Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 08. Juli 2005 - 10 K 129/04

published on 08/07/2005 00:00
Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 08. Juli 2005 - 10 K 129/04
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Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die steuerliche Behandlung seiner Zeitzuschläge für Wochenfeiertagsarbeit in den Jahren 2001 und 2002.
Der am 8. Juni 1957 geborene Kläger arbeitet als Arbeitnehmer beim Forschungszentrum ..... GmbH im Wechselschichtdienst. Nach § 2 des Arbeitsvertrages des Klägers vom 19. August 1980 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31. Januar 1962 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Aufgrund der vom Kläger und seiner Ehefrau abgegebenen Einkommensteuererklärungen ergingen unter Zusammenveranlagung der Eheleute Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2001 zuletzt am 5. Februar 2004 und für das Jahr 2002 am 27. Juni 2003. Der Beklagte behandelte die dem Kläger neben seinem Grundlohn zugeflossenen Zeitzuschläge für Wochenfeiertagsarbeit in Höhe von insgesamt 135 % (2001: 1.257, 38 EUR; 2002: 1.408, 01 EUR) in der Weise, dass die Zuschläge in einen steuerfreien Anteil von 35 % und einen steuerpflichtigen Anteil von 100 % aufgeteilt wurden.
Gegen die Einkommensteuerbescheide legte der Kläger am 1. Juli 2002 und am 28. Juli 2003 Einsprüche ein, die er im wesentlichen damit begründete, die Aufteilung der Zeitzuschläge in Höhe von 135 % in einen steuerfreien Anteil von 35 % und einen steuerpflichtigen Anteil von 100 % sei nicht rechtmäßig. Die Behandlung des Betrages von 100 % als Barabgeltung eines nicht gewährten Freizeitanspruchs sei falsch. An der grundsätzlichen Steuerfreiheit von Zeitzuschlägen bei Feiertagsarbeit habe sich nichts geändert. Entsprechend seinem Arbeitsvertrag und dem Wechselschichtdienstplan seines Arbeitgebers könne die Arbeit an Feiertagen nur als tatsächlich geleistete Arbeit gewährt werden.
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 10. März 2004 die Einsprüche des Klägers zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, die Barabgeltung eines Freizeitanspruchs sei kein begünstigter Lohnzuschlag. Der steuerpflichtige Erhöhungsbetrag von 100 % sei eine Entschädigung für den nicht erhaltenen Freizeitausgleich bzw. entspreche dem Grundlohn, der grundsätzlich steuerpflichtig sei. Der erhaltene Feiertagszuschlag von 35 % bleibe entsprechend der gesetzlichen Vorgaben steuerfrei.
Der Kläger hat am 13. April 2004 beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben.
Er beantragt zuletzt,
1. die Einkommensteuerbescheide für 2001 vom 5. Februar 2004 und für 2002 vom 27. Juni 2003 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 10. März 2004 insoweit zu ändern, als die Zeitzuschläge für Feiertagsarbeit für das Jahr 2001 in Höhe von 838,22 EUR und für das Jahr 2002 in Höhe von 938,85 EUR steuerfrei freigestellt werden;
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung wiederholt der Kläger sein Vorbringen im Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, aufgrund seines Arbeitsvertrages und dem jeweils fortgeschriebenen Wechselschichtdienstplans sei er im Rahmen der für ihn speziell geltenden regulären Arbeitszeit grundsätzlich verpflichtet, regelmäßig auch an Feiertagen sowie Sonntags und Samstags zu arbeiten. Er sei Werkschutzmeister beim Sicherheitsdienst seines Arbeitgebers. Insoweit bestehe für ihn grundsätzlich keine Wahlmöglichkeit, ob er für seine Tätigkeit als Werkschutzmeister an Sonn- und Feiertagen bzw. an Samstagen eine Abgeltung von Freizeit wünsche