Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2014 - NotZ (Brfg) 5/14

24.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats für Notarsachen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 7. März 2014 zuzulassen, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der am 12. Oktober 1943 geborene Kläger ist Rechtsanwalt und wurde 1979 "für die Dauer seiner Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Landgericht B. zum Notar für den Bezirk des Hanseatischen Oberlandesgerichts in B." bestellt. Er beantragte mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 an die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in B. ihm zu gestatten, das Notaramt auch nach Beendigung des 70. Lebensjahres weiter auszuüben. Der Senator für Justiz und Verfassung lehnte den Antrag ab.

2

Der Kläger hat beantragt, ihm die notarielle Tätigkeit über den 31. Oktober 2013 hinaus auf unbestimmte Dauer, mindestens jedoch bis zur Vollendung seines 75. Lebensjahres zu gestatten. Hilfsweise hat er die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union beantragt.

3

Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.

II.

4

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz zuzulassen, ist zulässig aber unbegründet. Ein Zulassungsgrund (§ 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) ist nicht gegeben. Insbesondere hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) noch bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Oberlandesgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO).

5

1. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch die Senatsbeschlüsse vom 17. März 2014 (NotZ(Brfg) 21/13, ZNotP 2014, 111) und vom 22. März 2010 (NotZ 16/09, BGHZ 185, 30) sowie durch die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Januar 2011 (1 BvR 2870/10, NJW 2011, 1131) und vom 27. Juni 2014 (1 BvR 1313/14), mit denen die Verfassungsbeschwerden gegen diese Entscheidungen zurückgewiesen worden sind, bereits - weitgehend - zum Nachteil des Klägers geklärt. Danach verstoßen § 47 Nr. 1 und § 48a BNotO weder gegen das Grundgesetz noch gegen das aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303/16) (fortan: Richtlinie 2000/78/EG) folgende Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters. Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angeführten Gesichtspunkte fest.

6

Der Senat hat sich insbesondere in den Beschlüssen vom 25. November 2013 (NotZ(Brfg) 8/13, NotZ(Brfg) 11/13 und - NotZ(Brfg) 12/13 jeweils aaO) mit der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur beruflichen Altersgrenze auseinandergesetzt (aaO jeweils Rn. 5 ff.) und darauf im Beschluss vom 17. März 2014 (NotZ(Brfg) 21/13 aaO Rn. 5) Bezug genommen.

7

Im Beschluss vom 25. November 2013 (NotZ(Brfg) 11/13, DNotZ 2014, 313 juris Rn. 4 ff.) hat sich der Senat ausführlich damit befasst, dass die Altersgrenze nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstößt, weil die für deutsche Notare geltende Altersgrenze nach den Maßstäben der Richtlinie beschäftigungspolitisch dadurch gerechtfertigt ist, dass andernfalls für die Besetzung der nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung stehenden Stellen (§ 4 Satz 1 BNotO) nicht, jedenfalls nicht mit der erforderlichen Vorhersehbarkeit und Planbarkeit, gewährleistet wäre, dass lebensältere Notare die ihnen zugewiesenen Stellen für lebensjüngere frei machen und diesen eine Perspektive eröffnet wird, den angestrebten Beruf des Notars binnen angemessener Zeit ausüben zu können (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 22. März 2010 - NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 29).

8

2. Soweit der Kläger geltend macht, es habe sich mittlerweile ein Mangel an Nachwuchsinteressenten für das Anwaltsnotariat eingestellt, rechtfertigt dies nicht, die Regelung in § 48a BNotO nicht mehr anzuwenden, selbst wenn dieser Befund zutreffen und sich verstetigen sollte. Ob, wann und in welcher Weise der Gesetzgeber die Rechtslage geänderten tatsächlichen Verhältnissen anpasst, liegt in seinem, von den Gerichten schon aus Gründen der Gewaltenteilung zu respektierenden Gestaltungsspielraum. Dass sich die Bewerberverhältnisse derart massiv gewandelt hätten, dass mit der Beibehaltung der Altersgrenze des § 48a BNotO der dem Gesetzgeber zustehende weite Spielraum überschritten wäre, ist nicht ansatzweise ersichtlich.

