Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2011 - V ZB 78/11
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Amtsgericht hat die in dem Rubrum des angefochtenen Beschlusses als "Beklagte und Berufungsklägerin zu 1" bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft , die von den als "Beklagte und Berufungskläger zu 2-6" bezeichneten Eigentümern vertreten wird, verurteilt, die auf dem Grundstück der Klägerin befindliche PE 40 Kaltwasserleitung ... auf einer Länge von 91 cm um 14 cm auf das Grundstück der Beklagten zurückzuverziehen und dort in einer Tiefe von 1 m zu verlegen. Die Berufung der Eigentümergemeinschaft hat das Landgericht als unzulässig verworfen, weil die Berufungssumme von 600 € nicht erreicht sei. Auf die Rechtsbeschwerde der Gemeinschaft hat der Senat diesen Verwerfungsbeschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Zivilkammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Diese hat das Rechtsmittel ebenfalls als unzulässig verworfen, weil die Beschwer nicht die erforderliche Erwachsenheitssumme übersteige und ein Grund für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sei.
- 2
- Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten. Sie will die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und die Abweisung der Klage, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
- 3
- Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.
- 4
- 1. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Senats, weil das Berufungsgericht bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und das auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt habe.
- 5
- a) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sich das Berufungsgericht mit dem von ihr vorgelegten Kostenvoranschlag der A. GmbH auseinandergesetzt. Dabei ist es den Feststellungen des in der ersten Instanz bestellten Sachverständigen gefolgt, der zu diesem Voranschlag Stellung genommen hat.
- 6
- b) Das Berufungsgericht hat auch den von der Beklagten ebenfalls vorgelegten Kostenvoranschlag der H. GmbH zur Kenntnis genommen. Einer Auseinandersetzung damit bedurfte es - entgegen der Ansicht der Beklagten - jedoch nicht. Denn der Voranschlag ist zur Glaubhaftmachung eines 600 € übersteigenden Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 3 ZPO) nicht geeignet. Es ist nicht dargelegt, weshalb bei einer Verlegung der Leitung auf einer Länge von 91 cm die in den Positionen 1-4 genannten Leistungen auf einer Länge von jeweils 6 m erforderlich sein sollen.
- 7
- 2. Soweit die Beklagte geltend macht, eine Entscheidung des Senats sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, hat die Rechtsbeschwerde schon im Ansatz keinen Erfolg. Denn dabei geht es nicht um die Frage des Erreichens der für die Berufungseinlegung notwendigen Beschwer, sondern um die von dem Berufungsgericht - zu Recht - ebenfalls getroffene Entscheidung über die Frage der Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Diese Entscheidung unterliegt nicht der Anfechtung mit der Rechtsbeschwerde.
III.
- 8
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
AG Greifswald, Entscheidung vom 03.12.2009 - 43 C 101/08 WEG -
LG Stralsund, Entscheidung vom 18.03.2011 - 2 S 1/11 (1 S 13/10) -
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)