oder nicht. Die Möglichkeit einer Abgeltung durch Freizeit bestehe für ihn daher bereits aus rechtlichen Gründen nicht. Nach dem geltenden Tarifvertrag bestehe zunächst für den Arbeitnehmer eine Wahlmöglichkeit, ob er für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen die Alternative ohne Freizeitausgleich oder mit Freizeitausgleich wähle. Nach den tatsächlich konkreten Arbeitsbedingungen sei die Variante "ohne Freizeitausgleich" der Regelfall. Der Arbeitnehmer werde hier nicht vorab befragt, welchen Antrag er diesbezüglich stelle bzw. für welche Variante er sich entscheiden möchte. Vielmehr werde automatisch so verfahren, dass nach der Variante "ohne Freizeitausgleich" abgerechnet werde. Deshalb sei die Auffassung des Beklagten, es handle sich bei dem Erhöhungsbetrag um 100 % um eine Entschädigung für den nicht gewährten Freizeitausgleich bzw. um dessen Abgeltung, im hier vorliegenden konkreten Arbeitsverhältnis und der tatsächlichen Handhabung nicht zutreffend. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass eine weitere Freistellung der Zeitzuschläge gem. § 3 b Abs. 1 Nr. 3 EStG nur in Höhe von 90 % erfolgen könne, da 35 % bereits steuerfrei gestellt worden seien.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.
13 
Das Gericht hat im Erörterungstermin vom 3. Mai 2005 Beweis durch Vernehmung von .... .... erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über diesen Erörterungstermin verwiesen. Die Beteiligten verzichteten auf mündliche Verhandlung.
14 
Die Einkommens- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten liegen dem Gericht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Berichterstatter anstelle des Senats den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin vom 3. Mai 2005 auf mündliche Verhandlung verzichteten (§§ 79 a Abs. 3 und 4, 90 Abs. 2 FGO).
16 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
17 
Die Einkommensteuerbescheide des Beklagten vom 5. Februar 2004  für das Jahr 2001 und vom 27. Juni 2003 für das Jahr 2002 sowie seine Einspruchsentscheidung vom 10. März 2004 sind rechtmäßig; sie verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz FGO).
18 
Der Beklagte hat die dem Kläger neben seinem Grundlohn in 2001 und 2002 zugeflossenen Zeitzuschläge für die Arbeitsleistung an Wochenfeiertagen in Höhe von 135 % zu Recht in Höhe von 35 % steuerfrei gestellt und in Höhe von 100 % als Arbeitslohn der Besteuerung unterworfen. Denn der Erhöhungsbetrag von 100 % stellt keinen Zuschlag für tatsächlich geleistete Feiertagsarbeit dar, sondern eine Barabgeltung für nicht in Anspruch genommenen Freizeitausgleich.
19 
Gem. § 3 b Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind Zuschläge in einem bestimmten Umfang dann steuerfrei, wenn sie - neben anderen Voraussetzungen, die im konkreten Fall hinsichtlich Nr. 3 der Vorschrift unstreitig gegeben sind - für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden. Erforderlich ist damit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Arbeitgebers und der objektiv an den entsprechenden Tagen erbrachten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Sinne einer zusätzlichen Entlohnung für gerade diese erbrachte Arbeit (BFH, Urteil vom 28. November 1990 VI R 90/87, BStBl 1991, 293, 295). Ein Zuschlag für Feiertagsarbeit setzt schon dem Wortsinn nach voraus, dass der Zuschlag zusätzlich zu dem Lohn tritt, der für die an den Feiertagen geleistete Arbeit gewährt wird. Diese Voraussetzung ist im Streitfall indessen lediglich für den Zeitzuschlag von 35 %, nicht aber für den weiteren Erhöhungsbetrag von 100 % erfüllt.
