Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2008 - IX ZR 115/07

bei uns veröffentlicht am23.10.2008
vorgehend
Landgericht Chemnitz, 5 O 1447/06, 18.10.2006
Oberlandesgericht Dresden, 13 U 1984/06, 30.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 115/07
vom
23. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 23. Oktober 2008

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. Mai 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.172 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
2
Bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus § 133 Abs. 1 InsO mag das Berufungsgericht übersehen haben, dass regelmäßig von einer Zahlungsunfähigkeit des späteren Insolvenzschuldners auszugehen ist, wenn im Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung (§ 140 InsO) fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, NZI 2007, 36, 38 Rn. 28). Dieser Fehler hat sich jedoch nicht ausgewirkt. Die Zahlungsunfähigkeit allein begründet noch kein Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Hinzukommen muss, dass der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit kannte (BGH, Urt. v. 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, NZI 2008, 488, 489 Rn. 18 m.w.N.; vgl. Gero Fischer NZI 2008, 588, 592 f). Dazu hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen weder ausreichend vorgetragen noch Beweis angetreten.
3
Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 135 InsO. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Schuldnerin ist zugleich Minderheitsgesellschafter sowie der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Komplementärin der Beklagten. Welchen Einfluss diese Positionen in einer Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts bedeuten, hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen (§ 293 ZPO). Rechtsfragen stellen sich in diesem Zusammenhang deshalb nicht.
4
einer Von weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Kayser
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 18.10.2006 - 5 O 1447/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 30.05.2007 - 13 U 1984/06 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 140 Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung


(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. (2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Regist

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

Insolvenzordnung - InsO | § 135 Gesellschafterdarlehen


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung 1. Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2008 - IX ZR 17/07

bei uns veröffentlicht am 05.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 17/07 Verkündet am: 5. Juni 2008 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja StPO § 153a Abs. 1 Satz
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Jan. 2009 - 9 U 109/08

bei uns veröffentlicht am 21.01.2009

Tenor 1.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.6.2008 wird zurückgewiesen.2.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.3.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Die Beklagte kann d

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

18
Der b) Kläger hat vorgetragen, dass der Schuldner bei Erfüllung der Geldauflage zugunsten des Beklagten zahlungsunfähig gewesen sei. Diese Behauptung stützte sich auf die Angaben des Schuldners im Ermittlungs- und Strafverfahren sowie auf weitere Umstände. Sie lassen nur den Schluss zu, dass der Schuldner selbst von seiner Zahlungsunfähigkeit ausging. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, so hat er sich typischerweise bei Bewir- kung einer Leistung auch die Benachteiligung seiner Gläubiger zumindest als möglich vorgestellt und in Kauf genommen, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (vgl. BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153; 167, 190, 194 f Rn.14). Jedenfalls nach Einreichung des eigenen Insolvenzantrages ist für die Annahme, der Schuldner könne bei Zahlung der weiteren Raten an die Staatskasse die gläubigerbenachteiligenden Folgen seines Handelns verdrängt und insoweit nur grob fahrlässig gehandelt haben, praktisch kein Raum mehr.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung

1.
Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder
2.
Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

(2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

(3) Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend.

(4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.