9

3. Zutreffend hat das Oberlandesgericht einen Vertrauensschutz zugunsten des Klägers durch die in der Bestallungsurkunde aufgenommene Formulierung, dass der Kläger für die Dauer seiner Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Landgericht B. zum Notar bestellt werde, nicht entnehmen können. Der Senat teilt die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass die Bestallungsurkunde keine eigene den Kläger begünstigende Regelung hinsichtlich der Dauer der Bestellung zum Notar enthält, sondern lediglich festlegt, mit welcher der in § 3 BNotO zugelassenen Notariatsformen der Kläger betraut werden sollte.

10

4. Unbehelflich ist der Hinweis des Klägers darauf, dass das Erlöschen des Notaramts die wirtschaftliche Sicherung seines Alters gefährde, weil die nach seiner Auffassung zu hohe Zahl der Rechtsanwälte in B. einen Ausgleich der aufgrund der Altersgrenze entgehenden Einnahmen als Notar durch die anwaltliche Tätigkeit nicht zulasse. Maßgebend für die Altersgrenze des § 48a BNotO ist die Sicherung einer geordneten Altersstruktur des aktiven Notariats und die Notwendigkeit, im Interesse der beruflichen Perspektive jüngerer Anwärter für eine ausreichende Fluktuation zu sorgen, weil im Interesse einer geordneten Rechtspflege die Limitierung der Stellenanzahl nach § 4 BNotO gilt (vgl. zur Vereinbarkeit der Begrenzung der Zahl und der örtlichen Zuständigkeit der Notare mit Art. 43 EG und Art. 49 AEUV EuGH, Urteil vom 24. Mai 2011 - C-54/08, NJW 2011, 2941 Rn. 98). Diesen für die Altersgrenze maßgeblichen Gründen fehlt ein inhaltlicher Bezug zur Art und Weise, wie die Versorgung der Notare, deren Amt nach § 47 Nr. 1, § 48a BNotO erloschen ist, ausgestaltet ist.

11

5. Die Voraussetzungen für ein Vorabentscheidungsersuchen des Senats an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV sind nicht erfüllt. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen in seinen Beschlüssen vom 22. März 2010 (NotZ 16/09, aaO Rn. 32 ff.; siehe hierzu auch BVerfG NJW 2011, 1131 Rn. 14) und vom 25. November 2013 (NotZ(Brfg) 11/12 aaO Rn. 14 und - NotZ(Brfg) 12/13 aaO Rn. 14) Bezug. Eine Vorlage gemäß Art. 267 AEUV scheidet nach den Maßstäben der so genannten acte-clair-Doktrin (siehe hierzu z.B. Senatsbeschlüsse vom 22. März 2010 aaO Rn. 33 f. und vom 26. November 2007 - NotZ 23/07, BGHZ 174, 273 Rn. 34) aus. Dass die notarielle Tätigkeit gemäß § 1 BNotO ein öffentliches Amt ist, wird auch durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Mai 2011 (C-54/08, NJW 2011, 2941 Rn. 98) nicht in Frage gestellt (vgl. hierzu auch BVerfGE 131, 130 Rn. 131 ff.). Nach der Auffassung des Gerichtshofs ist zwar die Beurkundungstätigkeit der Notare als solche nicht im Sinne von Art. 45 Abs. 1 EG mit einer unmittelbaren und spezifischen Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden. Doch werden mit den notariellen Tätigkeiten im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgt, die insbesondere dazu dienen, die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen zu gewährleisten. Dies stellt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der etwaige Beschränkungen im Sinne von Art. 43 EG rechtfertigen kann, die sich aus den Besonderheiten der notariellen Tätigkeit ergeben, wie etwa den für die Notare aufgrund der Verfahren zu ihrer Bestellung geltenden Vorgaben, der Beschränkung ihrer Zahl und ihrer örtlichen Zuständigkeit oder auch der Regelung ihrer Bezüge, ihrer Unabhängigkeit, der Unvereinbarkeit von Ämtern und ihrer Unabsetzbarkeit, soweit diese Beschränkungen zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich sind (vgl. aaO Rn. 93 ff.). Die Begrenzung der Zahl und der örtlichen Zuständigkeit der Notare gehört zu den Beschränkungen im Sinne von Art. 43 EG (= Art. 49 AEUV), die durch einen zwingenden Grund des allgemeinen Interesses gerechtfertigt werden können, weil mit den notariellen Tätigkeiten in diesem Interesse liegende Ziele verfolgt werden, die insbesondere dazu dienen, die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen zu gewährleisten. Dementsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 6. November 2012 (C-286/12, juris) zur Herabsetzung der Altersgrenze für ungarische Richter, Staatsanwälte und Notare von 70 Jahren auf 62 Jahre hervorgehoben, dass die Gewährleistung einer ausgewogenen Altersstruktur, um die Einstellung und Beförderung jüngerer Bediensteter zu begünstigen, ein legitimes Ziel einer Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik ist, das eine Altersgrenze rechtfertigt (aaO Rn. 60, 62 f. mwN). Der Gerichtshof hat einen Verstoß der betreffenden ungarischen Regelung gegen die Richtlinie nur deshalb beanstandet, weil die in Rede stehende Regelung eine plötzliche und erhebliche Senkung der Altersgrenze für das zwingende Ausscheiden aus dem Dienst vornahm, ohne Übergangsmaßnahmen vorzusehen, die geeignet gewesen wären, das berechtigte Vertrauen der Betroffenen zu schützen, die eine Einbuße von mindestens 30 % ihres Gehalts hätten hinnehmen müssen (aaO Rn. 68, 70).

