Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2002 - AK 12/02

bei uns veröffentlicht am26.06.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 BJs 88/01 - 5
AK 12/02
vom
26. Juni 2002
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am 26. Juni 2002
gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:


Der Beschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2001 seit dem 29. November 2001 wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (§ 129 a Abs. 3 StGB) in Untersuchungshaft. Die Voraussetzungen für deren Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Der Beschuldigte ist der ihm angelasteten Tat dringend verdächtig (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Am 11. September 2001 entführten mindestens 19, in vier Gruppen agierende Personen auf Inlandsflügen in den USA vier Verkehrsflugzeuge.
Zwei dieser Flugzeuge wurden gezielt in die Türme des World Trade Center in New York gesteuert. Das Dritte wurde in das Verteidigungsministerium in Washington (Pentagon) gelenkt. Das Vierte stürzte in Stoney Creek Township (Pennsylvania) ab. Bei diesen Terrorakten kamen mehrere Tausend Menschen ums Leben, eine Vielzahl weiterer Personen wurde verletzt.
Die bisherigen Ermittlungen belegen, daß sich spätestens im Lauf des Jahres 1999 in der Bundesrepublik - vornehmlich in Hamburg - eine Gruppierung muslimischer Studenten zusammenschloß, die an der Vorbereitung und Durchführung dieser Anschläge mitwirkte. Zu dieser Gruppierung zählten jedenfalls die bei den Anschlägen ums Leben gekommenen A. , Al. und J. sowie die kurz vor dem 11. September 2001 untergetauchten B. , O. (alias Bi. ) und E. . Mehrere Zeugen sowie weitere Beweismittel bestätigen, daß diese Personen in engen persönlichen Beziehungen zueinander standen. Teilweise wohnten sie in wechselnder Zusammensetzung in derselben Wohnung. Ihnen war in religiösen und politischen Fragen eine fundamentalistische bzw. radikale Einstellung gemeinsam, die sich in einer Ablehnung der westlichen Kultur, Feindschaft namentlich gegen Israel und die USA sowie einer Befürwortung des "heiligen Krieges" äußerte, wie er ihres Erachtens etwa in Tschetschenien geführt wurde. Diese Ideologie wurde insbesondere in Veranstaltungen propagiert , die - maßgeblich unter der Leitung des A. - regelmäßig im Rahmen der an der Technischen Universität Hamburg-Harburg gegründeten "Islam AG", in Moscheen, aber auch im privaten Bereich stattfanden und an denen die genannten Personen wie auch andere Muslime in wechselnder Besetzung teilnahmen.
Nach den vorliegenden Erkenntnissen hielten sich A. , Al. , J. , O. und E. ab Ende 1999/Anfang 2000 für längere Zeiträume nicht mehr in der Bundesrepublik auf. Für A. und J. sind Flüge nach Pakistan am 25. bzw. 29. November 1999 belegt, für E. ist ein Rückflug aus Pakistan am 19. August 2000 ermittelt. Diese Flüge, die Koordination der Ausreise , der Zeitraum der Abwesenheit der Genannten aus der Bundesrepublik, die nachfolgenden Geschehnisse sowie der Umstand, daû E. und B. nach dem 11. September 2001 in einem Ausbildungslager in Afghanistan gesehen wurden, begründen den dringenden Verdacht, daû sich die bezeichneten fünf Personen zum Zwecke der Ausbildung in militärischen bzw. terroristischen Fähigkeiten in einschlägige Lager nach Afghanistan begeben hatten.
Nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik beantragten zunächst A. , Al. , J. und O. Visa für die USA und nahmen Kontakt zu dortigen Flugschulen mit dem Ziel einer Pilotenausbildung auf. Nachdem A. , Al. und J. die Visa erhalten hatten, absolvierten sie bei verschiedenen Aufenthalten in den USA bis in das Jahr 2001 hinein ihre Pilotenausbildung. O. , der bereits eine Anzahlung an eine Flugschule in Florida geleistet hatte, wurde das Visum dagegen verweigert. Kurz nach dieser Ablehnung beantragte E. ein Visum, das ihm jedoch ebenfalls nicht bewilligt wurde. Unmittelbar vor dem 11. September 2001 setzten sich B. , O. und E. aus der Bundesrepublik ab. A. und Al. befanden sich am 11. September 2001 in je einem der Flugzeuge, die in das World Trade Center in New York gesteuert wurden. J. gehörte zu der Gruppe, die das schlieûlich in Pennsylvania abgestürzte Flugzeug entführt hatte. B. und E. wurden von dem Zeugen Ad. nach dem 11. September 2001 in einem Ausbildungslager für "Gotteskrieger" in Afghanistan gesehen.

