Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2001 - BLw 6/01

bei uns veröffentlicht am09.11.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 6/01
vom
9. November 2001
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 9. November
2001 durch die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier sowie die ehrenamtlichen
Richter Andreae und Kreye

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 15. Januar 2001 wird als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 2 und 3 tragen die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Sie haben dem Beteiligten zu 1 etwaige außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 40.000 DM.

Gründe:

I.


Der Beteiligte zu 1 ist Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des Beteiligten zu 3. Durch Vertrag vom 24. Februar 2000 verkaufte er ein landwirtschaftlich genutztes, verpachtetes Grundstück aus der Konkursmasse
an die Beteiligte zu 2, die Schwester des Beteiligten zu 3. Sie ist nicht Landwirtin. Der zuständige Landkreis versagte die für den Verkauf und die Übertragung nach § 2 Abs. 1 GrdstVG notwendige Genehmigung, weil der Pächter des Grundstücks bereit ist, dieses zu kaufen.
Die Beteiligte zu 2 hat hierauf Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Landwirtschaftsgericht hat die Entscheidung des Landkreises aufrecht erhalten. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2 als unbegründet zurückgewiesen und die mit dem selben Ziel von dem Beteiligten zu 3 erhobene Beschwerde als unzulässig verworfen.
Hiergegen richten sich die - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 2 und 3.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 ist unstatthaft.
Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, ist die Beschwerde der Beteiligten zu 2 nur unter den Voraussetzungen von § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Daû sie vorlägen, wird von der Beteiligten zu 2 auch nicht geltend gemacht. Daû sie beabsichtigt, nach Ablauf des Pachtverhältnisses mit dem derzeitigen Pächter das Grundstück dem Beteiligten zu 3 zur landwirtschaftlichen Betätigung zu überlassen und ihm
so die Wiederaufnahme einer landwirtschaftlichen Betätigung zu ermöglichen, führt nicht zur Statthaftigkeit des Rechtsmittels.
2. Die nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 ist nicht begründet. Das Beschwerdegericht hält zu Recht die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 3 nicht für gegeben.
Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen hat der Beteiligte zu 3 die Fähigkeit verloren, über dieses zu verfügen, soweit es konkursbefangen ist und damit zur Befriedigung seiner Gläubiger dient (§ 6 KO). In diesem Umfang ist allein der Beteiligte zu 1 als Konkursverwalter zur Verfügung über das Vermögen des Beteiligten zu 3 berechtigt. Ein gerichtliches Verfahren, das - wie hier - zum Ziel hat, eine Rechtshandlung des Konkursverwalters über das zur Befriedigung der Konkursgläubiger dienende Vermögen des Gemeinschuldners wirksam werden zu lassen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG), kann allein unter Beteiligung des Konkursverwalters geführt werden, es sei denn, der Konkursverwalter hätte den Gemeinschuldner zulässig zur Wahrnehmung der Rechte der Konkursmasse ermächtigt (vgl. BGHZ 35, 180, 183 ff). Das ist nicht geschehen.
Die Beschlagnahme des konkursbefangenen Vermögens des Gemeinschuldners und die mit ihr verbundenen verfahrensrechtlichen Wirkungen bedeuten eine verfassungsrechtlich unbedenklich zulässige Beschränkung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Beschlagnahme dient allein der Regulierung der Forderungen der Gläubiger des Gemeinschuldners. Die gesetzlichen Regelungen wägen das Interesse der Gläubiger gegen das Interesse des Schuldners am Erhalt seines Eigentums dadurch gegeneinander ab, daû von
der Beschlagnahme gemäû § 1 KO, § 811 ZPO dasjenige Vermögen des Schuldners nicht erfaût wird, auf das er und seine Familie zur Erhaltung ihrer leiblichen und geistigen Existenz angewiesen sind (MünchKomm-ZPO/Schilken , 2. Aufl. § 811 Rdn. 5; Musielak/Becker, ZPO, 2. Aufl., § 811 Rdn. 1; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 811 Rdn. 1; Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 811 Rdn. 1). Das Eigentum an Grundstücken gehört hierzu nicht.
Die mit der Beschlagnahme landwirtschaftlich genutzter Grundstücke für einen Landwirt verbundenen Wirkungen bedeuten auch keine nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG unzulässige Beschränkung der Berufsfreiheit. Auch eine landwirtschaftliche Tätigkeit kann auf fremden Grundstücken ausgeübt werden. Die Ausübung kann sowohl selbständig auf der Grundlage von Pachtverträgen als auch unselbständig auf der Grundlage von Arbeits- oder Bewirtschaftungsverträgen erfolgen. Dem entspricht es, daû der Beteiligte zu 3 auch derzeit als Nebenerwerbslandwirt tätig ist.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG.
Krüger Klein Gaier

