EUGH T-848/16

ECLI:ECLI:EU:T:2018:884
06.12.2018

Gericht

Europäischer Gerichtshof

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

6. Dezember 2018 ( *1 )

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke V – Ältere internationale Bildmarken V – Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang einer älteren Marke – Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625)“

In der Rechtssache T‑848/16

Deichmann SE mit Sitz in Essen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Onken,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Söder und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Vans, Inc. mit Sitz in Cypress, Kalifornien (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Hirsch,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 20. September 2016 (Sache R 2129/2015‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Deichmann und Vans

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter), der Richterin K. Kowalik-Bańczyk und des Richters C. Mac Eochaidh,

Kanzler: R. Ukelyte, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 1. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 2. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 9. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der Entscheidung vom 12. Mai 2017 über die Verbindung der Rechtssachen T‑848/16 und T‑817/16 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren,

auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2018

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Am 17. Oktober 2011 meldete die Streithelferin, die Vans, Inc., nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3

Es wurde für Waren der Klassen 18 und 25 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4

Am 21. Februar 2012 erhob die Klägerin, die Deichmann SE, gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der Anmeldemarke.

5

Der Widerspruch war auf folgende ältere Marken gestützt:

die internationale Registrierung Nr. 937479 vom 10. August 2007, in der die Europäische Union benannt ist, für Waren der Klassen 18, 25 und 28, mit folgendem Aussehen:

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die internationale Registrierung Nr. 937526 vom 10. August 2007, in der die Europäische Union benannt ist, für Waren der Klassen 18, 25 und 28, mit folgendem Aussehen:

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die internationale Registrierung Nr. 937528 vom 13. August 2007, in der die Europäische Union benannt ist, für Waren der Klassen 18, 25 und 28, mit folgendem Aussehen:

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6

Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.

7

Am 28. September 2015 wies die Widerspruchsabteilung des EUIPO den Widerspruch zurück, da sie zum einen der Auffassung war, dass keine Gefahr der Verwechslung mit den Marken Nr. 937479 und Nr. 937526 bestehe, und zum anderen, dass der Schutz der Marke Nr. 937528 rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen worden sei.

8

Am 21. Oktober 2015 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde ein und machte geltend, dass Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

9

Mit Entscheidung vom 20. September 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde der Klägerin zurück, ohne das Bestehen der von ihr geltend gemachten Verwechslungsgefahr zu prüfen.

10

Erstens bestätigte die Beschwerdekammer die Entscheidung der Widerspruchsabteilung hinsichtlich des fehlenden Nachweises für den Schutz der internationalen Registrierung Nr. 937528 mit Benennung der Europäischen Union (Rn. 11 der angefochtenen Entscheidung).

11

Zweitens war die Beschwerdekammer, gestützt auf Regel 19 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Unionsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) (jetzt Art. 7 Abs. 1 bis 4 der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung [EU] 2017/1430 [ABl. 2018, L 104, S. 1]), der Auffassung, dass die Beschwerde hinsichtlich des Schutzes der internationalen Registrierungen Nrn. 937479 und 937526 nicht begründet sei.

12

Sie habe den von Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 geforderten Nachweis für den Schutz der älteren Rechte von Amts wegen zu prüfen, ohne dass es eines Antrags der Parteien bedürfe (Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung). Die Anforderungen von Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 beträfen nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit des Widerspruchs; folglich sei das EUIPO nicht verpflichtet gewesen, die Widersprechende auf Mängel der vorgelegten Unterlagen aufmerksam zu machen und sie konkret zur Vorlage bestimmter weiterer Nachweise aufzufordern (Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung).

13

Für eine internationale Registrierung, deren Schutz sich auf die Europäische Union erstrecke, sei der Nachweis der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der älteren Marke nach Regel 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2018/625) mit amtlichen Dokumenten zu führen, die von der ausstellenden Behörde, die die Markeneintragung vorgenommen habe, stammten und nach Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 in der Verfahrenssprache verfasst oder andernfalls übersetzt sein müssten (Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung).

14

Gemäß Art. 152 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 190 der Verordnung 2017/1001) werde eine internationale Registrierung, in der die Europäische Union benannt sei, vom EUIPO nur in der Weise veröffentlicht, dass bestimmte bibliografische Daten, die Wiedergabe der Marke und die Klassennummern veröffentlicht würden (Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung).

15

Die Klägerin hätte gemäß Regel 19 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2868/95 einen Auszug aus dem Register des Internationalen Büros, einschließlich der Übersetzung in die Verfahrenssprache, vorlegen müssen, um den Schutz der internationalen Registrierungen, in denen die Europäische Union benannt sei, nachzuweisen (Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung). Mit der Vorlage eines Auszugs aus der Datenbank „TMview“, die nicht von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), sondern vom EUIPO verwaltet werde, sowie einer Übersetzung des Warenverzeichnisses in die Verfahrenssprache habe die Klägerin nicht den Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang ihrer älteren Rechte erbracht (Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung).

16

Die Widerspruchsabteilung hätte den Widerspruch bereits als nicht substantiiert zurückweisen müssen, da in der gesetzten Frist keine entsprechenden Nachweise für die internationalen Registrierungen Nrn. 937479 und 937526 eingereicht worden seien (Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung).

Verfahren und Anträge der Parteien

17

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

18

Das EUIPO beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

19

Die Streithelferin beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

20

Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Gründe.

21

Mit dem ersten Klagegrund trägt sie vor, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 189 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) und Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung 2018/625) verstoßen, indem sie die Auffassung vertreten habe, dass es der Klägerin obliege, den Schutz der älteren internationalen Registrierungen Nrn. 937479 und 937526, in denen die Europäische Union benannt sei, nachzuweisen.

22

Mit ihrem zweiten Klagegrund führt die Klägerin aus, die Beschwerdekammer habe gegen Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung 2018/625) sowie Regel 19 Abs. 3 und Regel 20 dieser Verordnung (jetzt Art. 8 Abs. 1 bis 4 und 7 bis 9 der Verordnung 2018/625) verstoßen, indem sie davon ausgegangen sei, dass die Klägerin den Schutz ihrer älteren Marken Nrn. 937479 und 937526 nicht nachgewiesen habe, und den Widerspruch deshalb als unbegründet zurückgewiesen habe.

23

Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin, hilfsweise, geltend, dass die Beschwerdekammer selbst unter der Annahme, dass Auszüge aus der Datenbank „TMview“ nicht den Anforderungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 entsprächen, gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der guten Verwaltung, der Gleichbehandlung und des Rückwirkungsverbots verstoßen habe, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungspraxis des EUIPO und den Inhalt seiner Prüfungsrichtlinien.

Zum ersten Klagegrund

24

Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen, indem sie die Auffassung vertreten habe, dass es der Klägerin obliege, den Schutz der älteren internationalen Registrierungen Nrn. 937479 und 937526, in denen die Europäische Union benannt sei, nachzuweisen.