12

Von einer derartigen Fallgestaltung ist der Kläger aufgrund der von ihm beanstandeten, bereits seit dem 3. Februar 1991 (Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Änderung des Berufsrechts der Notare und Rechtsanwälte vom 29. Januar 1991, BGBl. I S. 150) in Kraft befindlichen Regelungen nicht betroffen.

13

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Wertfestsetzung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 111g Abs. 2 Satz 1 BNotO.

Galke                      Diederichsen                       Radtke

             Strzyz                                 Frank

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Das Oberlandesgericht steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 111d bleibt unbe

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Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Oberlandesgericht oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt

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(1) Notare werden zur hauptberuflichen Amtsausübung auf Lebenszeit bestellt (hauptberufliche Notare). (2) In den Gerichtsbezirken, in denen am 1. April 1961 das Amt des Notars nur im Nebenberuf ausgeübt worden ist, werden weiterhin ausschließlich

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(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt. (2) In Verfahren, die Klagen auf Bestellung zum Notar oder die Ernennung zum Notarassessor, die Amtsenthebung, die Entfernung aus dem Amt o

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Es werden so viele Notare bestellt, wie es den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht. Dabei sind insbesondere das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und die Wahrung einer geord

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Bundesnotarordnung - BNotO | § 47 Erlöschen des Amtes


Das Amt des Notars erlischt durch 1. Entlassung aus dem Amt (§ 48),2. Erreichen der Altersgrenze (§ 48a) oder Tod,3. Amtsniederlegung (§§ 48b, 48c),4. bestandskräftigen Wegfall der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer im Fall des § 3 Absatz 2,

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Oberlandesgericht oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Oberlandesgericht oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Oberlandesgericht oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

Gründe

I.

1

1. Der Beschwerdeführer war bis zum Erreichen der in § 47 Nr. 1, § 48a der Bundesnotarordnung (BNotO) geregelten Altersgrenze von 70 Jahren zum Notar bestellt.

