vorgehend
Oberlandesgericht Karlsruhe, 10 Sch 1/07, 14.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 72/07
vom
11. Dezember 2008
in dem Verfahren auf Aufhebung eines Schiedsspruchs
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Galke, Dr. Herrmann
und Wöstmann

beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.
2
1. Der Senat hat in der Sitzung vom 30. Oktober 2008 das Vorbringen des Antragstellers eingehend gewürdigt. Wenn der Senat eine andere Rechtsauffassung vertritt, als der Beschwerdeführer sich dies wünscht, ist dies unter dem Blickwinkel des Art. 103 Abs. 1 GG unerheblich (vgl. BVerfGE 64 1, 12).
3
2. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Einwand des Antragstellers , das Schiedsgericht habe seinen Vortrag zur Präklusion der Rüge des Antragsgegners zur Frage der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts unberücksichtigt gelassen, nicht durchgreift. Der vom Beschwerdeführer insoweit allein gerügte Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Art. 103 Abs. 1 GG schützt nicht davor, dass das Gericht einem Umstand nicht die richtige Bedeutung für die weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerung beimisst (vgl. BVerfGE 76, 93, 98; 22, 267, 273 f). Der Schutzbereich des grundrechtsglei- chen Rechts ist auf das vom Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht aber auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache ausgerichtet (BVerfG NJW-RR 2008, 75, 76). Sollte das Schiedsgericht - wie der Antragsteller vorträgt - die Norm des § 1040 ZPO bei der Abfassung der Entscheidung nicht im Blick gehabt haben, so lässt dies nicht darauf schließen, dass der Vortrag des Antragstellers nicht berücksichtigt worden sei. Vielmehr hätte das Schiedsgericht dann eine Norm übersehen, was eine - von dem Oberlandesgericht im Rahmen der Prüfung des ordre public vertretbar hingenommene - unrichtige Rechtsanwendung darstellte, nicht aber eine Verletzung des Rechts des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
4
3. Nicht durchgreifend ist auch die Rüge des Antragstellers, das Schiedsgericht habe sein Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es ohne erneuten Hinweis seine geäußerte Rechtsauffassung zu der Frage gewechselt habe, ob die vom Antragsteller geforderte und vom Antragsgegner zu zahlende Bereitstellungspauschale nicht fest sei, sondern sich am hälftigen Kostenausgleich gemessen an den tatsächlichen Einkünften orientiere.
5
Zunächst bestehen schon Zweifel an einem schlüssigen Vortrag des Antragstellers zum Hinweis des Schiedsgerichts. In dem Schreiben des Antragstellers persönlich an das Schiedsgericht vom 20. November 2006 ist keine Rede davon, dass das Schiedsgericht ausdrücklich und abschließend seine Rechtsauffassung in der vom Antragsteller gewünschten Richtung geäußert hat. Vielmehr spricht der Antragsteller selbst in diesem Schreiben davon, dass das Schiedsgericht "den Eindruck vermittelt" habe, dass die Kostentragungspflicht nicht als fixer Betrag vereinbart gewesen sei. Weiter spricht er von der grundsätzlichen Fehleinschätzung seinerseits hinsichtlich der vorläufigen Auffassung des Schiedsgerichts, was nicht verständlich wäre, wenn das Schieds- gericht eindeutig und abschließend seine Rechtsauffassung geäußert hatte. Im Weiteren führt er in dem Schreiben lediglich aus, dass das Gericht den von ihm gewünschten Grundsatz der Kostenteilung im Rahmen der Zahlungsfähigkeit "signalisiert" habe. Die eigene Darstellung des Antragstellers steht deshalb im Widerspruch zum Vortrag vor dem Oberlandesgericht und im Rechtsbeschwerdeverfahren , dass das Schiedsgericht eindeutig seine Rechtsauffassung in der vom Antragsteller gewünschten Weise geäußert habe.
6
Unbeschadet dessen hat der Antragsteller aber auch nicht substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Entscheidung auf der fehlenden Möglichkeit zum Vortrag beruhte. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht hat der Antragsteller lediglich geltend gemacht, er hätte auf einen erneuten Hinweis des Schiedsgerichtes das vorgetragen, was er nach Erlass des Teilschiedsspruchs mit dem Schreiben vom 20. November 2006 gegenüber dem Schiedsgericht eingewandt hat. Soweit er sich in dem Schreiben auf bereits dem Schiedsgericht seinerzeit vorgelegte Unterlagen beruft, kann es als ausgeschlossen angesehen werden, dass das Schiedsgericht zu einer anderen Rechtsauffassung gelangt wäre, da der Sachvortrag der Parteien vom Schiedsgericht zur Kenntnis genommen wurde und es sich eingehend mit der Frage der nachträglichen Erhöhung der Bereitstellungspauschale und den dazu maßgeblichen Umständen geäußert hat. Soweit sich der Antragsteller in seinem Schreiben auf zusätzliche Unterlagen beruft, die er dem Schiedsgericht vorgelegt hätte, liegen diese hier im gerichtlichen Verfahren nicht vor. Die Anlagen zu dem Schriftsatz vom 20. November 2006 sind nicht beigefügt. Insoweit ist eine Überprüfung nicht möglich, ob diese Unterlagen überhaupt geeignet gewesen wären, das Schiedsgericht zu einer anderen Rechtsauffassung gelangen zu lassen. Der schriftsätzliche Vortrag selbst bezieht sich im Wesentlichen auf die Rechtsauffassung des Antragstellers und die nicht vorgelegten Nachweise. Ein konkreter Vortrag zum Inhalt der geschlossenen Vereinbarung, der geeignet gewesen wäre, die rechtlichen Ausführungen des Schiedsgerichts im Schiedsspruch in Frage zu stellen, findet sich in dem Schriftsatz nicht. Dies geht zu Lasten des insoweit darlegungspflichtigen Beschwerdeführers.
7
4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl. § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO). Der Beschwerdeführer kann mit der Anhörungsrüge keine weitere Begründung einfordern, als dies nach den Verfahrensvorschriften in der Hauptsache vorgesehen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 1432, 1433).
Schlick Wurm Galke
Herrmann Wöstmann
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.09.2007 - 10 Sch 1/07 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1040 Befugnis des Schiedsgerichts zur Entscheidung über die eigene Zuständigkeit