25

Internationale Registrierungen, in denen die Europäische Union benannt sei, hätten nach Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 dieselbe Wirkung wie Unionsmarken, so dass diese beiden Markenkategorien gleich zu behandeln seien. Da es im Fall eines auf eine Unionsmarke gestützten Widerspruchs nicht erforderlich sei, den Schutz der älteren Marke gemäß Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 nachzuweisen, müsse dasselbe für internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union gelten. Dies gelte umso mehr, als die Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 denen der Durchführungsverordnung Nr. 2868/95 vorgingen.

26

Für internationale Registrierungen, in denen die Europäische Union benannt sei, bedürfe es nicht der Vorlage eines Nachweises der älteren Rechte, was sie von nationalen Marken und internationalen Registrierungen, in denen nur bestimmte Mitgliedstaaten der Union benannt seien, unterscheide. Das EUIPO verfüge nämlich über die Informationen, die die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang internationaler Registrierungen, in denen die Europäische Union benannt sei, belegen könnten, da diese Informationen gemäß Art. 152 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht zuletzt in seiner eigenen Datenbank „CTM-Online“ (jetzt „eSearch plus“) veröffentlicht seien. Der Vorlage zusätzlicher Unterlagen zur Begründung des Widerspruchs bedürfe es daher nicht, außer gegebenenfalls einer Übersetzung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in die Verfahrenssprache. Eine solche Übersetzung sei im vorliegenden Fall vorgelegt worden.

27

Das EUIPO vertritt die Auffassung, dass über die Frage, ob die Existenz, die Gültigkeit und der Schutzumfang einer internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union nachgewiesen werden müssten, im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden brauche, da der zweite von der Klägerin angeführte Klagegrund durchgreife.

28

Die Streithelferin tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29

Zunächst ist auf die maßgeblichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009, die für internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union gelten, sowie auf diejenigen der Verordnung Nr. 2868/95 hinzuweisen.

30

Art. 145 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 182 der Verordnung 2017/1001), der zu Abschnitt 1 des Titels XIII („Internationale Registrierung von Marken“) gehört, lautet:

„Sofern in diesem Titel nichts anderes bestimmt ist, gelten die vorliegende Verordnung und ihre Durchführungsverordnungen für Anträge auf internationale Registrierung nach dem am 27. Juni 1989 in Madrid unterzeichneten Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (nachstehend ‚internationale Anmeldungen‘ bzw. ‚Madrider Protokoll‘ genannt), die sich auf die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke oder auf eine Gemeinschaftsmarke stützen, und für Markeneintragungen im internationalen Register des Internationalen Büros der Weltorganisation für geistiges Eigentum (nachstehend ‚internationale Registrierungen‘ bzw. ‚Internationales Büro‘ genannt), deren Schutz sich auf die Europäische Gemeinschaft erstreckt.“

31

Art. 151 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:

„(1)   Eine internationale Registrierung, in der die Europäische Gemeinschaft benannt ist, hat vom Tage der Registrierung gemäß Artikel 3 Absatz 4 des Madrider Protokolls oder vom Tage der nachträglichen Benennung der Europäischen Gemeinschaft gemäß Artikel 3ter Absatz 2 des Madrider Protokolls an dieselbe Wirkung wie die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke.

(2)   Wurde keine Schutzverweigerung gemäß Artikel 5 Absätze 1 und 2 des Madrider Protokolls mitgeteilt oder wurde eine solche Verweigerung widerrufen, so hat die internationale Registrierung einer Marke, in de[r] die Europäische Gemeinschaft benannt wird, von dem in Absatz 1 genannten Tag an dieselbe Wirkung wie die Eintragung einer Marke als Gemeinschaftsmarke.

(3)   Für die Zwecke der Anwendung des Artikels 9 Absatz 3 tritt die Veröffentlichung der in Artikel 152 Absatz 1 genannten Einzelheiten der internationalen Registrierung, in der die Europäische Gemeinschaft benannt wird, an die Stelle der Veröffentlichung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke, und die Veröffentlichung gemäß Artikel 152 Absatz 2 tritt an die Stelle der Veröffentlichung der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke.“

32

Nach Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 8 Abs. 1 und 7 der Verordnung 2018/625) wird der Widerspruch als unbegründet abgewiesen, wenn der Widersprechende nicht innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs belegt.

33

Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 bestimmt:

„(1)   Das Amt gibt dem Widersprechenden Gelegenheit, die Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zu ergänzen, die bereits nach Regel 15 Absatz 3 vorgelegt wurden; dazu setzt das Amt eine Frist von mindestens zwei Monaten ab dem Tag der Eröffnung des Widerspruchsverfahrens nach Regel 18 Absatz 1.

(2)   Innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist muss der Widersprechende außerdem einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen und den Nachweis erbringen, dass er zur Einlegung des Widerspruchs befugt ist. Im Besonderen muss der Widersprechende folgende Beweismittel vorlegen:

a)

Wird der Widerspruch auf eine Marke gestützt, die keine Gemeinschaftsmarke ist, so ist ihre Anmeldung oder Eintragung wie folgt zu belegen:

i)

ii)

wenn die Marke eingetragen ist, durch eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder der jüngsten Verlängerungsurkunde, aus der hervorgeht, dass die Schutzdauer der Marke über die in Absatz 1 genannte Frist und ihre etwaige Verlängerung hinausgeht, oder durch gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat;

(3)   Die Auskünfte und Nachweise nach Absatz 1 und 2 müssen in der Verfahrenssprache verfasst sein, andernfalls muss ihnen eine Übersetzung beiliegen. Die Übersetzung ist innerhalb der Frist für die Einreichung der Originalunterlagen vorzulegen.“

34

Aus den Bestimmungen in Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95, die gemäß Art. 145 der Verordnung Nr. 207/2009 für internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union gelten, ergibt sich, dass der Widersprechende den Nachweis der Anmeldung oder Eintragung der älteren Marke erbringen muss, wenn der Widerspruch auf eine Marke gestützt wird, die keine Unionsmarke ist. Das Erfordernis, einen solchen Nachweis zu erbringen, betrifft also auch internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union, die keine Unionsmarken sind.

35

Der Umstand, dass nach Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 die internationale Registrierung einer Marke, in der die Europäische Union benannt ist, von dem in Absatz 1 dieses Artikels genannten Tag an dieselbe Wirkung hat wie die Eintragung einer Marke als Unionsmarke, hat keine Auswirkung auf die Obliegenheit des Widersprechenden, nach Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 den Nachweis der älteren internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union zu erbringen. Das in Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 vorgesehene Erfordernis des Nachweises der älteren Marke ist nämlich eine Vorschrift, die die Möglichkeit für den Inhaber einer älteren Marke – einschließlich einer internationalen Registrierung, in der die Europäische Union benannt ist – betrifft, der Eintragung einer Unionsmarke zu widersprechen, und nicht etwa eine Vorschrift über die Wirkungen der Unionsmarke, die in den Art. 9 bis 14 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 9 bis 17 der Verordnung 2017/1001) definiert werden, die zu Titel II Abschnitt 2 („Wirkungen der Unionsmarke“) der Verordnung Nr. 207/2009 gehören.