2

Der gegen das altersbedingte Ausscheiden aus dem Notaramt gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht durch Beschluss vom 3. August 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen vom Beschwerdeführer erhobene sofortige Beschwerde wies der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 22. März 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof insbesondere aus, die gesetzliche Altersgrenze in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO sei verfassungskonform und auch mit dem europäischen Recht vereinbar; sie unterfalle schon nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden: Richtlinie 2000/78/EG oder Richtlinie), sei aber jedenfalls als zulässige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zu bewerten und verstoße daher weder gegen die Richtlinie 2000/78/EG noch gegen das primärrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedürfe es nicht, weil es zur Überzeugung des Senats offenkundig sei und keinem vernünftigen Zweifel unterliege, dass die in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO bestimmte Altersgrenze nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfalle, jedenfalls aber eine gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zulässige Ungleichbehandlung darstelle. Die für diese Beurteilung maßgeblichen Kriterien seien teilweise bereits durch den Gerichtshof geklärt und lägen im Übrigen auf der Hand. Hinsichtlich der Beurteilung, ob mit einer nationalen Maßnahme ein legitimes Ziel verfolgt werde und die Maßnahme erforderlich und angemessen sei, komme dem einzelnen Mitgliedstaat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die gesetzliche Altersgrenze von 70 Jahren sei ersichtlich verhältnismäßig; sie verfolge - unter anderem - das legitime beschäftigungspolitische Ziel der Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen, gewährleiste zudem eine funktionsfähige Rechtspflege und bringe die Bedürfnisse und Interessen der älteren Notare einerseits und des juristischen Nachwuchses andererseits in einen angemessenen Ausgleich.

3

2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und führt zur Begründung aus, der Bundesgerichtshof habe sich nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der einschlägigen Literatur und der Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auseinandergesetzt, sondern habe eine eigene Lösung entwickelt, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gerecht werde. Der Bundesgerichtshof sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Rechtslage offenkundig sei, und habe hierdurch willkürlich gegen seine Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen.

II.

4

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Für eine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten ist nichts ersichtlich.

5

1. a) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist verletzt, wenn einfachrechtliche Verfahrensvorschriften willkürlich unrichtig angewendet werden (vgl. BVerfGE 29, 45 <48>; stRspr) und dem Rechtsuchenden hierdurch eine Entscheidung durch den gesetzlich vorgesehenen Richter versagt wird. Dies kann auch bei Verletzung einer Vorlagepflicht der Fall sein.

6

b) Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>; stRspr). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T." -, Slg. 1982, S. 03415, Rn. 21).

7

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, juris, Rn. 88 ff.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. November 2010 - 1 BvR 2065/10 -, juris, Rn. 23). Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, juris, Rn. 90; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. November 2010 - 1 BvR 2065/10 -, juris, Rn. 23). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 -, NJW 2010, S. 1268 <1269>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08 -, juris, Rn. 48; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. November 2010 - 1 BvR 2065/10 -, juris, Rn. 23). Eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kann insbesondere dann vorliegen, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>); zu verneinen ist in diesen Fällen allerdings ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bereits dann, wenn das nationale Gericht die entscheidungserhebliche Frage in zumindest vertretbarer Weise beantwortet hat (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, juris, Rn. 90).

8

Nach der ständigen Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat das Fachgericht Gründe anzugeben, die zeigen, ob es sich hinsichtlich des europäischen Rechts ausreichend kundig gemacht hat, und die so dem Bundesverfassungsgericht eine Kontrolle am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ermöglichen (vgl. BVerfGK 8, 401 <405>; 10, 19 <31>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Januar 2001 - 1 BvR 1036/99 -, NJW 2001, S. 1267 <1268>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Mai 2007 - 1 BvR 2036/05 -, NVwZ 2007, S. 942 <945>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 <781>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 -, NJW 2010, S. 1268 <1269>).

9

2. Nach diesen Maßstäben sind die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Die von den Fachgerichten in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene Auslegung und Anwendung der Regelung in Art. 267 Abs. 3 AEUV erscheint bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken weder nicht mehr verständlich noch ist sie offensichtlich unhaltbar. Insbesondere hat sich der Bundesgerichtshof mit der Möglichkeit einer Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof und den hierfür maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen eingehend auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, warum im vorliegenden Fall keine Vorlagepflicht bestand. Dabei ist der Bundesgerichtshof auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eingegangen und hat auf dieser Grundlage seine zumindest vertretbare Entscheidung entwickelt; von einem bewussten Abweichen von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann hiernach keine Rede sein.

10

Der Bundesgerichtshof hat ferner den Beurteilungsrahmen, der ihm angesichts der noch nicht erschöpfenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den sich vorliegend stellenden Fragen zukommt, nicht in unvertretbarer Weise überschritten.