20 
Es ist dem Kläger zwar einzuräumen, dass dieser Erhöhungsbetrag mit der an einem Wochenfeiertag geleisteten Arbeit in Zusammenhang steht. Jedoch löst allein die Arbeit an einem Wochenfeiertag den Erhöhungsbetrag von 100 % noch nicht zwingend aus. Denn dem Kläger steht nach § 22 Abs. 1 Buchst. c) des für ihn gemäß seines Arbeitsvertrags geltenden Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (im Folgenden: BMT-G II) in der im Streitjahr geltenden Fassung ein Wahlrecht zu, bei Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen sowie an Ostersonntag und am Pfingstsonntag sich entweder für einen Zeitzuschlag ohne Freizeitausgleich in Höhe von 135 % oder für einen Zeitzuschlag bei Freizeitausgleich in Höhe von 35 % zu entscheiden. Aus dem tarifvertraglichen Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass hier der Begriff des Freizeitausgleichs nach § 15 Abs. 2 BMT-G II gemeint ist (vgl. insoweit auch BAG, Urteil vom 27. Januar 1994 6 AZR 597/93, ZTR 1995, 117). Nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II soll die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag auf Antrag des Arbeiters durch eine entsprechende Freizeit an einem Werktag der laufenden oder der folgenden Woche unter Fortzahlung des Monatsgrundlohnes und etwaiger für den Kalendermonat zustehender ständiger (gegebenenfalls pauschalierter Lohnzuschläge) ausgeglichen werden, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es zulassen. Die Zusammenschau und systematische Auslegung der §§ 15 Abs. 2 und § 22 BMT-G II zeigt, dass im Gegensatz zur regelmäßigen Sonntagsarbeit ein Freizeitausgleich für Arbeit an einem Wochenfeiertag nicht zwingend vorgesehen ist. Wenn der Arbeitnehmer keinen Antrag auf Freizeitausgleich stellt, erhält er einen Zeitzuschlag in Höhe von 135 %. Das gleiche dürfte dann gelten, wenn er zwar einen Antrag auf Freizeitausgleich stellt, der Arbeitgeber diesen jedoch aufgrund der dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse ablehnt. Wenn der Arbeitgeber dem Antrag stattgibt, wozu er verpflichtet ist, wenn keine trifftigen Gründe (im Falle des § 15 Abs. 2 Satz 4 BAT-G II dienstliche oder betriebliche Gründe) entgegenstehen - ein Direktionsrecht des Arbeitgebers besteht insoweit nicht (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 1994 6 AZR 597/93, ZTR 1995, 117; Brehm, in BAT-Kompaktkommentar, § 35 Rnr. 11) -, erhält der Arbeitnehmer den Freizeitausgleich und für die Feiertagsarbeit den Zuschlag von 35 %.
21 
Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 22 Abs. 1 Buchst. c) BMT-G II räumt dem Arbeitnehmer daher ein Wahlrecht ein, ob er für dienstplanmäßige Arbeit an einem Wochenfeiertag Freizeitausgleich beantragt oder nicht. Stellt der Arbeitnehmer keinen Antrag nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II, übt er damit sein Wahlrecht dahingehend aus, dass er zum einen auf den Freizeitausgleich verzichtet und zum anderen hierfür einen um 100 % erhöhten Zeitzuschlag erhält. Dies zeigt, dass der Verzicht auf eben diesen zusätzlichen freien Tag unter Fortzahlung des Lohnes oder Gehaltes im Vordergrund steht und der Erhöhungsbetrag in Höhe von 100 % nur gewährt wird, wenn dieser freie Tag nicht in Anspruch genommen, sondern stattdessen gearbeitet wird. Der Erhöhungsbetrag tritt also nicht zu dem Lohn für die Arbeit am Wochenfeiertag, sondern zu dem Lohn für die Arbeit an dem Tag, der als freier Tag hätte in Anspruch genommen werden können (BFH, Urteil vom 18. September 1981 (VI R 44/77, BStBl II 1981, 801, BFHE 134, 149; Urteil vom 22. November 1968 VI R 312/66, BFHE 94, 377, BStBl II 1969, 182). Dem Verzicht auf die Geltendmachung des Freizeitanspruchs steht der Anspruch auf Zahlung des erhöhten Zuschlags gegenüber, der - bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung - die unmittelbare Gegenleistung für den Verzicht bildet. Der Erhöhungsbetrag von 100 % stellt daher die Vergütung eines nicht in Anspruch genommenen Freizeitanspruchs dar und ist deshalb auch kein steuerbegünstigter Zuschlag im Sinne von § 3 b EStG (so auch Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, 4. Aufl., 2004, Stichwort: Lohnzuschläge Rdnr. 48). Soweit der Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 10. Juni 2004 (11 K 408/02) hinweist, übersieht er, dass im dortigen Fall ein Wahlrecht des Arbeitgebers,  und nicht - wie vorliegend - ein Wahlrecht des Arbeitnehmers bestand. Bei Vorliegen eines Wahlrechts des Arbeitnehmers wird vielmehr die Auffassung des erkennenden Gerichts geteilt, wie sich den Urteilsgründen am Ende entnehmen lässt (a. A. insoweit FG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2003, 3 K 7159/00 E, EFG 2003, 1070; Urteil vom 26. März 2004 18 K 6806/00 E, StE 2004, 341).
