Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - III ZR 29/01

bei uns veröffentlicht am13.12.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 29/01
Verkündet am:
13. Dezember 2001
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Vergütung für den Betrieb eines Ölschadenbekämpfungsschiffes
ab der Einsatzanforderung, wenn der Vertrag hierzu (höhere) Stundensätze
für "Einsatz" und (niedrigere) für "Stand-by" vorsieht.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - III ZR 29/01 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 22. Dezember 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Das beklagte Land N. ist Eigner des Ölschadensbekämpfungsschiffes "T.". Durch Vertrag vom 22. Februar 1994 übernahm die Klägerin den Betrieb und die Unterhaltung dieses Schiffes. Die Klägerin sollte - wie in § 7 im einzelnen geregelt - das Schiff auf Anforderung des Beklagten bei außergewöhnlichen und weiträumigen Ölverschmutzungen, bei Übungen zur Ölschadensbekämpfung und sonstigen zweckentsprechenden Unternehmungen einsetzen;
daneben kamen entsprechende - von der Klägerin selbständig abzurechnende - Einsätze für Dritte in Betracht. Es hatte jedoch die "Anforderung des Schiffes durch die Einsatzleitgruppe ... Priorität" (§ 7 Abs. 2 Satz 2). Die Klägerin hatte "für Einsätze und Übungen gemäß § 7 Abs. 1 Nrn. 1-3" nach Stundensätzen abzurechnen, deren Höhe sich aus einer Anlage zum Vertrag ergab. In der für den Streitfall maßgeblichen Fassung führt die betreffende Anlage folgende Stundensätze auf:
"... Einsatz für den Eigner 806,09 DM Übungen/Stunde 503,18 DM Stand-by 295,00 DM ..."
Zur "Verfügungsbereitschaft" des Schiffes war vereinbart (§ 4):
"(1) Die (Klägerin) stellt die jederzeitige Einsatzbereitschaft ("rund-um-die-Uhr") mit ausreichendem Bedienungspersonal sicher ... (2) Das Schiff hat mit entsprechendem Personal auf Anforderung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Stunden, für einen Einsatz zur Ölschadensbekämpfung einsatzbereit ... zu sein. (3) Soweit zu diesem Zeitpunkt das Schiff für Aufgaben der Bezirksregierung W.-E., der (Klägerin) oder eines Dritten ... im Einsatz ist, ist dieser auf Verlangen unverzüglich abzubrechen."
Am 13. November 1998 lief die "T." auf Anforderung des Beklagten zur Bekämpfung eines von dem Tanker "P." vor A. verursachten Ölschadens aus ihrem Heimathafen W. aus. Am 12. Dezember 1998 kehrte sie in den Heimat-
hafen zurück. Am 29. Dezember 1998 lief sie erneut aus, am 3. Januar 1999 legte sie wieder in W. an.
Die Klägerin erteilte dem Beklagten am 25. Mai 1999 eine "Schluûrechnung" über 322.957,07 DM (= 926.121,28 DM ./. Abschlagszahlungen von insgesamt 603.164,21 DM), nahm jedoch - als der Beklagte die Rechnung nicht anerkannte - am 8. Oktober 1999 und am 10. Januar 2000 "Nachbelastungen" über 137.622,78 DM sowie weitere 785.545,33 DM vor. Danach nimmt die Klägerin insgesamt für die Zeit vom 13. November bis zum 12. Dezember 1998 durchgehend "Einsatz"-Stundensätze in Anspruch. Die gleiche Vergütung verlangt sie für die Zeit vom 23. bis 29. Dezember 1998 (Rechnung vom 8. Oktober 1999) wie auch für die Zeit danach bis zum 10. Februar 1999. Dazu behauptet sie, die Einsatzleitung des Beklagten habe bereits am 23. Dezember 1998 einen weiteren Einsatz der im Heimathafen liegenden "T." angeordnet; es hätte allerdings eine Besserung der Wetterlage abgewartet werden sollen. Auf den Zeitraum vom 4. Januar bis zum 10. Februar 1999 entfalle die Ölentsorgung und Reinigung der "T.".