(1) Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Hierbei ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Feb. 2005 - III ZR 263/04

bei uns veröffentlicht am 24.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 263/04 vom 24. Februar 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 321a F: 1. Januar 2005, § 564 a) § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Hierbei ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln.

(2) Die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. Von der Erhebung einer solchen Rüge ist eine Partei nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters mitgewirkt hat. Die Rüge, das Schiedsgericht überschreite seine Befugnisse, ist zu erheben, sobald die Angelegenheit, von der dies behauptet wird, im schiedsrichterlichen Verfahren zur Erörterung kommt. Das Schiedsgericht kann in beiden Fällen eine spätere Rüge zulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(3) Hält das Schiedsgericht sich für zuständig, so entscheidet es über eine Rüge nach Absatz 2 in der Regel durch Zwischenentscheid. In diesem Fall kann jede Partei innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mitteilung des Entscheids eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Während ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 263/04
vom
24. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 321a F: 1. Januar 2005, § 564

a) § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember
2004 (BGBl. I S. 3220) gilt - sofern die nach Absatz 2 zu wahrenden
Fristen noch nicht abgelaufen sind - auch für vor Inkrafttreten der
Novelle am 1. Januar 2005 rechtskräftig gewordene Entscheidungen.

b) Die Entscheidung über eine Gehörsrüge braucht nicht begründet zu werden
, soweit sie im Revisionsverfahren erhobene und in Anwendung des
§ 564 ZPO ohne nähere Begründung nicht für durchgreifend erachtete
Rügen von Verfahrensmängeln betrifft.
BGH, Beschluß vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:


I.


