Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2006 - IX ZB 134/03

bei uns veröffentlicht am28.09.2006
vorgehend
Amtsgericht Weilheim i.OB, IN 234/00, 03.04.2003
Landgericht München II, 7 T 2513/03, 19.05.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 134/03
vom
28. September 2006
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und Dr. Fischer
am 28. September 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 19. Mai 2003 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.216,28 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht eröffnete am 1. Februar 2002 das Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 4. Dezember 2001 verstorbenen Schuldners und bestimmte den weiteren Beteiligten zu 2 zum Insolvenzverwalter.
2
Dieser hat mit Schriftsatz vom 20. März 2003 Vergütungsfestsetzung beantragt. Wegen des Mehraufwandes, den er infolge seiner Beauftragung mit den Zustellungen gehabt habe, hat er einen Zuschlag in Höhe von 25 % (5.445,06 €) begehrt. Das Insolvenzgericht hat dem Vergütungsantrag mit Ausnahme des begehrten Zuschlages für das Zustellungswesen stattgegeben. Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Insolvenzverwalter mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 7 InsO), jedoch unzulässig; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Übertragung der Zustellungen nach § 8 Abs. 3 InsO könne einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Verwalter durch die Übertragung des Zustellungswesens erheblichen Mehrbelastungen ausgesetzt worden sei. Bei einer Anzahl von 45 Tabellen-Gläubigern, wie vorliegend gegeben, liege eine die Regelvergütung erhöhende Mehrbelastung noch nicht vor.
5
2. Das Landgericht ist - in Übereinstimmung mit der nach Erlass der angegriffenen Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats - davon ausgegangen, dass die Übertragung der Zustellungen gemäß § 8 Abs. 3 InsO einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigen kann, falls dadurch eine erhebliche Mehrbelastung bewirkt worden ist. Die Frage, wann eine erhebliche Mehrbelastung anzunehmen ist, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Insbesondere verbietet sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde die Einführung verbindlicher Grenzen (BGH, Beschl. v. 22. Juli 2004 - IX ZB 222/03, ZIP 2004, 1822, 1823). Ob durch die Übertragung der Zustellungen eine erhebliche Mehrbelastung eingetreten ist, muss vielmehr aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles in tatrichterlicher Verantwortung entschieden werden. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass eine größere Anzahl von Gläubigern ohnehin einen Zuschlag zur Folge haben kann (BGH aaO). Die tatrichterliche Würdigung im angefochtenen Beschluss entspricht diesen Anforderungen , zumal dem weiteren Beteiligten zu 2 für die "Bearbeitung der TabellenGläubiger" ein gesonderter Zuschlag von 10 % gewährt wurde.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Fischer
Vorinstanzen:
AG Weilheim i.OB, Entscheidung vom 03.04.2003 - IN 234/00 -
LG München II, Entscheidung vom 19.05.2003 - 7 T 2513/03 -

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 8 Zustellungen


(1) Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf. Sie können dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Zustellungsadressaten zur Post gegeben wird; § 184

Referenzen

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf. Sie können dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Zustellungsadressaten zur Post gegeben wird; § 184 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Soll die Zustellung im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt.

(2) An Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, wird nicht zugestellt. Haben sie einen zur Entgegennahme von Zustellungen berechtigten Vertreter, so wird dem Vertreter zugestellt.

(3) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter beauftragen, die Zustellungen nach Absatz 1 durchzuführen. Zur Durchführung der Zustellung und zur Erfassung in den Akten kann er sich Dritter, insbesondere auch eigenen Personals, bedienen. Der Insolvenzverwalter hat die von ihm nach § 184 Abs. 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung angefertigten Vermerke unverzüglich zu den Gerichtsakten zu reichen.