Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2008 - AK 4/08

bei uns veröffentlicht am10.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 BJs 20/07-4
AK 4 - 6/08
vom
10. April 2008
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 3.: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland
u. a.
zu 2.: versuchten Mordes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie der Beschuldigten und ihrer Verteidiger am 10. April 2008 gemäß
§§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichthof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:


1
Die Beschuldigten wurden am 4. September 2007 festgenommen und befinden sich seit dem 5. September 2007 aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom selben Tag - 2 BGs 408/07, 2 BGs 414/07 und 2 BGs 410/07 - in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl gegen den Beschuldigten S. wurde durch Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom 11. Februar 2008 - 2 BGs 71/08 - ergänzt und durch eine Neufassung ersetzt.
2
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

I.

3
Alle drei Beschuldigten sind dringend verdächtig, - sich jedenfalls ab Anfang März 2007 als Mitglied an einer Vereinigung im Ausland beteiligt zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit auf die Begehung von Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) gerichtet sind, § 129 a Abs. 1 Nr. 1, § 129 b Abs. 1 StGB; - seit August 2007 zur Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion die zur Ausführung der Tat erforderlichen Vorrichtungen verwahrt zu haben, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
4
Gegen den Beschuldigten S. besteht darüber hinaus der dringende Verdacht, am 4. September 2007 in M. versucht zu haben, einen Menschen zu töten, um eine andere Straftat zu verdecken und zu ermöglichen (§§ 211, 22, 23 StGB), sowie einem Amtsträger, der zur Vollstreckung einer Verfügung , der Verhaftung des Beschuldigten, berufen war, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt Widerstand geleistet und ihn dabei tätlich angegriffen zu haben, wobei er eine Waffe bei sich führte, um diese zur Tat zu verwenden, und durch seinen Angriff den Amtsträger in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsbeschädigung brachte (§ 113 Abs. 1 und 2 StGB).
5
Soweit den Beschuldigten daneben angelastet wird, sie hätten zudem eine inländische terroristische Vereinigung gegründet und sich an dieser mitgliedschaftlich beteiligt, lässt der Senat offen, ob die bisherigen Ermittlungen auch insoweit einen dringenden Tatverdacht belegen. Denn die Haftfortdauer ist schon aufgrund der übrigen Tatvorwürfe gerechtfertigt.
6
Im Einzelnen ist nach dem derzeitigen Ermittlungsstand mit hoher Wahrscheinlichkeit von folgendem Geschehen auszugehen:
7
1. a) Der Beschuldigte G. bezog seit Anfang des Jahres 2007 bei einem Chemikalienhandel 35-prozentiges Wasserstoffperoxyd, das als Grundstoff für hochexplosive Sprengmittel geeignet ist. Im Zeitpunkt seiner Festnahme hatte er bereits elf Fässer mit ca. 50-60 Liter Inhalt und ein weiteres etwa zur Hälfte gefülltes Fass bezogen sowie drei weitere Fässer bestellt. Das 35-prozentige Wasserstoffperoxyd war allerdings bereits mehrere Wochen zuvor auf Anordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes gemäß § 94 StPO beschlagnahmt und durch die Polizei in der von dem Beschuldigten als Lager angemieteten Garage in W. gegen eine nur dreiprozentige Lösung ausgetauscht worden. Die Beschuldigten beabsichtigten, durch Erhitzen der Flüssigkeit die Konzentration der Chemikalie auf ca. 50-60 % zu steigern und durch die Beimischung von Mehl, das sie ebenfalls bereits erworben hatten, einen wirkungsvollen Sprengstoff herzustellen und hielten sich zu diesem Zweck gemeinsam in einem unter falschem Namen durch den Beschuldigten G. angemieteten Ferienhaus in M. auf. Sie verfügten dort zudem über Sprengzünder, elektrische Bauteile für die Zündauslösung sowie über Baupläne für einen zur Zündung benötigten Schaltverstärker. Die so fertig gestellten Sprengkörper sollten auf mehrere Fahrzeuge verteilt und in Deutschland vor Diskotheken oder Pubs und/oder an Flughäfen zur Explosion gebracht werden, um dabei möglichst viele Personen zu verletzen oder zu töten.
8