36

Demnach steht Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95, soweit sie vorschreibt, dass der Widersprechende Nachweise für den Schutz einer internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union erbringen muss, nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen von Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, die ihrerseits nicht die Verfahrensregeln für einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Unionsmarke betreffen.

37

Um darzutun, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen hat, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Vorlage des Nachweises der älteren Marken bei internationalen Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union nicht notwendig sei, da das EUIPO angesichts der Veröffentlichung der in Art. 152 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Angaben über die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union in der Datenbank „CTM-Online“ (jetzt „eSearch plus“) über die Informationen verfüge, die die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der internationalen Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union belegen könnten.

38

Selbst wenn man unterstellt, dass die Informationen über den Schutz der internationalen Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union dem EUIPO vorliegen, ergibt sich nämlich aus dem klaren Wortlaut von Regel 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 – der, wie oben festgestellt, nicht im Widerspruch zu Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 steht –, dass es dem Widersprechenden obliegt, den Nachweis des Schutzes seines älteren Rechts selbst vorzulegen.

39

Folglich hat die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass die Klägerin den Nachweis des Schutzes der älteren internationalen Registrierungen Nrn. 937479 und 937526 mit Benennung der Europäischen Union erbringen müsse, nicht gegen Art. 151 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen.

40

Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund

41

Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe gegen Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii und Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 sowie Regel 20 dieser Verordnung verstoßen, indem sie davon ausgegangen sei, dass die Klägerin den Schutz der älteren Marken Nrn. 937479 und 937526 nicht nachgewiesen habe.

42

Die Vorlage eines Auszugs aus der Datenbank „TMview“ stelle ein Beweismittel dar, das den Anforderungen von Regel 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 entspreche. Die Daten der Datenbank „TMview“ stammten von den teilnehmenden Markenämtern, u. a. der WIPO, und Auszüge aus dieser Datenbank enthielten alle maßgeblichen Informationen für den Nachweis des Schutzes einer älteren internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union. Die Gültigkeit von Auszügen aus der Datenbank „TMview“ werde in der ständigen Amtspraxis des EUIPO, auf die in dessen Prüfungsrichtlinien hingewiesen werde, anerkannt.

43

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin Auszüge aus der Datenbank „TMview“ sowie – im Einklang mit Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 – ein in die Verfahrenssprache übersetztes Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen vorgelegt, so dass die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt habe, dass sie den Schutz der älteren internationalen Marken Nrn. 937479 und 937526 nicht nachgewiesen habe.

44

Das EUIPO hält den Klagegrund für stichhaltig.

45

Die Streithelferin ist der Auffassung, der Klagegrund sei zurückzuweisen, da die Datenbank „TMview“ vom EUIPO verwaltet werde, und nicht von der WIPO als der einzigen für die Registrierung internationaler Marken zuständigen Behörde. Die Vorlage von Auszügen aus dieser Datenbank als Nachweis einer älteren internationalen Marke widerspreche daher den Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95.

46

Die Prüfungsrichtlinien des EUIPO, die Auszüge aus der Datenbank „TMview“ als Nachweis der Existenz und der Gültigkeit älterer Rechte zuließen, seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Erstens seien sie mehr als zwei Jahre nach dem Ablauf der Frist entstanden, binnen deren die Klägerin ihre älteren Rechte hätte substantiieren müssen. Zweitens seien diese Richtlinien nicht rechtsverbindlich und entsprächen nicht den Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 207/2009 und 2868/95. Diese Verordnungen gingen den Prüfungsrichtlinien des EUIPO vor und müssten von den Beschwerdekammern angewandt werden, die sich beim Erlass von Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke in einer Situation gebundener Entscheidungsbefugnis befänden.

47

Als Erstes ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, dass die Prüfungsrichtlinien des EUIPO die Vorlage von Auszügen aus der Datenbank „TMview“ zuließen.

48

Die Klägerin macht nämlich zur Stützung ihres zweiten Klagegrundes geltend, die Prüfungsrichtlinien des EUIPO stellten in Bezug auf Regel 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 klar, dass der Widersprechende zum Nachweis der Gültigkeit älterer Registrierungen von Marken, die keine Unionsmarken seien, im Fall von älteren Registrierungen mit Benennung der Union Auszüge aus der Datenbank „TMview“ vorlegen könne.

49

In Teil C („Widerspruch“) Abschnitt 1 („Verfahrensfragen“) Ziff. 4.2.3.2 dieser Richtlinien in der als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Fassung vom 23. März 2016 heißt es, das EUIPO akzeptiere in Bezug auf internationale Registrierungen u. a. Auszüge aus der Datenbank „TMview“, soweit sie die relevanten Daten enthielten.

50

Allerdings ist die Stichhaltigkeit des von der Klägerin geltend gemachten Klagegrundes allein im Hinblick auf die maßgeblichen Vorschriften der Verordnungen Nrn. 207/2009 und 2868/95 zu prüfen, und nicht anhand der Prüfungsrichtlinien des EUIPO.

51

Die Entscheidungen der Beschwerdekammern über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 sind nämlich gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen, so dass die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen allein auf der Grundlage der Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. September 2005, BioID/HABM, C‑37/03 P, EU:C:2005:547, Rn. 47, vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi‑Werke/HABM, C‑173/04 P, EU:C:2006:20, Rn. 48, und vom 19. Januar 2012, HABM/Nike International, C‑53/11 P, EU:C:2012:27, Rn. 57).

52

Die Prüfungsrichtlinien des EUIPO stellen keine für die Auslegung des Unionsrechts verbindlichen Rechtsakte dar (Urteil vom 19. Dezember 2012, Leno Merken, C‑149/11, EU:C:2012:816, Rn. 48). Ihre Bestimmungen können daher als solche weder den Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 207/2009 und 2868/95 vorgehen noch deren Auslegung durch den Unionsrichter beeinflussen. Vielmehr sind sie ihrerseits in Einklang mit den Verordnungen Nrn. 207/2009 und 2868/95 auszulegen (Urteil vom 27. Juni 2012, Interkobo/HABM – XXXLutz Marken [my baby], T‑523/10, EU:T:2012:326, Rn. 29).

53

Folglich können die von der Klägerin angeführten Bestimmungen der Prüfungsrichtlinien des EUIPO weder den Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2868/95 über den Nachweis des Schutzes älterer Marken durch den Widersprechenden vorgehen noch deren Auslegung durch das Gericht beeinflussen.

54

Soweit sich die Klägerin auf die Prüfungsrichtlinien des EUIPO beruft, um einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 2868/95 darzutun, ist ihr Vorbringen daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

55

Als Zweites ist festzustellen, dass der Widersprechende nach Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 nicht nur eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder gegebenenfalls der jüngsten Verlängerungsurkunde vorlegen kann, sondern auch gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat.

56

Nach der Rechtsprechung erfüllt die Vorlage eines Schriftstücks, das von der zuständigen Stelle stammt und dieselben Informationen wie eine Eintragungsurkunde enthält, die Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 (Urteil vom 5. Februar 2016, Kicktipp/HABM – Italiana Calzature [kicktipp], T‑135/14, EU:T:2016:69, Rn. 63).