Nach alledem bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daû es sich bei der Gruppierung um A. um eine terroristische Vereinigung handelte (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 und 3, § 211, § 316 c StGB). Denn es liegt nahe, daû es sich um einen auf gewisse Dauer angelegten organisatorischen Zusammenschluû von mindestens drei Personen handelte, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit terroristische Zwecke verfolgten und unter sich derart in Beziehung standen, daû sie sich als einheitlicher Verband fühlten (vgl. Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 129 Rdn. 2 m. w. N. ). Der Dauerhaftigkeit des Zusammenschlusses steht hier nicht entgegen , daû die bei der Planung der Anschläge als Selbstmordkommandos vorgesehenen Attentäter für weitere Aktionen nicht mehr zur Verfügung stehen würden und sich die anderen bekannten Mitglieder der Organisation schon vor den Anschlägen aus der Bundesrepublik absetzen sollten. Das Vorliegen dieses Merkmals beurteilt sich nach den Vorstellungen, die die Mitglieder der Vereinigung bei deren Gründung hegten. Insoweit ist hier zum einen nicht erkennbar, daû sich die Zielrichtung der Vereinigung von vornherein auf die Durchführung einer einzigen terroristischen Aktion beschränkte. Vielmehr liegt es nahe, daû sich die Gruppierung zunächst in dem allgemeinen Bestreben zusammenschloû , terroristische Beiträge zu dem gegen den Westen, insbesondere gegen die USA und Israel gerichtete "heiligen Krieges" fundamentalistischer Islamisten im Umkreis der Al Quaida zu leisten. Zum anderen deutet aber auch die lange Planungs- und Vorbereitungszeit für die schlieûlich konkret am 11. September 2001 ausgeführten Terrorakte (nach bisherigen Erkenntnissen fast zwei Jahre) auf einen von vornherein auf gewisse Dauer angelegten Zusammenschluû der Gruppierung hin. Die Erfüllung des Merkmals der organisierten Willensbildung (vgl. BGHSt 31, 239, 243 aE) liegt bei Berücksichtigung
des erheblichen Aufwands, der zur logistischen Vorbereitung der Anschläge und zur internen Abstimmung der Vorgehensweise sowohl innerhalb der Hamburger Gruppe, als auch zwischen dieser und anderen an der Planung und Vorbereitung der Terrorakte beteiligten Gruppierungen oder Einzelpersonen auf internationaler Ebene erforderlich war, auf der Hand. Letztlich steht der Annahme einer terroristischen Vereinigung auch nicht entgegen, daû die von der Organisation geplanten Straftaten ausschlieûlich im Ausland begangen werden sollten. Denn jedenfalls auf die beabsichtigten Flugzeugentführungen (§ 316 c StGB) findet gemäû § 6 Nr. 3 StGB das deutsche Strafrecht Anwendung. Damit unterfällt die Vereinigung auch dem § 129 a StGB (vgl. BGH NJW 1966, 310, 312).
Es liegen auch ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, daû die Vereinigung bis in das Jahr 2001 hinein in der Bundesrepublik fortbestand. Obwohl sich bis auf B. die übrigen Gruppenmitglieder ab Ende 1999/Anfang 2000 regelmäûig und für längere Zeiten im Ausland aufhielten, kehrten sie immer wieder in die Bundesrepublik zurück und hatten hier mit groûer Wahrscheinlichkeit auch jeweils wieder untereinander Kontakt. Dies wird durch Zeugenaussagen, die hier gestellten Visaanträge für die USA, verschiedene Flugdokumente, Kontobewegungen und Kreditkartenabrechnungen belegt. Während ihrer Abwesenheit kümmerte sich unter anderem B. , der sich bis September 2001 durchgehend in der Bundesrepublik aufgehalten haben dürfte, um die Erledigung von Angelegenheiten der anderen Gruppenmitglieder. Auch die Geldtransfers in die USA, die von der Bundesrepublik vorgenommen wurden, deuten darauf hin, daû die Vereinigung eine wesentliche Basis für ihre Aktivitäten im Inland beibehielt.

