, und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat (§ 19 Satz 2 TabStG). Nach den Feststellungen des FG, gegen die die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat und die daher für den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, sind die vom Kläger bezogenen Zigaretten außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens aus einem anderen Mitgliedstaat in das Steuergebiet verbracht worden. Zudem waren im Zeitpunkt des Überschreitens der Grenze an den Kleinverkaufspackungen keine deutschen Steuerzeichen angebracht, wie dies nach § 12 Abs. 1 TabStG erforderlich gewesen wäre. Außer Frage steht, dass die Zigaretten nicht dem ausschließlich privaten Konsum der an ihrem Verbringen Beteiligten dienen sollten. Vielmehr waren sie für den Weiterverkauf im Steuergebiet bestimmt. Für die zu gewerblichen Zwecken aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbrachten Zigaretten ist somit gemäß § 19 Satz 1 TabStG im Zeitpunkt ihres Grenzübertritts die Tabaksteuer entstanden.

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2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger --neben den am eigentlichen Vorgang des Verbringens beteiligten Personen-- nach § 19 Satz 2 TabStG Schuldner der im Steuergebiet entstandenen Tabaksteuer geworden, denn er ist als Empfänger der Zigaretten anzusehen, an denen er im Steuergebiet Besitz erlangt hat.

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a) Eine Definition des Empfängerbegriffs ist den tabaksteuerrechtlichen Vorschriften nicht zu entnehmen. In seiner Entscheidung in NStZ 2010, 644 hat der BGH den Begriff des Empfängers dahingehend ausgelegt, dass eine Person nicht Empfänger sein kann, die den Besitz an den Tabakwaren erst erlangt hat, wenn der Verbringungs- bzw. Versendungsvorgang durch das "zur Ruhe kommen" der Zigaretten bereits beendet ist.

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Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der Begriff des Empfängers in einem weiteren Wortverständnis dahin zu deuten, dass Empfänger auch derjenige sein kann, der in das Steuergebiet geschmuggelte Tabakwaren, die nach der Beendigung des Vorgangs des Verbringens bzw. Versendens nach Deutschland in hierfür bestimmten Verstecken gelagert worden sind, vom eigentlichen Verbringer oder Versender übernimmt, d.h. von diesem in Empfang nimmt, um sie im Steuergebiet an andere Personen zu veräußern. Denn als Empfänger kann nach allgemeinem Sprachgebrauch jede Person verstanden werden, an die etwas Bestimmtes (Warensendung, Nachrichten, Signale etc.) gerichtet ist bzw. der etwas Bestimmtes übermittelt wird. Nach dem Verständnis des BGH wäre selbst der Adressat einer Postsendung nicht als Empfänger anzusehen, dem aus einem im Steuergebiet angelegten Lager unversteuerte Zigaretten zum Weiterverkauf oder zur Verteilung an Zwischenhändler geliefert werden. Für eine solche einschränkende Deutung lässt sich dem Begriff des Empfängers nichts entnehmen. Zudem ist bei der Auslegung des in § 19 Satz 2 TabStG verwendeten Empfängerbegriffs zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit den in § 19 TabStG getroffenen Regelungen die Umsetzung der einschlägigen Richtlinienbestimmungen --insbesondere der Art. 7 und Art. 9 Abs. 1 RL 92/12/EWG-- beabsichtigte, so dass eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift geboten ist. Dem kann nicht --wie in der Literatur vertreten wird (Sackreuther/Allgayer, Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht 2014, 235)-- entgegengehalten werden, § 19 TabStG sei nach seinem vermeintlich eindeutigen Wortlaut und der Systematik einer solchen richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich. Wie bereits dargelegt, lässt sich der Begriff des Empfängers unterschiedlich deuten. Lässt der Gesetzestext mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu und ist nur eine mit dem Unionsrecht vereinbar, so ist derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, nach der die Norm nicht als unionsrechtswidrig einzustufen ist (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 15. Februar 2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267, BStBl II 2013, 712; vom 8. September 2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011, 661, und vom 29. Juni 2011 XI R 15/10, BFHE 233, 470, BStBl II 2011, 839). Dabei ist eine richtlinienkonforme Auslegung auch zulasten des Steuerpflichtigen möglich (EuGH-Urteil vom 5. Juli 2007 C-321/05, Kofoed, Slg. 2007, I-5795, m.w.N.; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 4 Rz 31).