57

Des Weiteren ist hervorzuheben, dass diese Bestimmungen nicht die Möglichkeit ausschließen, Unterlagen aus einer Datenbank vorzulegen, etwa der Datenbank eines zuständigen nationalen Amtes (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2014, Grau Ferrer/HABM – Rubio Ferrer [Bugui va], T‑543/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:911, Rn. 25 und 26).

58

Mit der Klarstellung, dass die fraglichen Schriftstücke von „der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat“, stammen müssen, schließt Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 die Möglichkeit aus, Auszüge aus einer Datenbank vorzulegen, die Zugang zu Schriftstücken verschafft, die nicht von der Stelle stammen, die die Markeneintragung vorgenommen hat. Demnach stellen Auszüge aus der Datenbank „CTM-Online“ des EUIPO keine Nachweise des Schutzes einer internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union dar, da das EUIPO, das nicht die zuständige Behörde für die Eintragung internationaler Marken ist, nicht die Stelle ist, die die Markeneintragung vorgenommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2014, Aldi Einkauf/HABM – Alifoods [Alifoods], T‑240/13, EU:T:2014:994, Rn. 27 und 28).

59

Auch wenn die Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 vorsehen, dass die Schriftstücke von der zuständigen Stelle stammen müssen, schließen sie jedoch nicht aus, dass der Zugang zu den Schriftstücken der zuständigen Stelle mittels eines IT-Systems erfolgt, das zwar vom EUIPO verwaltet wird, an dem aber die zuständige Stelle beteiligt ist, indem sie die maßgeblichen Informationen übermittelt und aktualisiert.

60

Aus den Akten, insbesondere aus den Erläuterungen, die das EUIPO schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, geht hervor, dass die Datenbank „TMview“ ein vom EUIPO verwaltetes IT-Instrument ist, zu dem andere Markenämter, darunter die WIPO, Beiträge leisten. Dieses Instrument sammelt die Markenanmeldungen und -eintragungen der teilnehmenden Markenämter und ermöglicht Zugriff darauf. Die Informationen werden von den Markenämtern zur Verfügung gestellt, die Eigentümer des Inhalts und für das tägliche Update verantwortlich sind. Die Datenbank „TMview“ ermöglicht die Einsichtnahme in die Informationen zu den Marken, die von den an dieser Datenbank beteiligten Markenämtern eingetragen wurden, und zwar in der Form, wie sie in deren jeweiligen Markenregistern enthalten sind. Ein Auszug aus der Datenbank „TMview“ entspricht dem Stand des Registers der zuständigen Stelle zum Zeitpunkt der Konsultation dieser Datenbank durch den Benutzer.

61

Angesichts der oben in Rn. 60 dargelegten Eigenschaften der Datenbank „TMview“ stellt ein Auszug aus dieser Datenbank in Bezug auf internationale Registrierungen mit Benennung der Union ein einer Abschrift der von der WIPO ausgestellten Eintragungsurkunde und gegebenenfalls der jüngsten Verlängerungsurkunde gleichwertiges Schriftstück im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 dar, vorausgesetzt, der vom Widersprechenden vorgelegte Auszug enthält alle sachdienlichen Informationen. Sofern diese Voraussetzung erfüllt ist, kann ein Auszug aus der Datenbank „TMview“, wie die Klägerin und das EUIPO zu Recht geltend machen, mit einem Auszug aus der Datenbank „Romarin“ der WIPO oder einer Abschrift der Urkunde über die Eintragung bei dieser Organisation gleichgesetzt werden.

62

Der von der Streithelferin geltend gemachte Umstand, dass die Datenbank „TMview“ vom EUIPO verwaltet wird, stellt diese Schlussfolgerung nicht in Frage, da sich die WIPO als für die Registrierung internationaler Marken zuständige Stelle am Betrieb dieser Datenbank beteiligt, indem sie die Daten zu den internationalen Marken liefert und täglich aktualisiert.

63

Schließlich ist nicht dem Vorbringen der Streithelferin zu folgen, dass das Urteil vom 26. November 2014, Alifoods (T‑240/13, EU:T:2014:994), der Verwendung der Datenbank „TMview“ für den Nachweis des Schutzes einer älteren internationalen Marke entgegenstehe.

64

Im Urteil vom 26. November 2014, Alifoods (T‑240/13, EU:T:2014:994), hat das Gericht entschieden, dass das von der Klägerin vorgelegte Schriftstück, nämlich ein Auszug aus der Datenbank „CTM‑Online“ des EUIPO, keinen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der geltend gemachten internationalen Marke im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 darstelle, da das EUIPO nicht für die Verwaltung der internationalen Registrierungen zuständig und auch nicht die Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen habe, im Sinne dieser Bestimmung sei.

65

Ergänzend hat das Gericht darauf hingewiesen, dass diese Beurteilung durch die teleologische Auslegung der maßgebenden Bestimmungen gestützt werde. Nach Art. 152 der Verordnung Nr. 207/2009 erstrecke sich die Veröffentlichung einer internationalen Registrierung, in der die Europäische Union benannt sei, durch das EUIPO nämlich nur auf bestimmte Angaben, darunter die Wiedergabe der Marke und die Klassennummern der erfassten Waren oder Dienstleistungen, nicht aber das Verzeichnis dieser Waren oder Dienstleistungen. Dieses Verzeichnis werde vom EUIPO nicht übersetzt und sei somit nur in den drei Sprachen verfügbar, in denen die WIPO die internationale Registrierung veröffentlicht habe, nämlich in englischer, in spanischer und in französischer Sprache. Würde eine solche vom EUIPO veröffentlichte Information als hinreichend für den Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der betreffenden Marke angesehen, führte dies folglich in rechtlicher Hinsicht zu Unsicherheit und Ungleichheit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2014, Alifoods, T‑240/13, EU:T:2014:994, Rn. 29 bis 31).

66

Diese vom Gericht im Urteil vom 26. November 2014, Alifoods (T‑240/13, EU:T:2014:994), angestellten Erwägungen zu Auszügen aus der Datenbank „CTM-Online“ sind jedoch nicht auf die Datenbank „TMview“ übertragbar.

67

Für den Betrieb der Datenbank „TMview“ sorgen nämlich die beteiligten Markenämter wie die WIPO, die die Informationen täglich aktualisieren, so dass sie ihren Markenregistern genau entsprechen.

68

Überdies beschränken sich die in der Datenbank „TMview“ enthaltenen Informationen nicht auf diejenigen Angaben über die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union, die nach Art. 152 der Verordnung Nr. 207/2009 zu veröffentlichen sind. Diese Datenbank, von der sich Auszüge erstellen lassen, enthält alle maßgeblichen Daten, um den Schutz der älteren Marke im Sinne von Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 nachzuweisen, einschließlich des Verzeichnisses der erfassten Waren oder Dienstleistungen.

69

Falls das in dem Auszug aus der Datenbank „TMview“ enthaltene Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen nicht in der Sprache des Widerspruchsverfahrens verfügbar ist, muss der Widersprechende gemäß Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 dieses Verzeichnis zusammen mit dessen Übersetzung in die Verfahrenssprache vorlegen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, schafft die Möglichkeit, den Nachweis der älteren internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union mittels Vorlage von Auszügen aus der Datenbank „TMview“ zu erbringen, in rechtlicher Hinsicht weder Unsicherheit noch Ungleichheit.

