Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 30. Juni 2010 - 6 B 8/10

bei uns veröffentlicht am30.06.2010

Gründe

1

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2

Dies gilt auch für die Beschwerde der Beigeladenen, obwohl deren Beschwerdebegründungsschrift auf dem Postweg erst nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) am 2. Februar 2010 beim Verwaltungsgericht eingegangen ist. Denn der Beigeladenen ist auf ihren innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat nach seiner glaubhaften Versicherung im Rahmen seiner Obliegenheiten alles dafür getan, dass die Beschwerdebegründung das Gericht rechtzeitig vorab per Telefax erreichte. Bei der Übersendung eines Schriftsatzes auf diesem Weg einschließlich der Eingangskontrolle anhand des Sendeberichts handelt es sich um eine einfache Aufgabe, bei der ein Rechtsanwalt regelmäßig darauf vertrauen darf, dass eine ansonsten zuverlässig und sorgfältig arbeitende Bürokraft sie fehlerfrei erledigen kann. Ihn trifft keine Verpflichtung, sich in jedem Einzelfall zu vergewissern, dass seine die Fax-Versendung betreffende allgemeine Weisung, den Sendebericht auf die gelungene Übermittlung des Schriftsatzes zu überprüfen, ordnungsgemäß ausgeführt wurde (vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08 - MDR 2010, 100).

3

2. Die Beschwerden, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleiben in der Sache ohne Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerden lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

4

a) Die Beklagte will geklärt wissen:

"Hat die Beklagte einen Beurteilungsspielraum dahingehend, in welchem Umfang die Kosten des regulierten Unternehmens für die Beurteilung, ob die Entgelte sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientieren, nachgewiesen sein müssen, mit der Folge, dass sie auch auf den Nachweis einzelner in die zu vergütende Leistung einfließender Kosten des regulierten Unternehmens verzichten kann?

Kann die Beklagte ein genehmigungspflichtiges Entgelt ganz oder teilweise genehmigen, obwohl die Stundensätze des regulierten Unternehmens und die den Gemeinkostenzuschlägen zugrundeliegenden Einzelkosten je Kostenstelle nicht nachgewiesen sind?"

5

Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Sie lassen sich, soweit sie sich in dem erstrebten Revisionsverfahren stellen würden, auf der Grundlage der bisher ergangenen Rechtsprechung unmittelbar aus dem Gesetz beantworten.

6

Ob und inwieweit ein regulierungsbehördlicher Beurteilungsspielraum bei der Bestimmung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung besteht, ist zwar in der Rechtsprechung des Senats noch nicht allgemein geklärt. Der Senat hat bisher angenommen, dass bei der Überprüfung von Kostenpositionen auf Richtigkeit und Erforderlichkeit, wie sie die Effizienzkontrolle regelmäßig kennzeichnet, die Anerkennung eines nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums jedenfalls nicht durchgängig geboten, sondern allenfalls in Bezug auf abgrenzbare Teilaspekte angezeigt ist (Urteil vom 24. Juni 2009 - BVerwG 6 C 19.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 3 Rn. 21). Zu einer weitergehenden Klärung etwaiger Beurteilungsspielräume bei der Entgeltkontrolle bietet auch der vorliegende Fall keinen Anlass. Denn das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Anerkennung eines derartigen Spielraums für einen bestimmten Fragenkreis, sondern umgekehrt auf der - zutreffenden - Einschränkung, dass ein etwaiger Beurteilungsspielraum, soweit er anzuerkennen sein sollte, jedenfalls den in der Rechtsprechung hierfür allgemein entwickelten Grenzen unterliegt. Danach hat das Gericht mindestens zu überprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat (s. nur Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 = Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 1 Rn. 21 m.w.N.).

7

Unter dieser Prämisse hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 24. April 2008 - Rs. C-55/06 - (Slg. 2008, I-2931) keine zusätzliche Einschränkung des gerichtlichen Kontrollmaßstabes ergibt. Zwar hat der Gerichtshof den nationalen Regulierungsbehörden hinsichtlich der Beurteilung der entgeltrelevanten Kosten des Zugangs zum Teilnehmeranschluss eine "weitreichende Befugnis" zugesprochen (a.a.O. Rn. 155 ff.). Das bedeutet aber nicht, dass die dem effizienten Rechtsschutz verpflichtete gerichtliche Kontrolle hinter den für die Überprüfung von Beurteilungsspielräumen allgemein entwickelten Kriterien zurückzubleiben hätte. Der Europäische Gerichtshof hat vielmehr in seinem vorbezeichneten Urteil ausdrücklich klargestellt, dass die damals maßgeblichen und auch auf den vorliegenden Fall noch anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen - insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss - keine Angleichung der nationalen Vorschriften über den Umfang der gerichtlichen Kontrolle im Einzelfall anstrebten. Die Ausgestaltung gerichtlicher Verfahren, einschließlich der Art und Weise der richterlichen Kontrolle von Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörde über die Entgeltgenehmigung, sei vielmehr unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes eine Angelegenheit der innerstaatlichen Rechtsordnung, wobei das nationale Gericht die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlich gebotenen Kostenorientierung der Entgelte sicherzustellen habe (a.a.O. Rn. 163 ff.).

