Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2004 - XI ZR 36/03

bei uns veröffentlicht am10.02.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 36/03 Verkündet am:
10. Februar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________

a) Bei einem Urkundenprozeß sind diejenigen Teile des Streitverhältnisses, die im
Vorbehaltsurteil beschieden werden mußten, damit es überhaupt ergehen
konnte, als endgültig beschieden dem Streit im Nachverfahren entzogen.

b) Der Beklagte kann im Nachverfahren die Echtheit einer Privaturkunde nicht nur
dann bestreiten, wenn er sich dazu im Urkundenprozeß nicht erklärt hat, sondern
auch dann, wenn das Gericht sein Bestreiten im Urkundenprozeß nicht als
ausreichend angesehen und die Echtheit der Urkunde daher keiner Prüfung
unterzogen hat.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2004 - XI ZR 36/03 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 10. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem angeblichen Schuldanerkenntnis in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist im Besitz einer von dem Rechtsbeistand S. "beglaubigten" Ablichtung einer angeblich vom Beklagten am 16. Januar 1984 unterschriebenen Urkunde des Inhalts, daß der Beklagte anerkenne, ihr 250.000 DM nebst 8% Zinsen seit dem 1. Januar 1983 zu schulden. Diese Ablichtung ist ihr von dem Rechtsbeistand
S. mit einem Begleitschreiben vom 17. Januar 1984 übersandt worden. Sie forderte den Beklagten erstmals im Jahre 2001 zur Zahlung der 250.000 DM nebst 8% Zinsen seit dem 1. Januar 1983 in Höhe von insgesamt 365.041,10 DM auf.
Da der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, hat die Klägerin im Urkundenprozeß ein rechtskräftig gewordenes Vorbehaltsurteil des Landgerichts über 250.000 DM zuzüglich Zinsen erwirkt. Im Nachverfahren streiten die Parteien insbesondere über die Wirksamkeit des Schuldanerkenntnisses , wobei der Beklagte unter anderem die Echtheit seiner Unterschrift bestreitet und hilfsweise behauptet, nur zum Schein unterschrieben zu haben. Der Beklagte macht ferner geltend, im Falle der Wirksamkeit des Schuldanerkenntnisses sei dieses ohne Rechtsgrund abgegeben worden. Er hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat sein Vorbehaltsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht des Landgerichts gefolgt, daß die Klägerin die Voraussetzungen eines wirksamen Schuldanerkenntnisses nicht dargetan habe, und hat dies im wesentlichen wie folgt begründet :
§ 781 Satz 1 BGB setze für die Gültigkeit eines Schuldanerkenntnisses die schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung voraus. Die bloße Unterschrift unter eine entsprechende Urkunde genüge dafür nicht. Erforderlich seien vielmehr Übergabe und Zugang der Urkunde an den Gläubiger mit Willen des Schuldners. Dabei müsse es sich - ebenso wie in dem gleichgelagerten Fall der Bürgschaftserteilung - um die Urschrift der Urkunde oder zumindest - im Anwendungsbereich der §§ 45, 47 BeurkG - um eine beglaubigte Ausfertigung handeln.
Diesen Erfordernissen genüge die der Klägerin übersandte, von einem Rechtsbeistand beglaubigte Ablichtung der Anerkenntnisurkunde nicht. Die Urschrift der Urkunde sei der Klägerin nicht zugegangen und auch nicht von dem Rechtsbeistand als Vertreter der persönlich nicht anwesenden Klägerin entgegengenommen worden.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, ob das Berufungsurteil bereits deshalb aufgehoben werden müßte, weil es die Berufungsanträge nicht enthält, deren Aufnahme durch den neuen § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht entbehrlich geworden und daher auch nach neuem Recht unverzichtbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743, zum Abdruck in BGHZ 154, 99 vorgesehen, vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, WM 2003, 2424, 2425 und vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, WM 2004, 50, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen; Senatsurteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03, Umdruck S. 5). Selbst wenn man diesen Fehler mit der Begründung für unschädlich hielte, daß das Petitum der Berufungsklägerin aus dem übrigen Inhalt des Berufungsurteils hinreichend deutlich erkennbar sei (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003, vom 6. Juni 2003, vom 30. September 2003 und vom 13. Januar 2004, jeweils aaO), könnte das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
2. Dieses Urteil ist jedenfalls deshalb rechtsfehlerhaft, weil es - ebenso wie bereits das klageabweisende landgerichtliche Urteil - auf einer Verkennung der Bindungswirkung des rechtskräftigen Vorbehaltsurteils des Landgerichts beruht.

a) Ein Vorbehaltsurteil im Urkundenprozeß entfaltet insoweit Bindungswirkung für das Nachverfahren, als es nicht auf den eigentümlichen Beschränkungen der Beweismittel im Urkundenprozeß beruht. Daraus folgt, daß diejenigen Teile des Streitverhältnisses, die im Vorbehaltsurteil beschieden werden mußten, damit es überhaupt ergehen konnte, als endgültig beschieden dem Streit entzogen sind (BGHZ 82, 115, 117 ff.; BGH, Urteile vom 1. Oktober 1987 - III ZR 134/86,
WM 1987, 1416, 1417 und vom 13. Februar 1989 - II ZR 110/88, WM 1989, 868, 870; Senatsurteil vom 24. November 1992 - XI ZR 86/92, WM 1993, 99, 100).