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Zivilprozessordnung - ZPO | § 811 Unpfändbare Sachen und Tiere


(1) Nicht der Pfändung unterliegen1.Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, benötigta)für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung;b)für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine dam

Grundstückverkehrsgesetz - GrdstVG | § 2


(1) Die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen der Genehmigung. Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als

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(1) Die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und der schuldrechtliche Vertrag hierüber bedürfen der Genehmigung. Ist ein schuldrechtlicher Vertrag genehmigt worden, so gilt auch die in Ausführung des Vertrages vorgenommene Auflassung als genehmigt. Die Genehmigung kann auch vor der Beurkundung des Rechtsgeschäfts erteilt werden.

(2) Der Veräußerung eines Grundstücks stehen gleich

1.
die Einräumung und die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück;
2.
die Veräußerung eines Erbanteils an einen anderen als an einen Miterben, wenn der Nachlaß im wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb besteht;
3.
die Bestellung des Nießbrauchs an einem Grundstück.

(3) Die Länder können

1.
die Vorschriften dieses Abschnitts auf die Veräußerung von grundstücksgleichen Rechten, die die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks zum Gegenstand haben, sowie von selbständigen Fischereirechten für anwendbar erklären;
2.
bestimmen, daß die Veräußerung von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe keiner Genehmigung bedarf;
3.
bestimmen, dass in bestimmten Teilen des Landesgebietes die Genehmigung eines nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts über die in § 9 genannten Gründe hinaus versagt oder mit Nebenbestimmungen nach § 10 oder § 11 versehen werden kann, soweit dies in dem betroffenen Teil des Landesgebietes zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Agrarstruktur zwingend erforderlich ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Nicht der Pfändung unterliegen

1.
Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, benötigt
a)
für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung;
b)
für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung;
c)
aus gesundheitlichen Gründen;
d)
zur Ausübung von Religion oder Weltanschauung oder als Gegenstand religiöser oder weltanschaulicher Verehrung, wenn ihr Wert 500 Euro nicht übersteigt;
2.
Gartenhäuser, Wohnlauben und ähnliche Einrichtungen, die der Schuldner oder dessen Familie als ständige Unterkunft nutzt und die der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unterliegen;
3.
Bargeld
a)
für den Schuldner, der eine natürliche Person ist, in Höhe von einem Fünftel,
b)
für jede weitere Person, mit der der Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, in Höhe von einem Zehntel
des täglichen Freibetrages nach § 850c Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit Absatz 4 Nummer 1 für jeden Kalendertag ab dem Zeitpunkt der Pfändung bis zu dem Ende des Monats, in dem die Pfändung bewirkt wird; der Gerichtsvollzieher kann im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen einen abweichenden Betrag festsetzen;
4.
Unterlagen, zu deren Aufbewahrung eine gesetzliche Verpflichtung besteht oder die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, zu Buchführungs- oder Dokumentationszwecken benötigt;
5.
private Aufzeichnungen, durch deren Verwertung in Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird;
6.
öffentliche Urkunden, die der Schuldner, dessen Familie oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für Beweisführungszwecke benötigt;
7.
Trauringe, Orden und Ehrenzeichen;
8.
Tiere, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt,
a)
nicht zu Erwerbszwecken hält oder
b)
für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigt,
sowie das für diese Tiere erforderliche Futter und die erforderliche Streu.

(2) Eine in Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie Nummer 2 bezeichnete Sache oder ein in Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b bezeichnetes Tier kann abweichend von Absatz 1 gepfändet werden, wenn der Verkäufer wegen einer durch Eigentumsvorbehalt gesicherten Geldforderung aus dem Verkauf der Sache oder des Tieres vollstreckt. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes ist durch eine Urkunde nachzuweisen.

(3) Auf Antrag des Gläubigers lässt das Vollstreckungsgericht die Pfändung eines in Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe a bezeichneten Tieres zu, wenn dieses einen hohen Wert hat und die Unpfändbarkeit für den Gläubiger eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der Belange des Tierschutzes und der berechtigten Interessen des Schuldners nicht zu rechtfertigen ist.

(4) Sachen, die der Schuldner für eine Lebens- und Haushaltsführung benötigt, die nicht als bescheiden angesehen werden kann, sollen nicht gepfändet werden, wenn offensichtlich ist, dass durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt würde, der in keinem Verhältnis zum Anschaffungswert steht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.