70

Nach alledem stellt die Vorlage eines Auszugs aus der Datenbank „TMview“ – vorausgesetzt, dieser Auszug enthält alle sachdienlichen Informationen, insbesondere das Verzeichnis der umfassten Waren oder Dienstleistungen – in Bezug auf internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union ein einer von der WIPO stammenden Eintragungsurkunde gleichwertiges Schriftstück im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 dar.

71

Als Drittes ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall ausweislich der Akten innerhalb der Frist nach Regel 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 Auszüge aus der Datenbank „TMview“ bezüglich der älteren internationalen Registrierungen Nrn. 937479 und 937526, in denen die Europäische Union benannt ist, vorgelegt hat. Es ist unstreitig – wie die Streithelferin im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat –, dass diese Auszüge alle maßgeblichen Informationen über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der älteren Marken enthielten, nicht zuletzt das Verzeichnis der von diesen erfassten Waren. Diesem Warenverzeichnis war gemäß Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 eine Übersetzung in die Sprache des Widerspruchsverfahrens, d. h. Deutsch, beigefügt, die innerhalb der für die Einreichung der Originalunterlagen festgesetzten Frist vorgelegt wurde.

72

Somit hat die Klägerin – wie das EUIPO im Übrigen anerkennt – im Einklang mit den Anforderungen von Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang ihrer älteren internationalen Marken Nrn. 937479 und 937526 belegt.

73

Unter diesen Umständen trägt die Klägerin zu Recht vor, dass die Beschwerdekammer gegen Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii und Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 sowie Regel 20 dieser Verordnung verstoßen hat, indem sie davon ausging, dass die Klägerin nicht innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Frist den Schutz ihrer älteren Marken Nrn. 937479 und 937526 nachgewiesen habe, und den Widerspruch deshalb als unbegründet zurückwies.

74

Folglich ist dem zweiten Klagegrund stattzugeben.

75

Da der zweite Klagegrund durchgreift, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass der dritte Klagegrund geprüft zu werden braucht, mit dem, hilfsweise, ein Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der guten Verwaltung, der Gleichbehandlung und des Rückwirkungsverbots geltend gemacht wird.

Kosten

76

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

77

Da das EUIPO insofern unterlegen ist, als die angefochtene Entscheidung aufgehoben wurde, hat es gemäß dem Antrag der Klägerin deren Kosten sowie seine eigenen Kosten zu tragen.

78

Da die Streithelferin mit ihren Anträgen unterlegen ist, trägt sie ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 20. September 2016 (Sache R 2129/2015‑4) wird aufgehoben.

 

2.

Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Deichmann SE.

 

3.

Die Vans., Inc. trägt ihre eigenen Kosten.

 

Gervasoni

Kowalik-Bańczyk

Mac Eochaidh

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Dezember 2018.

Der Kanzler

E. Coulon

Der Präsident

S. Gervasoni


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg vom 28. November 2012 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 98 des Landgerichts Berlin vom 2. November 2010 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Sicherheit gemäß § 648a BGB in Verbindung mit §§ 232 ff. BGB in Höhe von 82.417,00 € zu leisten. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz haben die Klägerin 64 % und die Beklagte 36 % zu tragen. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 16 % und die Beklagte zu 84 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von nunmehr noch 97.866,66 € in Anspruch.

2

Die Beklagte beauftragte die Klägerin, eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, unter dem 28. September 2009 als Nachunternehmerin mit der Ausführung von Arbeiten für die Blechfassade und das Dach des Kesselhauses einer Abfallverbrennungsanlage in Luxemburg. Vereinbart war ein Werklohn von 198.656,47 € zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer nach luxemburgischem Recht und die Geltung der VOB Teile B und C.

3

Nach Aufnahme der Arbeiten ermahnte die Beklagte die Klägerin mehrfach zur Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen. Am 29. Januar 2010 (Anlage K 10) kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung, nachdem der Bauherr die Klägerin wegen Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften von der Baustelle verwiesen hatte. Die Klägerin (Anlage K 7) trat der Kündigung entgegen und verlangte von der Beklagten unter Berücksichtigung von Warte- und Verzögerungszeiten Sicherheitsleistung in Höhe von 392.699,24 €. Unter dem 5. März 2010 stellte die Klägerin die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen mit 120.769,55 € in Rechnung und beanspruchte zudem entgangenen Gewinn in Höhe von 14.045,14 €.

4

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht bezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderung von insgesamt 226.000,43 €, hilfsweise in Höhe von 148.296,16 €, zu leisten und die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.534,20 € nebst Zinsen zu zahlen.

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr Sicherheit gemäß § 648a BGB i.V.m. §§ 232 ff. BGB für die vereinbarte und noch nicht bezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen in Höhe von 97.866,66 € zu leisten. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht die Beklagte zur Leistung einer den Betrag von 82.417,00 € übersteigenden Sicherheit gemäß § 648a BGB verurteilt hat. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.

I.

7

Die deutschen Gerichte sind für die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß Art. 23 Abs. 1 EuGVVO international zuständig, da die Parteien Berlin schriftlich als Gerichtsstand vereinbart haben.

II.

8

Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist - wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Parteien zutreffend angenommen hat - deutsches materielles Recht anzuwenden. Die Parteien haben keine ausdrückliche Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. getroffen. Das deutsche Recht ist anwendbar, weil der Vertrag der Parteien hinreichende Anhaltspunkte für eine konkludente Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB a.F. zugunsten deutschen materiellen Rechts enthält. Die Parteien haben die Geltung der VOB Teile B und C vereinbart und die besonderen Vereinbarungen des Vertrages daran und an den gesetzlichen Vorschriften des deutschen Vertragsrechts orientiert. Sie haben den Vertragstext in deutscher Sprache abgefasst und eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten Berliner Gerichte getroffen. Diese Umstände sind für eine konkludente Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01, BGHZ 154, 378, 382).

III.

9

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe ein Anspruch auf eine Sicherheit in der zuletzt geltend gemachten Höhe zu. Nach § 648a Abs. 1 BGB in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung bestehe ein Anspruch auf Sicherheitsleistung auch dann, wenn das Vertragsverhältnis gekündigt sei und der Unternehmer keine Leistungen mehr zu erbringen habe. Nach dem klaren Wortlaut des § 648a Abs. 1 BGB solle sich der Anspruch auf Leistung einer Sicherheit nach der "vereinbarten" Vergütung richten und damit unabhängig von dem Streit über die Frage der tatsächlichen Höhe des Vergütungsanspruchs sein. Der Gesetzgeber habe damit dem Unternehmer ein schnelles und effektives Sicherungsmittel zur Seite stellen wollen. Einwendungen des Bestellers gegen die Höhe der zunächst unstreitig vertraglich geschuldeten Leistung könnten die Höhe der zu erbringenden Sicherheitsleistung daher nur dann beeinflussen, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig oder rechtskräftig festgestellt seien.

