Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. Apr. 2016 - 5 P 4/15

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2016:200416B5P4.15.0
bei uns veröffentlicht am20.04.2016

Gründe

I

1

Zwischen den Verfahrensbeteiligten steht im Streit, ob im Verhältnis zum Antragsteller der Beteiligte zu 1 oder der Beteiligte zu 2 die Aufgaben der Dienststelle im Sinne des § 91 Abs. 6 i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 PersVG BB 2009 wahrnimmt.

2

Der antragstellende Lehrerrat ist bei einer in öffentlicher Trägerschaft stehenden Oberschule im Land Brandenburg gebildet, die im Jahr 2012 nicht am Modellversuch "Stärkung der Selbständigkeit von Schulen" teilgenommen hat. Dem Beteiligten zu 1 waren als Schulleiter einzelne gegenüber den Lehrkräften und dem sonstigen pädagogischen Personal bestehende Aufgaben des Dienstvorgesetzten zur selbständigen Entscheidung übertragen worden, darunter die Befugnis, Dienstbefreiung für Beamte oder Arbeitsbefreiung für Tarifbeschäftigte zu gewähren, Mehrarbeit bis zu vier Wochen zu genehmigen sowie die Ausübung einer Nebentätigkeit des pädagogische Personals zu verbieten oder einzuschränken.

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Am 8. November 2012 beschloss der Antragsteller, die Vorsitzende des Lehrerrats Frau W. zu einer erstmals angebotenen Grundschulung für Lehrerräte zu entsenden und zeigte dem Beteiligten zu 1 den Beschluss am 13. November 2012 schriftlich an. Dieser erwiderte mit Schreiben vom 22. November 2012, dass er den Beschluss zur Kenntnis genommen habe und die Unterrichtsvertretung für Frau W. abgesichert werden könne. Nachdem Frau W. an der Schulung teilgenommen hatte, stellte die Veranstalterin der Schulung auf der Grundlage einer Abtretungserklärung dem Beteiligten zu 1 das Teilnahmeentgelt in Rechnung. Am 15. Januar 2013 teilte der Beteiligte zu 2 dem Antragsteller mit, dass er erstmals am 2. Januar 2013 von dem Beteiligten zu 1 davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass der Antragsteller am 8. November 2012 einen kostenwirksamen Entsendeschluss gefasst habe. Dem widerspreche er.

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In dem hierauf vom Antragsteller eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Oktober 2013 dem Antrag entsprechend festgestellt, dass die Dienststelle verpflichtet sei, die Kosten für die Teilnahme des Lehrerratsmitglieds Frau W. an der Schulungsveranstaltung zu tragen.

5

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat das Oberverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den erstinstanzlichen Beschluss geändert und festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 verpflichtet sei, die Kosten für die Teilnahme des Lehrerratsmitglieds Frau W. an der Grundschulung zu tragen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Die Kostentragungspflicht beurteile sich nach § 91 Abs. 6 i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009. Dienststelle im Sinne des § 46 Abs. 3 Satz 2 PersVG BB 2009 sei hier die von dem Beteiligten zu 1 vertretene Oberschule, da der Gesetzgeber in § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 für die entsprechende Geltung der §§ 45 bis 47 PersVG BB 2009 nicht an die Entscheidungsbefugnis des Leiters der Dienststelle, sondern an diejenige des Schulleiters anknüpfe. Dieser stehe dem Lehrerrat nach der Konzeption des Gesetzgebers in den von den §§ 45 bis 47 PersVG BB 2009 erfassten Fällen wie ein Dienststellenleiter gegenüber. Damit werde erreicht, dass dem Lehrerrat, soweit dieser gemäß § 91 Abs. 3 bis 6 PersVG BB 2009 mit der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben auf örtlicher Ebene betraut sei, der entscheidungsbefugte Dienststellenleiter als "richtiger 'Gegenspieler'" zugeordnet werde. Zudem werde vermieden, dass sich die gemäß § 45 Abs. 4 PersVG BB 2009 zu beantwortende Frage einer Freistellung der Mitglieder des Lehrerrates nach der Anzahl der wahlberechtigten Beschäftigten der von dem Beteiligten zu 2 vertretenen Dienststelle bemesse. Überdies werde verhindert, dass sich der aus dem Anspruch auf Freistellung vom Dienst, auf Lohnfortzahlung und auf Erstattung von mit der Grundschulung verbundenen Kosten zusammensetzende personalvertretungsrechtliche Schulungs- und Fortbildungsanspruch in einer für den Lehrerrat nur schwierig zu überschauenden Weise aufgespalten und auf mehrere Entscheidungsträger verteilt werde. § 91 Abs. 6 i.V.m. § 46 Abs. 3 PersVG BB 2009 liege die Intention des Gesetzgebers zugrunde, die Entscheidung über den Schulungs- und Fortbildungsanspruch in Gänze bei der dem Lehrerrat gegenüberstehenden "Dienststelle" zu konzentrieren. Da der Beteiligte zu 1 dem Entsendebeschluss nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen widersprochen habe, sei dieser gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 PersVG BB für ihn bindend und er zur Kostentragung verpflichtet.

