Europäischer Gerichtshof Urteil, 11. Nov. 2015 - C-223/14

ECLI:ECLI:EU:C:2015:744
bei uns veröffentlicht am11.11.2015

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

11. November 2015 ( * )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen — Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke — Begriff ‚außergerichtliches Schriftstück‘ — Privates Schriftstück — Grenzüberschreitender Bezug — Funktionieren des Binnenmarkts“

In der Rechtssache C‑223/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia no 7 de Las Palmas de Gran Canaria (Gericht erster Instanz Nr. 7, Las Palmas de Gran Canaria, Spanien) mit Entscheidung vom 28. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 2014, in dem Verfahren

Tecom Mican SL,

José Arias Domínguez

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richter F. Biltgen, A. Borg Barthet und E. Levits sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzlerin: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Tecom Mican SL, vertreten durch T. Rosales Hernández, abogado,

der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,

der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Fonseca Santos und R. Chambel Margarido als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Juni 2015

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324, S. 79).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines von der Tecom Mican SL (im Folgenden: Tecom), einer Handelsvertreterin, beim Juzgado de Primera Instancia no 7 de Las Palmas de Gran Canaria (Gericht erster Instanz Nr. 7, Las Palmas de Gran Canaria) anhängig gemachten Verfahrens gegen eine Verfügung des Urkundsbeamten dieses Gerichts, mit der dieser sich weigerte, außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens der MAN Diesel & Turbo SE (im Folgenden: MAN Diesel) ein Mahnschreiben zuzustellen.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

3

Art. 17 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (im Folgenden: Haager Übereinkommen von 1965) lautet:

„Außergerichtliche Schriftstücke, die von Behörden und Justizbeamten eines Vertragsstaats stammen, können zum Zweck der Zustellung in einem anderen Vertragsstaat nach den in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren und Bedingungen übermittelt werden.“

4

Im Praktischen Handbuch zum Haager Übereinkommen (Ständiges Büro der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht, Manuel pratique sur le fonctionnement de la Convention Notification de La Haye, 3. Aufl., Bruylant, Brüssel, 2006) heißt es insbesondere, dass „außergerichtliche Schriftstücke sich von gerichtlichen Schriftstücken insoweit unterscheiden, als sie nicht unmittelbar mit einem Gerichtsverfahren in Verbindung stehen, und von rein privaten Schriftstücken dadurch, dass sie die Mitwirkung einer ‚Behörde oder einer Amtsperson‘ erfordern“.

Unionsrecht

5

Mit Rechtsakt vom 26. Mai 1997 nahm der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. K.3 des EU-Vertrags (die Art. K bis K.9 des EU-Vertrags wurden durch die Art. 29 EU bis 42 EU ersetzt) das Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. C 261, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen von 1997) an.

6

In diesem Übereinkommen wird der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ nicht definiert. Im Erläuternden Bericht zum Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. 1997, C 261, S. 26) wird jedoch zu Art. 1 dieses Übereinkommens ausgeführt:

„… Für außergerichtliche Schriftstücke erscheint eine genaue Definition nicht möglich. Man kann davon ausgehen, dass es sich hier um von Justizbeamten erstellte Schriftstücke, wie etwa notariell beglaubigte Urkunden oder Vollstreckungsurkunden, um von amtlichen Stellen eines Mitgliedstaats erstellte Schriftstücke oder auch um Schriftstücke handelt, deren Art es rechtfertigt, dass sie dem jeweiligen Empfänger nach einem offiziellen Verfahren zugeleitet und zur Kenntnis gebracht werden.“

7

Dieses Übereinkommen wurde von den Mitgliedstaaten nicht ratifiziert.

8

Es diente jedoch als Grundlage für die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. L 160, S. 37), deren Art. 16 vorsah:

„Außergerichtliche Schriftstücke können zum Zweck der Zustellung in einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe dieser Verordnung übermittelt werden.“

9

Art. 17 Buchst. b der Verordnung sah die Erstellung eines Glossars über die Schriftstücke vor, die nach Maßgabe dieser Verordnung zugestellt werden konnten.