10

Die Klägerin habe gegen die Beklagte für die von ihr erbrachten und noch nicht bezahlten Leistungen einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit in der geltend gemachten Höhe von 74.924,55 €. Darüber hinaus stehe ihr gegen die Beklagte der weiter geltend gemachte Anspruch auf Sicherung des vermeintlichen Anspruchs auf Zahlung entgangenen Gewinns in Höhe von 14.045,14 € gemäß § 649 Satz 2 BGB zu. Es handele sich insoweit jeweils um einen Vergütungsanspruch im Sinne des § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB, für den nicht zu prüfen sei, ob er dem Grunde oder der Höhe nach gerechtfertigt sei. Denn es sei weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe. Schließlich könne die Klägerin von der Beklagten gemäß § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB für Nebenforderungen ohne weiteres pauschal Sicherheit in Höhe von 10 % des noch zu sichernden Vergütungsanspruchs verlangen.

IV.

11

Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung teilweise stand.

12

1. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der Anspruch der Klägerin auf Sicherheitsleistung nach § 648a Abs. 1 BGB in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung nicht daran scheitert, dass die Beklagte das Vertragsverhältnis gekündigt hat.

13

Mit dem Forderungssicherungsgesetz ist § 648a BGB grundlegend umgestaltet worden. Während der Unternehmer nach der Altfassung des Gesetzes keinen durchsetzbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung hat, gewährt ihm nunmehr die Neufassung einen solchen Anspruch, der auch im Wege der Klage geltend gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 27. Mai 2010 - VII ZR 165/09, BauR 2010, 1219 Rn. 19 = NZBau 2010, 495). Dieser Anspruch wird dem Unternehmer auch für den Fall eingeräumt, dass die Abnahme bereits erklärt worden ist (BT-Drucks. 16/511, S. 17).

14

Der Anspruch besteht auch nach einer Kündigung. Das Gesetz enthält insoweit keine Beschränkungen. Diese sind auch nicht deshalb veranlasst, weil nach einer Kündigung regelmäßig keine Vorleistungen des Unternehmers mehr ausstehen (a.A. noch LG Hamburg, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 313 O 243/12, juris Rn. 32 ff.). Denn es kommt im Gegensatz zur Altfassung nicht mehr darauf an, ob der Unternehmer noch Vorleistungen erbringen muss. Das ergibt sich zwar nicht deutlich aus der Begründung des Gesetzes, erschließt sich aber aus dem gesamten, geänderten Regelungsmechanismus und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Schon der Wortlaut des Gesetzes enthält im Gegensatz zur Vorfassung keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vorleistung gesichert werden soll. Vielmehr soll dem Unternehmer eine Sicherheit für seine Vergütung gewährt werden. Das Gesetz bezweckt danach ersichtlich eine Abkehr von dem zweifelhaften Ansatz des § 648a BGB a.F., wonach Voraussetzung eines Sicherungsanspruchs ist, dass noch Vorleistungen ausstehen. Die Altfassung führt dazu, dass nach Beendigung eines Vertrages noch eine volle Sicherheit verlangt werden kann, wenn geringe Mängel abzuarbeiten sind, ein Sicherungsbegehren jedoch erfolglos bleibt, wenn der Unternehmer mangelfrei gearbeitet hat. Für dieses Ergebnis gibt es keine innere Rechtfertigung, weil ein Sicherungsbedürfnis in beiden Fällen vorliegt. Nunmehr stellt das Gesetz in der Neufassung konsequent auf das Sicherungsinteresse des Unternehmers ab, das solange besteht, wie sein Vergütungsanspruch nicht befriedigt worden ist. Nach der Neuregelung des § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB reicht es daher für einen Anspruch des Unternehmers gegen den Besteller auf Leistung einer Sicherheit aus, dass dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht (Messerschmitt/Voit-Cramer, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 648a BGB Rn. 35; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 648a Rn. 14; § 648a Rn. 6; Schmitz in: Kniffka, Bauvertragsrecht, § 648a BGB Rn. 5 und 25; Joussen in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 18. Aufl., Anhang 1 Rn. 162; Fuchs, BauR 2012, 326, 334; Retzlaff, BauR 2013, 1184, 1185).

15

2. Im Ergebnis richtig hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Sicherheitsleistung in Höhe von 82.417,00 € gewährt. Die Klägerin hat schlüssig einen Vergütungsanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB für die bis zur Kündigung erbrachte Leistung in Höhe von 74.924,55 € dargelegt. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pauschale von 10 % für Nebenforderungen ergibt sich ein Anspruch auf Sicherheit in Höhe von 82.417,00 €. Dagegen kann die Verurteilung zur Stellung einer Sicherheit in Höhe des entgangenen Gewinns zuzüglich der Pauschale von 10 % nicht aufrechterhalten bleiben, weil insoweit eine vereinbarte Vergütung gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B nicht schlüssig dargetan ist.

16

a) Nach § 648a Abs. 1 BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, in welchem Umfang der Unternehmer nach einer Kündigung des Bestellers von diesem eine Sicherung seiner Vergütung gemäß § 648a Abs. 1 BGB fordern kann.

17

aa) Nach einer hauptsächlich in der Literatur vertretenen Ansicht ist der Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648a Abs. 1 BGB nicht unabhängig von dem konkreten Sicherungsbedürfnis des Unternehmers zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs. Die Höhe der Sicherheit müsse dem geschuldeten Leistungsumfang angepasst werden, wenn sich der Leistungsumfang gegenüber der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung geändert habe (vgl. MünchKommBGB/Busche, 6. Aufl., § 648a Rn. 24; Bamberger/Roth/Voit, BGB, 3. Aufl., § 648a Rn. 7; Schmitz in: Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 29. September 2013, § 648a BGB Rn. 59/1,2; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 648a Rn. 14; Schmidt, NJW 2013, 497, 499; wohl auch Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2014], § 648a Rn. 8 und 11).

18

bb) Dagegen geht die überwiegende veröffentlichte Rechtsprechung (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12. April 2010 - 17 O 1183/09, juris Rn. 22 f.; LG Stuttgart, Urteil vom 3. Dezember 2010 - 8 O 284/10, juris Rn. 31 ff.; LG Paderborn, Urteil vom 9. Juni 2011 - 3 O 521/10, juris Rn. 29 ff.; OLG Celle, BauR 2012, 1808, 1809 = NZBau 2012, 702) davon aus, dass eine Kündigung an der von dem Unternehmer zu beanspruchenden Sicherheit der Höhe nach nichts ändere. Dies wird damit begründet, dass die Möglichkeit, eine Sicherheit zu fordern, dem Unternehmer den einfachen und flexiblen Zugriff auf die zum Bauen bestimmten Finanzmittel des Bestellers eröffnen solle. Da dieser Anspruch bereits ab Vertragsschluss bestehe, also zu einem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer noch keinerlei Vorleistungen erbracht habe, bestehe er erst recht dann, wenn bereits Leistungen erbracht worden seien. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung bestehe unabhängig davon, welches Schicksal der zugrunde liegende Werkvertrag in der Zeit zwischen Vertragsschluss und Kündigung genommen habe. Dies ergebe sich bereits aus § 648a Abs. 1 Satz 3 BGB, wonach der Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass der Besteller Erfüllung verlangen könne, er das Werk abgenommen oder eine Aufrechnung erklärt habe. Der Gesetzgeber habe dem Werkunternehmer im Hinblick auf das Insolvenzrisiko des Bestellers eine schnelle Sicherheit geben wollen, um dann anschließend im Werklohnprozess die Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs unter Berücksichtigung etwaiger Gegenansprüche klären zu können. Da sich das Insolvenzrisiko durch die Kündigung nicht vermindere, könne diese auf den Anspruch des Unternehmers auf Bestellung einer Sicherheit keinen Einfluss haben.