b) Zu diesen Teilen gehört hier die Frage, ob der Gültigkeit des Schuldanerkenntnisses der Umstand entgegensteht, daß die Urschrift der Anerkenntnisurkunde der Klägerin nicht zugegangen ist. Die insoweit bedeutsamen Tatsachen waren bereits im Vorverfahren von der Klägerin vorgetragen und dort unter dem Gesichtspunkt der Schlüssigkeit der Klage von Amts wegen zu prüfen. Wenn dies nicht geschehen ist, so ändert das an der Bindungswirkung des Vorbehaltsurteils nichts. Dieses beruht insoweit nicht auf den eigentümlichen Beschränkungen der Beweismittel im Urkundenprozeß, sondern, falls die von beiden Vorinstanzen im Nachverfahren vertretene Rechtsansicht zutreffend sein sollte, auf einem Fehler bei der Rechtsanwendung. Die Klage hätte dann bereits im Urkundenprozeß als unbegründet abgewiesen werden müssen.
Da dies nicht geschehen ist, war das Landgericht durch die Bindungswirkung seines rechtskräftigen Vorbehaltsurteils gehindert, die Klage mit der Begründung abzuweisen, die Urschrift der Schuldanerkenntnisurkunde sei der Klägerin nicht zugegangen. Das Berufungsurteil, das diese Klageabweisung mit der gleichen Begründung bestätigt hat, beruht deshalb auf einem Rechtsfehler.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das Berufungsgericht wird sich mit den zahlreichen von der Bindungswirkung des landgerichtlichen Vorbehaltsurteils nicht betroffenen Einwänden des Beklagten gegen die Klageforderung zu befassen und dabei die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen haben. Das gilt auch für die umstrittene Frage der Echtheit der Unterschrift des Beklagten unter der Anerkenntnisurkunde, die der Prüfung im Nachverfahren nicht durch die Bindungswirkung des landgerichtlichen Vorbehaltsurteils entzogen ist. Der Bundesgerichtshof hat anerkannt, daß ein Beklagter , der die Echtheit seiner Unterschrift im Urkundenprozeß nicht bestritten hat, dies im Nachverfahren wirksam nachholen kann, weil im Urkundenprozeß für das Gericht noch kein Anlaß bestand, die Echtheit der Unterschrift zu prüfen (BGHZ 82, 115, 116 ff.). Dasselbe muß dann gelten, wenn das Gericht, wie hier, im Urkundenprozeß deshalb nicht in eine Prüfung der Echtheit der Unterschrift eingetreten ist, weil es das Bestreiten des Beklagten als nicht ausreichend und die Echtheit der Unterschrift daher als zugestanden angesehen hat.
Die Bindungswirkung des Berufungsurteils schließt die erstmals im Nachverfahren erhobene und daher früher nicht zu prüfende Einrede der Verjährung, der jedenfalls für einen erheblichen Teil der umfangreichen Zinsforderung der Klägerin Bedeutung zukommen kann (§ 197 BGB a.F.), ebenfalls nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1991 - IX ZR 18/91, WM 1992, 159, 161).
Nobbe Bungeroth Joeres
Wassermann Appl

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(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. (2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils

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(1) Wird dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten, so bleibt der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig. (2) Soweit sich in diesem Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, gelten die Vorschriften des

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(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemachten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen, in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach der Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Rechte ergeht, ist für die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

(1) Wird dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten, so bleibt der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig.

(2) Soweit sich in diesem Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, gelten die Vorschriften des § 302 Abs. 4 Satz 2 bis 4.