10

Dieses Glossar bildete Anhang II zur Entscheidung 2001/781/EG der Kommission vom 25. September 2001 zur Erstellung eines Handbuchs über die Empfangsstellen und eines Glossars über die Schriftstücke, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 zugestellt werden können (ABl. L 298, S. 1, und – Berichtigungen – ABl. 2002, L 31, S. 88, und ABl. 2003, L 60, S. 3) in der durch die Entscheidung 2007/500/EG der Kommission vom 16. Juli 2007 geänderten Fassung (ABl. L 185, S. 24). Es enthielt die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 17 Buchst. b der Verordnung Nr. 1348/2000 übermittelten Angaben. In Bezug auf Spanien heißt es dort u. a.: „Bei den zustellbaren außergerichtlichen Schriftstücken handelt es sich um nichtgerichtliche Dokumente von Behörden, die nach spanischem Recht zustellungsbefugt sind.“

11

Die Verordnung Nr. 1348/2000 wurde durch die Verordnung Nr. 1393/2007 aufgehoben und ersetzt.

12

Die Erwägungsgründe 2 und 6 der Verordnung Nr. 1393/2007 lauten:

„(2)

Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts muss die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen, die in einem anderen Mitgliedstaat zugestellt werden sollen, zwischen den Mitgliedstaaten verbessert und beschleunigt werden.

(6)

Die Wirksamkeit und Schnelligkeit der gerichtlichen Verfahren in Zivilsachen setzt voraus, dass die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke unmittelbar und auf schnellstmöglichem Wege zwischen den von den Mitgliedstaaten benannten örtlichen Stellen erfolgt. …“

13

Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Jeder Mitgliedstaat benennt die Amtspersonen, Behörden oder sonstigen Personen, die für die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke, die in einem anderen Mitgliedstaat zuzustellen sind, zuständig sind, im Folgenden ‚Übermittlungsstellen‘ genannt.“

14

Gemäß Art. 23 Abs. 1 dieser Verordnung hat das Königreich Spanien der Europäischen Kommission mitgeteilt, dass es als „Übermittlungsstelle“ den Urkundsbeamten der nationalen Gerichte (Secretario Judicial) (im Folgenden: Urkundsbeamter) benannt habe.

15

In den Art. 12 bis 15 der Verordnung Nr. 1393/2007 sind „[a]ndere Arten der Übermittlung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke“ vorgesehen.

16

Art. 16 dieser Verordnung lautet:

„Außergerichtliche Schriftstücke können zum Zweck der Zustellung in einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe dieser Verordnung übermittelt werden.“

Spanisches Recht

17

Mit dem Gesetz 12/1992 über den Handelsvertretervertrag (Ley 12/1992, sobre contrato de agencia) vom 27. Mai 1992 (BOE vom 29. Mai 1992, im Folgenden: Gesetz 12/1992) wurde die Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. L 382, S. 17) in das innerstaatliche spanische Recht umgesetzt.

18

Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes 12/1992 lautet:

„Der Handelsvertreter kann vom Unternehmer in der im Handelsgesetzbuch vorgesehenen Form die Vorlage der Buchführungsunterlagen verlangen, soweit dies zur Überprüfung aller Aspekte der ihm zustehenden Provisionen erforderlich ist. Ebenso kann er verlangen, dass ihm alle Auskünfte erteilt werden, über die der Unternehmer verfügt und die er zur Überprüfung der Höhe der Provisionen benötigt.“

19

Art. 28 („Ausgleichsanspruch“) dieses Gesetzes lautet:

„1.   Nach Beendigung des befristeten oder unbefristeten Handelsvertretervertrags hat der Handelsvertreter, der für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsbedingungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat, Anspruch auf Ausgleich, wenn der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht und die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung von Wettbewerbsabreden, der dem Handelsvertreter entgehenden Provisionen oder sonstiger Umstände der Billigkeit entspricht.

…“

20

Art. 31 des Gesetzes 12/1992 lautet:

„Der Anspruch auf Ausgleich oder Schadensersatz verjährt ein Jahr ab Beendigung des Vertrags.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

21

Im November 2009 schlossen MAN Diesel, eine Gesellschaft deutschen Rechts, und Tecom, eine Gesellschaft spanischen Rechts, einen Handelsvertretervertrag.