Aus dem geltend gemachten Gesamtbetrag hat die Klägerin 322.957,07 DM (Rechnung vom 25. Mai 1999) voll sowie jeweils 10 % der Rechnungen vom 8. Oktober 1999 und vom 10. Januar 2000 (zusammen 92.316,81 DM), insgesamt also 415.723,88 DM eingeklagt.
Der Beklagte hat entgegengehalten, die Klägerin sei bereits überzahlt. Für die Zeiten, in denen die "T." - auch nach dem Auslaufen aus dem Heimathafen - vor Anker lag, könne die Klägerin nur den Stundensatz für "Stand-by" verlangen. In der Zeit vom 13. bis 29. Dezember 1998 habe weder ein Einsatz
noch eine vergütungspflichtige Einsatzbereitschaft vorgelegen. Aus der Zeit nach dem 3. Januar 1999 seien allenfalls zwei Arbeitstage für das Abpumpen des aufgenommenen Öl-Wasser-Gemischs und weitere sechs Arbeitstage für die Schiffsreinigung als notwendig anzuerkennen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat sie dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Entscheidung über die Höhe an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht meint, aus § 9 Abs. 4 des Vertragstextes in Verbindung mit der Anlage 5 ergebe sich, daû bei einem "Einsatz" auf Anforderung des Beklagten gemäû § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages grundsätzlich der Stundensatz für "Einsätze für den Eigner" (806,09 DM/Std.) zu berechnen sei. Wann der Stundensatz für "Stand-by" anfalle, lasse sich aus dem Vertragswortlaut nicht - auch nicht durch Auslegung - ermitteln, weil die vertraglichen
Bestimmungen, insbesondere in § 9, zwar Einsätze, Übungen und Kosten für Zusatzgeräte erwähnten, nicht aber eine "Stand-by"-Maûnahme. Daraus, daû in Anlage 5 ein "Stand-by"-Stundensatz aufgeführt sei, ohne die Voraussetzungen für den Anfall dieses Stundensatzes zu belegen, ergebe sich eine Regelungslücke , die nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu schlieûen sei. Es sei also darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, falls sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten.
Das Berufungsgericht gelangt insoweit - unter Hervorhebung des Gesichtspunkts möglicher Kostenersparnisse - zu dem Ergebnis: Zeiten des Ankerns auf See oder in anderen Häfen auûerhalb des Heimathafens W. seien nach dem Stundensatz für Einsätze zu vergüten; für Liegezeiten im Heimathafen hätte sich die Klägerin dagegen redlicherweise mit dem Stundensatz für "Stand-by" begnügt.
Andererseits sei - so das Berufungsgericht weiter - die Grenze zwischen der nach § 4 Abs. 1 des Vertrages zugesagten jederzeitigen Einsatzbereitschaft und der (nach dem "Stand-by"-Stundensatz) gesondert zu vergütenden Einsatzbereitschaft "nach dem in den vertraglichen Regelungen erkennbaren Interesse beider Parteien an einem möglichst wirtschaftlichen Schiffseinsatz" dort zu ziehen, wo das Schiff infolge einer - gemäû § 7 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages vorrangigen - Anforderung des Beklagten für einen nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Vertrages an sich möglichen Einsatz für Dritte nicht mehr zur Verfügung stehe. Der Beklagte habe somit der Klägerin eine - wenn auch geringere - Vergütung zu leisten, sobald er das Schiff anfordere oder einen Einsatzbefehl
erteile. Die Klägerin habe sich zwar in § 4 Abs. 2 des Vertrages verpflichtet, die dann einsetzende Vorbereitungszeit auf zwei Stunden zu begrenzen, nicht aber bereit erklärt, diese Vorbereitung kostenlos zu leisten. Über die Vorbereitungszeit hinaus sei die Einsatzbereitschaft zu vergüten, wenn das angeforderte und deshalb anderweitig nicht einsetzbare Schiff wegen schlechten Wetters den Heimathafen nicht habe verlassen können, aber bei Wetterbesserung habe auslaufen sollen. Mit dem Eintreffen der benötigten Mannschaft auf dem Schiff und dem anschlieûenden Beginn der Arbeiten für das Auslaufen falle der höhere Stundensatz für "Einsätze" an. Nach der Rückkehr des Schiffs in den Heimathafen sei der Besatzung eine angemessene Nachbereitungszeit zuzubilligen, wenn das Schiff nicht sofort verlassen werden könne. Sobald die Mannschaft jedenfalls teilweise von Bord gehen könne, ende der Stundensatz für "Einsätze" und beginne eine nach dem "Stand-by"-Stundensatz zu vergütende Zeit für die Entsorgung aufgenommenen Öls und für die Reinigung des Schiffs, das erst danach für einen anderweitigen Einsatz uneingeschränkt zur Verfügung stehe.