Die Klägerin hat in dem vorausgegangenen Rechtsstreit d as beklagte Bundesland auf Ersatz von Vermögensverlusten wegen der Versagung einer Kiesabbaubewilligung in Anspruch genommen. Ihre Revision gegen die im Berufungsrechtszug erfolgte Klageabweisung hat der Senat durch Urteil vom 9. Dezember 2004 zurückgewiesen (für BGHZ bestimmt). Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 5. Januar 2005 zugestellt worden.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit einer am 18. Januar 2005 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I
S. 3220). Sie trägt vor, der erkennende Senat habe im Revisionsurteil ihre Verfahrensrügen zu dem Vorwurf sachfremder Behandlung ihres Bewilligungsantrags durch das Bergamt des beklagten Landes nicht vollständig erfaßt und beschieden.

II.


Die Anhörungsrüge ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken gegen die Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs, obwohl das angegriffene Urteil bereits mit seiner Verkündung am 9. Dezember 2004 und sonach vor Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes am 1. Januar 2005 rechtskräftig geworden ist.

a) Die Novelle hat die bis dahin nur gegen nicht beru fungsfähige Urteile erster Instanz gegebene Möglichkeit, eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör zu rügen (§ 321a Abs. 1 ZPO i.d.F. des Zivilprozeßreformgesetzes vom 27. Juli 2001, BGBl. S. 1887), durch Änderung des § 321a Abs. 1 ZPO auf alle mit Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbare gerichtliche Entscheidungen erweitert. Das gilt deshalb auch für die nach streitiger mündlicher Verhandlung ergangenen, sofort rechtskräftig werdenden Revisionsurteile. Übergangsvorschriften enthält das Gesetz nicht. Es ist daher durch Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Zivilprozeßrechts zu bestimmen, ob die Neuregelung auch zuvor schon rechtskräftig gewordene Urteile erfaßt. Die Frage ist zu bejahen.

b) Die Statthaftigkeit eines unter der Herrschaft neue n Rechts eingelegten Rechtsmittels bestimmt sich - ebenso wie dessen sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen - regelmäßig nach dem geänderten Recht (vgl. BGH, Beschluß vom 25. November 1977 - I ARZ 584/77 - NJW 1978, 427; Beschluß vom 25. Januar 1978 - IV ZB 10/77 - NJW 1978, 889 f.; RGZ 135, 121, 123; RG JW 1925, 362, 363; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1 EGZPO Rn. 4 m.w.N.). Das gilt im allgemeinen indes nur für anhängige Verfahren. Bereits rechtskräftige Urteile werden mit einer Änderung des Rechtsmittelszuges grundsätzlich nicht anfechtbar (BGHZ 3, 82, 85; BAG AP Nr. 5 zu § 123 ArbGG 1953; Stein/Jonas/Schlosser, aaO). Es kann in der Regel nicht angenommen werden, daß die durch ein rechtskräftiges Urteil eingetretene definitive Feststellung der Rechtsverhältnisse und die Erledigung des Rechtsstreits nachträglich wieder umgestoßen werden sollen. Das würde einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtskraft darstellen, die über die Belange der siegreichen Partei hinaus auch im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit schützenswert ist. Eine Ausnahme kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn besonders zwingende, den Erwägungen der Rechtssicherheit übergeordnete Gründe dazu Anlaß geben, etwa dann, wenn wirtschaftliche und soziale Mißstände zu beseitigen sind (BGHZ aaO S. 85 ff.).