22

Am 8. März 2012 kündigte MAN Diesel diesen Vertrag zum 31. Dezember 2012.

23

Daraufhin beantragte Tecom am 19. November 2013 beim Urkundsbeamten des vorlegenden Gerichts, MAN Diesel über die zuständige deutsche Stelle ein Mahnschreiben zuzustellen, mit dem sie gemäß dem Gesetz 12/1992 die Zahlung eines ihr als Ausgleich geschuldeten Betrags sowie fälliger und nicht gezahlter Provisionen oder, hilfsweise, die Übermittlung von Buchführungsinformationen forderte. In diesem Schreiben hieß es ferner, dass dieselbe Zahlungsaufforderung bereits durch ein anderes Mahnschreiben an MAN Diesel gerichtet worden sei, das vor einem spanischen Notar erstellt worden sei, um ihm die Kraft einer öffentlichen notariellen Urkunde zu verleihen.

24

Am 11. Dezember 2013 wies der Urkundsbeamte den Antrag von Tecom zurück, da kein gerichtliches Verfahren anhängig sei, in dessen Rahmen die beantragte Rechtshilfehandlung erforderlich sei.

25

Am folgenden Tag legte Tecom gegen die Zurückweisung einfache Beschwerde ein und machte geltend, dass Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 nach dem Urteil Roda Golf & Beach Resort (C‑14/08, EU:C:2009:395) für die Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht voraussetze, dass ein gerichtliches Verfahren anhängig sei.

26

Jedenfalls stellte Tecom MAN Diesel am 13. Dezember 2013 über einen spanischen Notar ein weiteres Mahnschreiben, mit dem sie die Zahlung der fälligen und nicht gezahlten Provisionen sowie des Ausgleichs verlangte, zu, um die in Art. 31 des Gesetzes 12/1992 für den Ausgleichsanspruch vorgesehene einjährige Verjährungsfrist ab Vertragsbeendigung zu wahren.

27

Mit Verfügung vom 20. Dezember 2013 wies der Urkundsbeamte die einfache Beschwerde zurück und bestätigte die angefochtene Zurückweisungsentscheidung. Er machte geltend, nicht jedes private Schriftstück könne als „außergerichtliches Schriftstück“ angesehen werden, das nach Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 „zugestellt“ werden könne. Nur solche außergerichtlichen Schriftstücke, die aufgrund ihrer Rechtsnatur oder ihres formalen Charakters bestimmte Rechtswirkungen erzeugten, fielen in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung.

28

Mit Schreiben vom 2. Januar 2014 legte Tecom gegen diese Verfügung weitere Beschwerde ein und trug vor, dass selbst ein rein privates Schriftstück als „außergerichtliches Schriftstück“ im Sinne von Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 zugestellt werden könne.

29

Das mit dieser Beschwerde befasste vorlegende Gericht hat darauf hingewiesen, dass der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ im Sinne des Art. 16 dieser Verordnung nach dem Urteil Roda Golf & Beach Resort (C‑14/08, EU:C:2009:395) zwar ein autonomer Begriff des Unionsrechts sei und dass sich die justizielle Zusammenarbeit, von der in diesem Artikel und in der Verordnung Nr. 1393/2007 die Rede sei, „sowohl im Rahmen als auch außerhalb des Rahmens eines gerichtlichen Verfahrens manifestieren“ könne. Es hat jedoch auch festgestellt, dass es über keine Anhaltspunkte verfüge, anhand deren es bestimmen könne, ob ein Schriftstück, das weder von einer Behörde noch von einer Amtsperson stamme oder verfasst worden sei, als „außergerichtliches Schriftstück“ angesehen werden könne.

30

Unter diesen Umständen hat der Juzgado de Primera Instancia no 7 de Las Palmas de Gran Canaria (Gericht erster Instanz Nr. 7, Las Palmas de Gran Canaria) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Kann ein rein privates Schriftstück ungeachtet dessen, dass es nicht von einer nichtgerichtlichen Stelle oder Amtsperson stammt, als ‚außergerichtliches Schriftstück‘ im Sinne von Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 angesehen werden?

2.

