Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 27. Nov. 2015 - 2 BvQ 43/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2015:qk20151127a.2bvq004315
27.11.2015

Tenor

Auf die Gegenvorstellung der Antragstellerin wird der Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. November 2015 aufgehoben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

1. Auf den als Gegenvorstellung zu wertenden Schriftsatz der Antragstellerin vom 27. November 2015 war der Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tage aufzuheben (vgl. Hammer, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 93 Rn. 56).

2

Vorgenannter Beschluss beruhte auf der fehlenden Übersendung des seitens der Antragstellerin angegriffenen Beschlusses des Landgerichts Erfurt vom 19. November 2015. Die Antragstellerin hat jedoch nach Erlass des Beschlusses vom heutigen Tage eidesstattlich versichert, auf den zuvor unternommenen erfolglosen Versuch, den Beschluss des Landgerichts Erfurt als Anlage zum Antragsschriftsatz per Fax zu übermitteln, die Faxeingangsstelle des Bundesverfassungsgerichts kontaktiert und die Auskunft erhalten zu haben, dass eine Übersendung der Anlagen mittels E-Mail ausreichend sei. Dieser Umstand rechtfertigt die Aufhebung des Beschlusses vom heutigen Tage sowie eine erneute Entscheidung.

3

2. Die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung liegen indes nicht vor.

4

a) Ein Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung substantiiert dargelegt sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Oktober 2006 - 1 BvQ 30/06 -, juris; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06 -, juris; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. August 2015 - 1 BvQ 28/15 -, juris). Dazu gehört auch die substantiierte Darlegung, dass der - wie hier noch zu stellende - Antrag in der Hauptsache weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. August 2015 - 1 BvQ 28/15 -, juris; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. September 2015 - 2 BvQ 29/15 -, juris).

5

b) Gemessen hieran kann eine einstweilige Anordnung nicht ergehen. Der gestellte Antrag ist unbegründet, da eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet wäre.

6

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die privatwirtschaftlich organisierte Presse bei der Auswahl der von ihr verbreiteten Nachrichten und Meinungen der Verpflichtung zu Neutralität nicht unterliegt (vgl. BVerfGE 37, 84 <91>). Anders als die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten dürfen Presseorgane auch den Abdruck von Anzeigen und Leserzuschriften einer bestimmten Tendenz verweigern, ohne dass darin eine unzulässige Beeinträchtigung der Freiheit der politischen Willensbildung läge, selbst wenn zugleich entgegenstehenden Meinungen Raum gegeben würde. Daran ändert auch eine regionale Monopolstellung nichts. Da politische Wettbewerber - nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung der modernen Informationstechnologien - über vielfältige Möglichkeiten der Verbreitung von Informationen verfügen, bedarf es auch bei einer regionalen Monopolstellung eines Presseorgans keiner Einschränkung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten verlegerischen Freiheit (vgl. BVerfGE 37, 84 <91>; 42, 53 <62>; Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, BT Anz Rn. 61 ff.).

7

Nichts anderes kann vorliegend gelten. Selbst wenn den von der Antragstellerin bezeichneten und in privater Hand betriebenen Mediengruppen eine regionale Monopolstellung zukäme, kann hieraus eine Verpflichtung zum Abdruck von Anzeigen, die die Einladung zu einem "Bürgerdialog" der Antragstellerin zum Gegenstand haben, mit dem ihr "Konzept zur Asyl- und Zuwanderungspolitik" vorgestellt werden soll, nicht hergeleitet werden. Die Antragstellerin verfügt über sonstige Möglichkeiten, für die Veranstaltung in anderer Form zu werben und hat davon - wie ihr Internetauftritt zeigt - auch Gebrauch gemacht. Daher begegnen die diesbezüglichen Erwägungen in den angegriffenen Beschlüssen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 32


(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dring

Referenzen

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.