Bundesgerichtshof Beschluss, 18. März 2003 - X ZB 41/02
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I. Der Ausgangsstreit vor dem Landgericht H. betrifft Vergütungsansprüche für die Lieferung von Lüftungsanlagen, Kältegeräten und Zubehör.
In einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. November 2001 hatte die Vorsitzende der Klägerin aufgegeben, eine neue Abrechnung ihrer Ansprüche vorzulegen. Nachdem diese eingereicht worden war, bestimmte die Vorsitzende Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 22. April 2002 und ordnete "das persönliche Erscheinen der Parteien" an. Auf Bitte des Beklagtenvertreters wurde der Termin später auf den 3. Juni 2002 verlegt.
Im Termin am 3. Juni 2002 erschien für die Beklagte lediglich deren Prozeßbevollmächtigter. Mit Beschluß vom 4. Juni 2002 setzte das Landgericht daraufhin "gegen den Geschäftsführer der Beklagten" ein Ordnungsgeld von ! #" $&%' ($) * + , - /.#0 300,00 Beschluß wurde dem Geschäftsführer der Beklagten am 12. Juni 2002 zugestellt und den Prozeßbevollmächtigten der Parteien formlos bekanntgegeben. Beim Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ist er am 13. Juni 2002 eingegangen.
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2002, der am gleichen Tag beim Landgericht eingegangen ist, hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluß Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, mit der Begründung, der Geschäftsführer der Beklagten habe sein Ausbleiben nicht ausreichend entschuldigt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit zur Entscheidung in der Sache an das Beschwerdegericht zurückverweisen. Die Klägerin hat zu der Rechtsbeschwerde nicht Stellung genommen.
II. Die kraft Zulassung statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde gegen den Ordnungsmittelbeschluß im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen.
1. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde als zwar statthaft, aber als nicht fristgerecht eingelegt angesehen. Die Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO habe mit der Zustellung des Beschlusses an den Beschwerdeführer, also am 12. Juni 2002, zu laufen begonnen, nicht erst mit der Bekanntgabe an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Dies ergebe sich aus § 141 Abs. 2 ZPO und folge überdies aus § 380 Abs. 1 Satz 2 ZPO, auf den § 141 Abs. 3 ZPO Bezug nehme.
Dies hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
2. Die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe sich nicht mit der Frage befaßt, wer Objekt eines Ordnungsgeldbeschlusses sei. Nach zutreffender Ansicht sei dies bei einer juristischen Person diese selbst, nicht hingegen ihr gesetzlicher Vertreter. Deshalb sei hier der Beschluß an die Beklagte zuzustellen gewesen, und zwar - wegen § 176 ZPO - an deren Prozeßbevollmächtigten. Die Beschwerdefrist habe folglich erst am 13. Juni 2002 zu laufen begonnen.
Dieser Rüge bleibt der Erfolg versagt.
a) Die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO hat mit der Zustellung an den Geschäftsführer der Beklagten zu laufen begonnen.
aa) Der angefochtene Ordnungsgeldbeschluß richtet sich nicht gegen die Beklagte, sondern (nur) gegen deren Geschäftsführer persönlich.
Dem steht nicht entgegen, daß der Geschäftsführer im Rubrum des Beschlusses nicht als Verfahrensbeteiligter, sondern nur als gesetzlicher
Vertreter der Beklagten aufgeführt ist. Dem Entscheidungsrubrum kommt für die Frage, wer Betroffener eines Ordnungsgeldbeschlusses ist, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Im Entscheidungsrubrum sind grundsätzlich nur die Parteien, ihre gesetzlichen Vertreter und der Prozeßbevollmächtigte anzugeben (vgl. § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ein Ordnungsgeldbeschluß kann demgegenüber auch gegen andere Personen ergehen, zum Beispiel gegen Zeugen oder Sachverständige. Gegen wen sich der Beschluß richtet, ist deshalb nicht anhand des Rubrums, sondern anhand des Tenors und der Gründe zu ermitteln.
Sowohl im Tenor als auch in den Gründen des angefochtenen Beschlusses wird der Geschäftsführer der Beklagten als Betroffener genannt. Anhaltspunkte dafür, daß das Ordnungsgeld abweichend vom Wortlaut dennoch gegen die Beklagte verhängt werden sollte, sind nicht ersichtlich.
bb) Der Ordnungsgeldbeschluß war mithin an den Beschwerdeführer zuzustellen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Zustellung gemäß § 176 ZPO a.F. (seit 1. Juli 2002: § 172 Abs. 1 ZPO) an den Prozeßbevollmächtigten oder analog § 141 Abs. 2 ZPO an den Betroffenen persönlich zu erfolgen hatte. Ein Prozeßbevollmächtigter war hier nämlich nur für die Beklagte bestellt, nicht für den Beschwerdeführer. Eine Zustellung des Beschlusses an den Beklagtenvertreter hätte gegenüber dem Beschwerdeführer mithin keine Wirkungen gezeitigt.
cc) Ob der Beschwerdeführer der "richtige" Betroffene ist oder ob das Ordnungsgeld nur gegen die Beklagte hätte verhängt werden dürfen, kann der Senat in der gegebenen Verfahrenslage nicht überprüfen. Auf die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen kommt es hier deshalb nicht an.
Diese können nur dann Gegenstand einer inhaltlichen Überprüfung sein, wenn der Beschluß fristgerecht angefochten wurde. Daran fehlt es hier, so daß dahinstehen kann, ob die Beschwerde auch durch den Geschäftsführer der Beklagten selbst eingelegt worden ist.
b) Als Beschwerde der Beklagten erweist sich das Rechtsmittel auch nicht aus anderen Erwägungen als begründet; eine solche Beschwerde wäre unbeschadet der Frage der Verfristung ebenfalls nicht zulässig, weil die Beklagte durch den Ordnungsgeldbeschluß nicht beschwert ist. Der angefochtene Beschluß verpflichtet lediglich den Geschäftsführer der Beklagten zur Zahlung des Ordnungsgelds. Eine mögliche mittelbare Betroffenheit der Beklagten, etwa weil diese ihrem Geschäftsführer aufgrund dienstvertraglicher Regelungen zum Ersatz der entstandenen Aufwendungen verpflichtet ist, könnte eine ausreichende Beschwer nicht begründen.
3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf
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(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.
(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.
(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Ein Schriftstück kann durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein.
(2) Wird die Post, ein Justizbediensteter oder ein Gerichtsvollzieher mit der Zustellung eines Schriftstücks beauftragt oder wird eine andere Behörde um die Zustellung ersucht, so übergibt die Geschäftsstelle das zuzustellende Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag und ein vorbereitetes Formular einer Zustellungsurkunde. Die Zustellung erfolgt nach den §§ 177 bis 181.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) Das Urteil enthält:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist; - 4.
die Urteilsformel; - 5.
den Tatbestand; - 6.
die Entscheidungsgründe.
(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.
(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
(1) Ein Schriftstück kann durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein.
(2) Wird die Post, ein Justizbediensteter oder ein Gerichtsvollzieher mit der Zustellung eines Schriftstücks beauftragt oder wird eine andere Behörde um die Zustellung ersucht, so übergibt die Geschäftsstelle das zuzustellende Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag und ein vorbereitetes Formular einer Zustellungsurkunde. Die Zustellung erfolgt nach den §§ 177 bis 181.
(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.
(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)