Da der Beklagte demnach die in der Zeit vom 13. November bis 12. Dezember 1998 und vom 29. Dezember 1998 bis 3. Januar 1999 angefallenen Anker- und Hafenzeiten nach dem Stundensatz für Einsätze zu vergüten habe, sei das darauf gestützte Klagebegehren dem Grunde nach gerechtfertigt. Inwieweit in diesen Zeiträumen Vor- und Nachbereitungszeiten angefallen und zu vergüten seien, ob die Klägerin in der Zeit nach dem 3. Januar 1999 nicht eine schnellere Ölentsorgung und Schiffsreinigung durchführen konnte und ob der Beklagte die "T." am 23. Dezember 1998 angefordert und ein sofortiges Auslaufen nach einer Wetterbesserung verlangt habe, bedürfe weiterer Aufklärung.

II.


Die Revision hat schon deshalb Erfolg, weil das angefochtene Urteil als Zwischenurteil über den Grund unzulässig ist.
1. Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden (§ 304 Abs. 1 ZPO). Es kann offenbleiben, ob angesichts dessen, daû zwischen den Parteien nicht streitig ist, daû der Klägerin aufgrund des Vertrages vom 22. Februar 1994 eine Vergütung für den Betrieb der "T." zur Beseitigung des Ölschadens vor A. zusteht, nur noch ein - ein Grundurteil von vornherein ausschlieûender - Streit über den "Betrag" vorliegt, wie die Revision meint.
2. Wenn man dies anders sieht, so verstöût das angefochtene Urteil jedenfalls wie die Revision zutreffend rügt, gegen das Gebot, daû ein Grundurteil den Grund des Anspruchs insgesamt erledigen muû (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99 - NJW 2001, 224, 225). Daran fehlt es hier zumindest bezogen auf die Rechnung vom 8. Oktober 1999, die die von der Klägerin beanspruchte Vergütung für den Zeitraum vom 23. bis zum 29. Dezember 1998 betrifft. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin aus diesem Vorgang steht und fällt nach Auffassung des Berufungsgerichts damit, ob der Beklagte die "T." am 23. Dezember 1998 angefordert und ein sofortiges Auslaufen nach Wetterbesserung verlangt hat; die hierzu erforderliche Prüfung nimmt das Berufungsgericht jedoch nicht vor, sondern es will sie dem Landgericht überlassen. Damit bleibt entweder in unzulässiger Weise eine von mehreren eingeklagten Forderungen als ganze (vgl. BGHZ 89, 383, 388; BGH, Urteil vom 27. April 1993 - IV ZR 132/93 - NJW 1994, 1791, 1792) oder mindestens
- wollte man die "Nachbelastung" vom 8. Oktober 1999 nicht als selbständige Forderung ansehen - eine wesentliche Frage zum "Grund" des insgesamt eingeklagten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin, offen.
Es kommt bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend darauf an, ob das angefochtene Urteil noch an einem weiteren durchgreifenden Mangel leidet , nämlich in bezug auf das Erfordernis, daû ein Grundurteil die Wahrscheinlichkeit des Bestehens des Klageanspruchs in irgendeiner Höhe voraussetzt (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 aaO). Das Berufungsgericht befaût sich mit dieser Frage jedenfalls nicht ausdrücklich.
3. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und, da eine Sachentscheidung durch den Senat ausscheidet, die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

III.


Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Die Vertragsauslegung ist Sache des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Ein Rechtsfehler ist - ohne daû dies hier abschlieûend beurteilt zu werden braucht - entgegen der Auffassung der Revision nicht ohne weiteres ersichtlich, soweit das Berufungsgericht allgemein eine Vergütungspflicht des Beklagten - sei es auch nur mit dem niedrigeren der in Betracht kommenden Stundensätze - von dem Zeitpunkt an annimmt , in dem das Schiff infolge einer Anforderung der Beklagten für einen an
sich möglichen Einsatz für Dritte nicht mehr zur Verfügung steht. Das Berufungsgericht entnimmt dies "dem in den vertraglichen Regeln erkennbaren Interesse der Parteien an einem möglichst wirtschaftlichen Schiffseinsatz", insbesondere im Blick auf die §§ 4 Abs. 2, 7 Abs. 1 Nr. 4 und 7 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages und deren Regelungszusammenhang. Der Sache nach liegt insoweit also eher eine Vertragsauslegung gemäû § 157 BGB - nicht erst eine ergänzende Vertragsauslegung - vor. Wenn das Berufungsgericht hierbei zu dem Ergebnis gelangt ist, aus den vertraglichen Regeln ergebe sich nicht, daû die Klägerin ab einer Einsatzanordnung des Beklagten noch kostenlose Vorbereitungstätigkeiten zu leisten gehabt habe, so handelt es sich auch um eine durchaus mögliche Auslegung, ohne daû der Tatrichter in diesem Zusammenhang auf den Begriff "Stand-by" und dessen Verständnis in der Bergungsschiffahrt abzustellen brauchte. Aus der bisherigen Sicht des Berufungsgerichts war bei vertragsgerechter Handhabung der Stundensatz für "Stand-by" allemal als Mindestentgelt ab Beginn des Einsatzes (Einsatzanordnung) und bis zum Ende des Einsatzes (Herstellung der freien Verfügung über das Schiff etwa auch für einen Einsatz für Dritte) geschuldet. Das Berufungsgericht hat jedoch Gelegenheit, sich mit den Bedenken der Revision gegen seine diesbezügliche Würdigung auseinanderzusetzen.
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen indessen die Ausführungen des Berufungsgerichts, soweit sie den Umfang der vertraglich geschuldeten Vergütung (Stundensätze) ab dem von ihm für den Beginn der Vergütungspflicht als maûgeblich angesehenen Zeitpunkt (Einsatzanforderung des Beklagten) betreffen. Bereits der Ansatz des Berufungsgerichts, es liege insoweit eine Vertragslücke vor, weil die Parteien zwar einen Stundensatz für "Stand-by" vereinbart hätten, ohne jedoch die Voraussetzungen für den Anfall
dieses Stundensatzes zu regeln, ist fehlerhaft. Wie die Revision der Sache nach ebenfalls rügt, hat das Berufungsgericht nicht die - naheliegende - Möglichkeit in Betracht gezogen, daû dem Vertragstext im Zusammenhang mit der Stundensatzregelung in Anlage 5 - im Wege der Auslegung nach § 157 BGB - der Wille der Vertragsparteien entnommen werden könnte, bei "Einsätzen" im Sinne des eigentlichen Vertragstextes (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 4) nicht etwa ohne weiteres durchgehend den Stundensatz der "Einsätze für den Eigner" zugrunde zu legen, sondern hinsichtlich der Art der Vergütung für den Betrieb des Schiffes nach "Einsätzen für den Eigner" und "Stand-by" zu differenzieren. Für einen entsprechenden Willen der Vertragsparteien spricht, daû einerseits gemäû § 9 Abs. 4 für "Einsätze und Übungen" gemäû § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 die Stundensätze nach Anlage 5 gelten sollen, andererseits die besagte Anlage neben dem Stundensatz für "Einsätze für den Eigner" und "Übungen" auch den Stundensatz "Stand-by" aufführt. Dies legt nahe, dem Begriff "Einsatz für den Eigner" in der Anlage 5 (Stundenlohnregelung) einen engeren Sinn beizumessen als dem Begriff "Einsatz" im eigentlichen Vertragstext.