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b) In seiner Entscheidung hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf den Streitfall Art. 7 RL 92/12/EWG Anwendung findet und dass nach Art. 7 Abs. 3 RL 92/12/EWG die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat, in dem sich die betreffenden Waren befinden, u.a. von der Person oder dem Wirtschaftbeteiligten geschuldet werden, bei der oder bei dem sie bereitgestellt werden, so dass jeder Besitzer der Waren Schuldner der Verbrauchsteuer ist. Daraus folgt, dass nach den unionsrechtlichen Vorgaben von einer Steuerschuldnerschaft des Klägers auszugehen ist, denn bei ihm sind nach Auffassung des EuGH die Zigaretten nach Art. 7 Abs. 2 RL 92/12/EWG mit der Folge bereitgestellt worden, dass er an ihnen zu gewerblichen Zwecken Besitz erlangt hat. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Zigaretten nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 RL 92/12/EWG zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden.

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c) Für den Fall, dass unversteuerte verbrauchsteuerpflichtige Waren außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung vorgefunden werden, hat der EuGH entschieden, dass der Besitz der betreffenden Ware eine Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr i.S. des Art. 6 Abs. 1 RL 92/12/EWG darstellt (EuGH-Urteil vom 5. April 2001 C-325/99, van de Water, Slg. 2001, I-2729). Nach Auffassung des EuGH ist diese Vorschrift dahin auszulegen, dass der bloße Besitz einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware die Steuerschuldnerschaft begründet, wenn feststeht, dass die Ware noch nicht nach den geltenden gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften versteuert worden ist. Dieser Rechtsgedanke lässt sich auf Art. 7 und Art. 9 Abs. 1 RL 92/12/EWG übertragen. Die Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass eine in ihrem Steuergebiet vorgefundene und aus einem anderen Mitgliedstaat stammende verbrauchsteuerpflichtige Ware, für die die Steuer zwar entstanden, jedoch noch nicht entrichtet worden ist, nicht unversteuert bleibt. Wie der Senat bereits entschieden hat, geht es dem Unionsrecht bei der Bestimmung des (verbrauchsteuerrechtlichen) Abgabenschuldners darum, denjenigen in Anspruch nehmen zu können, in dessen unmittelbarer Obhut eine Ware sich befindet und der deshalb anhand objektiver Umstände relativ leicht ausgemacht und zur steuerrechtlichen Verantwortung gezogen werden kann (Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 VII R 49/06, BFHE 218, 469, ZfZ 2008, 85).

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d) In Bezug auf Art. 7 und Art. 9 RL 92/12/EWG hat der EuGH geurteilt, dass eine Auslegung der unionsrechtlichen Bestimmungen, mit der die Eigenschaft als Schuldner der Verbrauchsteuer auf den ersten Besitzer der Waren begrenzt würde, im Widerspruch zum Zweck der RL 92/12/EWG stünde, denn sie würde die Erhebung der mit dem Überschreiten einer Grenze der Union verbundenen Verbrauchsteuern unsicherer machen. Diese Argumentation ist auf die Auslegung des § 19 Satz 2 TabStG übertragbar. Aus den Ausführungen des EuGH lässt sich schließen, dass die Mitgliedstaaten keine nationale Regelung treffen dürfen, die es ausschließt, Personen als Schuldner der Verbrauchsteuer in Anspruch zu nehmen, die nicht die ersten Besitzer der Waren im Bestimmungsland gewesen sind (im Ergebnis so auch Rüsken in ZfZ 2014, 255, nach dem das EuGH-Urteil so zu verstehen sei, dass es das Unionsrecht gebiete, auch einen Zwischenhändler als Steuerschuldner anzusehen).

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Zwar ist der vom EuGH gebildete Leitsatz in Bezug auf die Steuerschuldnerschaft von Personen, die nicht die ersten Besitzer der in das Bestimmungsland verbrachten Waren sind, offener formuliert als die entsprechenden Ausführungen in der Begründung des Urteils, doch entnimmt der erkennende Senat der Begründung eine hinreichende Antwort auf die Vorlagefrage in dem Sinne, dass eine richtlinienkonforme Auslegung des § 19 Satz 2 TabStG geboten ist. Damit ist die Entscheidung des BGH in NStZ 2010, 644 zumindest aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht als überholt anzusehen. Anlass zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes besteht nicht.