Falls ja: Kann jedes private Schriftstück als außergerichtliches Schriftstück angesehen werden, oder muss es einige konkrete Merkmale aufweisen?

3.

Kann ein Unionsbürger, sofern das private Schriftstück diese Merkmale aufweist, die Zustellung nach dem in Art. 16 der geltenden Verordnung Nr. 1393/2007 geregelten Verfahren auch dann beantragen, wenn er die Zustellung bereits über eine andere, nichtgerichtliche Stelle, beispielsweise einen Notar, veranlasst hat?

4.

Ist schließlich für die Zwecke von Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 zu berücksichtigen, dass diese Zusammenarbeit grenzüberschreitende Bezüge hat und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist? Wann kann davon ausgegangen werden, dass die Zusammenarbeit „grenzüberschreitende Bezüge hat und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist“?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

31

Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ in diesem Artikel ein privates Schriftstück erfasst, das nicht von einer Behörde oder einer Amtsperson erstellt oder beglaubigt wurde.

32

Zur sachdienlichen Beantwortung dieser Fragen ist zunächst festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass es sich bei dem Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ in Art. 16 der Verordnung Nr. 1348/2000, die durch die Verordnung Nr. 1393/2007 aufgehoben und ersetzt wurde, um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt (Urteil Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 49 und 50). Es gibt, wie auch vom Generalanwalt in Nr. 46 seiner Schlussanträge ausgeführt, keinen Grund, diesen Begriff des außergerichtlichen Schriftstücks in Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 nicht ebenso auszulegen.

33

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des außergerichtlichen Schriftstücks, wie der Gerichtshof ebenfalls bereits entschieden hat, weit verstanden werden muss und nicht auf Schriftstücke im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens beschränkt werden kann, sondern auch von einem Notar aufgenommene Urkunden erfassen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 56 bis 59).

34

Diese Feststellung lässt für sich genommen jedoch keine Entscheidung darüber zu, ob dieser Begriff nur solche Schriftstücke erfasst, die, außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, von einer Behörde oder einer Amtsperson erstellt oder beglaubigt wurden, oder ob er sich auch auf private Schriftstücke erstreckt.

35

Da der Wortlaut von Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 ungenau ist, sind bei der Bestimmung der Tragweite dieses Begriffs nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Zusammenhang dieses Artikels und die Ziele, die mit dieser Verordnung verfolgt werden, sowie gegebenenfalls deren Entstehungsgeschichte zu berücksichtigen (vgl. Urteile Drukarnia Multipress, C‑357/13, EU:C:2015:253, Rn. 22, und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, C‑461/13, EU:C:2015:433, Rn. 30).

36

Was zunächst den Zusammenhang betrifft, so führt die auf der Grundlage von Art. 61 Buchst. c EG erlassene Verordnung Nr. 1393/2007 ihrem ersten Erwägungsgrund zufolge einen Mechanismus für die innergemeinschaftliche Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen mit dem Ziel ein, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen.

37

Unter diesem Gesichtspunkt verfolgt diese Verordnung laut ihrem zweiten Erwägungsgrund das Ziel, die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern und zu beschleunigen, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu stärken (vgl. in diesem Sinne Urteile Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 29 und 34, und Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 54).

38

Da sich daraus jedoch keine entscheidenden Hinweise zur Tragweite des Begriffs des außergerichtlichen Schriftstücks ergeben, ist in der Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 1393/2007 und insbesondere im Kontext der Entwicklung auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, in dem diese Verordnung steht, nach weiteren sachdienlichen Hinweisen zu suchen (vgl. in diesem Sinne Urteil Weiss und Partner, C‑14/07, EU:C:2008:264, Rn. 50).

39

Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Rat das Übereinkommen von 1997 durch Rechtsakt vom 26. Mai 1997, also noch vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1348/2000, angenommen hatte.

40

In diesem Übereinkommen war der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ nicht definiert. Nach dem Kommentar zu Art. 1 in dem in Rn. 6 des vorliegenden Urteils erwähnten Erläuternden Bericht zu diesem Übereinkommen konnte dieser Begriff jedoch nicht nur von Justizbeamten erstellte Schriftstücke, wie etwa notariell beglaubigte Urkunden oder Vollstreckungsurkunden, oder von amtlichen Stellen eines Mitgliedstaats erstellte Schriftstücke erfassen, sondern auch private Schriftstücke, „deren Art es rechtfertigt, dass sie dem jeweiligen Empfänger nach einem offiziellen Verfahren zugeleitet und zur Kenntnis gebracht werden“.