22 
Der Kläger hat im vorliegenden Fall eigenen Angaben zu Folge weder in 2001 noch in 2002 einen Antrag auf Freizeitausgleich gestellt, obwohl ihm diese Möglichkeit bekannt war. Sein Vorbringen, auch ein Antrag auf Freizeitausgleich biete noch keine Gewähr für einen freien Tag, beruht daher auf Vermutungen. Ohne dass es hierauf ankommt, hat der Kläger auch keinen einen anderen Arbeitnehmer betreffenden Fall dargelegt, in dem auf Antrag ein Freizeitausgleich weder in der zeitlichen Lage des Freizeitausgleichs nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II noch außerhalb des in dieser Vorschrift aufgeführten Zeitrahmens vollständig versagt worden sei. Auch die Zeugin konnte keinen derartigen Fall benennen. Sie bestätigte vielmehr, dass Anträge auf Freizeitausgleich gestellt würden. Ob die Gewährung eines Zeitzuschlags in Höhe von 135 % auch dann in Höhe von 100 % steuerpflichtig ist, wenn der Arbeitgeber auf Antrag des Arbeitnehmers weder innerhalb des Zeitfensters des § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II noch außerhalb desselben einen Freizeitausgleich gewährt, kann daher vorliegend unerörtert bleiben.
23 
Nach alledem war die Klage daher abzuweisen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
25 
Die Revision war im Hinblick auf die oben aufgeführten Entscheidungen des FG Düsseldorfs (Revision eingelegt; vgl. BFH VI R 35/03 und VI R 23/04) wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

Gründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Berichterstatter anstelle des Senats den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin vom 3. Mai 2005 auf mündliche Verhandlung verzichteten (§§ 79 a Abs. 3 und 4, 90 Abs. 2 FGO).
16 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
17 
Die Einkommensteuerbescheide des Beklagten vom 5. Februar 2004  für das Jahr 2001 und vom 27. Juni 2003 für das Jahr 2002 sowie seine Einspruchsentscheidung vom 10. März 2004 sind rechtmäßig; sie verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz FGO).
18 
Der Beklagte hat die dem Kläger neben seinem Grundlohn in 2001 und 2002 zugeflossenen Zeitzuschläge für die Arbeitsleistung an Wochenfeiertagen in Höhe von 135 % zu Recht in Höhe von 35 % steuerfrei gestellt und in Höhe von 100 % als Arbeitslohn der Besteuerung unterworfen. Denn der Erhöhungsbetrag von 100 % stellt keinen Zuschlag für tatsächlich geleistete Feiertagsarbeit dar, sondern eine Barabgeltung für nicht in Anspruch genommenen Freizeitausgleich.
