Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2006 - IV ZR 240/03

03.05.2006
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 10 O 204/99, 31.03.2003
Oberlandesgericht Stuttgart, 7 U 79/03, 16.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 240/03
vom
3. Mai 2006
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 3. Mai 2006

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Streitwert: bis 140.000 €

Gründe:


1
Beschwerde Die ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
2
1. Zur Vereinbarung der Ausschlussklausel hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Beschwerde die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 13. Dezember 1999, der Zusatz könne durchaus tatsächlich in den Unterlagen enthalten gewesen sein, nicht als Geständnis im Sinne von § 288 ZPO gewertet. Ob der Annahme des Berufungsgerichts zu folgen ist, das Landgericht habe den Zugang der Ausschlussklausel gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig behandelt, kann offen bleiben. Darauf kommt es nicht an. Das Landgericht hat sich aufgrund der Äußerung des Klägers im Termin vom 13. Dezember 1999 und des Schriftwechsels, insbesondere des Schreibens des Klägers vom 19. Januar 1980, davon überzeugt, dass die die Ausschlussklausel enthaltende Beilage zu den Versicherungsscheinen vom 21. Dezember 1979/9. Januar 1980 dem Kläger zugegangen und Vertragsinhalt geworden ist. Im Beweisbeschluss vom 10. April 2002 hatte das Landgericht den Kläger (erneut) darauf hingewiesen, dass es die Ausschlussklausel als vereinbart ansehe. Dem ist der Kläger danach in erster Instanz nicht mehr entgegengetreten.
3
Berufungsgericht Das hat sich dem unter Berücksichtigung und Würdigung des Berufungsvorbringens des Klägers angeschlossen. Das ist jedenfalls im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Das Schreiben des Klägers vom 19. Januar 1980, in dem er sich auf die Nachricht der Beklagten vom 21. Dezember 1979 bezieht und als Betreff "Beschränkung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" nennt, lässt die Würdigung der Vorinstanzen als nahe liegend erscheinen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich.
4
2. Das Vorbringen der Beschwerde zur Unwirksamkeit der Nachprüfungsentscheidung der Beklagten ergibt ebenfalls keinen Zulassungsgrund. Das Schreiben der Beklagten vom 9. April 1998 genügt im Zusammenhang mit ihren Schreiben vom 19. und 13. März 1998 den An- forderungen der Senatsrechtsprechung an eine wirksame Änderungsmitteilung nach § 7 BUZ (vgl. dazu Urteil vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958). Ein Recht des Klägers, nach § 6 BUZ den Ärzteausschuss anzurufen, über das er hätte belehrt werden müssen, bestand nicht, weil die Beklagte von ihrem bedingungsgemäßen Recht Gebrauch gemacht hatte, anstelle des Ärzteausschusses die ordentlichen Gerichte entscheiden zu lassen.
5
Abgesehen davon hat die Beklagte im Rechtsstreit noch vor endgültiger Einstellung der Leistungen zum 30. November 1999 umfassend dargelegt, aus welchen Gründen der Kläger unter Berücksichtigung der Ausschlussklausel nicht mehr bedingungsgemäß berufsunfähig ist. Eine Änderungsmitteilung kann wirksam während des Rechtsstreits nachgeholt werden (Senatsurteil vom 12. Juni 1996 - IV ZR 106/95 - VersR 1996, 958 unter 2 c dd).
6
3. Auch mit den Ausführungen der Beschwerde zum Wegfall der Berufsunfähigkeit wird ein Zulassungsgrund nicht dargelegt, insbesondere kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Das Landgericht hat aufgrund der von ihm eingeholten medizinischen Gutachten festgestellt, dass der Gesundheitszustand des Klägers sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Leistungsanerkenntnisse in einer die Leistungseinstellung rechtfertigenden Weise gebessert hat. Dagegen hat der Kläger innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keine konkreten inhaltlichen Bedenken erhoben. Das Landgericht hat auch die Darlegungslast zur Ausgestaltung der Berufstätigkeit des Klägers vor Eintritt der Berufsunfähigkeit nicht verkannt. Es hat den Kläger mehrfach darauf hingewiesen, dass er Abweichungen vom bisher zugrunde gelegten durchschnittlichen Berufsbild eines Kell- ners und Restaurantleiters substantiiert vorzutragen habe, weil nur er, nicht aber die Beklagte davon Kenntnis habe (zuletzt Verfügung vom 12. Juli 2002, zuvor unter anderem Beschluss vom 10. April 2002). Damit ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass den Kläger insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. dazu BGHZ 140, 156, 158 m.w.N.; BVerfG NJW 2000, 1483 f.). Zur Einholung eines psychosomatischen Gutachtens von Amts wegen bestand kein Anlass, weil der Kläger zu solchen die Berufsfähigkeit beeinträchtigenden Beschwerden nichts vorgetragen hatte.

7
4. Von einer weiteren Begründung wird angesichts der zutreffenden Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung abgesehen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 31.03.2003 - 10 O 204/99 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.10.2003 - 7 U 79/03 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 288 Gerichtliches Geständnis


(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind. (

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.