Verneint man nicht von vornherein die Auslegungsfähigkeit des Vertragswerks zu diesem Punkt, sondern zieht nach dem Regelungszusammenhang die Möglichkeit einer Auslegung in Betracht, wonach bei "Einsätzen" des Schiffs "T." für den Beklagten Stundensätze für "Einsatz für den Eigner" und Stundensätze für "Stand-by" in Frage kommen konnten, so ergibt sich die Notwendigkeit zu klären, zu welchen Zeitpunkten - nur - "Stand-by" vorlag. Das Berufungsgericht hat diesen Begriff selbst als "Einsatzfähigkeit, Bereitschaft, Wartestellung" verstanden. Darüber hinaus verweist die Revision auf Vortrag des Beklagten - in einem allerdings nicht nachgelassenen Schriftsatz nach Schluû der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht -, wonach in
der Bergungsseeschiffahrt unter "Stand-by" ein Zustand des Bereitstehens für einen konkreten Notfall in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der Havariestelle verstanden wird. Dieser von dem Beklagten behauptete fachspezifische Wortgebrauch ist für die Abgrenzung, ob und inwieweit bloûe Ankerzeiten nach der Anforderung des Schiffes durch den Beklagten für die Bekämpfung eines Ölschadens nur als "Stand-by" zu vergüten sind, eine naheliegende Richtschnur. In diesem Zusammenhang sind entgegen der bisherigen Sicht des Berufungsgerichts auch die Eintragungen des Kapitäns in das Betriebsstundenbuch bzw. in das Schiffstagebuch nicht ohne jede Bedeutung. Diese Eintragungen könnten vielmehr darauf hindeuten, daû selbst nach dem damaligen Verständnis der Schiffsführung der Betrieb des Schiffes auch noch nach der Ausfahrt aus dem Heimathafen - in einem ähnlichen Sinne wie hier erörtert - unterschiedlich eingeordnet wurde.
Rinne Streck Schlick Kapsa Dörr

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - III ZR 29/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - III ZR 29/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - III ZR 29/01 zitiert 4 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 304 Zwischenurteil über den Grund


(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt is

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - III ZR 29/01 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2001 - III ZR 29/01 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Okt. 2000 - II ZR 54/99

bei uns veröffentlicht am 02.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 54/99 Verkündet am: 2. Oktober 2000 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Referenzen

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 54/99 Verkündet am:
2. Oktober 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu den Voraussetzungen eines Grundurteils bei der Auseinandersetzung
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

b) Zur Zulässigkeit eines Grundurteils auf alternativer Grundlage.
BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99 - OLG Frankfurt a. Main
LG Gießen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Januar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien betreiben Bauunternehmen. Ursprünglich führten der jetzige Alleingeschäftsführer der Klägerin W. und der jetzige Geschäftsführer der Beklagten E. die Geschäfte der Klägerin gemeinsam und waren zugleich deren Mitgesellschafter. Mitte 1995 erwarb E. sämtliche Geschäftsanteile der Beklagten und führte ab diesem Zeitpunkt auch deren Geschäfte. Im Zusammenhang mit der Übernahme der Beklagten durch E.