11

Dahingestellt bleiben kann dabei, ob die Annahme des Bundesgerichtshofs vertretbar ist, die in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO geregelte Altersgrenze unterfalle nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG. Denn der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung nicht nur auf die Unanwendbarkeit der Richtlinie auf das Berufsrecht der Notare gestützt, sondern zusätzlich damit begründet, dass jedenfalls eine gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zulässige Ungleichbehandlung vorliege. Insoweit hat der Bundesgerichtshof unter Würdigung der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vertretbar ausgeführt, dass die für diese Beurteilung maßgeblichen Kriterien teilweise durch den Gerichtshof geklärt seien und im Übrigen auf der Hand lägen. Der Bundesgerichtshof ist mit nachvollziehbarer und tragfähiger Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei der in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO geregelten gesetzlichen Altersgrenze unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs offenkundig um eine zulässige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG handelt und daher eine Vorlage verzichtbar ist.

12

Insbesondere hat der Bundesgerichtshof nachvollziehbar ausgeführt, dass und warum die Regelung in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO ein legitimes Ziel verfolgt und zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und angemessen ist. Bei der Prüfung dieser Merkmale durfte der Bundesgerichtshof auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 22. November 2005 - C-144/04 -, Slg. 2005 I-9981,10037, Rn. 63; Urteil vom 16. Oktober 2007 - C-411/05 -, NJW 2007, S. 3339 <3341>, Rn. 68; Urteil vom 12. Januar 2010 - C-341/08 -, juris) von einem weiten Wertungsspielraum der Mitgliedstaaten ausgehen.

13

Die mit der gesetzlichen Altersgrenze verfolgten Ziele hat der Bundesgerichtshof zutreffend ermittelt. Nach den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 11/8307, S. 18) zielt die streitige Regelung auf die Wahrung einer geordneten Altersstruktur im Notariat. Dies hat der Bundesgerichtshof in zulässiger Weise dahin konkretisiert, dass auch eine gerechte Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen und die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen bezweckt werde. Der Gesetzeszweck, die Berufschancen gerecht zwischen den Generationen zu verteilen, stellt ein sozialpolitisches und damit ohne Zweifel ein auch im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs legitimes Ziel dar. Der Bundesgerichtshof hat in der angegriffenen Entscheidung auch nachvollziehbar begründet, dass und warum die Regelung in § 47 Nr. 1, § 48 BNotO geeignet, erforderlich und angemessen ist, um das mit ihr verfolgte - legitime - beschäftigungspolitische Ziel der gerechten Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen zu erreichen. Das insoweit vom Bundesgerichtshof angeführte Argument, dass ohne die gesetzliche Altersgrenze keine hinreichende Vorhersehbarkeit und Planbarkeit für den juristischen Nachwuchs bestünde und daher der Zugang zum Amt des Notars für nachfolgende Juristengenerationen faktisch erheblich eingeschränkt würde, ist ohne Weiteres nachvollziehbar und tragfähig. Vertretbar und in keiner Weise zu beanstanden ist auch, dass der Bundesgerichtshof die Interessen der älteren Notare durch die gesetzliche Altersgrenze von 70 Jahren als nicht unangemessen beeinträchtigt erachtet hat.

14

Auch soweit der Bundesgerichtshof eine Pflicht zur Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof mit Blick auf das primärrechtliche Diskriminierungsverbot verneint hat, ist seine Entscheidung jedenfalls vertretbar. Auch insoweit greift das Argument des Bundesgerichtshofs, dass eine Verletzung des primärrechtlichen Diskriminierungsverbots schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich bei der gesetzlichen Altersgrenze in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO um eine zulässige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG handelt.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde gegen seine altersbedingte Versetzung in den Ruhestand.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, wurde im Jahr 1983 zum Notar bestellt. Seinen Antrag auf Feststellung, dass sein Amt als Notar nicht mit Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet, erlösche, wurde von der Präsidentin des Kammergerichts abgelehnt.

3

Nach Abweisung seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Klage durch Urteil des Kammergerichts ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Bundesgerichtshofs abgelehnt worden.

4

2. Mit seiner gegen die gerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 6, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 GG. Daneben macht er eine Verletzung von Art. 15, Art. 16, Art. 17, Art. 20, Art. 21 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geltend.