(3) Erscheint in diesem Verfahren eine Partei nicht, so sind die Vorschriften über das Versäumnisurteil entsprechend anzuwenden.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 392/02 Verkündet am:
6. Juni 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 540, 559
Auch für das Revisionsverfahren nach dem Zivilprozeßreformgesetz müssen
die Gründe des Berufungsurteils tatbestandliche Darstellungen enthalten, die
für eine revisionsrechtliche Nachprüfung ausreichen. Insbesondere müssen
die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung des Berufungsgerichts zweifelsfrei
zu erkennen sein.
Ein Nießbrauch kann in zulässiger Weise dahin eingeschränkt werden, daß
der Nießbraucher von den Nutzungen eines Grundstücks lediglich eine Quote
erhalten soll (Quotennießbrauch). In diesem Fall findet im Verhältnis zwischen
Nießbraucher und Eigentümer § 748 BGB nur insoweit Anwendung, als
Lasten und Kosten der gemeinschaftlichen Berechtigung zu Nutzungsziehungen
betroffen sind.
Zu der gewöhnlichen, dem Nießbraucher obliegenden Unterhaltung der Sache zählen
nur solche Maßnahmen, die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung regelmäßig, und
zwar wiederkehrend innerhalb kürzerer Zeitabstände zu erwarten sind.
BGH, Urt: v. 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - LG Frankenthal (Pfalz)
AG Ludwigshafen a.Rhein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung im übrigen werden auf die Rechtsmittel der Parteien das Urteil der 4. Zivilkammer des Landesgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 15. Oktober 2002 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 11. April 2002 abgeändert.
Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.430,97 % Zinsen seit dem 23. Mai 2001 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und in zweiter Instanz tragen der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4, die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 3/20 und der Beklagte zu 17/20.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Brüder. Ihre Mutter übertrug dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 9. Februar 1989 unter anderem das Eigentum an einem mit einem Miet- und Geschäftshaus bebauten Grundstück in Ludwigshafen. In derselben Urkunde räumte der Beklagte seiner Mutter den lebenslangen Nießbrauch an dem Objekt ein. Ferner bestellte er "an dem ... Grundstück" zugunsten des Klägers "beginnend am Tag des Todes der Mutter" ein "Nießbrauchsrecht zu einem Viertel (Bruchteilsnießbrauch)". Im Oktober 1991 verstarb die Mutter der Parteien.
Bei seiner Abrechnung über die im Jahr 2000 aus dem Hausgrundstück gezogenen Nutzungen berücksichtigte der Beklagte durch Abzüge von den Mieteinnahmen zu Lasten des Klägers verschiedene Reparatur-, Erhaltungsund Erneuerungskosten, die dieser nicht akzeptierte. Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger den Betrag geltend, der sich ergibt, wenn die streitigen Positionen nicht in Abzug gebracht werden. Der Kläger meint, er müsse sich als Nießbraucher nicht an den Aufwendungen für wertverbessernde Maßnahmen beteiligen. Seiner auf Zahlung von 6.524,64 DM (= 3.336 ! #"$ &% Klage hat das Amtsgericht in Höhe von 1.094,46 erufung beider Parteien hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von ( ) $ +* ( ,- ! $ . 2.291,54 ' - von dem Landgericht zugelassenen Revision - erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage, während der Kläger im Wege der Anschlußrevision seinen Klageantrag in Höhe von insgesamt $ 102* 3 4% $ ") 657 8 2 9 ) : ; <"$ >=4 ) (? @ 2 A noch 2.892,03 / ' / des Rechtsmittels des Gegners.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat teilweise, die Anschlußrevision des Klägers in vollem Umfang Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht meint, der Nießbraucher müsse sich grundsätzlich nicht an Wertverbesserungsmaßnahmen beteiligen; er sei nur verpflichtet, die Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten. Daher sei der Nießbraucher nicht mit den Kosten einer Renovierung zu belasten, mit der ein vermietungsfähiger Zustand erst geschaffen werden solle. Der Nießbraucher müsse sich aber an den Kosten zeitgemäßer substanzerhaltender Erneuerungsmaßnahmen beteiligen, durch die der Gesamtwert des Objekts nicht meßbar erhöht werde. Für die Abgrenzung seien die Häufigkeit, die Vorhersehbarkeit und das Maß des finanziellen Aufwandes entscheidend. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergebe sich für den Kläger eine Forderung in Höhe des zuerkannten Betrages.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im wesentlichen nicht stand.

II.


1. Ohne Erfolg macht die Revision des Beklagten allerdings geltend, das Urteil des Berufungsgerichts sei schon deshalb aufzuheben, weil es keinen Tatbestand enthält.

a) Eines solchen bedarf es hier nicht. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Zivilprozeßordnung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung angewandt, weil die mündliche Verhandlung in erster Instanz erst am 19. März 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Damit sind an die Stelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die durch § 540 Abs. 1 ZPO näher geregelten Gründe des Berufungsurteils getreten. Zwar hat das Berufungsgericht übersehen, daß auch nach neuem Recht die Aufnahme der Berufungsanträge in das Urteil unverzichtbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 2003, VIII ZR 262/02, Umdruck S. 3 f., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Im vorliegenden Fall ist dies jedoch unschädlich, weil aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts zu den einzelnen angegriffenen Positionen sinngemäß deutlich wird, was beide Parteien mit ihren wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln erstrebt haben. Das genügt für die erforderliche Wiedergabe der Berufungsanträge (BGH, Urt. v. 26. Februar 2003, aaO).

b) Die tatbestandlichen Darstellungen in den Gründen des Berufungsurteils reichen auch aus, um dem Senat eine revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Der Sache nach gegenüber § 561 ZPO a.F. unverändert ist gemäß § 559 ZPO Grundlage der Prüfung des Revisionsgerichts prinzipiell nur der Tatsachenstoff, der sich aus dem Berufungsurteil einschließlich der in ihm enthaltenen wirksamen Bezugnahmen sowie aus dem Sitzungsprotokoll er-
schließt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 559 Rdn. 13). Eine revisionsrechtliche Prüfung muß mithin scheitern, wenn tatbestandliche Darstellungen in einem Berufungsurteil völlig fehlen oder derart widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sind, daß sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen. In diesen Fällen ist das Berufungsurteil - wie bisher (std. Rechtspr., vgl. etwa BGHZ 80, 64, 67) - von Amts wegen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 4; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 18). An solchen Mängeln leidet das Urteil des Berufungsgerichts indessen nicht.
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Kläger nicht auf Grund einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Vereinbarung (vgl. hierzu BayObLGZ 1985, 6, 11 f; BayObLG, DNotZ 1986, 151, 152 f) verpflichtet, sich als Nießbraucher auch an den Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen des Grundstücks zu beteiligen. Eine solche Abänderung des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Eigentümer und Nießbraucher wurde in der notariellen Urkunde vom 9. Februar 1989 zwar für den Nießbrauch der Mutter der Parteien vereinbart, für den Nießbrauch des Klägers fehlt jedoch eine solche Regelung. Sie ergibt sich auch nicht etwa aus der in der Urkunde verlautbarten Absicht der Mutter der Parteien, beide Söhne nach ihrem Tod "völlig gleichgestellt" zu sehen. Vor dem Hintergrund der in der Urkunde erfolgten Aufteilung des Vermögens zielt diese Erklärung allein auf den Ausschluß einer Ausgleichspflicht nach § 2050 BGB und ist daher für die inhaltliche Ausgestaltung des Nießbrauchs ohne Bedeutung.
3. Für die von dem Kläger zu tragenden Kosten ist mithin die gesetzliche Regelung maßgebend.

