vorgehend
Amtsgericht Syke, 4 F 294/97, 18.11.2008
Oberlandesgericht Celle, 19 UF 208/08, 25.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 107/09
vom
28. Oktober 2009
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2009 durch die
Richter Dose, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und Schilling

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Mai 2009 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen. Wert: 1.191.042 €

Gründe:

I.

1
Der auf Zahlung von Zugewinnausgleich gerichtete Antrag der Antragsgegnerin (Ehefrau) wurde durch Urteil des Amtsgerichts vom 18. November 2008, der Ehefrau zugestellt am 20. November 2008, abgewiesen.
2
Mit einem am 5. Dezember 2008 eingegangenen Antrag begehrte die Ehefrau, "ihr für die beigefügte Berufung … Prozesskostenhilfe zu gewähren"; die Berufung sollte "erst nach bewilligter Prozesskostenhilfe zugestellt werden". Die Erfolgsaussichten lägen vor; das werde die noch anzufertigende Berufungsbegründung ergeben. Dem Prozesskostenhilfeantrag war eine formgerechte und vom Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau unterzeichnete Berufungsschrift beigefügt. Auf Antrag der Ehefrau wurde die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 20. Februar 2009 verlängert.
3
Mit Beschluss vom 23. Februar 2009, der Ehefrau zugestellt am 27. Februar 2009, versagte das Oberlandesgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mit einem am 27. März 2009 eingegangenen Fax-Schreiben legte die Ehefrau gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. In der Begründung verweist die Ehefrau auf "das Dilemma", das darin liege, dass sie "die Berufungsbegründung nicht veranlassen kann, weil über die Prozesskostenhilfe nicht endgültig entschieden ist", und deshalb "das OLG auch nur die in vielen Punkten vollkommen falsche Darstellung des Amtsgerichts" kenne. Im Folgenden setzte sich die Ehefrau sodann "zur Begründung der Beschwerde …, ohne die Berufungsbegründung vorwegnehmen zu wollen", mit dem vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt und dessen Würdigung durch das Amtsgericht auseinander.
4
Nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts (auf § 567 ZPO) nahm die Ehefrau mit einem am 7. April 2009 eingegangenen Schriftsatz die Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Oberlandesgerichts zurück und beantragte nunmehr, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Gleichzeitig erklärte sie, Berufung einzulegen und dazu die sich (daran im selben Schriftsatz) anschließende Berufungsbegründung zu überreichen.
5
Das Oberlandesgericht hat der Ehefrau Gelegenheit gegeben, zu Bedenken Stellung zu nehmen, die gegen die nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Berufungsbegründungsfrist bestünden. Nachdem die Ehefrau in ihrer Stellungsnahme erneut Wiedereinsetzung in die Berufungsund Berufungsbegründungsfrist beantragt hatte, hat das Oberlandesgericht die Berufung als unzulässig verworfen und die Anträge auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Ehefrau mit der Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen ihrer Auffassung wird die Ehefrau durch die angefochtene Entscheidung in ihrem Verfahrensgrundrecht auf effektiven Rechtsschutz nicht verletzt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung ist deshalb nicht erforderlich.
7
1. Das Oberlandesgericht geht zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unangegriffen davon aus, dass die Ehefrau bereits mit der ihrem Gesuch auf Prozesskostenhilfe beigefügten Berufungsschrift rechtzeitig und auch sonst wirksam Berufung eingelegt hat. Das Gesuch der Ehefrau auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist war deshalb gegenstandslos.
8
2. Ebenso zutreffend geht das Oberlandesgericht davon aus, dass die Ehefrau die bis zum 20. Februar 2009 verlängerte Frist zur Berufungsbegründung nicht gewahrt hat und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in diese Frist nicht vorliegen.
9
Zwar war die Ehefrau zunächst gehindert, ihre Berufung zu begründen. Mit der Zustellung der Entscheidung über die von ihr begehrte Prozesskostenhilfe am 27. Februar 2009 war dieses Hindernis jedoch entfallen. Die Ehefrau hätte deshalb innerhalb der von § 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO für den Antrag auf Wiedereinsetzung vorgeschriebenen Monatsfrist jedenfalls gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. ZPO die Berufung begründen müssen. Das hat die Ehefrau nicht getan.
10
a) Die erst am 7. April 2009 eingegangene Berufungsbegründung wahrt die von § 236 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 234 ZPO vorgeschriebene (Monats-) Frist zur Nachholung der versäumten Prozesshandlung auch dann nicht, wenn man der Ehefrau einen diese Frist verlängernden Überlegungszeitraum von drei bis vier Tagen einräumt (vgl. dazu etwa BGH Beschluss vom 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - WuM 2009, 186, 187).
11
b) Der zuvor am 27. März 2009 - und damit innerhalb der Monatsfrist - eingegangene Schriftsatz der Ehefrau ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht als Berufungsbegründung anzusehen. Zwar kann ein Schriftsatz , der sich - wie hier - gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wendet, zugleich eine Berufungsbegründung darstellen, sofern er den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt. Eine solche Bestimmung seines Schriftsatzes muss der Berufungskläger nicht ausdrücklich hervorheben. Es genügt, dass sich eine entsprechende Bestimmung aus dem Zusammenhang und den Begleitumständen ergibt. Da im Allgemeinen keine Partei die mit der Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist verbundenen prozessualen Nachteile in Kauf nehmen will, ist anzunehmen, dass eine inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechende Beschwerde gegen einen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss auch als Berufungsbegründung dienen soll, sofern nicht ein anderer Wille des Berufungsklägers anzunehmen ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 18. Juni 2007 – XII ZB 31/07 - FamRZ 2007, 1726, 1727 f.). Letzteres ist hier indes der Fall. Zwar mag für sich genommen unschädlich sein, dass der am 27. März 2009 eingegangene Schriftsatz der Ehefrau nur als "Beschwerde" gegen den die Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Oberlandesgerichts überschrieben ist und keine ausformulierten Anträge enthält. Entscheidend ist jedoch, dass die Ehefrau in dieser Beschwerdeschrift darlegt, dass sie derzeit - vor der endgültigen Entscheidung über die Prozesskostenhilfe - eine "Berufungsbegründung nicht ver- anlassen kann" und deshalb die weiteren Ausführungen der Beschwerdeschrift zur Begründung der Beschwerde, aber "ohne die Berufungsbegründung vorwegnehmen zu wollen", erfolgen. Damit wird unmissverständlich klargestellt, dass in diesem Schriftsatz gerade noch keine Berufungsbegründung liegt, diese vielmehr einem späteren Schriftsatz vorbehalten bleiben soll. An dieser eigenen Beurteilung muss sich die Ehefrau festhalten lassen.