c) Eine solche Ausnahmesituation ist hier gegeben. Desweg en kann auch auf sich beruhen, ob diese Grundsätze einschränkungslos für sämtliche Rechtsbehelfe gelten. Das Interesse an einer Verteidigung der eingetretenen Rechtskraft ist unter den besonderen Voraussetzungen der Anhörungsrüge schon nicht schutzwürdig, weil diese nur dann begründet ist, wenn das Gericht das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO). In diesem Falle müßte die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG
die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG - Annahmegründe im Sinne des § 93a BVerfGG vorausgesetzt - jedenfalls auf Verfassungsbeschwerde der beschwerten Partei aufgehoben werden. Es geht daher nicht wie sonst um eine Abgrenzung zwischen den im Ansatz gleichermaßen schützenswerten Geboten der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit, sondern allein oder zumindest weit überwiegend um die (Kompetenz-)Frage, ob eine Abhilfe durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen muß oder ob sie bereits im Rahmen der fachgerichtlichen Prüfung vorgenommen werden kann.
Diese Frage hat das Plenum des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluß vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 401 ff. = NJW 2003, 1924 ff.) grundsätzlich im Sinne eines Vorrangs des von den Fachgerichten zu gewährenden Rechtsschutzes beantwortet. Danach sichert der allgemeine Justizgewährungsanspruch als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Rechtsschutz gegen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in jeder gerichtlichen Instanz, also auch dann, wenn das Verfahrensgrundrecht erstmalig in einem Rechtsmittelverfahren verletzt wird. Die Verfahrensordnung muß in diesem Fall eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsehen. Lediglich für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2004 war dieser bis dahin verfassungswidrige Zustand noch hinzunehmen (BVerfGE 107, 395, 418).
Die Novellierung des § 321a ZPO durch das Anhörungsrüge ngesetz dient der Umsetzung dieses Beschlusses (BT-Drucks. 15/3706 S. 1, 13). Die Gehörsrüge einer Partei hindert den Eintritt der Rechtskraft nicht. Erst wenn sich herausstellt, daß die Rüge begründet ist, wird - ähnlich einer Wiedereinsetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens (BT-Drucks. 15/3706 S. 14,
17) - die Rechtskraft durchbrochen und das Verfahren fortgesetzt. Was für vor dem Ende der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Übergangsfrist rechtskräftig gewordene Urteile gelten soll, wenn die Frist zur Erhebung der erweiterten Anhörungsrüge beim Inkrafttreten der Novelle noch nicht abgelaufen war oder diese - wie im Streitfall - überhaupt erst nach dem 1. Januar 2005 beginnen konnte, läßt sich weder der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch den Gesetzesmaterialien eindeutig entnehmen. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Lage und der nur noch für eine Übergangszeit hinzunehmenden Rechtsschutzlücken in der fachgerichtlichen Prüfung ist indes davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den nicht zuletzt der Entlastung des Bundesverfassungsgerichts dienenden Vorgaben in dem Plenarbeschluß des Gerichts jedenfalls in zeitlicher Hinsicht soweit wie möglich Rechnung tragen, d.h. die neue Gehörsrüge auch rückwirkend auf alle bei Einhaltung der Rügefristen des § 321a Abs. 2 ZPO n.F. (zwei Wochen ab Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs, spätestens ein Jahr seit Bekanntgabe der Entscheidung ) noch angreifbaren Entscheidungen erstrecken wollte. Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung war dafür nicht erforderlich (anders wohl Stein/Jonas/Schlosser, aaO, § 1 EGZPO Rn. 1 m.w.N.).
2. Die damit statthafte und auch im übrigen zulässige Gehörsrüge ist jedoch unbegründet. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen des Urteils auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat im Urteil vom 9. Dezember 2004 die jetzt von der Anhörungsrüge der Klägerin umfaßten Revisionsangriffe in vollem Umfang geprüft, selbst wenn dies in den Entscheidungsgründen seines Urteils nur knapp angemerkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisi-
merkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisionsrügen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Von einer ergänzenden Begründung sieht er auch in diesem Verfahrensabschnitt in entsprechender Anwendung des § 564 ZPO ab. Weder aus § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO, nach dem der Beschluß kurz begründet werden soll, noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ergibt sich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung. Ansonsten hätte es eine Partei in der Hand, mittels einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO die Bestimmung des § 564 ZPO im Revisionsverfahren auszuhebeln. Dem entspricht es, daß nach der Gesetzesbegründung auch eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu eingelegt werden kann, eine Begründungsergänzung herbeizuführen (BT-Drucks. 15/3706 S. 16).
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke