Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 05. Sept. 2015 - 1 BvQ 30/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2015:qk20150905.1bvq003015
05.09.2015

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Dem Antragsteller wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig, da dem Antragsteller das für die Rechtsverfolgung notwendige Rechtsschutzinteresse fehlt.

2

a) Seit dem 21. August 2015 sind nach Auskunft des zuständigen Oberlandesgerichts beide in der Niedersächsischen Rechtspflege vom 15. Juli 2014 ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk Vechta besetzt, so dass das mit dem Antrag verfolgte Rechtsschutzziel, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Oldenburg aufzugeben, eine der beiden in der Niedersächsischen Rechtspflege vom 15. Juli 2014 ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk Vechta bis zu einer Entscheidung in dem Verfahren Not 3/15 (OLG Celle) noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde frei zu halten, nicht mehr erreicht werden kann.

3

Die Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt aber voraus, dass noch im Zeitpunkt der verfassungsgerichtlichen Entscheidung ein Rechtsschutzinteresse für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes besteht (vgl. BVerfGE 50, 244 <247>; stRspr). Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Insbesondere handelt es sich nicht um einen Fall, in dem trotz Erledigung ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse angenommen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 96, 27 <40>; 104, 220 <232 f.>; 119, 309 <317 f.>; stRspr).

4

b) Dessen ungeachtet fehlte ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung schon von Anfang an deshalb, weil es sich um die bloße Wiederholung eines bereits abgelehnten Antrags handelt (vgl. BVerfGE 4, 110 <113>; 122, 120 <132>). Ist ein Antrag bereits zuvor abgelehnt worden, so kann er in zulässiger Weise nur dann erneut gestellt werden, wenn eine Änderung in den tatsächlichen Umständen eingetreten ist (vgl. BVerfGE 35, 257 <260 f.>; 91, 83 <91>) und der wiederholte Antrag auf neue Gründe gestützt wird (vgl. BVerfGE 4, 110 <113>). Das ist hier nicht der Fall.

5

Der Antragsteller hat nach Erhalt des den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnenden Beschlusses der Kammer vom 20. August 2015 in dem Verfahren 1 BvQ 28/15 die dort eingereichte Antragsschrift lediglich um Ausführungen zur Begründetheit einer noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde ergänzt. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich mit Blick auf diese Ergänzungen die Sach- oder Rechtslage im Vergleich zu dem zuvor gestellten Antrag geändert hat. Der Antragsteller ist auf die Frage der Zulässigkeit eines wiederholenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht eingegangen und hat sich mit der diesbezüglichen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt.

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2. Dem Antragsteller ist nach § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Missbrauchsgebühr aufzuerlegen, weil der nur wiederholende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung missbräuchlich ist.

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Ein Missbrauch liegt unter anderem dann vor, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung offensichtlich unzulässig ist und seine Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfGK 6, 219 f.; 10, 94 <97>; 14, 468 <470>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch für jedermann erkennbar aussichtslose Anträge behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. BVerfGK 3, 219 <222>; 6, 219 f.; 10, 94 <97>).

8

Dies gilt insbesondere gegenüber dem Antragsteller als Rechtsanwalt. Von einem Rechtsanwalt - als Bevollmächtigtem wie auch in eigener Sache - ist zu erwarten, dass er sich mit der verfassungsrechtlichen Materie und der hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Verfassungsrechtsbehelfs auseinandersetzt, dessen Erfolgsaussichten eingehend abwägt und sich den Ergebnissen seiner Prüfung entsprechend verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 725/96 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 1584/10 -, juris).

9

Vorliegend hätte es nur einer kurzen Auseinandersetzung mit der einschlägigen und ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedurft, um zu erkennen, dass der nur wiederholende und lediglich in seiner Begründung veränderte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Veränderung der dem Antragsbegehren zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage unzulässig ist.

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Da der Antragsteller als Rechtsanwalt über hinreichenden eigenen rechtlichen Sachverstand verfügt, konnte er selbst die offensichtliche Unzulässigkeit seines Antrags erkennen und ist daher selbst mit der Missbrauchsgebühr zu belasten.

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Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte und der Erwerbssituation des Antragstellers als Rechtsanwalt erscheint eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € als angemessen, aber auch erforderlich, um im Hinblick auf die Erhebung offensichtlich unzulässiger Verfassungsrechtsbehelfe auf den Antragsteller einzuwirken.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei. (2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes

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Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 20. Aug. 2015 - 1 BvQ 28/15

bei uns veröffentlicht am 20.08.2015

Gründe 1 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig. 2

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Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig.

2

Ein Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung substantiiert dargelegt sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Oktober 2006 - 1 BvQ 30/06 -, juris; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06 -, juris). Dazu gehört auch die Darlegung, dass der Antrag in der zugehörigen Hauptsache weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet ist. Wird - wie hier - isoliert eine einstweilige Anordnung beantragt, muss der Antrag die Angaben enthalten, die zur Begründung der noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde erforderlich sind.

3

Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung nicht.

4

Zur Zulässigkeit der noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde ist der Antragsbegründung nichts zu entnehmen. Darüber hinaus erschöpft sich die verfassungsrechtliche Argumentation des Antragstellers in der Behauptung, dass die im Rahmen des Hauptsacheverfahrens noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde in Bezug auf die Rüge der Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG zumindest nicht offensichtlich unbegründet sei, weil zu klären sein werde, ob die vorgenommene Auswahlentscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts unter Berücksichtigung der vorgenommenen Punkteermittlung vor Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 GG Bestand haben werde. Es werde auch zu klären sein, ob und inwieweit die Anwendung der Allgemeinverfügung der Angelegenheiten der Notarinnen und Notare durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genüge.

5

Allerdings unterlässt der Antragsteller jegliche weitere Auseinandersetzung mit den betroffenen Grundrechten. Weder erfolgt eine nachvollziehbare verfassungsrechtliche Auseinandersetzung mit dem Schutzbereich noch die Darlegung eines Eingriffs in diesen. Mit bereits ergangener verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung setzt sich der Antragsteller nur im Rahmen der Folgenabwägung auseinander. Darüber hinaus finden keine Auseinandersetzung mit den detaillierten Gründen der im Verfahren der Verfassungsbeschwerde anzufechtenden Entscheidung des Notarsenats des Oberlandesgerichts und eine Darlegung, warum diese gegen Verfassungsrecht verstoße, statt. Ob sich insoweit Ausführungen in dem vom Antragsteller betriebenen Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1734/15 finden lassen, kann dahinstehen. Der Antragsteller hat die Beschwerdeschrift dieses Verfassungsbeschwerdeverfahrens nicht zum Gegenstand auch des hiesigen Verfahrens gemacht. Es ist zudem nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, verfassungsrechtlich Relevantes aus Anlagen oder aus Akten anderer Verfahren herauszusuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>).

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes einen Mißbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (§ 32) mißbräuchlich gestellt ist.

(3) Für die Einziehung der Gebühr gilt § 59 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung entsprechend.