8

Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung der allgemein anerkannten Schranken eines (etwaigen) Beurteilungsspielraums beanstandet, dass die Regulierungsbehörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig und zutreffend ermittelt, sondern die Ansätze und Berechnungen der Beigeladenen ohne ausreichende Prüfung übernommen habe, obwohl ausweislich eines behördeninternen Prüfberichts sowohl die maßgeblichen Stundensätze als auch die Gemeinkostenzuschlagssätze nicht nachgewiesen gewesen seien. Dem Urteil lässt sich weder entnehmen, dass die Behörde daran gehindert wäre, anstelle der Kostenberechnung des Unternehmens gegebenenfalls auf ein analytisches Kostenmodell zurückzugreifen, noch, dass eine Schätzung bestimmter Kostenpositionen auf Grund nachvollziehbarer Schätzungsgrundlagen von vornherein ausgeschlossen wäre. Darauf kam es für die Entscheidung nicht an, weil die Behörde weder ein analytisches Kostenmodell aufgestellt, noch eine Schätzung vorgenommen, sondern auf die Kostenberechnung der Beigeladenen abgehoben hatte. Welche Anforderungen an die diesbezügliche Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts konkret zu stellen sind, ist ersichtlich eine Frage des Einzelfalls und entzieht sich damit einer verallgemeinernden Klärung.

9

b) Die Beigeladene hält für klärungsbedürftig:

"Darf die Regulierungsbehörde Angaben über Kosten, die das regulierte Unternehmen in den Antragsunterlagen gemacht hat, dann für die Ermittlung der genehmigungsfähigen Entgelte übernehmen, wenn die Kostenangaben nach Einschätzung der Regulierungsbehörde plausibel sind, auch wenn eine vollständige Prüfung nicht möglich ist?"

10

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat. Rechtsfragen, auf die die Vorinstanz nicht entscheidend abgehoben hat, können regelmäßig nicht zur Zulassung der Revision führen (s. Beschlüsse vom 18. Mai 2006 - BVerwG 6 B 14.06 - juris Rn. 11 und vom 14. November 2008 - BVerwG 6 B 61.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 47 Rn. 3). Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Regulierungsbehörde die Plausibilität der Kostenansätze der Beigeladenen gerade nicht festgestellt, sondern diese vielmehr ohne ausreichende Begründung in die Entgeltgenehmigung übernommen hat. Nach Maßgabe des angefochtenen Urteils unzutreffend ist ferner die der Fragestellung zugrundeliegende Prämisse, eine vollständige Prüfung der Kosten sei nicht möglich gewesen. Denn das Urteil geht im Gegenteil ausdrücklich davon aus, dass die entscheidungserheblichen Grundlagen der Entgeltgenehmigung durch die Beigeladene hätten nachgewiesen werden können. Ob die betreffenden Annahmen des Verwaltungsgerichts in der Sache zutreffend sind oder nicht, betrifft wiederum nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausreichende Bedeutung, soweit es sich nicht ohnehin um tatsächliche Feststellungen handelt, gegen die keine Verfahrensrügen vorgebracht sind.

11

Die Beigeladene fragt weiter:

"Folgt eine Einschränkung der Sachaufklärungspflicht der Behörde aus der Fristbindung des Verfahrens (§ 28 Abs. 2 TKG 1996, § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG)?"

12

Die Antwort auf diese Frage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Sie gewinnt eine grundsätzliche Bedeutung insbesondere nicht im Hinblick darauf, dass ein Entgeltantrag, über den die Regulierungsbehörde nach dem auf den Streitfall noch anwendbaren § 28 Abs. 2 TKG 1996 fristgebunden zu entscheiden hat, von ihr lediglich abgelehnt werden "kann", wenn das Unternehmen die maßgeblichen Kostenunterlagen nicht vollständig vorgelegt hat (§ 27 Abs. 4 TKG 1996 i.V.m. § 2 Abs. 3 TEntGV 1996). Diese Ermessensvorschrift bezweckt, eine Versagung der Genehmigung trotz unzureichender Kostenunterlagen dann zu vermeiden, wenn sich die Behörde die erforderlichen Informationen - etwa durch Marktdaten, durch Kostenunterlagen aus anderen Genehmigungsverfahren und durch Kostennachweise von dritter Seite - selbst verschaffen kann; sie bezweckt demgegenüber nicht, die materiellen Anforderungen an die Genehmigungserteilung herabzusetzen (s. Urteil vom 25. November 2009 - BVerwG 6 C 34.08 - N&R 2010, 40 Rn. 29 zu § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG 2004). Daher steht fest, dass über einen Entgeltantrag auch im Hinblick auf den nahenden Fristablauf nicht positiv entschieden werden darf, wenn und solange es für die vorgelegten Entgelte an einer ausreichenden Datengrundlage fehlt.

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 30. Juni 2010 - 6 B 8/10 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 133


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Telekommunikationsgesetz - TKG 2004 | § 35 Verfahren der Entgeltgenehmigung


(1) Neben den der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen kann sie zusätzlich 1.Preise solcher Unternehmen als Vergleich heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten; dabei sind d

Telekommunikationsgesetz - TKG 2021 | § 31 Verpflichtung zur funktionellen Trennung eines vertikal integrierten Unternehmens


(1) Gelangt die Bundesnetzagentur zu dem Schluss, dass die nach § 13 Absatz 1 auferlegten Verpflichtungen nicht zu einem wirksamen Wettbewerb geführt haben und wichtige und andauernde Wettbewerbsprobleme oder Marktversagen auf den Märkten für bestimm

Telekommunikationsgesetz - TKG 2021 | § 35 Anordnungen im Rahmen der Zugangsregulierung


(1) Kommt eine Zugangsvereinbarung nach § 23 oder 28 ganz oder teilweise nicht zustande und liegen die nach diesem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Zugangsgewährung vor, ordnet die Bundesnetzagentur den Zugang nach Anh

Telekommunikationsgesetz - TKG 2021 | § 10 Marktdefinition


(1) Die Bundesnetzagentur legt im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze des § 2 und der Grundsätze des allgemeinen Wettbewerbsrechts die sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmä

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(1) Ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, dem eine Zugangsverpflichtung nach § 26 oder 27 auferlegt worden ist, hat gegenüber anderen Unternehmen, die diese Leistung nachfragen, um Telekommunikationsdienste erbringen zu können, unverzüglich,

Telekommunikationsgesetz - TKG 2021 | § 27 Verpflichtungen zur einheitlichen Rechnungsstellung und Inkasso


(1) Die Bundesnetzagentur kann ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verpflichten, Dienstleistungen im Bereich der einheitlichen Rechnungsstellung sowie zur Entgegennahme oder zum ersten Einzug von Zahlungen nach Maßgabe der folgenden Absätze

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2009 - VIII ZB 97/08

bei uns veröffentlicht am 20.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 97/08 vom 20. Oktober 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 B, Fd, Ff Erteilt ein Rechtsanwalt einer bis dahin sorgfältig arbeitenden Büroangestellten die konkr

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 97/08
vom
20. Oktober 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 B, Fd, Ff
Erteilt ein Rechtsanwalt einer bis dahin sorgfältig arbeitenden Büroangestellten
die konkrete Einzelanweisung, einen von ihm unterzeichneten Antrag auf
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorab an das Berufungsgericht
zu faxen, ist es ihm nicht als Organisationsverschulden anzurechnen, wenn
die Angestellte dieser Weisung zwar nachkommt, dabei aber die zusätzlich
bestehende, durch die Einzelanweisung nicht außer Kraft gesetzte allgemeine
Anweisung missachtet, bei Faxsendungen - insbesondere bei fristgebundenen
Schriftsätzen - den Versand des Schriftstücks abzuwarten und den
Sendebericht auf die gelungene Übermittlung des Schriftsatzes zu überprüfen.
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08 - OLG München
LG München I
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Oktober 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. November 2008 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München vom 23. Juni 2008 gewährt. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.881,78 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung rückständiger Leasingraten, auf Schadensersatz wegen vorzeitiger Rückgabe des geleasten Fahrzeugs und auf Ersatz von Abholungskosten in Höhe von insgesamt 8.178,70 € in Anspruch genommen. Das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts ist dem Beklagten am 1. Juli 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist am 1. August 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen. Mit Schriftsatz vom 28. August 2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um drei Wochen bis zum 22. September 2008 beantragt. Das Fristverlängerungsgesuch ist allerdings erst am 2. September 2008 per Telefax und als Einwurf- oder Postsendung am 3. September 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen.
2
Der Vorsitzende des zuständigen Senats hat mit Verfügung vom 2. September 2008 die Frist zur Begründung der Berufung um drei Wochen verlängert. Auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 22. September 2008, per Telefax am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen, hat der Vorsitzende eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 30. September 2008 bewilligt. Die Berufungsbegründung des Beklagten ist am 30. September zum Oberlandesgericht gelangt.
3
Mit Verfügung vom 1. Oktober 2008 hat der Vorsitzende den Hinweis erteilt , der Antrag auf Verlängerung dieser Frist sei erst am 2. September und damit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist per Fax beim Oberlandesgericht eingegangen, weswegen die Fristverlängerungen ins Leere gingen und die Frist zur Berufungsbegründung versäumt sei. Daraufhin hat der Beklagtenvertreter den ursprünglichen Fristverlängerungsantrag wiederholt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und der Frist zur Stellung eines Verlängerungsantrags begehrt.
4
Zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Beklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht, eine seit über zwei Jahren in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige, äußerst sorgfältig und gründlich arbeitende Anwaltsgehilfin habe den Auftrag erhalten, das Fristverlängerungsgesuch vom 28. August 2008 vorab an das Oberlandesgericht zu faxen. Sie habe den vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten und in der Unterschriftenmappe an sie zurückgeleiteten Schriftsatz am Abend des 1. September 2008 auf das Faxgerät gelegt. Zuvor habe sie sich im Fristenbuch vergewissert, dass eine Faxsendung an diesem Tag noch rechtzeitig gewesen sei. Wie sich im Nachhinein herausgestellt habe - das zerrissene Sendeprotokoll sei später im zum Schreddern vorgesehenen Altpapier aufgefunden worden -, habe die Mitarbeiterin den Schriftsatz am 1. September 2008 um 16.59 Uhr an die richtige Faxnummer gesendet. Sie habe aber wegen des anstehenden Dienstschlusses ausnahmsweise den Ausdruck des Sendejournals nicht abgewartet und daher nicht erkannt, dass die Faxsendung nicht erfolgreich übermittelt worden sei. Am darauf folgenden Tag sei der Schriftsatz ordnungsgemäß an das Oberlandesgericht gefaxt worden.
5
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Dabei hat es ausgeführt, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Sorgfalt eines ordentlichen Anwalts eingehalten habe und der Fristverstoß ausschließlich auf ein - dem Beklagten nicht zuzurechnendes - Verschulden des Büropersonals zurückzuführen sei. Eine Glaubhaftmachung setze voraus, dass die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich seien. Hieran fehle es, wenn der Sachvortrag - wie hier - widersprüchlich und damit nicht nachvollziehbar sei. Es sei nicht ersichtlich , weshalb das Fristverlängerungsgesuch vom 28. August 2008 nicht bis zum Ablauf des 1. September 2008 übermittelt worden sei. Daher sei eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für ein fehlendes Verschulden des Beklagtenvertreters nicht vorhanden.
6
