| Die Klage ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 sowie der Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 7. November 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2013 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). |
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| 1. Die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid 2007 ist unzulässig. |
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| Nach § 40 Abs. 2 FGO ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Sachentscheidungsvoraussetzung ist im finanzgerichtlichen Verfahren in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. |
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| Die Klägerin ist durch den -auch von ihr mit der Klage angefochtenen- Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 7. November 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2013 nicht beschwert, da dieser ausschließlich gegen den Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet ist. |
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| Auch der Kläger ist durch den Umsatzsteuerbescheid 2007 nicht beschwert, da darin ein Vorsteuerüberschuss festgesetzt worden ist und der Kläger lediglich geltend macht, er sei nicht Unternehmer. Träfe dies zu, würde er im Streitjahr den Vorsteuerüberschuss verlieren. Der Umsatzsteuerbescheid 2007 ist hinsichtlich der Unternehmereigenschaft auch nicht vorgreiflich für andere Veranlagungszeiträume, da insoweit eine Bindung nicht besteht (vgl. BFH-Urteil vom 15. April 2010 V R 11/09, BFH/NV 2010, 1830). |
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| 2. Die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 ist unbegründet. Der Kläger hat die „W Trust“ rechtsmissbräuchlich in seine geschäftliche Beziehung mit der „S Service GmbH“ eingeschaltet mit der Folge, dass ihm das Beraterhonorar unmittelbar zuzurechnen ist. |
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| a) Nach § 42 Satz 1 der Abgabenordnung in der im Streitfall geltenden Fassung (AO a.F.) kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (Satz 2). Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten ist dann gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die -gemessen an dem erstrebten Ziel- unangemessen, also ungewöhnlich ist (BFH-Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272). |
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| Die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrigbesteuernden Ausland erfüllt den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen und wenn sie keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Die Rechtsprechung ist Ausdruck des Grundsatzes, dass das Steuerrecht grundsätzlich die gewählte zivilrechtliche Gestaltung respektiert; dies gilt jedoch nicht für solche Gestaltungen, die nur der Manipulation dienen. Eine dahingehende Beurteilung setzt voraus, dass zwischen dem Steuerinländer und der ausländischen Gesellschaft eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung besteht (vgl. BFH-Urteile vom 9. Mai 1979 I R 126/77, BFHE 128, 61, BStBl II 1979, 586; vom 21. Oktober 1988 III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216; vom 10. Juni 1992 I R 105/89, BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; vom 20. März 2002 I R 38/00, BFHE 198, 514, BStBl II 2002, 819; vom 21. Oktober 2009 I R 40/09, BFH/NV 2010, 688). |
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| Auch ohne Anwendung der Rechtsprechung zu den Basisgesellschaften ist ein Rechtsmissbrauch nach den allgemeinen Grundsätzen jedenfalls dann gegeben, wenn ein Inländer aufgrund von ihm behaupteter Rechtsverhältnisse Gewinne in das Ausland verlagert, ohne dass beachtliche Gründe für diese Gestaltung angeführt werden können (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 1979 I R 126/77, BFHE 128, 61, BStBl II 1979, 586). Dies setzt eine auf den Gesamtumständen aufbauende hohe Wahrscheinlichkeit voraus, dass entweder der Steuerpflichtige oder eine ihm nahestehende Person die außergewöhnliche Gestaltung selbst gesteuert hat (BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 I R 78/93, I R 86/94, BFH/NV 1996, 383; Finanzgericht -FG- München, Urteil vom 17. September 1997 1 K 3239/96, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1998, 612). |
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| Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen von Umständen, welche die Annahme einer Steuerumgehung rechtfertigen, trifft das FA. Die Frage, wen die objektive Beweislast trifft, entsteht aber erst, wenn die Aufklärungspflicht des Finanzgerichts (vgl. § 76 Abs. 1 FGO) und die bei der Aufklärung ausländischer Rechtsverhältnisse gesteigerten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen (vgl. § 90 Abs. 2 FGO) ausgeschöpft sind (BFH-Urteil vom 25. August 1982 I R 164/81, n.v., juris). |
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| b) Im Streitfall bestehen sowohl bei Berücksichtigung der Rechtsprechung zu den Basisgesellschaften als auch bei Anwendung der allgemeinen Missbrauchsgrundsätze keine Zweifel daran, dass dem Kläger die der „W Trust“ zugeflossenen Beträge zuzurechnen sind. |
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| Nach dem Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern vom 5. September 2006 ist die „W Trust“ eine Domizilgesellschaft (Briefkastenfirma) ohne eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Bei der Anschrift in U / Schweiz handelt es sich um sog. Domiziladresse, unter denen eine Vielzahl von Domizilgesellschaften ihren Sitz hat. Der Domizilgeber „V AG“ bzw. deren Verwaltungsrat L E. üben diese Funktion bei zahlreichen weiteren Gesellschaften unter der gleichen Anschrift wie die „W Trust“ aus. Der Beurteilung der „W Trust“ als Domizilgesellschaft steht nicht entgegen, dass sie den Domizilvermerk „c/o V AG“ nur vom 21. März 2002 bis zum 28. Oktober 2004 und damit nicht mehr im Streitzeitraum trug; denn aus den beschlagnahmten Emails aus dem Jahr 2005 geht hervor, dass auch nach der Streichung des Domizilvermerks die „V AG“ und für diese wiederum Herr L E. als Domizilträger tätig waren. Ebenso wäre unerheblich, ob die „W Trust“ in den 1990er Jahren unter der Bezeichnung „U Bau AG“ in K (Schweiz) einen regulären wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten hätte. Das Unterhalten eines eigenen Telefonanschlusses durch die „W Trust“ steht der Annahme einer Domizilgesellschaft ebenfalls nicht entgegen, da dies zum üblichen Serviceangebot des Domizilträgers gehört. |