19 
Gem. § 3 b Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind Zuschläge in einem bestimmten Umfang dann steuerfrei, wenn sie - neben anderen Voraussetzungen, die im konkreten Fall hinsichtlich Nr. 3 der Vorschrift unstreitig gegeben sind - für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden. Erforderlich ist damit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Arbeitgebers und der objektiv an den entsprechenden Tagen erbrachten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Sinne einer zusätzlichen Entlohnung für gerade diese erbrachte Arbeit (BFH, Urteil vom 28. November 1990 VI R 90/87, BStBl 1991, 293, 295). Ein Zuschlag für Feiertagsarbeit setzt schon dem Wortsinn nach voraus, dass der Zuschlag zusätzlich zu dem Lohn tritt, der für die an den Feiertagen geleistete Arbeit gewährt wird. Diese Voraussetzung ist im Streitfall indessen lediglich für den Zeitzuschlag von 35 %, nicht aber für den weiteren Erhöhungsbetrag von 100 % erfüllt.
20 
Es ist dem Kläger zwar einzuräumen, dass dieser Erhöhungsbetrag mit der an einem Wochenfeiertag geleisteten Arbeit in Zusammenhang steht. Jedoch löst allein die Arbeit an einem Wochenfeiertag den Erhöhungsbetrag von 100 % noch nicht zwingend aus. Denn dem Kläger steht nach § 22 Abs. 1 Buchst. c) des für ihn gemäß seines Arbeitsvertrags geltenden Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (im Folgenden: BMT-G II) in der im Streitjahr geltenden Fassung ein Wahlrecht zu, bei Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen sowie an Ostersonntag und am Pfingstsonntag sich entweder für einen Zeitzuschlag ohne Freizeitausgleich in Höhe von 135 % oder für einen Zeitzuschlag bei Freizeitausgleich in Höhe von 35 % zu entscheiden. Aus dem tarifvertraglichen Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass hier der Begriff des Freizeitausgleichs nach § 15 Abs. 2 BMT-G II gemeint ist (vgl. insoweit auch BAG, Urteil vom 27. Januar 1994 6 AZR 597/93, ZTR 1995, 117). Nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II soll die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag auf Antrag des Arbeiters durch eine entsprechende Freizeit an einem Werktag der laufenden oder der folgenden Woche unter Fortzahlung des Monatsgrundlohnes und etwaiger für den Kalendermonat zustehender ständiger (gegebenenfalls pauschalierter Lohnzuschläge) ausgeglichen werden, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es zulassen. Die Zusammenschau und systematische Auslegung der §§ 15 Abs. 2 und § 22 BMT-G II zeigt, dass im Gegensatz zur regelmäßigen Sonntagsarbeit ein Freizeitausgleich für Arbeit an einem Wochenfeiertag nicht zwingend vorgesehen ist. Wenn der Arbeitnehmer keinen Antrag auf Freizeitausgleich stellt, erhält er einen Zeitzuschlag in Höhe von 135 %. Das gleiche dürfte dann gelten, wenn er zwar einen Antrag auf Freizeitausgleich stellt, der Arbeitgeber diesen jedoch aufgrund der dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse ablehnt. Wenn der Arbeitgeber dem Antrag stattgibt, wozu er verpflichtet ist, wenn keine trifftigen Gründe (im Falle des § 15 Abs. 2 Satz 4 BAT-G II dienstliche oder betriebliche Gründe) entgegenstehen - ein Direktionsrecht des Arbeitgebers besteht insoweit nicht (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 1994 6 AZR 597/93, ZTR 1995, 117; Brehm, in BAT-Kompaktkommentar, § 35 Rnr. 11) -, erhält der Arbeitnehmer den Freizeitausgleich und für die Feiertagsarbeit den Zuschlag von 35 %.