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Der Beklagte macht in erster Linie geltend, die gewährte Fristverlängerung sei trotz ihrer Fehlerhaftigkeit wirksam, so dass die Berufungsbegründungsfrist gewahrt sei. Falls gleichwohl eine Fristversäumung bejaht werde, sei jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn die verspätete Übermittlung des Fristverlängerungsgesuchs beruhe ausschließlich auf einem - dem Beklagten nicht anzulastenden - Fehlverhalten der Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten. Das Oberlandesgericht habe unter Verletzung der verfassungsrechtlich verbürgten Grundsätze auf Gewährung rechtlichen Gehörs und auf Einhaltung eines fairen Verfahrens davon abgesehen, den Beklagten auf eine erforderliche Ergänzung seines Vorbringens hinzuweisen. Die vom Gericht geäußerten Zweifel an der Nachvollziehbarkeit und Wahrscheinlichkeit des geschilderten Geschehensablaufs hätten - soweit überhaupt erheblich - durch einfache Erläuterungen ausgeräumt werden können. Da das Oberlandesgericht die gebotenen Hinweise unterlassen habe, könne der Beklagte ergänzende Angaben nachholen.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entscheidung ist unter Missachtung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung rechtli- chen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ergangen und verletzt zudem den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Denn sie überspannt in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes (vgl. Senatsbeschluss vom 16. November 2004 - VIII ZB 32/04, NJWRR 2005, 1006, unter III 2 m.w.N.).
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Zwar hat der Beklagte die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Ihm ist aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden daran gehindert war, diese Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Nach dem glaubhaft gemachten und im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzten Vorbringen des Beklagten beruht das Fristversäumnis ausschließlich auf einem - weder dem Prozessbevollmächtigten noch der von ihm vertretenen Partei anzulastenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) - Fehlverhalten der mit der Versendung des Fristverlängerungsantrags vom 28. August 2008 beauftragten Büroangestellten.
10
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat der Beklagte die Frist zur Begründung seiner am 1. August 2008 eingelegten Berufung versäumt. Dem am 2. September 2008, also einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründungfrist (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO), eingegangenen Fristverlängerungsgesuch hätte der Vorsitzende des zuständigen Berufungssenats nicht stattgeben dürfen. Denn eine abgelaufene Frist kann - was letztlich auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht - nicht verlängert werden. Die gleichwohl gewährte Fristverlängerung blieb damit - wie auch das Berufungsgericht nachträglich erkannt hat - ohne Wirkung. Dies hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1991 unter ausdrücklicher Aufgabe der von der Rechtsbeschwerde angeführten gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden (BGHZ 116, 377, 378 f.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Januar 1996 - XII ZB 184/95, NJW-RR 1996, 513, unter II 2). Dem hat sich das Schrifttum überwiegend angeschlossen (Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdnr. 16a; Musielak /Ball, ZPO, 7. Aufl., § 520 Rdnr. 12; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rdnr. 15; aA MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 520 Rdnr. 19).
11
b) Dem Beklagten ist aber auf sein rechtzeitig angebrachtes Gesuch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Die Fristversäumung beruht nach den glaubhaft gemachten Angaben des Beklagten nicht auf einem - ihm zuzurechnenden - Eigenverschulden seines Prozessbevollmächtigten, sondern allein auf einer fehlerhaften Erledigung der dessen Büropersonal übertragenen Aufgaben.
12
aa) Ein Rechtsanwalt hat zwar durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Er muss aber nicht jeden zur Fristwahrung erforderlichen Arbeitsschritt persönlich ausführen, sondern ist grundsätzlich befugt, einfachere Verrichtungen zur selbständigen Erledigung seinem geschulten Personal zu übertragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576, Tz. 15; vom 4. April 2007 - III ZB 109/06, NJW-RR 2007, 1429, Tz. 7; vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, unter 1; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes mittels eines Telefaxgerätes (BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007, aaO; vom 4. April 2007, aaO; vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521, Tz. 12; vom 11. Februar 2003, aaO; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007 - VIII ZB 107/06, juris , Tz. 4; jeweils m.w.N.).
13
bb) Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten genügt. Er hat seiner seit zwei Jahren in seinem Büro tätigen Angestellten, die sich bis dahin als sorgfältig und zuverlässig erwiesen hatte, die konkrete Einzelanweisung erteilt, das ihr rechtzeitig zum 1. September 2008 in einer Unterschriftenmappe zugeleitete, vom Beklagtenvertreter unterzeichnete Fristverlängerungsgesuch vorab per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Bei ordnungsgemäßer Befolgung dieser Weisung und bei Beachtung der - sie ergänzenden - allgemeinen Anweisungen über die bei Faxsendungen einzuhaltende Verfahrensweise wäre der rechtzeitige Eingang eines formgerechten Fristverlängerungsantrags (§ 130 Nr. 6 ZPO) beim Berufungsgericht gewährleistet gewesen. Der Beklagte hat im Rechtsbeschwerdeverfahren unter Bezugnahme auf die bereits dem Berufungsgericht vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten ergänzend vorgetragen, im Büro seines Prozessbevollmächtigten bestehe die allgemeine Anweisung, bei Faxsendungen - insbesondere bei fristgebundenen Schriftsätzen - den Versand des Schriftstücks abzuwarten und den Sendebericht auf die gelungene Übermittelung des Schriftsatzes (Aufdruck "OK") zu überprüfen. Damit hat er nach seinem glaubhaft gemachten Vorbringen ausreichende organisatorische Maßnahmen für eine rechtzeitige Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen getroffen.
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cc) Das Berufungsgericht hat gleichwohl ausreichenden Vortrag zu der Handhabung von Sendeprotokollen und zur Gewährleistung der Ausgangskontrolle vermisst. Es hat letztlich aus dem der Angestellten unterlaufenen Fehler und dem Umstand, dass der ursprüngliche Sendebericht zum Altpapier gelangt ist, den Schluss auf eine unzureichende Büroorganisation bei der Versendung von Telefaxen gezogen. Dem ist nicht zu folgen.