a) Diese ergibt sich nicht, wie die Revision meint, uneingeschränkt aus § 748 BGB, wonach sich jeder Teilhaber nicht nur an den Kosten der Erhaltung , sondern entsprechend seinem Anteil auch an den Kosten der Verwaltung und der gemeinschaftlichen Benutzung zu beteiligen hat. Allerdings führt die Revision zutreffend aus, daß zugunsten des Klägers - entgegen der Bezeichnung in der Urkunde - ein Quoten- und nicht ein Bruchteilsnießbrauch bestellt wurde. Gegenstand der Belastung ist nämlich nicht ein ideeller Anteil, sondern das Grundstück insgesamt (vgl. Staudinger/Frank, BGB [2002], § 1030 Rdn. 40; MünchKomm-BGB/Petzold, 3. Aufl., § 1030 Rdn. 3; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1030 Rdn. 10). Der Nießbrauch ist hierbei nach § 1030 Abs. 2 BGB in zulässiger Weise dahin eingeschränkt worden, daß der Kläger von den Nutzungen des Grundstücks lediglich eine Quote von einem Viertel erhalten soll (vgl. KG, JW 1936, 2747; Staudinger/Frank, aaO, § 1030 Rdn. 39; Soergel /Stürner, aaO, § 1030 Rdn. 6, 10; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, 1992, S. 311). Neben der quotenmäßigen Teilung der Nutzungen ist Folge dieser Nießbrauchsbestellung auch, daß die auf die Nutzung des Grundstücks bezogenen Besitz- und Verwaltungsrechte beiden Parteien gemeinschaftlich zustehen (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1030 Rdn. 39; MünchKomm-BGB/Petzold, aaO, § 1030 Rdn. 3). Hiernach findet auf das Verhältnis zwischen den Parteien zwar grundsätzlich auch § 748 BGB Anwendung, das gilt allerdings nur, soweit Lasten und Kosten der gemeinschaftlichen - einerseits in dem Nießbrauch, andererseits in dem Eigentum begründeten - Berechtigung zu Nutzungsziehungen betroffen sind (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1066 Rdn. 21, 18; Soergel/ Stürner, aaO, § 1066 Rdn. 1a, 1b). Dagegen fehlt es hinsichtlich des Eigen-
tums am Grundstück an einer gemeinschaftlichen Berechtigung beider Parteien (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1066 Rdn. 21, 18), so daß sich insoweit die Pflichten des Klägers als Nießbraucher nach den §§ 1041 bis 1048 BGB richten. Hierbei sind seine Verpflichtungen auf den Anteil beschränkt, der ihm auf Grund des vereinbarten Quotennießbrauchs auch für die Nutzungen zusteht (vgl. Senat, Urt. v. 29. Juni 1966, V ZR 163/63, NJW 1966, 1707, 1710 für den Nießbrauch an einem Miteigentumsanteil). Da der gesetzlichen Regelung der Gedanke zugrunde liegt, daß derjenige, dem die Nutzungen verblieben, auch für die gewöhnlichen Erhaltungskosten aufkommen müsse (vgl. BGHZ 150, 237, 244), muß der Umfang der Verpflichtung auch einer nur anteilsmäßigen Berechtigung an den Nutzungen Rechnung tragen.

b) Hinsichtlich des nießbrauchsbelasteten Hausgrundstücks hat sich der Kläger nach § 1041 BGB an den gewöhnlichen Erhaltungskosten zu beteiligen. Gewöhnliche Maßnahmen zur Unterhaltung der nießbrauchsbelasteten Sache sind solche, die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung regelmäßig, und zwar wiederkehrend innerhalb kürzerer Zeitabstände zu erwarten sind (Mot. III S. 511; BFHE 139, 28, 30 f.; 165, 512, 514; vgl. auch BGHZ 150, 237, 244; ferner zu § 2124 Abs. 1 BGB: BGH, Urt. v. 7. Juli 1993, IV ZR 90/92, NJW 1993, 3198, 3199). Durch die Beschränkung auf Maßnahmen, deren Erforderlichkeit sich regelmäßig schon nach kürzerer Zeit erneut einstellt, ist die "gewöhnliche Unterhaltung" bei § 1041 BGB enger zu verstehen als die im Wohnungseigentumsrecht zur ordnungsmäßigen Verwaltung zählende "Instandhaltung" des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG). Zwar setzen beide Begriffe Maßnahmen voraus, die der Erhaltung der Sache dienen (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 1993, aaO, für § 2124 Abs. 1 BGB; BayObLGZ 1971, 273, 280; BayObLG, NJW 1981, 690 jeweils für §§ 21 f WEG), die ge-
schilderte Begrenzung auf Maßnahmen, die in bestimmten zeitlichen Grenzen regelmäßig wiederkehrend erforderlich werden, ist dem Wohnungseigentumsrecht indessen fremd. Dieser Unterschied leuchtet ohne weiteres ein, weil im Wohnungseigentumsrecht Regelungen für das Verhältnis zwischen Miteigentümern getroffen werden müssen, nicht aber wie beim Nießbrauch Erhaltungskosten zwischen Nutzungsberechtigtem und Eigentümer zu verteilen sind. Zwischen der gewöhnlichen Unterhaltung einer Sache und deren - in § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ebenfalls angesprochenen - Instandsetzung besteht hingegen keine auch nur teilweise Übereinstimmung. Letztere zielt nämlich nicht auf die Erhaltung, sondern auf die Wiederherstellung eines einmal vorhanden gewesenen ordnungsgemäßen Zustands (BayOLG, aaO). Hiernach zählen zu den gewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen insbesondere die normalen Verschleißreparaturen (BGH, Urt. v. 7. Juli 1993, aaO), während etwa die vollständige Erneuerung der Dacheindeckung eines Hauses als außergewöhnliche Maßnahme den Nießbraucher nicht belasten kann (vgl. BFHE 139, 28, 30 f.; 165, 512, 514). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das Maß des finanziellen Aufwandes für die Einordnung einer Maßnahme als gewöhnlich oder außergewöhnlich - neben anderem - nur insoweit von Bedeutung , als es im Einzelfall durch einen Vergleich mit den aus dem Objekt erzielten Einkünften darauf schließen läßt, was nach der Verkehrsanschauung an Erhaltungsmaßnahmen regelmäßig zu erwarten ist (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 1993, aaO).