19

b) Nach Auffassung des Senats ist eine differenzierte Betrachtung geboten. Es trifft zu, dass nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes dem Unternehmer eine Sicherheit zu gewähren ist, die ihren Zweck nicht verfehlt, ihn vor dem Ausfall des Bestellers zu schützen. Deshalb kann ein den Rechtsstreit über die Stellung einer Sicherheit verzögernder Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs nicht zugelassen werden. Andererseits besteht kein Grund, den Unternehmer aus seiner Verpflichtung zu entlassen, die Höhe der ihm nach der Kündigung auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung zustehenden Vergütung schlüssig darzulegen.

20

aa) Das Gesetz gewährt dem Unternehmer einen Anspruch in Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung. Will der Unternehmer eine Sicherheit für die vereinbarte Vergütung, muss er diese schlüssig darlegen. Das gilt auch für die ihm nach einer Kündigung zustehende Vergütung. Auch diese ergibt sich aus der dem Vertrag zugrunde liegenden Vereinbarung und ist deshalb die vereinbarte Vergütung im Sinne des § 648a Abs. 1 BGB.

21

Nach einer freien Kündigung muss sich der Unternehmer auf die vereinbarte Vergütung dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, § 649 Satz 2 BGB. Im VOB-Vertrag ist dies ausdrücklich Gegenstand der getroffenen Vereinbarung, § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B. Diesen Anspruch muss der Unternehmer darlegen. Er hat die vereinbarte Vergütung und darüber hinaus darzulegen, welche Kosten er erspart hat und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lassen muss (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 369; Urteil vom 6. März 1997 - VII ZR 47/96, BauR 1997, 643, 644 = ZfBR 1997, 242; Urteil vom 7. November 1996 - VII ZR 82/95, BauR 1997, 304, 305 = ZfBR 1997, 78). Auf den Teil der Vergütung, der für nicht erbrachte Leistungen geltend gemacht wird, darf der Unternehmer keine Umsatzsteuer berechnen (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - VII ZR 83/05, BGHZ 174, 267 Rn. 16 ff.).

22

Nach einer außerordentlichen Kündigung des Bestellers aus wichtigem Grund steht dem Unternehmer die vereinbarte Vergütung nur für die erbrachte Leistung zu. Auch diesen Anspruch muss der Unternehmer schlüssig darlegen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - VII ZR 146/04, BGHZ 167, 345 Rn. 23; Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 103/00, BGHZ 153, 244, 250; Urteil vom 25. März 1993 - X ZR 17/92, BauR 1993, 469, 471 = ZfBR 1993, 189).

23

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Unternehmer in einem Prozess auf Stellung einer Sicherheit aus seiner Verpflichtung entlassen wollte, die Höhe dieser vereinbarten Vergütung schlüssig darzulegen. Durch eine entsprechende Darlegung, die in der Regel durch eine Schlussrechnung erfolgen wird, ist der Unternehmer nicht unbillig belastet, da es ohnehin seine Pflicht ist, unverzüglich oder in den von der VOB/B vorgesehenen Fristen, vgl. § 14 Abs. 3 VOB/B, abzurechnen. Will er eine Sicherheit in Anspruch nehmen, muss er es hinnehmen, dass er möglicherweise vor den vertraglich vereinbarten Fristen abrechnen muss.

24

bb) Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, die schlüssige Darlegung des nach der Kündigung zustehenden Vergütungsanspruchs sei nicht notwendig, es reiche, die ursprünglich vereinbarte Vergütung darzulegen, kann dem nicht gefolgt werden. Unbehelflich ist der Hinweis des Berufungsgerichts, der Unternehmer hätte bereits vor der Kündigung die Sicherheit in Höhe der vereinbarten Vergütung verlangen können. Das ist richtig, ändert aber nichts daran, dass der Unternehmer grundsätzlich die Höhe der vereinbarten Vergütung in dem Zeitpunkt darlegen muss, in dem er die Sicherheit verlangt.

25

Ansonsten sieht das Berufungsgericht die Gefahr, dass das Verlangen nach Sicherheit mit dem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs belastet wird, es deshalb zu nicht hinnehmbaren Verzögerungen kommt und dadurch der Sicherungszweck gefährdet ist. Diese Besorgnis ist begründet, betrifft aber nicht die Anforderungen an die Darlegung der zu sichernden Forderung. Die Prüfung, ob diese Forderung schlüssig dargelegt ist, führt nicht zu Verzögerungen, die nicht hinnehmbar wären. Der Besteller hat ein berechtigtes Interesse daran, nur mit einem Sicherungsverlangen konfrontiert zu werden, das der durch die Kündigung bedingten Veränderung des Vergütungsanspruchs Rechnung trägt. Denn die Sicherheit belastet ihn nach einer Kündigung in größerem Maße; vgl. dazu unten dd). Soweit das Berufungsgericht darauf hinweist, dass nach der gesetzlichen Regelung auch eine Sicherung für Ansprüche im Umfang der vereinbarten Vergütung verlangt werden kann, die an deren Stelle treten, führt das ebenfalls nicht weiter. Denn maßgebend ist auch danach, wie hoch die vereinbarte Vergütung im Zeitpunkt des Sicherungsverlangens gewesen wäre.

26

cc) Dem berechtigten Interesse des Unternehmers, eine effektive Sicherheit zu erlangen, wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs im Prozess auf Stellung einer Sicherheit nicht zugelassen wird. Eine derartige Beschränkung der Rechte des Bestellers ergibt sich, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, sowohl aus dem Wortlaut des § 648a BGB als auch aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes.

27

Es ist richtig, dass der Gesetzgeber dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen wollte, möglichst schnell und effektiv vom Besteller eine Sicherheit für den Fall erlangen zu können, dass der Besteller ihn nicht bezahlt (BT-Drucks. 16/511 S. 1). Richtig ist auch, dass dieser Zweck des Gesetzes gefährdet würde, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für die Berechnung des Vergütungsanspruchs erst langwierig aufgeklärt werden müssten. Denn in diesem Zeitraum der Aufklärung kann der Besteller zahlungsunfähig werden; auch davor muss der Unternehmer geschützt werden.