41

Obwohl dieses Übereinkommen von den Mitgliedstaaten nicht ratifiziert wurde, diente es gleichwohl als Grundlage bei der Ausarbeitung der Verordnung Nr. 1348/2000, deren Erlass gerade sicherstellen sollte, dass die bei der Aushandlung des Übereinkommens erzielten Ergebnisse gewahrt werden.

42

Zwar enthielt auch die Verordnung Nr. 1348/2000 keine genaue und einheitliche Definition des Begriffs des außergerichtlichen Schriftstücks, und ihr Art. 17 Buchst. b übertrug der Kommission lediglich die Aufgabe, in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten ein Glossar über die Schriftstücke zu erstellen, die zugestellt werden können; die darin von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Informationen hatten im Übrigen nur Hinweischarakter (vgl. Urteil Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 46 und 47).

43

Ein Blick auf dieses Glossar zeigt allerdings, dass die Mitgliedstaaten unter der Aufsicht der Kommission die Schriftstücke, die aus ihrer Sicht nach Maßgabe dieser Verordnung zugestellt werden konnten, unterschiedlich definiert hatten (vgl. Urteil Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 47) und in die Kategorie der außergerichtlichen Schriftstücke, wie vom Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge ausgeführt, nicht nur von einer Behörde oder einer Amtsperson stammende Schriftstücke aufgenommen hatten, sondern auch private Schriftstücke, denen in der betreffenden Rechtsordnung besondere Bedeutung zukam.

44

Im Einklang mit den Vorgaben, die sich aus der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben, und den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 60 seiner Schlussanträge lässt sich aus den vorstehenden Erwägungen der Schluss ziehen, dass der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ im Sinne von Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass er sowohl von einer Behörde oder einer Amtsperson erstellte oder beglaubigte Schriftstücke erfasst als auch private Schriftstücke, deren förmliche Übermittlung an ihren im Ausland ansässigen Empfänger zur Geltendmachung, zum Beweis oder zur Wahrung eines Rechts oder Anspruchs in Zivil- oder Handelssachen erforderlich ist.

45

Die grenzüberschreitende Übermittlung solcher Schriftstücke mit dem in der Verordnung Nr. 1393/2007 festgelegten Zustellungsmechanismus trägt nämlich auch dazu bei, im Rahmen der Zusammenarbeit in Zivil- oder Handelssachen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu stärken und schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union aufzubauen.

46

Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ in diesem Artikel nicht nur von einer Behörde oder einer Amtsperson erstellte oder beglaubigte Schriftstücke erfasst, sondern auch private Schriftstücke, deren förmliche Übermittlung an ihren im Ausland ansässigen Empfänger zur Geltendmachung, zum Beweis oder zur Wahrung eines Rechts oder Anspruchs in Zivil- oder Handelssachen erforderlich ist.

Zur dritten Frage

47

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass die Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks nach Maßgabe der in der Verordnung festgelegten Modalitäten auch dann zulässig ist, wenn bereits eine erste Zustellung auf einem anderen Übermittlungsweg erfolgt ist.

48

Vorab ist festzustellen, dass sich weder aus den Akten noch aus den von den Parteien in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben eindeutig ergibt, ob die mit dieser Frage gemeinte erste Zustellung auf einem in der Verordnung Nr. 1393/2007 nicht vorgesehenen Übermittlungsweg oder auf eine andere der in der Verordnung vorgesehenen Übermittlungsarten erfolgt ist.

49

Daher ist zur sachdienlichen Beantwortung dieser Frage erstens der Fall zu untersuchen, in dem ein Antragsteller die erste Zustellung auf eine Art und Weise vorgenommen hat, die in der Verordnung Nr. 1393/2007 nicht vorgesehen ist.

50

Insoweit genügt der Hinweis auf den Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung, wonach diese in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden ist, „in denen ein … außergerichtliches Schriftstück von einem in einen anderen Mitgliedstaat zum Zweck der Zustellung zu übermitteln ist“ (Urteil Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 20).

51

In diesem Zusammenhang sieht die Verordnung, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, nur zwei Umstände vor, unter denen die Zustellung eines Schriftstücks von einem Mitgliedstaat in einen anderen ihrem Anwendungsbereich entzogen ist und nicht auf die in der Verordnung vorgesehenen Arten bewirkt werden kann, nämlich zum einen, wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Empfängers unbekannt ist, und zum anderen, wenn dieser einen Bevollmächtigten in dem Mitgliedstaat benannt hat, in dem das Gerichtsverfahren stattfindet (vgl. Urteil Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 24).

52

Es steht somit, wie vom Generalanwalt in Nr. 75 seiner Schlussanträge ausgeführt, fest, dass die Verordnung Nr. 1393/2007 keine weitere Ausnahme von der Inanspruchnahme der für die Übermittlung eines außergerichtlichen Schriftstücks zwischen Mitgliedstaaten vorgesehenen Wege in dem Fall vorsieht, dass ein Antragsteller dieses Schriftstück bereits auf einem anderen Übermittlungsweg als den in dieser Verordnung vorgesehenen zugestellt hat.

53

Daraus folgt, dass in einem solchen Fall die grenzüberschreitende Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks auf die in der Verordnung Nr. 1393/2007 vorgesehenen Übermittlungsarten zulässig bleibt.

54

Zweitens ist zu den Folgen einer ersten Zustellung, die ein Antragsteller nach den Vorgaben der Verordnung Nr. 1393/2007 bewirkt hat, festzustellen, dass diese Verordnung für die Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke nach Art. 16 abschließend verschiedene Übermittlungsarten vorsieht (vgl. Urteil Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 32).

55

Insbesondere bestimmt Art. 2 dieser Verordnung, dass die Übermittlung der Schriftstücke grundsätzlich zwischen den von den Mitgliedstaaten benannten Übermittlungs- und Empfangsstellen zu erfolgen hat (Urteil Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 30).

56

Ferner sieht die Verordnung Nr. 1393/2007 in Abschnitt 2 andere Übermittlungsarten vor, wie die Übermittlung auf konsularischem oder diplomatischem Weg und die Zustellung durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen, durch Postdienste oder aber, auf Antrag des Betroffenen, die Zustellung unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedstaats (Urteil Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 31).

57

In diesem Zusammenhang ist allerdings zum einen darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1393/2007 keine Rangordnung zwischen den unterschiedlichen vorgesehenen Übermittlungsarten aufgestellt hat (Urteile Alder, C‑325/11, EU:C:2012:824, Rn. 31, und Plumex, C‑473/04, EU:C:2006:96, Rn. 20).

58

Zum anderen erlaubt es, wie vom Generalanwalt in den Nrn. 78 und 79 seiner Schlussanträge ausgeführt, die Verordnung Nr. 1393/2007, um die rasche grenzüberschreitende Übermittlung der betroffenen Schriftstücke zu gewährleisten, den Übermittlungs- oder Empfangsstellen, den diplomatischen oder konsularischen Vertretungen sowie den Amtspersonen, Beamten oder sonstigen zuständigen Personen des Empfangsmitgliedstaats nicht, die Zweckmäßigkeit oder die Erheblichkeit der Gründe zu überprüfen, aus denen ein Antragsteller die Zustellung eines Schriftstücks auf die vorgesehenen Übermittlungsarten vornimmt.

59

Für die Zustellung außergerichtlicher Schriftstücken folgt aus diesen Erwägungen, dass ein Antragsteller nicht nur frei zwischen den in der Verordnung Nr. 1393/2007 vorgesehenen Übermittlungsarten wählen, sondern auch gleichzeitig oder nacheinander auf zwei oder mehrere davon zurückgreifen kann, die ihm in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls am besten geeignet oder am angemessensten erscheinen (vgl. in diesem Sinne Urteil Plumex, C‑473/04, EU:C:2006:96, Rn. 21, 22 und 31).

60

Folglich bleibt die Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks auf eine der in der Verordnung Nr. 1393/2007 vorgesehenen Übermittlungsarten auch dann wirksam, wenn es bereits auf eine andere Art als dort vorgesehen übermittelt wurde.