Dose Weber-Monecke Wagenitz Klinkhammer Schilling

Vorinstanzen:
AG Syke, Entscheidung vom 18.11.2008 - 4 F 294/97 -
OLG Celle, Entscheidung vom 25.05.2009 - 19 UF 208/08 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2009 - XII ZB 107/09 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2009 - VIII ZA 21/08

bei uns veröffentlicht am 20.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZA 21/08 vom 20. Januar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 114, 233 Hc, 234 A Wird die beantragte Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel nach dem A

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZA 21/08
vom
20. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 114, 233 Hc, 234 A
Wird die beantragte Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel nach dem
Ablauf der Rechtsmittelfrist verweigert, bleibt der Partei nach der Bekanntgabe der
Entscheidung noch eine Zeit von höchstens drei bis vier Tagen für die Überlegung,
ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will. Danach beginnt die
zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 ZPO für das Wiedereinsetzungsgesuch und die
damit zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels. Das gilt auch dann, wenn das
Gericht nicht die Mittellosigkeit der Partei, sondern die Erfolgsaussicht der beabsichtigten
Rechtsverfolgung verneint hat (Bestätigung von BGH, Beschluss vom
9. Januar 1985 - IVb ZB 142/84, VersR 1985, 271).
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08 - LG Freiburg
AG Freiburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers und die Richterinnen
Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 21. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat die Beklagte unter anderem verurteilt, zukünftig eine erhöhte Miete zu zahlen. Die Beklagte hat beim Landgericht Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung beantragt. Das Landgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 20. August 2008 mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Der Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 25. August 2008 zugestellt worden. Am 25. September 2008 hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten beim Landgericht Berufung eingelegt und diese begründet. Zugleich hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Dazu hat sie vorgetragen, die Wiedereinsetzungsfrist habe erst am 17. September 2008 zu laufen begonnen , weil ihr an diesem Tag eine Freundin zugesagt habe, die Kosten für die Berufungsinstanz vorzustrecken. Das Landgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen. Die Beklagte beantragt durch ihre vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine "Nichtzulassungsbeschwerde".

II.