b) Der dringende Tatverdacht nach § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB ergibt sich bereits aus den bei der Festnahme der Beschuldigten beschlagnahmten Gegenständen, namentlich den Sprengzündern, dem Mehl, den Bauplänen für Zündvorrichtungen sowie den zuvor in W. beschlagnahmten Chemikalien. Er folgt weiter aus den abgehörten Gesprächen der Beschuldigten in dem von ihnen angemieteten PKW in der Zeit vom 31. August bis 3. September 2007 und in dem Ferienhaus vom 2. bis 4. September 2007, in denen sie die Konzentration der Chemikalie, das Mischen mit Mehl zu einem explosionsfähigen Sprengstoff, den Bau von elektrischen Zündvorrichtungen (mittels Uhr bzw. Handy), mögliche Anschlagsziele sowie die dort zu verwendende Menge Sprengstoff diskutierten.
9
2. Die Beschuldigten beteiligten sich spätestens seit Anfang März 2007 an der namentlich von Pakistan aus agierenden "Islamic Jihad Union" (IJU).
10
a) Die IJU verfolgt das Ziel, durch Waffengewalt die usbekische Regierung zu stürzen. Zum anderen beteiligt sie sich am weltweiten "Djihad" - dem Krieg gegen "Ungläubige" - und führt hierzu in Usbekistan, aber auch in Afghanistan Sprengstoffattentate und Überfälle auf westliche Soldaten durch.
11
An dieser Vereinigung beteiligten sich die Beschuldigten zumindest seit Anfang März 2007 als Mitglieder. Sie ordneten sich in deren Organisation ein und entfalteten Tätigkeiten zur Förderung der terroristischen Ziele der Vereinigung, indem sie auf Weisung ihrer Kontaktpersonen in Pakistan die genannten Anschlagsvorbereitungen in Deutschland trafen und der Vereinigung sowohl Personen zur Ausbildung in Lagern in Pakistan bzw. zu Kampfeinsätzen oder Begehung von Anschlägen, als auch Sachmittel wie Zielfernrohre, Computer oder elektronische Wiedergabegeräte für Ton- und Filmaufnahmen zuführten.
12
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:
13
Die IJU hat sich seit Juli 2004 zu mehreren Anschlägen bekannt, u. a. zu einem Anschlag am 30. Juli 2004 auf die amerikanische und die israelische Botschaft in Taschkent (Usbekistan). Seit April 2007 sind mehrere Veröffentlichungen der IJU auf einer türkischsprachigen Internetseite www. .com erschienen, die zum Teil mit "Mediasection of IJU" oder "press department" unterschrieben waren. In diesen Beiträgen wird ein "Ebu Yahya Muhammed Fatih" als "Emir" bzw. "Commender of Islamic Jihad Union" bezeichnet. Diese Person erläuterte in einem Interview, das nach dem Text der Internetseite in Pakistan aufgenommen wurde, die Ziele der IJU dahingehend, dass außer der Bekämpfung des Regimes in Usbekistan der weltweite Heilige Krieg ihr Ziel darstelle; sie wollten "die Islam-Flagge in der ganzen Welt aufstellen". Die Anschlagsbekennungen und die weiteren Beiträge der IJU, die auf der Internetseite gespeichert sind, belegen insbesondere deren Ausrichtung auf den internationalen Djihad und die Eigenständigkeit dieser Vereinigung gegenüber anderen djihadistischen Gruppen. Seit Ende 2007 haben die Veröffentlichungen der IJU auch ein eigenes Banner/Logo, was ein weiteres Indiz für ihre Eigenständigkeit insbesondere auch gegenüber der Al Qaida, darstellt. Es wird über Angriffe und Attentate und über "Märtyrer" berichtet, die bei Kämpfen mit Soldaten bzw. bei einem Sprengstoffanschlag in Afghanistan ihr Leben verloren haben. Jedenfalls zwei dieser "Märtyrer" stammten aus der Türkei bzw. Deutschland.
14
Daraus und aus der Verwendung der Begriffe "Mediasection" oder "press department" ergibt sich, dass die IJU jedenfalls Organisationsstrukturen zur Anwerbung und Einschleusung von Rekruten für Kampfhandlungen in Afghanistan sowie einen eigenen Medienbereich unterhält.
15
Nach der Festnahme der Beschuldigten erschien am 11. September 2007 auf der Internetseite www. .com ein Beitrag mit dem Titel "Islamische Jihad Union Pressemitteilung", in dem es hieß, dass eine "Gruppe von unseren Brüdern" in Deutschland festgenommen worden sei, was "für uns einen großen Verlust" bedeute. Danach werden Hintergrund und Zielrichtung der geplanten "Operationen der Islamischen Jihad Union" in Deutschland erklärt, unterschrieben ist der Beitrag mit "Die politische Verwaltung der Islamischen Jihad Union". Bereits aus diesem Beitrag folgt die Einbindung der Beschuldigten in die IJU.
16
