Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2014 - V ZB 76/13

bei uns veröffentlicht am20.02.2014
vorgehend
Amtsgericht Hannover, 44 XIV 247/11 B, 29.11.2011
Landgericht Hannover, 8 T 72/11, 07.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 76/13
vom
20. Februar 2014
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Februar 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke und Dr. Roth und
die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 7. Mai 2013 wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in dem Rechtsbeschwerdeverfahren notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem Landkreis Hildesheim auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste erstmals im Jahr 2002 in die Bundesrepublik ein und stellte am 27. Mai 2002 einen Asylantrag, der durch bestandskräftigen Bescheid vom 21. August 2002 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde; zugleich wurde er unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Am 24. März 2005 wurde er in die Türkei abgeschoben. Am 3. November 2011 wurde er erneut im Bundesgebiet angetroffen und gab an, am Vortag eingereist zu sein.
2
Mit Beschluss vom 29. November 2011 hat das Amtsgericht Abschiebungshaft bis zum 21. Dezember 2011 angeordnet. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 19. Dezember 2011 die Haftanordnung aufgehoben und deren Rechtswidrigkeit festgestellt. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde hat der Senat den Beschluss des Landgerichts aufgehoben, weil er den für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt nicht wiedergab, und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 3/12, juris). Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht erneut festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Hiergegen wendet sich die beteiligte Behörde mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Zurückweisung der Beschwerde erreichen will; der Betroffene beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, der Bescheid vom 21. August 2002 genüge nicht den Anforderungen an eine Rückkehrentscheidung im Sinne von Art. 3 Nr. 4 und Art. 11 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (im Folgenden: Richtlinie 2008/115/EG). Insbesondere enthalte er keinen Hinweis auf ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Fall, dass der Betroffene die Bundesrepublik nicht freiwillig verlasse; auch eine Befristung eines solchen Verbots sei nicht erfolgt. Soweit § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ein Antragserfordernis für die Befristung vorsehe, sei dies richtlinienkonform dahingehend auszulegen , dass jede Willensbekundung des Betroffenen genüge, mit der er sich gegen die Ausweisung wende. Nachdem der Betroffene bekundet habe, in der Bundesrepublik (erneut) einen Asylantrag stellen zu wollen, hätte die Behörde über die Befristung des mit der Abschiebung vom 24. März 2005 verbundenen Einreiseverbots entscheiden müssen, was unterblieben sei; auch auf § 71 Abs. 5 AsylVfG könne sie sich nicht berufen.

III.

4
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei sieht das Beschwerdegericht die Haftanordnung als rechtswidrig an, weil es an einer Entscheidung über eine nachträgliche Befristung des Einreiseverbots bzw. einer neuen Rückkehrentscheidung fehlt.
5
1. Infolge der am 24. März 2005 durchgeführten Abschiebung traf den Betroffenen zwar ein - nicht an eine Einzelfallprüfung anknüpfendes - unbefristetes Einreiseverbot (§ 11 Abs. 1 AufenthG aF); eine nachträgliche Befristung des Einreiseverbots, wie sie § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nF auf Antrag vorsieht , ist nicht erfolgt. Nach Erlass der Beschwerdeentscheidung hat aber der Europäische Gerichtshof diese im nationalen Recht vorgesehene antragsabhängige Befristung als unvereinbar mit Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG angesehen, deren Umsetzung § 11 AufenthG dient (EuGH, InfAuslR 2013, 416 ff.). Geklärt hat er ferner, dass die Richtlinie auch auf die vor ihrem Inkrafttreten eingetretenen Wirkungen von Einreiseverboten Anwendung findet (EuGH, aaO, Rn. 40 f.).
6
2. In Umsetzung dieses Urteils des Europäischen Gerichtshofs in das nationale Recht hat der Senat zwischenzeitlich entschieden, dass § 11 Abs. 1 AufenthG richtlinienkonform dahingehend anzuwenden ist, dass über eine nachträgliche Befristung antragsunabhängig zu entscheiden ist; jedenfalls in Übergangsfällen der hier vorliegenden Art darf die Haft zur Sicherung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn im Zuge der angestrebten zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung über die ursprünglich nicht erforderliche Befristung nachträglich entschieden worden ist, die Einreise des Betroffenen danach (immer noch) eine unerlaubte war und ein Zeitraum verstrichen ist, der es einem verständigen Betroffenen ermöglicht, die von Art. 13 der Richtlinie 2008/115/EG eingeräumten Rechtsbehelfe zu ergreifen (ausführlich Beschluss vom 9. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 7 ff.). Weil bei richtlinienkonformer Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die dort grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer von fünf Jahren auch den Zeitraum vor Inkrafttreten der Richtlinie 2008/115/EG einbeziehen muss (EuGH, aaO., Rn. 42), kann das Einreiseverbot nur noch unter den in § 11 Abs. 1 Satz 4 und Satz 7 AufenthG genannten besonderen Voraussetzungen aufrechterhalten werden, wenn es - wie hier - bereits seit mehr als fünf Jahren bestanden hat. Ob es danach ohnehin einer erneuten Rückkehrentscheidung bedurfte, kann dahinstehen, weil es jedenfalls an der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Einreiseverbots fehlt. Auf § 71 Abs. 5 AsylVfG kann sich die Behörde nicht stützen, weil diese Norm eine aufgrund eines früheren Asylantrags ergangene vollziehbare Abschiebungsandrohung voraussetzt, an der es gerade fehlt.

IV.

7
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Stresemann Lemke Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 29.11.2011 - 44 XIV 247/11 B -
LG Hannover, Entscheidung vom 07.05.2013 - 8 T 72/11 -

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

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Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

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Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zu

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2012 - V ZB 3/12

bei uns veröffentlicht am 29.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 3/12 vom 29. März 2012 in der Abschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. SchmidtRäntsch un

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 3/12
vom
29. März 2012
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. SchmidtRäntsch
und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:


I.

1
Das Landgericht hat die Haftanordnung des Amtsgerichts vom 29. November 2011 auf die Beschwerde des Betroffenen hin aufgehoben und festgestellt , dass sie den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Dagegen wendet sich die beteiligte Behörde mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

2
Das gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
3
1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 16. September 2010 - V ZB 95/10, juris, und vom 7. Mai 2009 - V ZB 180/08, JurBüro 2009, 442 f.; BGH, Beschluss vom 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648, 2649; Beschluss vom 5. August 2002 - IX ZB 51/02, NJW-RR 2002, 1571; Beschluss vom 12. Juli 2004 - II ZB 3/03, NJW-RR 2005, 78; Beschluss vom 7. April 2005 - IX ZB 63/03, NJW-RR 2005, 916) müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben. Das gilt auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen hat, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen , sind keine Gründe im verfahrensrechtlichen Sinne. Sie begründen einen Verfahrensmangel, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (Senat, Beschluss vom 11. Mai 2006 - V ZB 70/05, FamRZ 2006, 1030).
4
So liegt es hier. Eine Sachdarstellung fehlt. Ausgeführt wird lediglich, dass die beteiligte Behörde eine Rückkehrentscheidung nicht getroffen habe. Ausreichende tatsächliche Angaben lassen sich dem Beschluss auch nicht im Übrigen entnehmen. Aus ihm geht weder hervor, welche Staatsangehörigkeit und welchen Aufenthaltsstatus der Betroffene hat, noch enthält er Angaben dazu, wann und wie er eingereist ist; eine Bezugnahme auf den angefochtenen Beschluss oder andere Aktenbestandteile, aus denen sich erschließen könnte, welchen Sachverhalt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, enthält er nicht.
5
2. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht Gelegenheit, sich mit der Sache auch unter Berücksichtigung des Rechtsbeschwerdevorbringens und der Erwiderung zu befassen.

III.

6
Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 29.11.2011 - 44 XIV 247/11 B -
LG Hannover, Entscheidung vom 19.12.2011 - 8 T 72/11 -

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.