kam es zu einer Kooperation der Parteien in Form wechselseitiger Inanspruchnahme von Arbeitskräften, Maschinen und Fahrzeugen sowie von Hilfsmaßnahmen der Klägerin für die Beklagte bei der Materialbeschaffung; Rechtsgrundlage und Umfang dieser Zusammenarbeit sind zwischen den Parteien streitig. Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte für behauptete Leistungen aus der - zwischenzeitlich beendeten - Zusammenarbeit auf Zahlung von 122.205,31 DM in Anspruch. Dabei macht sie im einzelnen die Rückzahlung einer angeblich von E. z u Lasten der Klägerin an die Beklagte veranlaßten Zahlung von 63.588,10 DM für die Benutzung von Maschinen und Fahrzeugen, einen Differenzbetrag von 8.824,48 DM aus der wechselseitigen Überlassung von Arbeitskräften , 2.000,-- DM aus der Übernahme von Mobiliar durch die Beklagte sowie verauslagte Kosten für Materialbeschaffung in Höhe von 43.905,26 DM geltend; demgegenüber berühmt sich die Beklagte, die die Klageforderung überwiegend bereits dem Grunde nach bestreitet, verschiedener Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 63.516,11 DM. Das Landgericht hat die erstinstanzlich auf die Auseinandersetzung einer vermeintlichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts gestützte Klage wegen Fehlens einer Auseinandersetzungsbilanz als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin in der Hauptsache ihr - nunmehr zum Teil anders begründetes - Zahlungsbegehren weiterverfolgt, hilfsweise hat sie dessen Feststellung begehrt. Das Berufungsgericht hat dem Hauptantrag dem Grunde nach stattgegeben und den Rechtsstreit hinsichtlich der Anspruchshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob überhaupt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen ihnen bestanden habe und deshalb eine Auseinandersetzungsrechnung erforderlich sei, könne offenbleiben; ein Grundurteil könne in einem derartigen Fall auch dann ergehen, wenn das Bestehen der Klageforderung in irgendeiner Höhe wahrscheinlich sei. Eine solche Wahrscheinlichkeit bestehe auch dann, wenn zwischen den Parteien keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden haben sollte. Die Klägerin habe nämlich eine Forderung in Höhe von zumindest insgesamt 118.317,84 DM - die sich aus Einzelbeträgen von 8.824,48 DM, 43.905,26 DM, 2.000,-- DM und 63.588,10 DM zusammensetze - ”dargestellt”, während die Beklagte in der Berufungsinstanz nur noch Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 63.516,11 DM zur Hilfsaufrechnung gestellt habe. Bei Entgeltlichkeit der wechselseitig behaupteten Leistungen verbleibe in jedem Fall ein Überschuß für die Klägerin, im Falle der Unentgeltlichkeit könne sie die für die Inanspruchnahme von Maschinen und Fahrzeugen der Beklagten gezahlten 63.588,10 DM zurückverlangen. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II. 1. Der Erlaß eines Grundurteils ist auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen unzulässig. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und
Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, daß der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urt. v. 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90, NJW-RR 1991, 599, 600 u. st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht sämtlich erfüllt. Zwar ist der Klageanspruch nach Grund und Höhe streitig. Jedoch hat das Berufungsgericht schon nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen (BGHZ 80, 222, 224) festgestellt. Der vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Auseinandersetzungsanspruch aus einer aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts setzt voraus, daß zwischen den Parteien ein Gesellschaftsverhältnis im Sinne der §§ 705 ff. BGB bestanden hat. Diesen zwischen den Parteien umstrittenen anspruchsbegründenden Umstand hat das Oberlandesgericht aufgrund einer Fehlinterpretation des Senatsurteils vom 22. Oktober 1990 (II ZR 247/89, NJW-RR 1991, 613 ff.) zu Unrecht offengelassen. Selbstverständliche Grundlage für die Zulässigkeit eines Grundurteils hinsichtlich eines Auseinandersetzungsanspruchs war auch in jenem Verfahren die Feststellung der Existenz einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den Tatrichter (Senat aaO, S. 613, 614); das hat das Berufungsgericht übersehen, indem es den insoweit unzutreffenden nichtamtlichen Leitsatz Nr. 1 der Redaktion der Zeitschrift NJW-RR (aaO, S. 613) zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.