15
Zunächst hätte das Berufungsgericht seine Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch nicht auf die vom ihm beanstandete Lückenhaftigkeit des Beklagtenvorbringens stützen dürfen, ohne vorher auf bestehende Bedenken hinzuweisen und dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, Unklarheiten auch nach Ablauf der in § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO geregelten Frist auszuräumen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06, NJW 2007, 3212, Tz. 5, 8; vom 19. Juni 2006 - II ZB 25/05, NJW-RR 2006, 1501, Tz. 9, 13; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03, FamRZ 2004, 1552, unter [II 2] b, jeweils m.w.N.). Auf einen solchen Hinweis hätte der Beklagte dem Berufungsgericht - wie nun in der Rechtsbeschwerde geschehen - nachvollziehbar erläutern können, dass das Faxjournal vom 1. September 2008 deswegen in den Altpapierbehälter gelangt ist, weil sich die Anweisung, die Journale zu den Akten zu nehmen, nur auf Sendeberichte bezog, die eine erfolgreiche Übermittlung dokumentierten. Angesichts der klaren Weisung, die erfolgreiche Versendung eines Schriftstücks per Fax abzuwarten, besteht und bestand für den Beklagtenvertreter keine Veranlassung, auch Sendeprotokolle über fehlgeschlagene Sendungen aufzubewahren. Soweit das Berufungsgericht Vortrag des Beklagten dazu vermisst hat, wer und aus welchen Gründen die fehlgeschlagene Faxübermittlung erneut am Folgetag in die Wege geleitet hat, hat der Beklagte im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend vorgetragen, eine seiner zwei weiteren Mitarbeiterinnen habe die Versendung erfolgreich vorgenommen. Dieses Vorbringen steht nicht in Widerspruch zu der eidesstattlichen Versicherung der ursprünglich mit der Angelegenheit betrauten Bürokraft. Diese hat lediglich erklärt, sich nach dem 1. September 2008 nicht mehr persönlich mit der Sache befasst zu haben.
16
Soweit das Berufungsgericht eine lückenlose Darlegung aller weiteren im konkreten Fall angefallenen Arbeitsschritte und ergriffenen Maßnahmen verlangt , überspannt es die Anforderungen an die Darlegung eines ordnungsgemäßen Bürobetriebs. Es ist unerheblich, wann der Kanzleikraft das vom Beklagtenvertreter unterzeichnete Schriftstück zugegangen ist. Der Beklagtenvertreter war auch nicht gehalten, die Bürokraft anzuweisen, den Schriftsatz sofort nach Erhalt an das Gericht zu faxen. Laufende Fristen dürfen grundsätzlich ausgeschöpft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, juris, unter 2). Auch sonstige Maßnahmen waren vom Beklagtenvertreter nicht zu fordern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die mit der Erledigung der Aufgabe betraute Angestellte bereits in der Vergangenheit die Versendung fristgebundener Schriftstücke bis kurz vor Dienstschluss zurückstellte und die übertragene Aufgabe dann aus Zeitgründen nicht mehr ordnungsgemäß ausführte. Ob der Beklagtenvertreter seiner Angestellten die Anweisung erteilt hat, sich zu vergewissern, dass das Fristverlängerungsgesuch unterzeichnet war, ist im Streitfall ohne Bedeutung. Denn das Schriftstück war nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten ordnungsgemäß unterschrieben. Unerheblich ist schließlich auch, ob und welche Anweisung über die Notierung erledigter Fristen bestand. Die Fristversäumung beruhte ausschließlich auf anderen Gründen.
17
dd) Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten kann auch nicht angelastet werden, dass er die Ausführung der ausgegebenen Anweisungen nicht überwacht hat. Die seiner Mitarbeiterin erteilte Anweisung, das unterzeichnete Fristverlängerungsgesuch - aus Gründen der Fristwahrung - per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln, hatte - ebenso wie die daneben bestehende grundsätzliche Weisung, den Sendebericht abzuwarten und darauf zu überprüfen , ob die Übermittlung erfolgreich durchgeführt wurde - einfache Aufgaben zum Gegenstand. Bei solchen Tätigkeiten darf ein Rechtsanwalt regelmäßig darauf vertrauen, eine ansonsten zuverlässig und sorgfältig arbeitende Bürokraft werde sie fehlerfrei erledigen (Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007, aaO; BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007, aaO; vom 4. April 2007, aaO; vom 11. Februar 2003, aaO; jeweils m.w.N.). Ihn trifft keine Verpflichtung, sich anschließend zu vergewissern, ob die Weisung ordnungsgemäß ausgeführt wurde (Senatsbeschluss vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02, FamRZ 2003, 1650; BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08, NJW 2009, 296, Tz. 10; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03, NJW-RR 2004, 711, unter II; jeweils m.w.N.). Dies gilt in gleicher Weise für allgemeine Weisungen und für konkrete Anweisungen im Einzelfall (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003, aaO, m.w.N.; vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98, VersR 1999, 1170, unter [II] 2 b bb; jeweils m.w.N.). Dass der Beklagtenvertreter am Tag des Fristablaufs aufgrund eines auswärtigen Gerichtstermins daran gehindert war, die Ausführung der seiner Kanzleimitarbeiterin übertragenen Aufgabe zu überwachen, begründet damit kein eigenes Verschulden des Anwalts.
18
ee) Der verspätete Zugang des Fristverlängerungsgesuchs beruht damit ausschließlich auf einem dem Beklagten nicht zuzurechnenden Fehlverhalten der Büroangestellten seines Prozessbevollmächtigten. Dem Beklagten ist auch nicht als Verschulden anzulasten, dass sein Prozessvertreter von der Möglichkeit einer Fristverlängerung Gebrauch gemacht hat. Denn dieser durfte darauf vertrauen, dass den - unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellten und nicht von der Zustimmung des Gegners abhängigen - Verlängerungsanträgen stattgegeben wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. März 2009, VIII ZB 55/06, NJW-RR 2009, 933, Tz. 12; vom 11. Sep- tember 2007 - VIII ZB 73/05, juris, Tz. 7; BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06, juris, Tz. 6; vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03, NJW 2004, 1742, unter 2; jeweils m.w.N.). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 23.06.2008 - 35 O 18550/07 -
OLG München, Entscheidung vom 17.11.2008 - 18 U 4079/08 -