28

Der Gesetzgeber hat in § 648a Abs. 1 BGB dem Schutzbedürfnis des Unternehmers auch in anderen Fällen, in denen er möglicherweise die vereinbarte Vergütung noch in voller Höhe verdienen kann, Rechnung getragen und gleichzeitig in Kauf genommen, dass eventuell rückblickend betrachtet eine Übersicherung des Unternehmers zugelassen wird. So hängt das Sicherungsverlangen grundsätzlich nicht davon ab, dass der Besteller noch Erfüllung verlangen kann. Bereits hier ist das Risiko angelegt, dass eine Übersicherung eintritt, weil der Vertrag nicht endgültig erfüllt wird. Außerdem hat er dem Unternehmer das Recht gegeben, eine Sicherheit trotz möglicherweise berechtigter Mängelrügen des Bestellers zu verlangen. Auch insoweit kann sich ergeben, dass eine Übersicherung eingetreten ist, wenn die Mängelrügen des Bestellers berechtigt waren. Schließlich bleiben bei der Berechnung der dem Sicherungsverlangen zugrunde liegenden Vergütung Ansprüche unberücksichtigt, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Diese Regelungen sind auch im Falle einer Kündigung anwendbar, was dazu führen kann, dass der Besteller mit dem Anspruch auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten oder Fertigstellungmehrkosten nicht aufrechnen kann, wenn diese Ansprüche nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind.

29

Den Regelungen ist der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, das Verlangen nach Sicherheit nicht mit einem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch zu belasten, wenn dieser die Durchsetzung des Sicherungsverlangens verzögern würde. In entsprechender Weise darf ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs nach einer Kündigung die Durchsetzung des Anspruchs auf Stellung einer Sicherheit nicht behindern. Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der schlüssig dargelegten Vergütung streitig und führt dies zu einer Verzögerung bei der Durchsetzung des Sicherungsanspruchs, so ist dem Sicherungsverlangen des Unternehmers stattzugeben, wenn nicht der Streit bereits anderweitig rechtskräftig geklärt ist. Damit kann, sofern dies den Rechtsstreit verzögert, der Besteller nicht mit der Behauptung gehört werden, es lägen die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund vor, wenn die dieser Behauptung zugrunde liegenden Tatsachen bestritten sind und der Unternehmer deshalb die Auffassung vertritt, es läge eine freie Kündigung vor und eine Sicherung seines Anspruchs nach § 649 Satz 2 BGB verfolgt. Auch kann der Besteller nicht mit der bestrittenen Behauptung gehört werden, die tatsächlichen Voraussetzungen für die vereinbarte Vergütung, sei es für die erbrachten oder nicht erbrachten Leistungen, lägen nicht vor, etwa weil die berechneten Mengen nicht geleistet seien oder der Unternehmer einen anderweitigen Erwerb gehabt habe.

30

dd) Der Senat verkennt nicht, dass durch diese Regelung die Interessen des Bestellers beeinträchtigt sind, keine Übersicherung geben zu müssen und er dadurch möglicherweise nicht unerhebliche Nachteile in Kauf nehmen muss. Denn im Falle einer Kündigung kann die Einräumung einer Bauhandwerkersicherung die Kreditlinie des Bestellers in weit höherem Maße belasten als sie bei Durchführung des Vertrags belastet wäre. Kann bei einem durchgeführten Vertrag ideeller Weise davon ausgegangen werden, dass die Sicherheit neben der Belastung durch die Finanzierung keine weitere erhebliche Belastung erzeugt, so liegt dies anders, wenn der Vertrag gekündigt worden ist. Denn der Besteller benötigt die Kreditlinie nunmehr auch für die Fertigstellung des nach der Kündigung zunächst unvollendeten Bauwerks. Möglicherweise muss er sogar dem Drittunternehmer ebenfalls eine Sicherheit stellen. Er hat also ein hohes, insbesondere im Fall einer berechtigten außerordentlichen Kündigung bestehendes Interesse daran, keine Sicherheit leisten zu müssen, die den tatsächlichen Vergütungsanspruch des Unternehmers übersteigt. Auch kann er erhebliche Vorbehalte gegen eine Sicherheitsleistung an einen Unternehmer entwickeln, der aus seiner Sicht unzuverlässig ist, so dass möglicherweise auch die Rückerlangung der Sicherheit schwierig sein kann. Diesem Interesse kann jedoch nach der in § 648a BGB zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers nicht der Vorrang vor dem Interesse des Unternehmers eingeräumt werden, bis zu einer Klärung des ihm zustehenden möglichen Vergütungsanspruchs vor einem Ausfall des Bestellers geschützt zu sein.

31

c) Das Berufungsgericht durfte der Klägerin eine Sicherung nur in der schlüssig dargelegten Höhe ihres möglichen Vergütungsanspruchs zusprechen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, den Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Die Klägerin war daher berechtigt, ihren Vergütungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu berechnen. Sie hat unter dem 5. März 2010 die von ihr erbrachten Leistungen abgerechnet und für die nicht erbrachten Leistungen lediglich einen entgangenen Gewinn geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat diese Abrechnung nicht auf Schlüssigkeit überprüft, da es von seinem Rechtsstandpunkt dazu keine Veranlassung gesehen hat. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat diese Überprüfung selbst vornehmen.

32

aa) Die Klägerin hat die von ihr erbrachten Leistungen in der Rechnung unter Angabe der Positionsnummern des Leistungsverzeichnisses nach Menge, Massen und Einheitspreisen aufgeführt. Soweit sie nur Teilleistungen einer Leistungsposition erbracht hat, hat sie den für die Gesamtleistung vereinbarten Einheitspreis in Teilpreise aufgespaltet und entsprechend in Ansatz gebracht. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen mit 120.769,55 € (105.017,00 € zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer) ist damit schlüssig. Nach Abzug zweier Abschlagszahlungen in Höhe von 23.000,00 € und 22.845,00 € beläuft sich die mögliche von der Klägerin noch zu beanspruchende Vergütung für die erbrachten Leistungen auf 74.924,55 €. Unter Berücksichtigung dazugehöriger Nebenforderungen in Höhe von 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs kann die Klägerin eine Sicherung gemäß § 648a BGB in Höhe von 82.417,00 € von der Beklagten verlangen.

33

bb) Den Vergütungsanspruch für die nicht erbrachte Leistung hat die Klägerin dagegen nicht schlüssig dargelegt. Dieser ermittelt sich - worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat - als Differenz zwischen der für die nicht ausgeführten Leistungen vereinbarten Vergütung einerseits und ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb andererseits (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1980 - VII ZR 324/79, BauR 1981, 198, 199; Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, BGHZ 140, 263, 265). Der Unternehmer hat daher zur Darlegung seiner Forderungen ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb vorzutragen und zu beziffern. Er kann sich nicht - wie die Klägerin - darauf beschränken, lediglich einen Gewinnentgang zu behaupten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1996 - VII ZR 227/93, BauR 1996, 846, 849 = ZfBR 1996, 310). Nachdem die Beklagte diese Abrechnung zu Recht beanstandet hat, kann der Klägerin insoweit keine Sicherung zugesprochen werden.

V.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 91a Abs. 1, § 516 Abs. 3 ZPO.

Kniffka                     Safari Chabestari                        Halfmeier

               Kartzke                                  Jurgeleit

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.