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Empfänger i.S. des § 19 Satz 2 TabStG kann demnach --wie im Streitfall-- auch eine Person sein, die erst nach der Beendigung des Vorgangs des Verbringens aus einem anderen Mitgliedstaat im Steuergebiet Besitz an nicht mit deutschen Steuerzeichen versehenen Zigaretten erlangt hat. Da sich dieses Auslegungsergebnis lediglich auf die tabaksteuerrechtlichen Folgen der vom Kläger vorgenommenen Handlungen bezieht, ist mit einer solchen Deutung keine Entscheidung darüber getroffen, ob § 19 TabStG im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bzw. § 374 AO aus strafrechtlicher Sicht den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes genügt.

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3. Da der Kläger durch die Übernahme der unversteuerten Zigaretten im Steuergebiet Besitz an ihnen erlangt hat, ist er als Empfänger der Zigaretten anzusehen. Infolgedessen ist er gemäß § 19 Satz 2 TabStG Schuldner der zuvor entstandenen Tabaksteuer geworden. Das HZA hat ihn somit zu Recht als Steuerschuldner in Anspruch genommen, so dass die Revision keinen Erfolg haben kann.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Die Steuer entsteht vorbehaltlich des Satzes 2 zum Zeitpunkt der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Einfuhr oder durch den unrechtmäßigen Eingang. Die Steuer entsteht nicht, wenn

1.
die Tabakwaren unmittelbar am Ort der Einfuhr in ein Verfahren der Steueraussetzung überführt werden,
2.
sich eine Steuerbefreiung anschließt oder
3.
die Einfuhrzollschuld nach Artikel 124 Absatz 1 Buchstabe e, f, g oder Buchstabe k des Unionszollkodex erlischt.

(2) Steuerschuldner ist

1.
jede Person nach Artikel 77 Absatz 3 des Unionszollkodex,
2.
jede andere Person, die an einem unrechtmäßigen Eingang beteiligt ist.
§ 15 Absatz 7 gilt entsprechend.

(3) Für das Erlöschen, in anderen Fällen als denen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3, das Steuerverfahren und, wenn die Steuer nicht durch Verwendung von Steuerzeichen entrichtet wird, für die Fälligkeit, den Zahlungsaufschub sowie die Nacherhebung, den Erlass und die Erstattung, in anderen Fällen als nach den Artikeln 119 und 120 des Unionszollkodex gelten die Zollvorschriften sinngemäß. Abweichend von Satz 1 bleiben die §§ 163 und 227 der Abgabenordnung unberührt.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 finden für Tabakwaren in der Truppenverwendung, die zweckwidrig verwendet werden, die Vorschriften des Truppenzollgesetzes Anwendung.

(5) Für den Eingang von Tabakwaren aus einem der in Artikel 4 Absatz 2 der Systemrichtlinie aufgeführten Gebiete in das Steuergebiet sind die in den zollrechtlichen Vorschriften der Union vorgesehenen Formalitäten für den Eingang von Waren in das Zollgebiet der Union entsprechend anzuwenden.

(6) Für den unrechtmäßigen Eingang gilt Artikel 87 des Unionszollkodex sinngemäß.

(7) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, in Bezug auf Absatz 3 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen und die Besteuerung abweichend von Absatz 3 zu regeln, soweit dies zur Sicherung des Steueraufkommens oder zur Anpassung an die Behandlung im Steuergebiet hergestellter Tabakwaren oder wegen der besonderen Verhältnisse bei der Einfuhr erforderlich ist.

(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr.

(2a) Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen nach Absatz 2 vornehmen, gehören insoweit zum Inland. Das Gleiche gilt für ihre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden.

(3) Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann ohne Sicherheitsleistung aufgeschoben werden, wenn die zu entrichtende Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.

(3a) Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gemäß Artikel 110 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.

(4) Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, so entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. Das gilt auch, wenn der Gegenstand nach dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt bearbeitet oder verarbeitet worden ist. Bemessungsgrundlage ist die entstandene Zollschuld oder die entstandene oder unbedingt gewordene Verbrauchsteuer. Steuerschuldner ist, wer den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren im Sinne des Zollrechts sind und für die keine Zollvorschriften bestehen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.