Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2001 - VII ZR 32/99

bei uns veröffentlicht am25.01.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 32/99 Verkündet am:
25. Januar 2001
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Entscheidet ein Einzelrichter, der sich selbst dazu bestimmt hat, so liegt der absolute
Revisionsgrund des § 551 Nr. 1 ZPO vor.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2001 - VII ZR 32/99 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. Haß, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin und die Anschlußrevision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 12. November 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung der Mängel eines Parkdeckbelages, hilfsweise Schadensersatz. Die Streithelferin der Klägerin hatte diese im Jahre 1980 beauftragt , ein Warenhaus zu errichten. Die Beklagte hatte als Subunternehmerin der Klägerin Beläge der Parkdecks in dem dazu gehörigen Parkhaus herzustellen. Der von der Beklagten auf dem obersten Parkdeck des Parkhauses aufgebrachte Mastix-Gußasphalt-Belag war mangelhaft. Er ist inzwischen auf Kosten der Klägerin saniert worden.
Die Klägerin hat zunächst einen Anspruch auf Kostenvorschuß in Höhe von 1.200.000 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 600.000 DM verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin Kostenvorschuß in Höhe von 3.000.000 DM verlangt. Hilfsweise hat sie diesen Betrag als Schadensersatz gefordert. Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt. Das Berufungsgericht hat durch eine Entscheidung des Einzelrichters die Beklagte zur Zahlung von 830.089,32 DM und Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin und die Anschlußrevision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin und die Anschlußrevision der Beklagten haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. a) Beide Parteien rügen zu Recht, daß der Einzelrichter nicht befugt war, anstelle des Kollegiums zu entscheiden. Entscheidet der Einzelrichter unbefugt allein, so liegt ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 551 Nr. 1 ZPO vor, weil das Gericht nicht in der vom Gesetz vorgesehenen Besetzung entschieden hat. Nach § 122 Abs. 1 GVG entscheiden die Senate der Oberlandesgerichte , soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze anstelle des Senats
der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden. Der Einzelrichter darf nur tätig werden, wenn ihm nach § 524 Abs. 1 ZPO die Sache wirksam zugewiesen worden ist. Ab der ersten mündlichen Verhandlung durch den Senat kann die Sache dem Einzelrichter wirksam nur durch den Senat übertragen werden (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91, NJW 1993, 600 f). Nach diesen Grundsätzen ist die Zuweisung an den Einzelrichter nicht wirksam erfolgt. Nachdem bereits vor dem Senat verhandelt worden war, hat sich Richter am Oberlandesgericht X. durch eigene Verfügung zum Einzelrichter bestimmt. In dieser Eigenschaft hat er den Rechtsstreit durch das angegriffene Urteil entschieden.
b) Eine Heilung der falschen Besetzung kommt nicht in Betracht. Nach § 295 Abs. 2 ZPO ist eine Heilung ausgeschlossen, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei nicht wirksam verzichten kann. Die Parteien können nicht darauf verzichten, daß die Sache dem Einzelrichter, der nicht nur vorbereitend tätig wird, sondern selbst entscheidet, ordnungsgemäß zugewiesen sein muß (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1992 - II ZR 171/91 aaO). 2. Da die Sache schon wegen dieses Verfahrensverstoßes an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden muß, hatte der Senat keinen Anlaß,
sich mit den übrigen Rügen der Parteien zu befassen. Diese haben Gelegenheit , dem Berufungsgericht ihre im Revisionsverfahren vorgebrachten Einwände erneut vorzutragen.
Ullmann Haß Kuffer Kniffka Wendt

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2001 - VII ZR 32/99 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 551 Revisionsbegründung


(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen. (2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 524 Anschlussberufung


(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 122


(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden. (2) Die Strafsen

Referenzen

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.

(2) Die Strafsenate entscheiden über die Eröffnung des Hauptverfahrens des ersten Rechtszuges mit einer Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt der Strafsenat, daß er in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, wenn nicht nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint. Über die Einstellung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses entscheidet der Strafsenat in der für die Hauptverhandlung bestimmten Besetzung. Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden, kann der nunmehr zuständige Strafsenat erneut nach Satz 2 über seine Besetzung beschließen.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.