2. Die Zulässigkeit eines Grundurteils läßt sich vorliegend auch nicht damit rechtfertigen, daß das Berufungsgericht - wie dem Zusammenhang des angefochtenen Urteils entnommen werden kann - seine Entscheidung auch auf alternativer Grundlage erlassen wollte. Zwar steht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Alternativität von Anspruchsgrundlagen als solche dem Erlaß eines (uneingeschränkten) Grundurteils nach § 304 Abs. 1 ZPO verfahrensrechtlich nicht entgegen. Ein solches Grundurteil hat aber zur Vorausset-
zung, daß die denkbaren Anspruchsgrundlagen den geltend gemachten Zahlungsbetrag rechtfertigen können und inhaltlich dieselben (und alle) Anspruchspositionen betreffen (BGHZ 89, 383, 388; BGH, Urt. v. 4. November 1997 - VI ZR 348/96, NJW 1998, 378, 379). Hinreichende Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht getroffen. Wenn nämlich die Alternative eines einheitlichen Auseinandersetzungsanspruchs auf der Grundlage einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht in Betracht käme, würde sich die Klageforderung aus mehreren selbständigen Ansprüchen zusammensetzen. In einem derartigen Fall kann ein einheitliches Grundurteil nur ergehen, wenn feststeht, daß jeder der Ansprüche dem Grunde nach gerechtfertigt ist (BGHZ 89, 383, 388). Das ergibt sich jedoch nicht aus der angefochtenen Entscheidung , weil das Berufungsgericht, das lediglich von "der" klägerischen Forderung spricht, sich nicht im einzelnen mit den (dann) in Betracht kommenden verschiedenen Klagegründen auseinandersetzt. Zur erforderlichen Feststellung des Anspruchsgrundes reicht die pauschale Annahme des Oberlandesgerichts , die Klageforderung könne "ohne Bedenken" dem Grunde nach festgestellt werden, ebensowenig aus, wie der Hinweis an anderer Stelle des Urteils, die Klägerin habe die Klageforderung "zumindest in Höhe von (8.824,48 DM + 43.905,26 DM + 2.000,-- DM + 63.588,10 DM =) 118.317,84 DM dargestellt". Überdies steht der Zulässigkeit eines Grundurteils entgegen, daß das Berufungsgericht keine tragfähigen Feststellungen zu den den Anspruchsgrund leugnenden Einwendungen der Beklagten getroffen hat.
III. 1. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen läßt sich das Berufungsurteil auch nicht ganz oder teilweise mit anderer Begründung aufrechterhalten (§ 563 ZPO). Soweit hinsichtlich der Mobiliarübernahme durch die Beklagte ein Kaufpreisanspruch der Klägerin in Höhe eines unstreitigen Teilbe-
trags von 1.000,-- DM in Betracht käme, stünde dem Erlaß eines Grund- oder Teilurteils die Aufrechung bzw. Verrechnung der Beklagten mit konnexen Gegenforderungen von insgesamt 63.516,11 DM entgegen, zu denen die Klägerin sich bislang überwiegend noch nicht substantiiert geäußert, sondern sich eine Stellungnahme bis zum Vorliegen der von ihr selbst in Auftrag gegebenen Auseinandersetzungsrechnung vorbehalten hat.
2. Auch eine Teilabweisung der Klage durch den Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in Höhe von 3.887,47 DM kommt im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht in Betracht. Zwar ist in dieser Höhe die - mehrfach geänderte - Klagebegründung nicht schlüssig, jedoch beruht die Differenz auf einem offenbaren Rechenfehler. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß insoweit nach Hinweis auf diesen Umstand eine Rechtfertigung der Klage mit Ansprüchen aus der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften erfolgt, die die Klägerin in der letzten Version ihrer Klagebegründung mit 20.387,20 DM beziffert; hiervon hat sie bislang lediglich 8.824,48 DM geltend gemacht, um - vermeintlich - "den Streitwert nicht weiter in die Höhe zu treiben".
IV. Die Sache ist daher insgesamt an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit dieses die weiterhin erforderlichen Feststellungen treffen kann. Hinsichtlich des Klagegrundes wird zu beachten sein, daß die Klägerin in der Berufungsinstanz von ihrem erstinstanzlichen Vorbringen, sie leite ihre Ansprüche aus einem Gesellschaftsverhältnis der Parteien ab, im wesentlichen Abstand genommen hat und Auseinandersetzungsansprüche allenfalls hilfsweise auf der Grundlage einer vorsorglich in Auftrag gegebenen Auseinandersetzungsbilanz geltend machen will. Die Parteien werden daher im Rahmen der erneuten Berufungsverhandlung Gelegenheit haben, ihr tatsächliches und
rechtliches Vorbringen zu den streitigen Rechtsbeziehungen klarzustellen bzw. zu ergänzen.

Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.