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

6

1. Die gesetzliche Regelung, nach der das Notaramt durch Erreichen der Altersgrenze erlischt (§ 47 Nr. 1, § 48a der Bundesnotarordnung - BNotO), ist vom Bundesverfassungsgericht bereits wiederholt insbesondere mit Blick auf die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) geprüft worden, blieb jedoch verfassungsrechtlich stets ohne Beanstandung (vgl. etwa BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Oktober 1992 - 1 BvR 1581/91 -, NJW 1993, S. 1575; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Januar 2011 - 1 BvR 2870/10 -, NJW 2011, S. 1131). Für eine Aufgabe dieser Rechtsprechung gibt auch der vorliegende Fall keinen Anlass, zumal der Beschwerdeführer sich weder mit den bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzt, noch wesentliche neue Argumente gegen diese vorbringt.

7

a) So geht die Rüge einer Verletzung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ins Leere; denn aus dieser folgen keine Rechte des Beschwerdeführers, die gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 BVerfGG vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden können.

8

Unter diesem Gesichtspunkt käme allenfalls eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Nichtvorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in Betracht, was der Beschwerdeführer hier allerdings - auch im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303, S. 16) - ohne Erfolg geltend macht.

9

Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Normen, die die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung regeln, nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind oder das Gericht Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 ff.>). Diese Grundsätze gelten auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. zum Ganzen auch BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 646 <657 f.>). Hierzu hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgetragen. Insbesondere hat er sich mit den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts für eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Nichtbeachtung einer Vorlagepflicht nicht auseinandergesetzt.

10

Unabhängig davon ist das Bestehen einer Vorlagepflicht nicht ersichtlich. Sowohl das Kammergericht als auch der Bundesgerichtshof haben sich jeweils mit den europarechtlichen Fragen des Ausgangsrechtsstreits auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auseinandergesetzt. Der Bundesgerichtshof ist in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass § 47 Nr. 1, § 48a BNotO nicht gegen das Diskriminierungsverbot aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 verstoßen (vgl. in neuerer Zeit BGH, Beschluss vom 23. Juli 2012 - NotZ 15/11 -, juris; Beschluss vom 25. November 2013 - NotZ 11/13 -, NJW-RR 2014, S. 631). Gegen diese Rechtsprechung ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Januar 2011 - 1 BvR 2870/10 -, NJW 2011, S. 1131). Das gilt auch vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 6. November 2012 - C-286/12 -, EuGRZ 2012, S. 752). Danach stellt eine gesetzliche Altersgrenze zwar eine unmittelbar auf dem Kriterium des Alters beruhende Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2000/78/EG dar. Diese ist indes nicht diskriminierend, sofern sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, und außerdem die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Sozialpolitische Ziele, beispielsweise aus den Bereichen der Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung, stellen in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union solche legitimen Ziele dar (vgl. EuGH, Urteil vom 6. November 2012 - C-286/12 -, a.a.O. m.w.N.). Ein legitimes Ziel der Arbeits- und Beschäftigungspolitik kann insbesondere das Herbeiführen einer ausgewogenen Altersstruktur sein, um die Möglichkeiten für Neueinstellungen und den beruflichen Aufstieg jüngerer Amtsträger zu verbessern; hinzu kommt die Optimierung der Personalplanung, um so etwaigen Rechtsstreitigkeiten über die Fähigkeit eines Beschäftigten vorzubeugen, der seine Tätigkeit über eine bestimmte Altersgrenze hinaus ausüben will (EuGH, Urteil vom 6. November 2012 - C-286/12 -, a.a.O.). Diese Erwägungen tragen auch die hier angegriffene Altersgrenze für das Notaramt.