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| Zur Überzeugung des Senats steht auch fest, dass zwischen dem Kläger und der „W Trust“ eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung bestand. Die in den beschlagnahmten Emails zwischen dem Kläger und dem Domizilträger „V AG“ verwendeten Formulierungen („die W Trust als Gesellschafter fungieren lassen“, „Oder kann evtl. alles auf und über die W Trust laufen“) belegen, dass -einzig- der Kläger hinter der „W Trust“ stand. Allein der Kläger bestimmte außerdem über die Qualität des Briefpapiers sowie den Internetauftritt der Gesellschaft und hatte umfassenden Zugriff auf deren Email-Konto. |
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| Wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die Zwischenschaltung der „W Trust“ sind nicht erkennbar. Der Kläger war auch nach der Übernahme durch ein Unternehmen der S Gruppe im Jahr 2005 zunächst Angestellter und Geschäftsführer der „A Deutschland GmbH“. Dieses Angestelltenverhältnis wurde letztlich durch den Beratervertrag mit der „W Trust“ ersetzt, ohne dass der Kläger wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die -von ihm ausgehende- Zwischenschaltung der Gesellschaft vorgetragen hat. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger den Beratervertrag nicht z.B. als Einzelunternehmer abgeschlossen hat, schließlich hatte er zum 1. November 2005 eine Unternehmensberatung („AA Consulting“) mit Sitz in X angemeldet. Der Kläger hat noch nicht einmal die Vereinbarung vorgelegt, die seine Rechtsbeziehung zur „W Trust“ regelt. |
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| Die „W Trust“ hat schließlich keine erkennbare -über die Zwischenschaltung durch den Kläger hinausgehende- eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet. Mangels einer eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit kommt es auf die Regelungen im DBA Schweiz nicht an. Die im Klageverfahren auszugsweise vorgelegten Unterlagen der Gesellschaft für die Jahre 2006 und 2007 sind völlig nichtssagend. Die Buchungen lassen lediglich erahnen, dass diverse Bankgeschäfte getätigt worden sind. Solche sind aber bei einer Domizilgesellschaft, über die -wie im Streitfall- erhebliche Geldzahlungen abgewickelt werden, üblich. Es wäre Sache des -hinter der Gesellschaft stehenden- Klägers gewesen, hier Klarheit zu schaffen. Dies betrifft insbesondere die vom Kläger behauptete Vermittlung von Anteilen an Motoryachten. Auch aus der Bestätigung der „V AG“ ergibt sich nicht, dass die „W Trust“ beachtenswerte eigene wirtschaftliche Aktivität entfaltet hat; der Verwaltungsrat der „V AG“ L E. bestätigt lediglich, dass die „W Trust“ -wie dies stets bei Domizilgesellschaften der Fall ist- ihren Verwaltungssitz unter der Adresse des Domizilträgers hatte und dort deren Infrastruktur nutzen konnte. |
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| Es ist im Übrigen unerheblich, dass die Zahlungen bei der „S Service GmbH“ als Betriebsausgaben anerkannt worden sind. Darin liegt wegen des Grundsatzes der Individualbesteuerung keine wiederstreitende Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BFHE 206, 292, BStBl II 2004, 975), abgesehen davon, dass im Streitfall der Kläger den Betrag als Betriebseinnahme versteuern muss, den die „S Service GmbH“ als Betriebsausgabe abgezogen hat. |
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| c) Die Einnahmen aus der Beratertätigkeit hat das FA zu Recht als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifiziert. Die Vertragspartner müssen sich insoweit an die im Beratervertrag getroffenen Vereinbarungen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, festhalten lassen. Der Kläger hat demgegenüber nicht substantiiert vorgetragen, warum er weiterhin Arbeitnehmer gewesen sei. |
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| Der Kläger hat überdies nicht dargetan, dass die Qualifizierung der Einnahmen als nachträgliche Einkünfte i.S. des § 24 Nr. 2 EStG zu einer niedrigeren Einkommen-steuer führt. Die Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit würde insbesondere nicht bedeuten, dass das FA ermessensfehlerhaft nur den Kläger in Anspruch genommen hätte, denn die Steuerfestsetzung beim Arbeitnehmer ist keine Ermessensentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 1985 VI R 137/82, BFHE 144, 217, BStBl II 1985, 660). |
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| d) Das FA hat bereits Betriebsausgaben in Höhe von 42.664,52 EUR (im Jahr 2006) und von 58.462,09 EUR (2007) abgezogen. Darüber hinaus gehende -ausschließlich durch die Beratertätigkeit veranlasste- Betriebsausgaben hat der Kläger weder vorgetragen noch sind diese aus den Akten ersichtlich. Die Zurechnung der Einkünfte aus dem Beratervertrag zum Kläger führt nicht dazu, dass sämtliche -zudem nicht unter Beachtung der Anforderungen des § 90 Abs. 2 FGO nachgewiesene- Betriebsausgaben der „W Trust“ zu berücksichtigen wären. |
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| e) Einer Feststellung der Weiterleitung der von der „W Trust“ vereinnahmten Beträge an den Kläger bedarf es nicht, wenn diesem die Zahlungen -wie im Streitfall- ohnehin unmittelbar zugerechnet werden. Es ist auch nicht dargetan, dass bei Ausschüttungen der „W Trust“ Schweizer Quellensteuer einbehalten worden wäre. |
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