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Kommt eine Zugangsvereinbarung nach § 23 oder 28 ganz oder teilweise nicht zustande und liegen die nach diesem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Zugangsgewährung vor, ordnet die Bundesnetzagentur den Zugang nach Anhörung der Beteiligten an. Die Anordnung ergeht innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab schriftlicher oder elektronischer Anrufung durch einen an der zu schließenden Zugangsvereinbarung Beteiligten oder ab Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen, sofern dies zur Erreichung der Ziele des § 2 erforderlich ist. In besonders zu begründenden Fällen kann die Bundesnetzagentur innerhalb der Frist nach Satz 2 das Verfahren auf bis zu vier Monate verlängern.

(2) Eine Anordnung nach Absatz 1 ist nur zulässig, soweit und solange die Beteiligten keine Zugangs- oder Zusammenschaltungsvereinbarung treffen.

(3) Die Anrufung nach Absatz 1 Satz 2 muss begründet werden. Insbesondere muss dargelegt werden,

1.
welchen genauen Inhalt die Anordnung der Bundesnetzagentur haben soll,
2.
wann der Zugang nachgefragt worden ist und welche konkreten Leistungen dabei nachgefragt worden sind,
3.
dass ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben oder Verhandlungen vom Anrufungsgegner verweigert worden sind,
4.
bei welchen Punkten keine Einigung erzielt worden ist und
5.
wie begehrte technische Maßnahmen technisch ausführbar sind.
Die Anrufung kann bis zum Erlass der Anordnung widerrufen werden.

(4) Gegenstand einer Anordnung nach Absatz 1 können alle Bedingungen einer Zugangsvereinbarung sowie die Entgelte sein. Die Bundesnetzagentur darf die Anordnung mit Bedingungen, einschließlich Vertragsstrafen, in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpfen. Für die Regulierung der Entgelte gelten die Bestimmungen des Abschnitts 3.

(5) Sind sowohl Bedingungen einer Zugangsvereinbarung streitig als auch die zu entrichtenden Entgelte für nachgefragte Leistungen, soll die Bundesnetzagentur hinsichtlich der Bedingungen und der Entgelte jeweils Teilentscheidungen treffen. Sofern die Bundesnetzagentur Teilentscheidungen trifft, gelten für diese jeweils die in Absatz 1 genannten Fristen. Die Anordnung der Bundesnetzagentur kann nur insgesamt angegriffen werden.

(6) Im Laufe des Verfahrens vorgelegte Unterlagen werden nur berücksichtigt, wenn dadurch die Einhaltung der in Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist nicht gefährdet wird.

(7) Die betroffenen Unternehmen müssen eine Anordnung der Bundesnetzagentur nach Absatz 1 unverzüglich befolgen, es sei denn, die Bundesnetzagentur hat in der Anordnung eine Umsetzungsfrist bestimmt. Zur Durchsetzung der Anordnung kann die Bundesnetzagentur nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld von bis zu einer Million Euro festsetzen.

(1) Die Bundesnetzagentur legt im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze des § 2 und der Grundsätze des allgemeinen Wettbewerbsrechts die sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmärkte fest, die für eine Regulierung nach diesem Abschnitt in Betracht kommen können.

(2) Bei der Festlegung von Märkten nach Absatz 1 trägt die Bundesnetzagentur folgenden Veröffentlichungen der Kommission, in ihrer jeweils geltenden Fassung, weitestgehend Rechnung:

1.
der Empfehlung (EU) 2020/2245 der Kommission vom 18. Dezember 2020 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die gemäß der Richtlinie (EU)2018/1972des Europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 439 vom 29.12.2020, S. 23) und
2.
den Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht nach Artikel 64 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung) (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36).
Bei der Festlegung räumlich relevanter Märkte berücksichtigt die Bundesnetzagentur unter anderem die Intensität des Infrastrukturwettbewerbs in diesen Gebieten. Sie kann die nach den §§ 79 bis 83 erhobenen Informationen berücksichtigen.

(3) Im Falle der Feststellung einer länderübergreifenden Nachfrage durch das GEREK nach Artikel 66 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2018/1972 trägt die Bundesnetzagentur den Leitlinien zur gemeinsamen Vorgehensweise der Regulierungsbehörden zur Deckung einer ermittelten länderübergreifenden Nachfrage weitestgehend Rechnung.

(1) Ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, dem eine Zugangsverpflichtung nach § 26 oder 27 auferlegt worden ist, hat gegenüber anderen Unternehmen, die diese Leistung nachfragen, um Telekommunikationsdienste erbringen zu können, unverzüglich, spätestens aber drei Monate nach Auferlegung der Zugangsverpflichtung, einen entsprechenden Zugang anzubieten.