c) Nach diesen Grundsätzen gilt für die im vorliegenden Rechtsstreit noch streitigen Einzelpositionen folgendes:
aa) Revision des Beklagten
(1) Soweit sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsge- richts wendet, der Kläger müsse sich nicht an den Kosten der Rechtsverfolgung beteiligen, hat sie teilweise Erfolg. Nach der vom Beklagten vorgelegten Abrechnung sind anteilige Kosten in Höhe von 290 DM und 611,75 DM (zu- 8 "A B $ +*)") %7 @ * 8 C,D : (? @E 8F ") G 2 H sammen 461,06 / der Wohnungsmieter durchsetzen mußte. Diese Aufwendungen können zwar nicht den gewöhnlichen Erhaltungskosten nach § 1041 BGB zugerechnet werden , bei der Einziehung von Mietforderungen handelt es sich aber um eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne der §§ 744, 745 BGB (vgl. MünchKommBGB / K. Schmidt, aaO, §§ 744, 745 Rdn. 5 m.w.N.) und bei den hierbei entstehenden Kosten der Rechtsverfolgung (vgl. hierzu MünchKomm-BGB/ K. Schmidt, aaO, § 748 Rdn. 7) um solche, an denen sich der Kläger entsprechend seinem Anteil an den Nutzungen nach § 748 BGB zu beteiligen hat. Bestätigt wird dies durch die Überlegung, daß der Kläger mit diesen Kosten als Aufwendungen in eigener Sache auch dann belastet wäre, wenn ihm der Nießbrauch uneingeschränkt zustünde (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1047 Rdn. 3). Anderes gilt hingegen für die übrigen Prozeßkosten (anteilig 159,50 DM bzw. 82,50 DM), die ausweislich der Abrechnung wegen Wasserschäden in der Mietwohnung entstanden sind. § 748 BGB kann hier keine Anwendung finden, weil es um die Durchsetzung von Ansprüchen geht, die aus dem Eigentum des Beklagten herrühren , es mithin an einer gemeinschaftlichen Berechtigung beider Parteien fehlt. Es handelt sich auch nicht um Kosten, die in weiterem Sinne der Erhaltung des nießbrauchsbelasteten Objekts dienen. Die Beseitigung des Wasserschadens , die im Rechtsstreit durchgesetzt werden sollte, erfolgt vielmehr zur
Wiederherstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes und rechnet daher - wie ausgeführt - nicht zu der dem Nießbraucher obliegenden gewöhnlichen Unterhaltung.
(2) Hingegen ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Beteiligung des Klägers an den Aufwendungen für das Wiederherrichten völlig verwohnter Mieträume ablehnt. Es handelt sich bei diesen Maßnahmen nicht um die Beseitigung des üblichen Verschleißes, vielmehr befand sich die Wohnung nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts in einem Zustand, der eine "umfassende Renovierung, wenn nicht Sanierung" erforderlich machte. Eine solche, offensichtlich durch § 538 BGB nicht mehr gedeckte Abnutzung der Mietsache, kann für den Regelfall schwerlich wiederkehrend in kürzeren Zeitabständen erwartet werden, so daß es an den Voraussetzungen für gewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen (§ 1041 Satz 2 BGB) fehlt.
(3) Ebenfalls ohne Erfolg erstrebt die Revision die Berücksichtigung sämtlicher Kosten, die wegen der Sanierung des Treppenhauses entstanden sind. Auch hier gehen die Aufwendungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die die Revision hinnimmt, über das hinaus, was zur Beseitigung der üblichen Verschleißschäden erforderlich ist.
bb) Anschlußrevision des Klägers
(1) Mit den anteiligen Kosten des Austauschs der Tür zwischen den Geschäftsräumen und dem Treppenhaus (Gesamtkosten 1.100,74 DM) durfte der Kläger nicht belastet werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
wurde der Einbau einer neuen Tür aus Gründen des Versicherungsschutzes erforderlich. Es handelte sich also nicht um eine gewöhnliche Erhaltungsmaßnahme , die unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Bewirtschaftung wiederkehrend innerhalb kürzerer Zeitabstände zu erwarten war. Daß auch der Kläger in den Genuß der Vorteile aus dieser die weitere Vermietung ermöglichenden Maßnahme gelangt, folgt aus seiner Position als Nießbraucher, rechtfertigt aber nach der hier maßgeblichen Verteilung der Erhaltungspflichten nicht seine Belastung mit den dafür aufgewandten Kosten. Aus § 1045 BGB folgt nichts anderes. Diese Vorschrift kann den Nießbraucher - unter weiteren Voraussetzungen - lediglich verpflichten, eine für das Objekt überhaupt mögliche Sachversicherung abzuschließen (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1045 Rdn. 1) bzw. die Versicherungsbeiträge zu zahlen.
(2) Zu Recht wendet sich die Anschlußrevision ferner gegen eine Belastung des Klägers mit einem Teil der Sachverständigenkosten, die in Höhe von 778,36 DM wegen der Kontrolle des baulichen Zustandes der Balkone entstanden sind. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, daß es sich hierbei nicht um eine von Zeit zu Zeit wiederkehrende Maßnahme handelt, die für sie aufgewandten Kosten aber gleichwohl berücksichtigt, weil die Überprüfung zur Erhaltung der Bausubstanz erforderlich gewesen sei. Letzteres rechtfertigt jedoch nicht die Inanspruchnahme des Klägers. Zwar hat er als Nießbraucher nach § 1041 Satz 1 BGB für die Erhaltung der Sache "zu sorgen", soweit hierfür aber Ausbesserungen und Erneuerungen erforderlich sind, beschränkt § 1041 Satz 2 BGB diese Verpflichtung lediglich auf gewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen (vgl. RGRK-BGB/Rothe, 12. Aufl., § 1041 Rdn. 2). Für diese ist aber - wie geschildert - wesentlich, daß es sich um Maßnahmen handelt, die regelmäßig wiederkehrend in kürzeren Zeitabständen erforderlich
werden. Das Berufungsgericht konnte daher nicht diese Voraussetzung vernei- nen und gleichwohl von einer Verpflichtung des Klägers nach § 1041 Satz 2 BGB ausgehen.
(3) Schließlich hat die Anschlußrevision auch insoweit Erfolg, als sie die Belastung des Klägers mit den anteiligen Kosten für die Erneuerung der Zähleranlage sowie des Wasser- und Elektroanschlusses in der Waschküche (Gesamtkosten 2.818,80 DM) angreift. Das Berufungsgericht hat hierzu lediglich festgestellt, es habe sich hierbei um "von Zeit zu Zeit" erforderliche Maßnahmen gehandelt. Dies genügt jedoch noch nicht für das Vorliegen einer gewöhnliche Unterhaltungsmaßnahme; denn für diese ist zudem noch Voraussetzung, daß die Maßnahme nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bewirtschaftung regelmäßig wiederkehrend innerhalb kürzerer Zeitabstände erforderlich wird. Hierzu sind keine Feststellungen getroffen; angesichts der Art der erneuerten Einrichtungen, liegt es auch fern, daß deren Erneuerung regelmäßig in kürzeren Zeitabständen notwendig wird.
4. Hiernach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zum Nachteil des 3? @E 3 I A " Klägers Abzugspositionen in Höhe von insgesamt 600,49 zum Nachteil des Beklagten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 461,06 nicht in die Abrechnung eingestellt. Nach Saldierung beider Positionen erge- B$ )JK"$ L") M%7 N ; ; ") POM ( ) 8 2 Q*. ) ") ) G%7 @ * SR L ( ben sich 139,43 öhen ist. Die geforderten Zinsen stehen dem Kläger nach § 291 BGB zu.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 438/02 Verkündet am:
30. September 2003
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 540, 559