Ein weiterer Beleg dafür ergibt sich zudem aus dem E-Mail-Verkehr der Beschuldigten , insbesondere im Zusammenhang mit Presseveröffentlichungen über eine Terrorwarnung aus den USA im April und Mai 2007: Darin wurde berichtet, dass seit Monaten gegen mehrere Islamisten ermittelt werde, die Terroranschläge im Rhein-Main-Gebiet vorbereiteten. Es handele sich um zwei zum Islam konvertierte Deutsche und drei gebürtige Türken mit deutschen Pässen, die im Dezember 2006 bei der Ausspähung einer US-Kaserne in Hanau observiert worden seien und offenbar der IJU angehören würden. Diese Gruppe sei Anlass für eine Terrorwarnung der CIA gewesen. Bei den Beschuldigten G. und S. handelt es sich um zum Islam konvertierte Deutsche. Der Beschuldigte G. wurde am 31. Dezember 2006 mit zwei anderen Personen observiert, als sie mehrfach in langsamem Tempo an einer US-amerikanischen Kaserne in Hanau vorbeifuhren. In unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit diesen Pressemeldungen forderte der Beschuldigte G. die beiden anderen Beschuldigten auf, nicht mehr direkt mit ihrer Kontaktperson in Pakistan über E-Mail in Verbindung zu treten. Es sei zu gefährlich , es gebe ein "Loch". Man höre "denen" zu und die "Infos" kämen dann "zu unseren Spezialfreunden". Dieses Kommunikationsverhalten belegt im Sinne eines dringenden Verdachts, dass der Beschuldigte G. durch die zu ihm passenden Details in den Presseberichten besorgt war, dass die Anschlagsvorbereitungen aufgedeckt werden könnten. Da die Presseberichte ausdrücklich die IJU erwähnten, weist dies darauf hin, dass die Kontaktperson der Beschuldigten zu dieser Vereinigung gehörte und stellt damit gleichzeitig ein weiteres gewichtiges Indiz dafür dar, dass die IJU als terroristische Vereinigung agiert.
17
Aus dem E-Mail-Verkehr der Beschuldigten untereinander und mit ihren Kontaktpersonen in Pakistan und im Iran ergibt sich auch die Versorgung der Vereinigung mit "Rekruten" und Material. In den aufgezeichneten Gesprächen bekennen sie sich zudem dazu, "so nebenbei" noch zehn "Leute weggeschickt" zu haben. Bei zwei der von der IJU auf der Internetseite www. .com benannten "Märtyrer" besteht wegen deren Bekanntschaft zu den Beschuldigten und aufgrund der angegebenen Beweismittel der dringende Verdacht, dass ihre Reise in das Kampfgebiet durch die Beschuldigten vermittelt wurde.
18
Bei dieser Beweislage kommt es für die Begründung des dringenden Tatverdachts gegen die Beschuldigten nicht mehr auf die zahlreichen zur Akte genommenen "Behördenzeugnisse" und ähnliche dienstlichen Erklärungen an, deren Inhalt sich vielfach auf die bloße Behauptung bestimmter Tatsachen ohne Offenbarung der Erkenntnisquellen beschränkt und die daher für sich kaum Beweiswert besitzen.
19
3. a) Der Beschuldigte S. versuchte, sich am 4. September 2007 seiner Verhaftung durch Flucht zu entziehen, obwohl ihn der verfolgende Polizeibeamte F. mehrfach durch die Rufe: "Polizei! Stehen bleiben!" zum Anhalten aufforderte. Als der Polizeibeamte ihn schließlich eingeholt und zu Fall gebracht hatte, kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Beschuldigte die Waffe des Polizeibeamten aus dessen Holster zog, den Finger an den Abzug legte und versuchte , die Waffe gegen den Polizisten zu richten. Nur aufgrund des Wegdrückens der Waffe durch den Beamten konnte verhindert werden, dass der von dem Beschuldigten abgegebene Schuss ihn traf. Dabei beabsichtigte der Beschuldigte zumindest , seine Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung, der IJU, weiterhin fortzusetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 11. Februar 2008 Bezug genommen.
20
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der Aussage des Polizeibeamten F. , die - soweit dies den anderen Beamten, die erst später zu den Kämpfenden hinzukamen, möglich war - von weiteren Aussagen von Polizeibeamten sowie einer Tatrekonstruktion bestätigt wird. Er folgt zudem aus den kriminaltechnischen Untersuchungen der Waffe und weiterer Spuren.
21
Die durch den Beschuldigten über seinen Verteidiger eingereichte, als Gedächtnisprotokoll bezeichnete schriftliche Einlassung vermag den dringenden Tatverdacht nicht zu entkräften. Der Beschuldigte räumt das äußere Tatgeschehen im Wesentlichen ein. Soweit er einen Tötungsvorsatz bestreitet, ist dies nach bisheriger Beweislage mit großer Wahrscheinlichkeit widerlegbar.