21 
Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 22 Abs. 1 Buchst. c) BMT-G II räumt dem Arbeitnehmer daher ein Wahlrecht ein, ob er für dienstplanmäßige Arbeit an einem Wochenfeiertag Freizeitausgleich beantragt oder nicht. Stellt der Arbeitnehmer keinen Antrag nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II, übt er damit sein Wahlrecht dahingehend aus, dass er zum einen auf den Freizeitausgleich verzichtet und zum anderen hierfür einen um 100 % erhöhten Zeitzuschlag erhält. Dies zeigt, dass der Verzicht auf eben diesen zusätzlichen freien Tag unter Fortzahlung des Lohnes oder Gehaltes im Vordergrund steht und der Erhöhungsbetrag in Höhe von 100 % nur gewährt wird, wenn dieser freie Tag nicht in Anspruch genommen, sondern stattdessen gearbeitet wird. Der Erhöhungsbetrag tritt also nicht zu dem Lohn für die Arbeit am Wochenfeiertag, sondern zu dem Lohn für die Arbeit an dem Tag, der als freier Tag hätte in Anspruch genommen werden können (BFH, Urteil vom 18. September 1981 (VI R 44/77, BStBl II 1981, 801, BFHE 134, 149; Urteil vom 22. November 1968 VI R 312/66, BFHE 94, 377, BStBl II 1969, 182). Dem Verzicht auf die Geltendmachung des Freizeitanspruchs steht der Anspruch auf Zahlung des erhöhten Zuschlags gegenüber, der - bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung - die unmittelbare Gegenleistung für den Verzicht bildet. Der Erhöhungsbetrag von 100 % stellt daher die Vergütung eines nicht in Anspruch genommenen Freizeitanspruchs dar und ist deshalb auch kein steuerbegünstigter Zuschlag im Sinne von § 3 b EStG (so auch Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, 4. Aufl., 2004, Stichwort: Lohnzuschläge Rdnr. 48). Soweit der Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 10. Juni 2004 (11 K 408/02) hinweist, übersieht er, dass im dortigen Fall ein Wahlrecht des Arbeitgebers,  und nicht - wie vorliegend - ein Wahlrecht des Arbeitnehmers bestand. Bei Vorliegen eines Wahlrechts des Arbeitnehmers wird vielmehr die Auffassung des erkennenden Gerichts geteilt, wie sich den Urteilsgründen am Ende entnehmen lässt (a. A. insoweit FG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2003, 3 K 7159/00 E, EFG 2003, 1070; Urteil vom 26. März 2004 18 K 6806/00 E, StE 2004, 341).
22 
Der Kläger hat im vorliegenden Fall eigenen Angaben zu Folge weder in 2001 noch in 2002 einen Antrag auf Freizeitausgleich gestellt, obwohl ihm diese Möglichkeit bekannt war. Sein Vorbringen, auch ein Antrag auf Freizeitausgleich biete noch keine Gewähr für einen freien Tag, beruht daher auf Vermutungen. Ohne dass es hierauf ankommt, hat der Kläger auch keinen einen anderen Arbeitnehmer betreffenden Fall dargelegt, in dem auf Antrag ein Freizeitausgleich weder in der zeitlichen Lage des Freizeitausgleichs nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II noch außerhalb des in dieser Vorschrift aufgeführten Zeitrahmens vollständig versagt worden sei. Auch die Zeugin konnte keinen derartigen Fall benennen. Sie bestätigte vielmehr, dass Anträge auf Freizeitausgleich gestellt würden. Ob die Gewährung eines Zeitzuschlags in Höhe von 135 % auch dann in Höhe von 100 % steuerpflichtig ist, wenn der Arbeitgeber auf Antrag des Arbeitnehmers weder innerhalb des Zeitfensters des § 15 Abs. 2 Satz 4 BMT-G II noch außerhalb desselben einen Freizeitausgleich gewährt, kann daher vorliegend unerörtert bleiben.
23 
Nach alledem war die Klage daher abzuweisen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
25 
Die Revision war im Hinblick auf die oben aufgeführten Entscheidungen des FG Düsseldorfs (Revision eingelegt; vgl. BFH VI R 35/03 und VI R 23/04) wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.