a) Findet gegen ein Berufungsurteil die Nichtzulassungsbeschwerde statt, muß aus
dem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen
ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche
tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen.

b) Ist der Parteivortrag im Berufungsverfahren ergänzt worden und hielt das Berufungsgericht
eine weitere Beweisaufnahme für erforderlich, muß es im Urteil eine
kurze Begründung dafür geben, weshalb es dem erstinstanzlichen Urteil in vollem
Umfang folgt.
BGH, Versäumnisurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - OLG Hamm
LG Detmold
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30.Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin war bei der Beklagten von 1985 bis April 1999 in ärztlicher Behandlung. Mit ihrer Klage verlangt sie Schmerzensgeld und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden wegen einer Hepatitis C, die bei ihr 1999 festgestellt worden ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme zurückgewiesen. Die Gründe des Berufungsurteils lauten: " Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie auf die ergänzenden Ausführungen der Parteien in dieser Instanz wird Bezug genommen. In der Sache wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die Beweisaufnahme vor dem Senat gibt keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage." Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Über die Revision war, da die Beklagte im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
2. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 1. Februar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes die nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mögliche Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil anstelle des Tatbestandes aus. 3. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsurteil die Anträge , auf deren Grundlage es ergangen ist, nicht erkennen läßt. Die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils kann sich nicht auf den Berufungsantrag erstrecken; dieser ist auch nach neuem Recht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Das Berufungsurteil muß deshalb, wenn es auf die wörtliche Wiedergabe des Antrages verzichtet, wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - NJW 2003, 1743; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Auch wenn das neue Recht eine weitgehende Entlastung der Berufungsurteile bei der Urteilsabfassung bezweckt, ist diese Mindestvoraussetzung nicht entbehrlich (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 – VIII ZR 262/02 - aaO und vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 – FamRZ 2003, 1273). Im vorliegenden Fall wird das Berufungsbegehren der Klägerin aus den äußerst knapp abgefaßten Urteilsgründen nicht erkennbar. Schon deshalb kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - jeweils aaO), wie dies auch der bisherigen Rechtslage entspricht (hierzu BGH, Beschluß vom 13. August 2003 - XII ZR 303/02 - Umdruck Bl. 5/6; vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ).
4. Darüber hinaus genügt die Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen in den vorliegenden Gründen nicht den Anforderungen an ein Berufungsurteil , gegen das die Nichtzulassungsbeschwerde stattfindet, von deren Erfolg die Statthaftigkeit der Revision abhängt (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO). In einem solchen Fall muß aus dem Urteil zu ersehen sein, von welchem Sachund Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Hingegen kann dem Revisionsgericht nicht angesonnen werden, den Sachverhalt selbst zu ermitteln und festzustellen, um abschließend beurteilen zu können, ob die Nichtzulassungsbeschwerde begründet ist. Dies war bisher nicht Aufgabe des Revisionsgerichts (vgl. BGHZ 73, 248, 252) und kann es nach neuem Recht nicht sein. Deshalb müssen auch nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Verfahrensrecht die tatsächlichen Grundlagen , von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist, aus dem Berufungsurteil ersichtlich sein, um dem Revisionsgericht im Falle der Nichtzulassung der Revision die Überprüfung auf die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO zu erlauben (vgl. BGH, Beschluß vom 13. August 2003 – XII ZR 303/02 –; Zöller /Gummer, ZPO, 23. Aufl. § 540 Rdn. 6). Denn gemäß § 559 ZPO ist auch nach neuem Recht Grundlage der Prüfung des Revisonsgerichts prinzipiell nur der Tatsachenstoff, der sich aus dem Berufungsurteil, einschließlich der in ihm enthaltenen Bezugnahmen, sowie aus dem Sitzungsprotokoll erschließt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 – aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 2 f.; Musielak-Ball, ZPO, 3. Aufl., § 559 Rdn. 13). Im vorliegenden Fall macht es die die Darstellung des entsprechenden Tatsachenstoffes ersetzende pauschale Bezugnahme auf die ergänzenden Ausführungen der Parteien in der Berufungsinstanz dem erkennenden Senat nicht möglich, das Berufungsurteil und das ihm zugrundeliegende Verfahren in