11

b) Schließlich hat der Bundesgerichtshof auch den Rechtsweg des Beschwerdeführers nicht in verfassungswidriger Weise unter Missachtung des Art. 19 Abs. 4 GG verkürzt. Mit der Ablehnung der Zulassung dieses Rechtsmittels ist der Zugang zur Berufung nicht unzumutbar erschwert worden (vgl. dazu BVerfGE 125, 104 <137>). Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Zulassungsgrund (§ 111d Satz 2 BNotO, § 124 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben ist, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. An der hinreichenden Klärung der entscheidungserheblichen Fragen durch die vorliegende Rechtsprechung vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in diesem Zusammenhang bislang unerörterte Frage der unterschiedlichen Altersversorgung nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellen diese Gesichtspunkte weder die Richtigkeit der Entscheidung in Frage, noch werfen sie ernstlich klärungsbedürftige oder schwierige Rechtsfragen auf. Dass aufgrund der gesetzlichen Altersgrenze in § 48a BNotO wesentlich ungleiche Sachverhalte unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gleich behandelt werden, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

12

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

13

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Das Amt des Notars erlischt durch

1.
Entlassung aus dem Amt (§ 48),
2.
Erreichen der Altersgrenze (§ 48a) oder Tod,
3.
Amtsniederlegung (§§ 48b, 48c),
4.
bestandskräftigen Wegfall der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer im Fall des § 3 Absatz 2,
5.
rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung, die einen Amtsverlust (§ 49) zur Folge hat,
6.
bestandskräftige Amtsenthebung (§ 50),
7.
rechtskräftiges disziplinargerichtliches Urteil, in dem auf Entfernung aus dem Amt (§ 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, Absatz 3) erkannt worden ist.

Die Notare erreichen mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebzigste Lebensjahr vollenden, die Altersgrenze.

Es werden so viele Notare bestellt, wie es den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht. Dabei sind insbesondere das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur der Angehörigen des Berufs zu berücksichtigen.

Die Notare erreichen mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebzigste Lebensjahr vollenden, die Altersgrenze.

(1) Notare werden zur hauptberuflichen Amtsausübung auf Lebenszeit bestellt (hauptberufliche Notare).

(2) In den Gerichtsbezirken, in denen am 1. April 1961 das Amt des Notars nur im Nebenberuf ausgeübt worden ist, werden weiterhin ausschließlich Rechtsanwälte für die Dauer ihrer Mitgliedschaft bei der für den Gerichtsbezirk zuständigen Rechtsanwaltskammer als Notare zu gleichzeitiger Amtsausübung neben dem Beruf des Rechtsanwalts bestellt (Anwaltsnotare).

(3) (weggefallen)

Die Notare erreichen mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebzigste Lebensjahr vollenden, die Altersgrenze.

Es werden so viele Notare bestellt, wie es den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht. Dabei sind insbesondere das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur der Angehörigen des Berufs zu berücksichtigen.

Das Amt des Notars erlischt durch

1.
Entlassung aus dem Amt (§ 48),
2.
Erreichen der Altersgrenze (§ 48a) oder Tod,
3.
Amtsniederlegung (§§ 48b, 48c),
4.
bestandskräftigen Wegfall der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer im Fall des § 3 Absatz 2,
5.
rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung, die einen Amtsverlust (§ 49) zur Folge hat,
6.
bestandskräftige Amtsenthebung (§ 50),
7.
rechtskräftiges disziplinargerichtliches Urteil, in dem auf Entfernung aus dem Amt (§ 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, Absatz 3) erkannt worden ist.

Die Notare erreichen mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebzigste Lebensjahr vollenden, die Altersgrenze.

Als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes werden für die Beurkundung von Rechtsvorgängen und andere Aufgaben auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege in den Ländern Notare bestellt.

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Das Oberlandesgericht steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 111d bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. In Streitigkeiten zwischen dem Notar und der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde hat das Gericht die Notarkammer, deren Mitglied der Notar ist, von dem Termin der Verhandlung zu benachrichtigen. Vertretern der Notarkammer, die einer Verschwiegenheitspflicht nach § 69a Absatz 1 unterliegen, soll zu einer nicht öffentlichen Verhandlung der Zutritt gestattet werden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Notare und Notarassessoren können sich selbst vertreten.

(4) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.

(2) In Verfahren, die Klagen auf Bestellung zum Notar oder die Ernennung zum Notarassessor, die Amtsenthebung, die Entfernung aus dem Amt oder vom bisherigen Amtssitz oder die Entlassung aus dem Anwärterdienst betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.