2
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
3
Bei Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Berufung müsse Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zuzüglich weniger Tage beantragt werden. Die Frist habe mit Zustellung des Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses am 25. August 2008 begonnen. Der Zeitpunkt der Beseitigung ihrer finanziellen Mittellosigkeit sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht maßgeblich. Da zwischen der Zustellung der ablehnenden Entscheidung über die Prozesskostenhilfe und dem Eingang des Wiedereinsetzungsantrags ein Zeitraum von einem Monat liege, sei die Frist nicht gewahrt. Nachdem der Wiedereinsetzungsantrag keinen Erfolg habe und die Berufungsfrist nicht gewahrt sei, sei die Berufung durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.

III.

4
1. Der Antrag der Beklagten ist dahin auszulegen, dass Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts begehrt wird. Gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts, durch den – wie hier – der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und die Berufung als unzulässig verworfen werden, ist allein die Rechtsbeschwerde statthaft (§ 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Nichtzulassungsbeschwerde http://www.juris.de/jportal/portal/t/pmm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027603301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - unterliegen dagegen in der Berufungsinstanz erlassene Endurteile (§ 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1 Nr. 2, § 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
5
2. Der Antrag ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der einmonatigen Berufungsfrist (§§ 233, 517 ZPO) und demgemäß auch die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen.
6
a) Eine Partei, die – wie hier die Beklagte für die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts – um Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel nachsucht, ist bei noch laufendem Prozesskostenhilfeverfahren schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie Anlass hat, auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu vertrauen. Dieses Hindernis entfällt mit der Entscheidung über das Gesuch. Für den – hier gegebenen – Fall, dass die beantragte Prozesskostenhilfe nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist verweigert wird, bleibt der Partei nach der Bekanntgabe der Entscheidung noch eine Zeit von höchstens drei bis vier Tagen für die Überlegung, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will. Dann beginnt die zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 ZPO für das Wiedereinsetzungsgesuch und die damit zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels (ständige Rechtsprechung des BGH seit BGHZ 4, 55, 57 f.; zuletzt etwa Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 86/07, MDR 2008, 99; Beschluss vom 3. Juli 2008 – III ZA 8/08, juris, Tz. 14, jeweils m.w.N.). http://www.juris.de/jportal/portal/t/pmm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027603301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/pmm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027603301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/pmm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027603301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 -
7
b) Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn das Gericht – wie hier – nicht die Mittellosigkeit der Partei, sondern die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat. Zwar bessern sich die finanziellen Möglichkeiten der Partei nicht dadurch, dass das Berufungsgericht ihr die beantragte Prozesskostenhilfe versagt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass sie nunmehr noch nach dem Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO, begrenzt allein durch die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen könne. Diese Auffassung, die es in die Hand der mittellosen Partei legen würde, den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung der Vorinstanz über ein Jahr hin in der Schwebe zu halten, verkennt den inneren Grund der Wiedereinsetzung bei Mittellosigkeit. Die mittellose Partei soll nicht schlechter stehen als eine vermögende. Deshalb wird ihr die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe und der Wiedereinsetzung eingeräumt. Nicht die bloße Mittellosigkeit entschuldigt also die Versäumung der Rechtsmittelfrist, sondern Fristnachsicht wird nur dann und so lange gewährt, wie ein – in seinem Ausgang auch von den Aussichten der Rechtsverfolgung abhängendes – Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe läuft und die Partei annehmen darf, es werde Erfolg haben. Das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis besteht demnach nicht schlechthin in der Mittellosigkeit der Partei, sondern in der noch fehlenden Entscheidung über das Gesuch. Dieses Hindernis entfällt mit der Bekanntgabe der insoweit ergehenden Entscheidung des Gerichts und dem Ablauf der für den Fall der Ablehnung dann sich noch anschließenden kurzen Überlegungsfrist (BGH, Beschluss vom 9. Januar 1985 – IVb ZB 142/84, VersR 1985, 271 m.w.N.). Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO begann somit hier wenige Tage nach der am 25. August 2008 erfolgten Zustellung des Beschlusses vom 20. August 2008 und war daher bei Eingang der Berufung der Beklag- ten und ihres Wiedereinsetzungsantrags am 25. September 2008 lange abgelaufen. Ball Wiechers Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG Freiburg, Entscheidung vom 09.05.2008 - 10 C 3187/07 -
LG Freiburg, Entscheidung vom 21.10.2008 - 3 S 158/08 -

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.