der im Revisionsverfahren gebotenen Weise zu überprüfen. Daraus allein läßt sich nicht entnehmen, was das Berufungsgericht für erheblich gehalten und seiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Auch deshalb ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 – aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 559 Rdn. 4; Musielak-Ball, aaO, § 559 Rdn. 18). 5. Schließlich durfte sich das Berufungsgericht unter den gegebenen Umständen nicht damit begnügen, zur Begründung seiner Sachentscheidung lediglich auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts Bezug zu nehmen. Die Revision verweist in diesem Zusammenhang mit Recht auf den Wortlaut des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, wonach das Berufungsgericht eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung zu geben hat. Nachdem im Berufungsverfahren der Parteivortrag ergänzt worden ist und das Berufungsgericht eine weitere Beweisaufnahme für erforderlich hielt, mußte es im Urteil eine kurze Begründung dafür geben, warum es dem erstinstanzlichen Urteil in vollem Umfang folgt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1985 - VII ZR 257/83 – NJW 1985, 1784, 1785; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher § 540 Rdn. 8; Musielak-Ball, aaO, § 540 Rdn. 3 und 4; Zöller/Gummer, aaO, § 540 Rdn. 13).

II.

Da das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - aaO). Es ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
In der neuen Berufungsverhandlung wird die Klägerin Gelegenheit haben , zu dem im Termin vom 30. Oktober 2002 erstatteten mündlichen Sachverständigengutachten ergänzend Stellung zu nehmen. Im Hinblick auf das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, daß bei Unterlassung der gebotenen Befunderhebung regelmäßig ein Behandlungsfehler vorliegt (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 205/93 - VersR 1995, 46). Über etwaige Risiken, die mit der Erhebung des Befundes verbunden sind, hat der behandelnde Arzt den Patienten aufzuklären und ihn an der für die Wahl der Diagnostik bzw. Therapie erforderlichen Güterabwägung zwischen Risiken und Nutzen des Eingriffs zu beteiligen (vgl. Senatsurteile vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055 und vom 15. Mai 1979 - VI ZR 70/77 - VersR 1979, 720). Er darf aber nicht, ohne den Patienten am Entscheidungsprozeß zu beteiligen, von gebotenen Befunderhebungen eigenmächtig absehen. Das Berufungsgericht wird sich in diesem Zusammenhang mit der Rüge der Revision auseinanderzusetzen haben, daß sich entgegen den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, aus den Eintragungen unter dem 13. März 1989 in der Patientenkartei nichts für die Behauptung der Beklagten herleiten lasse, daß die Klägerin nach gebotener Aufklärung weitere diagnostische Maßnahmen abgelehnt habe. Entgegen der Ansicht der Revision hat der Patient auch dann, wenn ihm gegenüber ein Arzt seine Pflicht zur therapeutischen Beratung verletzt, wie bei jedem anderen Behandlungsfehler, grundsätzlich den Beweis der Ursächlichkeit der unterlassenen Aufklärung für seinen Schaden zu führen, es sei denn, der in der unterlassenen Befunderhebung liegende Behandlungsfehler ist als "grob" zu qualifizieren (vgl. Senatsurteile vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 956 und vom 24. Juni 1986 - VI ZR 21/85 - VersR 1986, 1121, 1122). Die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Fehler vorliegt, richtet sich stets nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls und ist dem Tatrichter vorbehalten. Erwiese sich das Verhalten der
Beklagten - entgegen der bisherigen Beurteilung durch das Landgericht und ihm folgend durch das Berufungsgericht - als behandlungsfehlerhaft, wenn die Beklagte, ohne die eigene Willensentschließung der Klägerin nach entsprechender Aufklärung eingeholt zu haben, auf die weitere Befunderhebung verzichtet hätte, wäre vom Berufungsgericht allerdings im Hinblick auf die damit verbundenen Beweiserleichterungen auch die Schwere eines solchen ärztlichen Fehlers zu prüfen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 5/03 Verkündet am:
13. Januar 2004
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO (2002) § 540
Zu den gemäß § 540 ZPO bestehenden Mindestanforderungen an den Inhalt eines
Berufungsurteils.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - LG Hamburg
AG Hamburg-Altona
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 27. Zivilkammer des Landesgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2002 aufgehoben.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank verlangt von dem Beklagten Zinszahlung aus einem Darlehen, das sie ihm 1991 zur Beteiligung an einer Immobilienfonds Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewährt hat. Der Beklagte, der bei dem Abschluß des Darlehensvertrages durch die J.
GmbH (im folgenden: Treuhänderin) vertreten worden war, beruft sich u.a. darauf, der Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Die Treuhänderin habe als vollmachtlose Vertreterin gehandelt, da der mit ihr zum Erwerb der Beteiligung an der Immobilienfondsgesellschaft geschlossene Treuhandvertrag nebst umfassender Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei.
Das Amtsgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. Juni 2002 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge der Parteien nicht enthält, hat im wesentlichen ausgeführt :
Der Darlehensvertrag sei unwirksam, da der zwischen dem Be- klagten und der Treuhänderin geschlossene Treuhandvertrag nebst umfassender Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Hieran ändere auch der Umstand nichts, daß einer der Geschäftsführer der Treuhänderin Rechtsanwalt sei. Die Vollmacht sei der Klägerin gegenüber auch nicht aus Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln. Dabei könne dahinstehen, ob der Klägerin entsprechend ihrer Behauptung die notariell beurkundete Vollmachtsurkunde vorgelegt worden sei. § 172 BGB verwehre es dem Aussteller einer Vollmachtsurkunde zwar, sich darauf zu berufen, er habe die Vollmacht nicht erteilt oder widerrufen, helfe aber nicht über rechtliche Wirksamkeitshindernisse der Erklärung selbst hinweg. Auch eine Duldungsvollmacht liege nicht vor.