(2) Zugangsvereinbarungen nach Absatz 1 sind der Bundesnetzagentur vorzulegen.

(1) Gelangt die Bundesnetzagentur zu dem Schluss, dass die nach § 13 Absatz 1 auferlegten Verpflichtungen nicht zu einem wirksamen Wettbewerb geführt haben und wichtige und andauernde Wettbewerbsprobleme oder Marktversagen auf den Märkten für bestimmte Zugangsprodukte auf Vorleistungsebene bestehen, so kann sie als außerordentliche Maßnahme vertikal integrierte Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verpflichten, ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung der betreffenden Zugangsprodukte auf Vorleistungsebene in Form einer funktionellen Trennung in einem unabhängig arbeitenden Geschäftsbereich unterzubringen. Dieser Geschäftsbereich stellt Zugangsprodukte und -dienste allen Unternehmen, einschließlich der anderen Geschäftsbereiche des eigenen Mutterunternehmens, mit den gleichen Fristen und zu den gleichen Bedingungen, einschließlich der Entgelte und des Dienstumfangs, sowie mittels der gleichen Systeme und Verfahren zur Verfügung.

(2) Beabsichtigt die Bundesnetzagentur, eine Verpflichtung zur funktionellen Trennung aufzuerlegen, so übermittelt sie der Kommission einen entsprechenden Antrag, der Folgendes umfasst:

1.
den Nachweis, dass die in Absatz 1 genannte Schlussfolgerung der Bundesnetzagentur begründet ist;
2.
eine mit Gründen versehene Einschätzung, dass keine oder nur geringe Aussichten bestehen, dass es innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens einen wirksamen und nachhaltigen Infrastrukturwettbewerb gibt;
3.
eine Analyse der erwarteten Auswirkungen auf die Bundesnetzagentur, auf das Unternehmen, insbesondere auf das Personal des abgetrennten Geschäftsbereichs und auf den Telekommunikationssektor insgesamt, einschließlich der Investitionsanreize, insbesondere im Hinblick auf die notwendige Wahrung des sozialen und territorialen Zusammenhalts sowie auf sonstige interessierte Parteien, einschließlich der erwarteten Auswirkungen auf den Wettbewerb und möglicher Folgen für die Endnutzer;
4.
eine Analyse der Gründe, die dafür sprechen, dass diese Verpflichtung das effizienteste Mittel zur Eindämmung des festgestellten Wettbewerbsproblems oder Marktversagens darstellt.

(3) Die Bundesnetzagentur legt der Kommission neben dem Antrag nach Absatz 2 einen Maßnahmenentwurf vor, der Folgendes umfasst:

1.
die genaue Angabe von Art und Ausmaß der Trennung, insbesondere die Angabe des rechtlichen Status des getrennten Geschäftsbereichs;
2.
die Angabe der Vermögenswerte des getrennten Geschäftsbereichs sowie der von diesem bereitzustellenden Produkte und Dienstleistungen;
3.
die organisatorischen Modalitäten zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Personals des getrennten Geschäftsbereichs sowie die entsprechenden Anreize;
4.
Vorschriften zur Gewährleistung der Einhaltung der Verpflichtungen;
5.
Vorschriften zur Gewährleistung der Transparenz der betrieblichen Verfahren, insbesondere gegenüber den anderen interessierten Parteien;
6.
ein Überwachungsprogramm, mit dem die Einhaltung der Verpflichtung sichergestellt wird und das unter anderem die Veröffentlichung eines jährlichen Berichts enthält.

(4) Im Anschluss an die Entscheidung der Kommission über den Antrag nach Absatz 2 führt die Bundesnetzagentur entsprechend den Verfahren nach § 12 eine koordinierte Analyse der Märkte durch, bei denen eine Verbindung zum lokalen Anschlussnetz besteht. Auf der Grundlage ihrer Analyse erlässt die Bundesnetzagentur im Verfahren nach § 14 eine Regulierungsverfügung.

(5) Einem marktmächtigen Unternehmen, dem die funktionelle Trennung auferlegt wurde, kann auf jedem Einzelmarkt, auf dem es als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht nach § 11 eingestuft wurde, jede der Verpflichtungen nach § 13 Absatz 1 auferlegt werden.

(1) Ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, dem eine Zugangsverpflichtung nach § 26 oder 27 auferlegt worden ist, hat gegenüber anderen Unternehmen, die diese Leistung nachfragen, um Telekommunikationsdienste erbringen zu können, unverzüglich, spätestens aber drei Monate nach Auferlegung der Zugangsverpflichtung, einen entsprechenden Zugang anzubieten.

(2) Zugangsvereinbarungen nach Absatz 1 sind der Bundesnetzagentur vorzulegen.

(1) Die Bundesnetzagentur kann ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verpflichten, Dienstleistungen im Bereich der einheitlichen Rechnungsstellung sowie zur Entgegennahme oder zum ersten Einzug von Zahlungen nach Maßgabe der folgenden Absätze zu gewähren.

(2) Soweit der Endnutzer mit anderen Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste nicht etwas anderes vereinbart, hat ihm der Rechnungsersteller eine Rechnung zu erstellen, die unabhängig von der Tarifgestaltung auch die Entgelte für Telekommunikationsdienstleistungen und telekommunikationsgestützte Dienste anderer Anbieter ausweist, die über den Netzzugang des Endnutzers in Anspruch genommen werden. Die Zahlung an den Rechnungsersteller für diese Entgelte erfolgt einheitlich für die gesamte in Anspruch genommene Leistung wie für dessen Forderungen.