II.


22
Bei den Beschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Angesichts der von ihnen im Fall ihrer Verurteilung zu erwartenden Strafen sowie ihrer Verbindungen zur IJU in Pakistan - ihre Kontaktperson forderte die Beschuldigten Ende August 2007 auf, dorthin zurückzukehren, falls sie die Anschläge nicht innerhalb von 15 Tagen durchführen könnten - ist es wahrscheinlich, dass sich die Beschuldigten im Falle ihrer Freilassung dem Strafverfahren entziehen würden. Zudem besteht der besondere Haftgrund gemäß § 112 Abs. 3 StPO. Der Zweck der Untersuchungshaft kann nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO).

III.


23
Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Im Hinblick auf den besonderen Umfang und die besonderen Schwierigkeiten der Ermittlungen ist das Verfahren mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
24
Nach den Festnahmen sind zahlreiche Objekte durchsucht und insbesondere Datenträger beschlagnahmt worden, deren Auswertung noch nicht vollständig abgeschlossen werden konnte. Auch die Auswertung und zusammenfassende Aufbereitung der zahlreichen Überwachungsmaßnahmen sowie des Tatkomplexes Ferien- haus in M. steht zum Teil noch aus; außerdem sind mehrere Rechtshilfeersuchen noch nicht beantwortet.
25
Diese Umstände haben einen Abschluss der Ermittlungen noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft.

IV.


26
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zur Bedeutung der Sache und zu den für die Beschuldigten zu erwartenden Strafen im Falle ihrer Verurteilung nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Angesichts der Weite der geführten Ermittlungen und des vom Generalbundesanwalt angekündigten Umfangs des Beweisstoffes sieht der Senat jedoch Anlass zu dem Hinweis, dass im Hinblick auf die schon jetzt relativ klare Beweislage zu den Tatvorwürfen mit einer Anklageerhebung nicht zugewartet werden kann, bis noch weitere - für den Tatnachweis nicht unmittelbar erforderliche - Erkenntnisse über die Tätigkeit der IJU im Ausland vorliegen , etwa zu den Verantwortlichen der Internetseite www. .com oder zum Inhalt von in den Vereinigten Staaten geführten E-Mail-Konten. Andernfalls könnte die Fortdauer der Untersuchungshaft im Laufe der Zeit in Konflikt mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geraten.
Becker Miebach Hubert

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Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Strafprozeßordnung - StPO | § 120 Aufhebung des Haftbefehls


(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sich

Strafgesetzbuch - StGB | § 113 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte


(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit

Strafprozeßordnung - StPO | § 94 Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken


(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. (2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwil

Strafgesetzbuch - StGB | § 310 Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens


(1) Wer zur Vorbereitung 1. eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,2. einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,3. einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder4. einer Straftat nach §

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.