II.


Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da es nicht erkennen läßt, welches Ziel die Klägerin mit ihrer Berufung verfolgt hat (§§ 545 Abs. 1, 546 ZPO).
1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß auf das Berufungsverfahren die Zivilprozeßordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist, weil die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht nach dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes die nach der Neufassung des § 540 Abs. 1
Nr. 1 ZPO anstelle des Tatbestandes mögliche Bezugnahme auf die tat- sächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil aus.
2. Die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils kann sich jedoch nicht auf den in zweiter Instanz gestellten Berufungsantrag erstrecken. Dieser ist auch nach neuem Recht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Enthält das Berufungsurteil - wie hier - keine wörtliche Wiedergabe des Berufungsantrags, so muß es wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 3, vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, WM 2003, 2424, 2425 und vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, WM 2004, 50, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
An dieser Mindestvoraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsurteil enthält - obwohl das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat - nicht einmal den Hinweis darauf, daß die Klägerin ihren erstinstanzlichen Sachantrag unverändert weiterverfolgt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar - VIII ZR 262/02 aaO und vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 4). Auch die nur wenige Zeilen umfassende Wiedergabe neuen Vorbringens der Klägerin, deren Berufungsbegründung allein 36 Seiten umfaßt, ist so stark verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen, daß sie keinen hinreichenden Aufschluß gibt. Auch nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Verfahrensrecht ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den Sachverhalt anhand der Akten selbst zu ermitteln und festzustellen (BGH, Urteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, WM 2004, 50, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

III.


Da das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel (vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 aaO, vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 4 und vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 aaO, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Es ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat sich der Senat veranlaßt gesehen, von der Erhebung der Gerichtskosten für das Revisionsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen (vgl. BGH, Urteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 76/85, BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 2 und vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 340/02, Umdruck S. 5).
Für das weitere Verfahren vor dem Berufungsgericht weist der Senat darauf hin, daß sich das Berufungsurteil auch im Ergebnis mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung als fehlerhaft erweist. Wie der Senat - teilweise nach Erlaß des Berufungsurteils - wiederholt entschieden hat, sind die §§ 171, 172 BGB auch dann anwendbar, wenn die umfassende Bevollmächtigung des Treuhänders unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und gemäß § 134 BGB nichtig ist (vgl. etwa Senatsurteile vom 25. März 2003 - XI ZR 227/03, WM 2003, 1064, 1065 f. und vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2333 m.w.Nachw.). Für die Frage der Rechtsscheinhaftung nach § 172 Abs. 1 BGB kommt es daher entscheidend darauf an, ob der finanzierenden Bank spätestens bei Abschluß des Darlehensvertrages die die Treuhän-
derin als Vertreterin des Darlehensnehmers ausweisende Vollmachtsurkunde im Original bzw. bei notarieller Beurkundung in Ausfertigung vorlag (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 2003 - XI ZR 289/02, WM 2003, 1710, 1711 und vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2333, jeweils m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht wird daher - sofern es erneut zu dem Ergebnis gelangt, der Treuhandvertrag verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz - die Frage zu klären haben, ob der Klägerin - wie sie behauptet - die Vollmacht vorlag. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, wird das Berufungsgericht dem Vorbringen der Klägerin zur Duldungsvollmacht nachzugehen haben. Dieses kann nicht als unsubstantiiert angesehen werden.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.