(3) Die folgenden Verpflichtungen können nicht auferlegt werden:

1.
eine Verpflichtung zur Rechnungserstellung für
a)
zeitunabhängig tarifierte Leistungen im Sinne von Absatz 2 Satz 1 mit Entgelten über 10 Euro,
b)
zeitabhängig tarifierte telekommunikationsgestützte Dienste jeweils mit Entgelten über 2 Euro pro Minute und
c)
alle Dienste, für die ein Legitimationsverfahren erforderlich ist;
2.
eine Verpflichtung zur Reklamationsbearbeitung der für Dritte abgerechneten Leistungen;
3.
eine Verpflichtung zur Mahnung und
4.
eine Verpflichtung zur Durchsetzung der Forderungen Dritter.

(4) Der Rechnungsersteller hat den Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste den Namen, die Anschrift und die Anschlusskennung des Schuldners zu übermitteln, soweit dies für die Zwecke der Reklamationsbearbeitung, der Mahnung sowie der Durchsetzung von Forderungen für Leistungen im Sinne von Absatz 2 Satz 1 erforderlich ist.

(5) Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste haben dem Rechnungsersteller gegenüber sicherzustellen, dass ihm keine Datensätze für Leistungen zur Abrechnung übermittelt werden, die nicht den gesetzlichen Regelungen entsprechen. Der Rechnungsersteller trägt weder die Verantwortung noch haftet er für die für Dritte abgerechneten Leistungen.

(6) Der Rechnungsersteller hat in seinen Mahnungen deutlich hervorgehoben anzugeben, dass der Kunde nicht nur den Mahnbetrag, sondern auch den gegebenenfalls höheren, ursprünglichen Rechnungsbetrag mit befreiender Wirkung an den Rechnungsersteller zahlen kann.

(7) Nach Absatz 1 auferlegte Verpflichtungen finden keine Anwendung, sofern der Rechnungsersteller eine Vereinbarung mit dem überwiegenden Teil des insoweit relevanten Marktes der von ihren Anschlusskunden auswählbaren Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste abgeschlossen hat und auch anderen Anbietern, die nicht an einer solchen Vereinbarung beteiligt sind, diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Dienstleistungen nach den in der Vereinbarung niedergelegten Bedingungen gewährt.

(1) Neben den der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen kann sie zusätzlich

1.
Preise solcher Unternehmen als Vergleich heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten; dabei sind die Besonderheiten der Vergleichsmärkte zu berücksichtigen und
2.
zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auch eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anstellen und hierfür Kostenmodelle heranziehen.
Soweit die der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen für eine Prüfung der genehmigungspflichtigen Entgelte nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 34 nicht ausreichen, kann die Entscheidung der Bundesnetzagentur auf einer Prüfung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 beruhen.

(2) Im Falle einer Genehmigung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 prüft die Bundesnetzagentur für jedes einzelne Entgelt die Einhaltung der Maßgaben nach den §§ 28 und 31 Absatz 1 Satz 2. Im Falle einer Genehmigung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 gelten bei Einhaltung der vorgegebenen Maßgrößen die Maßgaben nach § 28 und für den jeweiligen Korb nach § 31 Absatz 1 Satz 2 als erfüllt.

(3) Die Genehmigung ist ganz oder teilweise zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen des § 28 und im Fall einer Genehmigung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 den Anforderungen der §§ 28 und 31 Absatz 1 Satz 2 nach Maßgabe des Absatzes 2 entsprechen und keine Versagungsgründe nach Satz 2 oder 3 vorliegen. Die Genehmigung der Entgelte ist zu versagen, soweit die Entgelte mit diesem Gesetz, insbesondere mit § 28, oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen. Die Bundesnetzagentur kann eine Genehmigung der Entgelte auch versagen, wenn das Unternehmen die in § 34 genannten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat.

(4) Die Bundesnetzagentur soll die Genehmigung mit einer Befristung versehen.

(5) Beinhalten Entgeltgenehmigungen die vollständige oder teilweise Genehmigung eines vertraglich bereits vereinbarten Entgelts, so wirken sie zurück auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung durch das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht. Das Gericht kann im Verfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung die vorläufige Zahlung eines beantragten höheren Entgelts anordnen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht; der Darlegung eines Anordnungsgrundes bedarf es nicht. Verpflichtet das Gericht die Bundesnetzagentur zur Erteilung einer Genehmigung für ein höheres Entgelt, so entfaltet diese Genehmigung die Rückwirkung nach Satz 1 nur, wenn eine Anordnung nach Satz 2 ergangen ist. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Klageerhebung gestellt und begründet werden.

(5a) Werden Entgelte nach dem 31. Juli 2018 erstmalig genehmigt, findet Absatz 5 Satz 3 keine Anwendung, wenn der Vertragspartner gemäß Absatz 5 Satz 1 Zugangsleistungen nachfragt und dieses Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor der Klageerhebung, für das ein Jahresabschluss vorliegt, einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro erzielt hat. Umsätze verbundener Unternehmen im Sinne des § 3 Nummer 29 sind zu berücksichtigen, wenn die verbundenen Unternehmen ebenfalls Umsätze auf Telekommunikationsmärkten erzielen.

(6) In dem Verfahren nach Absatz 5 in Verbindung mit § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens einen Monat ab der Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ist mitzuteilen, an welchem Tag die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen. In den Fällen des § 35 Absatz 5a Satz 1 finden die Sätze 1 bis 9 auf sämtliche Rechtsbehelfsverfahren des Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht Anwendung, die auf die Genehmigung eines beantragten höheren Entgelts gerichtet sind.

(7) Die Bundesnetzagentur veröffentlicht genehmigte Entgelte.