Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2015 - I ZB 61/15

bei uns veröffentlicht am14.09.2015
vorgehend
Hanseatisches Oberlandesgericht, 6 Sch 19/14, 29.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 61/15
vom
14. September 2015
in dem Verfahren
auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. September 2015
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Dr. Kirchhoff,
Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung der Antragstellerin aus dem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 6. Zivilsenat - vom 29. Juni 2015 wird bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin mit der Maßgabe eingestellt , dass die Antragsgegnerin binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses eine Sicherheit in Höhe von 300.000 € leistet. Die Sicherheit kann durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts geleistet werden. Der weitergehende Antrag der Antragsgegnerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung wird zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts, mit dem ein ausländischer Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt worden ist und den sie mit der Rechtsbeschwerde angegriffen hat, ohne oder (hilfsweise) gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen.
2
Wird gegen die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs die Rechtsbeschwerde erhoben, so kann das Rechtsbeschwerdegericht nach § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung von § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nach § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
3
Bei der Entscheidung über den Einstellungsantrag sind die widerstreitenden Interessen von Schuldner und Gläubiger gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Interessenabwägung ist im Streitfall zugunsten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, dass der Rechtsbeschwerde die Erfolgsaussicht beim derzeitigen Stand des Verfahrens nicht abgesprochen werden kann. Die Antragstellerin hat zu den von der Antragsgegnerin geltend gemachten Gründen für eine Aufhebung des Titels noch nicht Stellung genommen.
4
Die Voraussetzungen einer Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin hat nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, sie verfüge zwar über liquide Zahlungsmittel in einer Gesamthöhe von mehr als 160.000 €, habe hierauf jedoch größtenteils momentan keinen Zugriff. Damit ist nicht hinreichend dargelegt, dass die Antragsgegnerin keine Sicherheit durch Beibringung einer Bankbürgschaft leisten kann. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin hat ferner eidesstattlich versichert, die Hausbank der Antragsgegnerin habe eine Darlehensgewährung an die Antragsgegnerin bereits im Vorfeld von der Stellung werthaltiger Sicherheiten abhängig gemacht, die in deren Vermögen nicht vorhanden seien. Damit ist mangels Vorlage einer Aufstellung des Vermögens der Antragsgegnerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie über kein werthaltiges Vermögen verfügt. Über die eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers hinaus hat die Antragsgegnerin keine weiteren Unterlagen vorgelegt - wie dies regelmäßig erforderlich ist -, aus denen sich die fehlende Fähigkeit ergibt, Sicherheit zu leisten.
5
Die Zwangsvollstreckung ist daher nur mit der Maßgabe einzustellen, dass die Antragsgegnerin eine Sicherheit in Höhe eines Betrages leistet, der mögliche Ansprüche der Antragstellerin aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts einschließlich Hauptforderung, Zinsen und Kosten der Verfahren vor dem Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof abdeckt. Die danach zu erbringende Sicherheit in Höhe von 300.000 € kann durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts geleistet werden.
Büscher Kirchhoff Koch
Schwonke Feddersen
Vorinstanz:
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.06.2015 - 6 Sch 19/14 -

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2015 - I ZB 61/15 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 707 Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung


(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1065 Rechtsmittel


(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar. (2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestü

Referenzen

(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung eines Staatsvertrages beruht. Die §§ 707, 717 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.