Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2011 - IV ZR 143/09
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Von den gerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und den der Beklagten darin entstandenen notwendigen Kosten trägt die Klägerin zu 1) 96%, die Klägerin zu 2) 4% (§ 100 Abs. 2 ZPO).
Streitwert: bis 1.500.000 €
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
- 2
- 1. Die von ihr aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen zur Reichweite des Versicherungsschutzes und der damit in Zusammenhang stehenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast sind durch das Se- natsurteil vom 25. Mai 2011 (IV ZR 117/09, veröffentlicht in juris), dem derselbe Versicherungsvertrag zugrunde lag, geklärt.
- 3
- Danach ist nur Bargeld - nicht hingegen Buch- oder Giralgeld - gegen typische Transportrisiken bei und während des Werttransports bis zu dessen Abschluss versichert. Eingeschlossen werden zwar Verluste und Schäden, die aus einer Unterschlagung i .S. von § 246 Abs. 1 StGB oder einer Veruntreuung i.S. von § 246 Abs. 2 StGB (veruntreuende Unterschlagung ) folgen. Nicht versichert sind dagegen Schäden, die lediglich aus einer Untreue nach § 266 StGB resultieren. Ebenso wenig ist die vertragliche Haftung für den gesamten Transportbetrieb der Versicherungsnehmerin im Sinne einer Haftpflichtversicherung vom Versicherungsschutz umfasst (Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 31 ff., 35 ff.). Anderes folgt auch nicht daraus, dass sich der Gegenstand der Versicherung auf sämtliche Transporte, Lagerungen, Bearbeitungen und sonstige von der Versicherungsnehmerin vertraglich übernommene Tätigkeiten erstreckt (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 29). Das vorliegende Verfahren gibt insofern keinen Anlass für Abweichungen oder Ergänzungen.
- 4
- 2. Da die Revision im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Blick auf die vom Senat erst danach geklärten Rechtsfragen noch hätte zugelassen werden müssen, waren die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Revision auch im Übrigen zu prüfen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 386/02, VersR 2005, 809 unter II 2 m.w.N.), jedoch zu verneinen, weil das angefochtene Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerinnen enthält.
- 5
- a) Das Beschwerdevorbringen zur Reichweite des Versicherungsschutzes und zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kann aus den im Senatsurteil vom 25. Mai 2011 (IV ZR 117/09 aaO Rn. 21 f., 41 ff.) genannten Gründen keinen Erfolg haben. Verfahrensgrundrechte der Beschwerdeführerinnen (insbesondere aus Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Berufungsgericht insoweit nicht verletzt.
- 6
- b) Einen Bargeldverlust im versicherten Zeitraum (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 50) haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen. Das gilt, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler dargelegt hat, auch hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 nach ihrer Behauptung zum Zweck der Bargeldversorgung an die Versicherungsnehmerin überwiesenen 218.250 €. Der Versicherungsschutz setzte nicht bereits mit der Überweisung des genannten Betrages auf ein Konto der Versicherungsnehmerin ein, sondern erst nach der Umwandlung des betreffenden Guthabens in Bargeld und dessen körperlicher Übernahme durch die Versicherungsnehmerin. Dazu hat die Klägerin zu 1 nicht ausreichend vorgetragen.
- 7
- aa) Der Behauptung der Beklagten, das transportierte Bargeld sei auftragsgemäß bei einer Filiale der Deutschen Bundesbank abgeliefert und dort auf ein für die Versicherungsnehmerin geführtes Konto eingezahlt worden, haben die Klägerinnen nicht substantiiert widersprochen. Sie haben nur dargelegt, das betreffende Bargeld sei der Versicherungsnehmerin zum Transport übergeben worden, und sich im Übrigen darauf beschränkt, den Vortrag der Beklagten zum weiteren Ablauf - zum Teil mit Nichtwissen - zu bestreiten. Insoweit haben die Klägerinnen lediglich nicht ausschließen können, dass es zu einem Bargeldverlust gekommen sei. Damit haben sie ihrer Darlegungslast nicht genügt.
- 8
- bb) Ein den Versicherungsfall begründender Verlust des Transportguts lässt sich nicht feststellen.
- 9
- Ebenso wie in der durch das Senatsurteil vom 25. Mai 2011 entschiedenen Sache ergibt auch die vom Berufungsgericht ohne Rechtsfehler vorgenommene Auslegung der hier maßgeblichen Bedingungen des Transportvertrages zwischen den Klägerinnen und der Versicherungsnehmerin , dass es Letzterer nicht untersagt war, transportiertes Geld im so genannten kontogebundenen Überweisungsverfahren (Pooling -Verfahren) zunächst auf ein für sie bei der Deutschen Bundesbank eingerichtetes Konto verbuchen zu lassen.
- 10
- Der von den Klägerinnen behauptete Verlust ist erst dadurch eingetreten , dass nachfolgend anstehende Überweisungen auf ihre Konten pflichtwidrig unterblieben sind. Darin liegt aber kein stofflicher Zugriff auf transportiertes Bargeld, sondern lediglich ein treuwidriger Umgang mit - nach Ende des Versicherungsschutzes nicht mehr versichertem - Buchgeld.
- 11
- cc) Ob ein Versicherungsfall auch deshalb zu verneinen gewesen wäre, weil nach der Behauptung der Beklagten das von der Versicherungsnehmerin praktizierte Pooling-Verfahren von den Klägerinnen über eine längere Zeit hingenommen wurde, kann offen bleiben.
- 12
- c) Der geltend gemachte Anspruch steht den Klägerinnen auch nicht aufgrund von der Beklagten abgegebener Versicherungsbestätigungen zu (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 68).
- 13
- d) Einen eigenständigen Schadensersatzanspruch der Klägerinnen hat das Berufungsgericht unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere der von der Beklagten ausgestellten Versicherungsbestätigungen , mit vertretbarer Begründung abgelehnt. Anhaltspunkte für eine willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG) oder unter Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) getroffenen Entscheidung bestehen nicht.
- 14
- e) Auf die von der Beklagten erklärte Arglistanfechtung kommt es nach allem nicht mehr an.
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 14.08.2008- 8 O 101/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.05.2009- 8 U 180/08 -
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(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.