61

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass die Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks nach Maßgabe der in dieser Verordnung festgelegten Modalitäten auch dann zulässig ist, wenn der Antragsteller bereits eine erste Zustellung auf einem in der Verordnung nicht vorgesehenen Übermittlungsweg oder auf eine andere der in der Verordnung vorgesehenen Übermittlungsarten bewirkt hat.

Zur vierten Frage

62

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass für seine Anwendung im Einzelfall zu überprüfen ist, dass die Zustellung eines „außergerichtlichen Schriftstücks“ einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.

63

Im Hinblick, erstens, auf den grenzüberschreitenden Bezug genügt der Hinweis darauf, dass die Verordnung Nr. 1393/2007 gemäß Art. 61 Buchst. c EG und Art. 65 EG eine Maßnahme im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen darstellt, die gerade einen solchen Bezug aufweist (vgl. in diesem Sinne Urteil Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 53).

64

Dementsprechend sieht Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung ausdrücklich vor, dass sie, abgesehen von den ausgeschlossenen Bereichen, in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden ist, in denen ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück „von einem in einen anderen Mitgliedstaat“ zum Zweck der Zustellung zu übermitteln ist.

65

Da der grenzüberschreitende Bezug der Übermittlung eines gerichtlichen oder – wie im vorliegenden Fall – außergerichtlichen Schriftstücks eine objektive Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1393/2007 darstellt, muss er also zwangsläufig immer dann als vorhanden gelten, wenn die Zustellung eines solchen Schriftstücks in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, und die Übermittlung hat nach dem durch die Verordnung eingeführten System zu erfolgen.

66

Zweitens ist zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts festzustellen, dass darin laut dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1393/2007 der Hauptzweck des in dieser Verordnung vorgesehenen Zustellungssystems liegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Roda Golf & Beach Resort, C‑14/08, EU:C:2009:395, Rn. 55).

67

Da alle in dieser Verordnung vorgesehenen Arten der Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke ausdrücklich mit dem Ziel festgelegt wurden, diesen Hauptzweck zu erreichen, darf davon ausgegangen werden, dass die Zustellung solcher Schriftstücke, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, zwangsläufig zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beiträgt.

68

Demnach ist, wie auch der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts kein Gesichtspunkt, der vor jeder Zustellung eines Schriftstücks nach Maßgabe der in der Verordnung Nr. 1393/2007 und insbesondere in deren Art. 16 festgelegten Modalitäten zu überprüfen wäre.

69

Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 dahin auszulegen ist, dass, wenn alle Voraussetzungen für seine Anwendung erfüllt sind, nicht im Einzelfall zu überprüfen ist, dass die Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.

Kosten

70

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates ist dahin auszulegen, dass der Begriff „außergerichtliches Schriftstück“ in diesem Artikel nicht nur von einer Behörde oder einer Amtsperson erstellte oder beglaubigte Schriftstücke erfasst, sondern auch private Schriftstücke, deren förmliche Übermittlung an ihren im Ausland ansässigen Empfänger zur Geltendmachung, zum Beweis oder zur Wahrung eines Rechts oder Anspruchs in Zivil- oder Handelssachen erforderlich ist.

 

2.

Die Verordnung Nr. 1393/2007 ist dahin auszulegen, dass die Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks nach Maßgabe der in dieser Verordnung festgelegten Modalitäten auch dann zulässig ist, wenn der Antragsteller bereits eine erste Zustellung auf einem in der Verordnung nicht vorgesehenen Übermittlungsweg oder auf eine andere der in der Verordnung vorgesehenen Übermittlungsarten bewirkt hat.

 

3.

Art. 16 der Verordnung Nr. 1393/2007 ist dahin auszulegen, dass, wenn alle Voraussetzungen für seine Anwendung erfüllt sind, nicht im Einzelfall zu überprüfen ist, dass die Zustellung eines außergerichtlichen Schriftstücks einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.

 

Unterschriften


( * )   Verfahrenssprache: Spanisch.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Europäischer Gerichtshof Urteil, 11. Nov. 2015 - C-223/14

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Referenzen - Gesetze

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