Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2005 - II ZR 172/04

bei uns veröffentlicht am22.08.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 172/04
vom
22. August 2005
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 22. August 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten vom 19. Juli 2005 auf Berichtigung, hilfsweise Ergänzung des Senatsbeschlusses vom 20. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Beklagte begehrt im Wege der Berichtigung gemäß § 319 ZPO, hilfsweise der Ergänzung analog § 321 ZPO die Abänderung des Senatsbeschlusses vom 20. Juni 2005 dahingehend, dass anstelle der dort ausgesprochenen Zurückverweisung der Sache "an einen anderen Zivilsenat" des Berufungsgerichts der Senat den Zivilsenat, an den zurückverwiesen wird, konkret bezeichnet.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg. Die begehrte Änder ung ist weder im Wege der Berichtigung noch der Ergänzung des Beschlusses zulässig. Er ist im Übrigen auch in der Sache unbegründet.
1. Eine Berichtigung gemäß § 319 ZPO, die grundsätzlich auch bei Beschlüssen in Betracht kommt (Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. § 319 Rdn. 3; § 329 Rdn. 39), setzt eine Unrichtigkeit des Beschlusses voraus. Eine solche ist
gegeben, wenn das vom Gericht im Beschluss Erklärte von dem von ihm tatsächlich Gewollten abweicht. Die im Senatsbeschluss verlautbarte Zurückverweisung an einen "anderen", nicht vom Senat konkret bezeichneten Zivilsenat des Berufungsgerichts entspricht jedoch dem vom Senat Gewollten.
2. Eine Ergänzung analog § 321 ZPO, die ebenfalls grundsätzlich bei Beschlüssen zulässig ist (Zöller/Vollkommer aaO § 321 Rdn. 1, § 29 Rdn. 41), setzt eine Entscheidungslücke voraus. Eine solche ist u.a. gegeben, wenn ein von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch versehentlich bei der Entscheidung übergangen worden ist. Da der Senat den Antrag der Beklagten auf Zurückverweisung an das Berufungsgericht beschieden hat, liegt eine Entscheidungslücke ersichtlich nicht vor.
3. Unabhängig davon ist der Antrag auch in der Sache unbegründet. Die Formulierung im Senatsbeschluss entspricht dem Wortlaut des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Erfolgt - wie geschehen - die Zurückverweisung an einen "anderen" Spruchkörper des Berufungsgerichts, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Berufungsgerichts, welcher Senat zur Entscheidung in der Sache berufen ist (Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 563 Rdn. 4; MünchKommZPO/Wenzel 2. Aufl. Aktualisierungsband § 563 Rdn. 3; Albers in Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 563 Rdn. 2; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 26. Aufl. § 563 Rdn. 1). Auch Grunsky in Stein/Jonas (ZPO, 21. Aufl. § 565 a.F. Rdn. 3), auf den die Beklagte sich zur Begründung ihrer Ansicht, die Zurückverweisung müsse an einen konkret bezeichneten Senat erfolgen, bezieht, vertritt unter - nicht (mehr) zutreffender - Verweisung auf Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann die Ansicht, eine Zurückverweisung "nicht an den … Senat" sei unwirksam, führt aber sodann - in Übereinstimmung mit der übrigen Litera-
tur - aus, dass sich in diesem Fall die Zuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan des Berufungsgerichts richtet.
Entgegen der Ansicht des Beklagten folgt auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 20, 336 ff.) nicht, dass das Revisionsgericht im Falle der Zurückverweisung den beim Berufungsgericht befassten Senat konkret benennen muss. Das Bundesverfassungsgericht verlangt lediglich , dass die Zurückverweisungsvorschriften so gefasst sind, dass die Rechtspflege vor sachfremden Einflüssen auf die Bestimmung des Richters im Einzelfall geschützt wird. Verweist das Revisionsgericht an einen "anderen" Senat des Berufungsgerichts zurück und ergibt sich - wie auch im konkreten Fall des Oberlandesgerichts Celle für die Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO - die Zuständigkeit des im Einzelfall berufenen Senats aus dem Geschäftsverteilungsplan des Berufungsgerichts, durch den der gesetzliche Richter bestimmt wird, besteht ersichtlich nicht die Gefahr sachfremder Einflüsse auf die Bestimmung des Richters im Einzelfall. Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass eine Wiederbefassung desselben Senats in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren im Falle des § 563 ZPO schlechthin ausscheidet.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2005 - II ZR 172/04 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 319 Berichtigung des Urteils


(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil un

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321 Ergänzung des Urteils


(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf

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(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.