6

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1. Der Beteiligte zu 2 hat seine gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde erhobene Beschwerde zurückgenommen. Daraufhin ist das Beschwerdeverfahren insoweit eingestellt worden.

7

Zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde hat der Beteiligte zu 1 im Wesentlichen darauf abgestellt, dass er nicht Dienststelle im Sinne des § 46 Abs. 3 PersVG BB 2009 sei. Die Einwände gegen die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme und den Einwand fehlender Haushaltsmittel hat er nicht wieder aufgegriffen. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 sei Dienststelle für die Lehrkräfte und das weitere pädagogische Personal allein das Staatliche Schulamt. Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers, dass an seine Stelle im Zusammenhang mit den § 91 Abs. 6 i.V.m. § 46 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 der Schulleiter trete, sei nicht ersichtlich. § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 ziele auf die Herstellung und Stärkung der Schutzrechte der Lehrerräte in Schulen, in denen der Schulleiter zu selbständigen Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten berufen sei. Mitglieder der betreffenden Lehrerräte hätten den Mitgliedern der Personalräte in Bezug auf die Regelungsgegenstände der §§ 45 bis 47 PersVG BB 2009 gleichgestellt werden sollen, ohne dass ihnen bei der Wahrnehmung dieser Rechte eine neue Dienststelle habe gegenübergestellt werden sollen.

8

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts.

II

9

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist begründet. Der angefochtene Beschluss, mit dem das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dass der Beteiligte zu 1 verpflichtet ist, die Kosten für die Teilnahme des Lehrerratsmitglieds Frau W. an der betreffenden Grundschulung zu tragen, beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 95 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Brandenburg vom 15. September 1993 in Bezug auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 21 des Gesetzes vom 3. April 2009 - PersVG BB 2009 - i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) (1.). Über die Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf Feststellung der Kostentragungspflicht des Beteiligten zu 2 kann das Bundesverwaltungsgericht nicht entscheiden. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist insoweit nicht Streitgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens und im Übrigen rechtskräftig (2.).

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1. Soweit sich der Antrag auf Feststellung, dass die Dienststelle verpflichtet ist, die Kosten für die Teilnahme des Lehrerratsmitglieds Frau W. für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung zu tragen, auf den Beteiligten zu 1 bezieht, ist er zwar zulässig (a), jedoch unbegründet (b).

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a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass in Fallgestaltungen, in denen es um die Erstattung der durch die Entsendung von Personalratsmitgliedern zu Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehenden Kosten geht, nicht nur das unmittelbar betroffene Mitglied des Personalrates, sondern auch der Personalrat selbst antragsbefugt ist, sofern er Fragen der Erstattungspflicht einer gerichtlichen Klärung zuführen möchte, die sich im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stellen. Hintergrund ist, dass die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nicht nur im Interesse des Mitgliedes der Personalvertretung, sondern auch im Interesse der Beschäftigten und der Dienststelle an einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung der personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten liegt. Die Antragsbefugnis schließt die Geltendmachung der im konkreten Einzelfall angefallenen Kosten der Teilnahme an der betreffenden Grundschulung im Wege der organschaftlichen Prozessstandschaft ein (BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 1979 - 6 P 24.78 - PersV 1981, 25, vom 27. August 1990 - 6 P 26.87 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 18 S. 20, vom 7. Dezember 1994 - 6 P 36.93 - BVerwGE 97, 166 <168> und vom 26. Februar 2003 - 6 P 9.02 - BVerwGE 118, 1 <3 f.>). Ihr steht nicht entgegen, dass das entsandte Mitglied seinen Kostenerstattungsanspruch an den Anbieter der Grundschulung abgetreten hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. März 1984 - 6 P 5.82 - BVerwGE 69, 100 <103> und vom 8. September 1986 - 6 P 4.84 - Buchholz 238.3A § 46 BPersVG Nr. 20 S. 24). Für den Lehrerrat gilt dies entsprechend.

12

b) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beteiligte zu 1 nicht verpflichtet, die Kosten für die Teilnahme des entsandten Mitglieds des Lehrerrats an der Schulung zu übernehmen.

13

Gemäß § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 finden für Mitglieder von Lehrerräten an Schulen, in denen der Schulleiter zu selbständigen Entscheidungen in Angelegenheiten des pädagogischen Personals befugt ist, die Regelungen des Fünften Abschnitts entsprechend Anwendung (vgl. zur partiellen Unvereinbarkeit von § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 mit Landesverfassungsrecht: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 15. Oktober 2009 - VfGBbg 9/08 - LVerfGE 20, 105 <120 f. und 125>). Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 sind die Mitglieder des Personalrates unter Fortzahlung der Bezüge und unter Übernahme der Kosten für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind. Beschlüsse des Personalrates über die Teilnahme an Veranstaltungen im Sinne des § 46 Abs. 1 bis 2 PersVG BB 2009 haben gemäß § 46 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 PersVG BB 2009 die dienstlichen Interessen angemessen zu berücksichtigen und sind der Dienststelle nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 PersVG BB 2009 rechtzeitig schriftlich anzuzeigen. Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 PersVG BB 2009 sind sie für die Dienststelle bindend, wenn diese innerhalb von zehn Arbeitstagen nicht widerspricht. Aus dem Zusammenhang von 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 PersVG BB 2009 folgt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Kostenübernahme die Dienststelle insoweit verpflichtet ist.

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Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist zu Recht nicht mehr streitig, dass die Voraussetzungen des § 91 Abs. 6 i.V.m. § 46 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 PersVG BB 2009 für die Kostenübernahme erfüllt sind (aa). Anspruchsverpflichtete Dienststelle im Sinne des § 46 Abs. 3 Satz 1 und 2 PersVG BB 2009 ist hier indes nicht die Oberschule, sondern das Staatliche Schulamt (bb).

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aa) Die von dem Antragsteller entsandte Lehrerin nahm an der Schulung in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Antragstellers teil. Der Beteiligte zu 1 war im maßgeblichen Zeitpunkt des Entsendungsbeschlusses (BVerwG, Beschluss vom 27. April 1979 - 6 P 45.78 - BVerwGE 58, 54 <58 f.>) zu selbständigen Entscheidungen in einzelnen Angelegenheiten des pädagogischen Personals befugt. Denn ihm sind Aufgaben übertragen worden nach Maßgabe der Nr. 2 Buchst. b und c der auf der Grundlage von § 146 i.V.m. § 71 Abs. 3 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. August 2002, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2011 (GVBl. I Nr. 35), - BbgSchulG 2011 - ergangenen Verwaltungsvorschriften zur Übertragung einzelner Aufgaben der oder des Dienstvorgesetzten der Lehrkräfte und des sonstigen pädagogischen Personals der Schulen auf die Schulleiterinnen oder die Schulleiter (VV-Dienstvorgesetztenaufgaben-Übertragung - DAÜVV vom 20. Juli 2010 ). Bei diesen Angelegenheiten handelt es sich unter anderem um mitbestimmungspflichtige sonstige innerdienstliche Angelegenheiten im Sinne des § 66 Nr. 2 PersVG BB 2009 und um personelle Maßnahmen im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 20 PersVG BB 2009. Der Beteiligte zu 1 stellt nicht länger in Frage, dass die Grundschulung ihrem Inhalt nach für die teilnehmende Vorsitzende des Antragstellers erforderlich, d.h. objektiv für die Lehrerratstätigkeit und subjektiv im Hinblick auf das Schulungsbedürfnis der Mitglieder geboten war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. November 2012 - 6 P 4.12 - Buchholz 251.92 § 42 SAPersVG Nr. 2 Rn. 11 m.w.N.). Ebenso wenig wiederholt er den Einwand fehlender Haushaltsmittel (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 6 P 9.02 - BVerwGE 118, 1 <5 ff.>). Nicht im Streit steht schließlich, dass der Antragsteller im Rahmen der Beschlussfassung über die Teilnahme seiner Mitglieder an der Schulungsveranstaltung dienstliche Interessen angemessen berücksichtigt und den Entsendungsbeschluss gegenüber dem Beteiligten zu 1 rechtzeitig angezeigt hat.

16

bb) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beteiligte zu 1 nicht verpflichtet, die Kosten der Schulung zu übernehmen.

17

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 ist für die Lehrkräfte und das weitere pädagogische Personal an Schulen in öffentlicher Trägerschaft Dienststelle im Sinne der §§ 1, 6 und 12 PersVG BB 2009 das Staatliche Schulamt. Die Bestimmung enthält eine spezielle und abschließende Festlegung der Dienststelleneigenschaft für den Bereich der Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Sie bewirkt auch, dass das Staatliche Schulamt diejenige Dienststelle ist, die nach § 91 Abs. 6 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 PersVG BB 2009 die hier in Rede stehenden Kosten zu übernehmen hat. Dem Oberverwaltungsgericht ist nicht darin zu folgen, dass sich aus § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 etwas anderes ergibt.

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Bereits der Wortlaut des § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 deutet mit Gewicht da-rauf hin, dass in allen Zusammenhängen, bei denen es im Anwendungsbereich des Personalvertretungsgesetzes für das Land Brandenburg darauf ankommt, wem im Bereich der Schulen in öffentlicher Trägerschaft die Dienststelleneigenschaft zukommt, auf das Staatliche Schulamt abzustellen ist. Dem Wortsinn ist nicht zu entnehmen, dass im Fall der "entsprechenden" Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 PersVG BB 2009 die Zuweisung der Dienststelleneigenschaft an das Staatliche Schulamt keine Geltung beansprucht. Die Anordnung der entsprechenden Anwendung der Regelungen des Fünften Abschnitts des Gesetzes besagt aus grammatikalischer Sicht (lediglich), dass diese unmittelbar für den Personalrat geltenden Bestimmungen über ihren Wortlaut hinaus - also entsprechend - auch für den Lehrerrat anzuwenden sind.

19

Der systematische Zusammenhang des § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 mit § 91 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 weist sehr deutlich in die Richtung, dass das Staatliche Schulamt zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist. Die zuletzt genannte Regelung trifft eine - gleichsam "vor die Klammer gezogene" - mit Blick auf den Wortsinn eindeutige Aussage darüber, wer für die Lehrkräfte und das weitere pädagogische Personal an Schulen in öffentlicher Trägerschaft Dienststelle ist. Die Festlegung auf das Staatliche Schulamt bezieht sich auf den gesamten Anwendungsbereich des § 91 PersVG BB 2009, mithin auch auf dessen Absatz 6. Damit erstreckt sich die von § 91 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 vorgenommene Festlegung auch auf alle Regelungen, die nach § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 entsprechend Anwendung finden. Indem die Zuweisung der Dienststelleneigenschaft an das Staatliche Schulamt auch für den Fall der Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 46 PersVG BB 2009 gilt, ist sie auch insoweit anzuwenden, als diese Regelung die "Dienststelle" zur Kostenübernahme verpflichtet.

20

Aus dem Zusammenhang des § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 mit § 91 Abs. 4 Satz 2 PersVG BB 2009 folgt - anders als die Vorinstanz meint - nicht, dass der Schulleiter die zur Kostenübernahme verpflichtete Dienststelle ist. Zutreffend weist das Oberverwaltungsgericht zwar darauf hin, dass die entsprechende Anwendung der Regelungen des Fünften Abschnitts des Gesetzes voraussetzt, dass der Schulleiter zu selbständigen Entscheidungen befugt ist und insoweit ein systematischer Zusammenhang mit § 91 Abs. 4 Satz 2 PersVG BB 2009 besteht. Nach dieser Norm wird der Lehrerrat von dem Schulleiter zu Angelegenheiten, in denen er zu einer Entscheidung befugt ist, nach den Bestimmungen des Personalvertretungsgesetzes grundsätzlich beteiligt. Aus dem Umstand, dass die Anordnung der entsprechenden Anwendung der Regelungen des Fünften Abschnitts des Gesetzes und das Beteiligungsrecht des Lehrerrates die Befugnis des Schulleiters zu selbständigen Entscheidungen voraussetzt, kann hingegen nicht gefolgert werden, dass entgegen dem bisherigen Auslegungsbefund der Dienststellenbegriff des § 91 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009 im vorliegenden Zusammenhang mit der Folge modifiziert wird, dass kostenübernahmepflichtige Dienststelle die von dem Schulleiter vertretene Schule ist.

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Dies ergibt sich auch nicht aus den Zwecken, die der Gesetzgeber mit § 91 Abs. 4 Satz 2 PersVG BB 2009 und § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 verfolgt. § 91 Abs. 4 Satz 2 PersVG BB 2009 zielt nicht auf eine Änderung des Begriffs der Dienststelle im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 PersVG BB 2009, sondern regelt in Abweichung von dem in § 91 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 PersVG BB 2009 zum Ausdruck kommenden Regelfall einer personalvertretungsrechtlichen Beteiligung des bei der Dienststelle, dem Staatlichen Schulamt, gebildeten Personalrats die Beteiligung des Lehrerrats. § 91 Abs. 6 PersVG BB 2009 ist eine Folgeregelung zu § 91 Abs. 4 Satz 2 PersVG BB 2009 und bezweckt eine Verbesserung der Rechtsstellung derjenigen Lehrerräte, die an Schulen gebildet wurden, deren Leitung zu selbständigen Entscheidungen in einzelnen Angelegenheiten befugt ist. Wegen des mit der partiellen Übertragung von Dienstvorgesetztenaufgaben auf die Schulleitung gemäß § 91 Abs. 4 Satz 2 PersVG BB 2009 einhergehenden Zuwachses von Beteiligungsrechten erachtete der Gesetzgeber ein Zurückbleiben der Rechtsstellung der betroffenen Lehrerräte gegenüber derjenigen des Personalrates als sachlich nicht gerechtfertigt (LT-Drs. 4/3006 S. 100).

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2. Soweit sich der Antrag auf Feststellung, dass die Dienststelle verpflichtet ist, die Kosten für die Teilnahme der Lehrerratsvorsitzenden Frau W. für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung zu tragen, auf den Beteiligten zu 2 bezieht, hat das Bundesverwaltungsgericht darüber nicht zu entscheiden. Streitgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist auf der Grundlage der Rechtsbeschwerdeschrift des Beteiligten zu 1 vom 7. August 2015 allein der Antrag des Antragstellers auf Feststellung der Kostentragungspflicht des Beteiligten zu 1.

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. Apr. 2016 - 5 P 4/15 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 93 Rechtsbeschwerdegründe


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(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten trägt der Bund. (2) Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Aufwendungsersatz in entsprechender Anwen

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG 2021 | § 44 Geschäftsordnung


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(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß der Beschluß des Landesarbeitsgerichts auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm beruht. Sie kann nicht auf die Gründe des § 92b gestützt werden.

(2) § 65 findet entsprechende Anwendung.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Sonstige Bestimmungen über die Geschäftsführung können in einer Geschäftsordnung getroffen werden, die der Personalrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder beschließt.

(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten trägt der Bund.

(2) Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen zu Reisekosten und Trennungsgeld. Für den Ersatz von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen gelten die beamtenrechtlichen Bestimmungen entsprechend.