b) Gegen den Beschuldigten besteht der dringende Verdacht, daû er die terroristische Vereinigung jedenfalls dadurch unterstützte, daû er am 4. September 2000 aufgrund entsprechender Vollmacht von einem Girokonto des Al. bei der Dresdner Bank in Hamburg auf ein Konto des O. 5.000 DM überwies, die dieser Ende September 2000 mit weiteren 5.000 DM an Al. in die USA transferierte, der sich dort in Vorbereitung der Anschläge zur Pilotenausbildung aufhielt. Der Verdacht, daû der Beschuldigte die Überweisung in Kenntnis der Hintergründe und insbesondere des Verwendungszwecks des Geldes vornahm, stützt sich auf eine zusammenfassende Bewertung folgender Ermittlungsergebnisse:
aa) Nach den Aussagen mehrerer Zeugen, die durch weitere Beweismittel bestätigt werden, stand der Beschuldigte in engem persönlichem Kontakt zu den oben genannten Mitgliedern der Vereinigung. Auch er nahm regelmäûig an den Treffen teil, die im Rahmen der "Islam AG", in Moscheen oder in Privatwohnungen unter führender Beteiligung des A. stattfanden. Dabei teilte er, wie auch auûerhalb des Rahmens dieser Zusammenkünfte, in religiösen Fragen die radikal-fundamentalistischen Ansichten des A. und lieû durch entsprechende Äuûerungen in politischer Hinsicht eine aggressive, feindliche Haltung gegenüber den Juden bzw. Israel sowie den USA und allgemein eine Ablehnung der westlichen Kultur erkennen. Für diese Einstellung des Beschuldigten spricht auch, daû er ausweislich von ihm notierter Telefonnummern sowie des Einzelverbindungsnachweises zu seinem Telefonanschluû mit groûer Wahrscheinlichkeit telefonischen Kontakt zu fundamentalistischen Regimekritikern in Saudi-Arabien pflegte, die sich dort wegen ihrer Aktivitäten zeitweise in Haft befunden hatten.
Seine engen Beziehungen zu dem genannten Personenkreis werden beispielhaft auch dadurch belegt, daû er schon am 11. April 1996 ein "Testament" des A. als Zeuge unterzeichnet hatte und ihm am 30. Juli 1998 von Al. sowie am 5. April 2000 von B. eine Generalvollmacht erteilt worden war. Aufgrund der Generalvollmacht des Al. lieû der Beschuldigte am 23. November 1999 bei der Dresdner Bank seine Verfügungsbefugnis über das dort geführte Girokonto des Al. auf dem Kontenblatt eintragen und nahm in der Folge Verfügungen über das Konto vor. Auch verfaûte und unterzeichnete der Beschuldigte am 30. November 1999 das Schreiben zur Kündigung des Mietvertrags des Al. für die Wohnung W. str. in Hamburg und wickelte das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ab, wobei er sich selbst bis zu diesem Zeitpunkt häufig in der Wohnung aufhielt und über den dortigen Telefonanschluû erreichbar war. Aufschluûreich ist auch die Tatsache, daû B. , der sich Anfang September 2001 nach Pakistan abgesetzt hatte und später in einem Ausbildungslager in Afghanistan gesehen wurde, bereits am 4. September 2001 aus Karachi beim Beschuldigten in Hamburg anrief.
Diese Bewertung wird durch die Einlassungen des Beschuldigten nicht in Frage gestellt. Er hat bei seinen Vernehmungen die Intensität seiner Kontakte zu der genannten Personengruppe teilweise herunterzuspielen bzw. zu verheimlichen versucht. Insbesondere verleugnete er seine Freundschaft zu J. , die jedoch durch die Aussagen der Zeugen Ay. , F. und S. belegt wird. Sie wird auch dadurch bestätigt, daû es ersichtlich der Beschuldigte war, der während des Auslandsaufenthalts des J. Ende 1999/Anfang 2000 dessen Lebensgefährtin Se. in Bo. anrief und fragte, ob sie etwas brauche. Er war demgemäû über die Abwesenheit desJ. zu diesem
Zeitpunkt informiert. Auch den Anruf des B. aus Pakistan am 4. September 2001 verschwieg der Beschuldigte und behauptete, er habe erst später vom Schwiegervater des B. erfahren, daû dieser sich in Pakistan aufhalte. Ebenso behauptet er, von den Aufenthalten des A. in den USA keine Kenntnis gehabt zu haben. Dem steht jedoch die Aussage des Zeugen M. gegenüber. Dieser bekundete, er habe sich anläûlich eines Besuchs in Hamburg im Jahr 2000 mit dem Beschuldigten, Mu. und Ba. getroffen. Bei diesem Treffen habe einer seiner Bekannten (wahrscheinlich Ba. ) erzählt, daû A. sein Studium in der Bundesrepublik beendet habe und in den USA weiterstudiere. Dies habe ihn - M. - gewundert, da A. strenggläubiger Moslem war.
bb) Der Beschuldigte unternahm vom 23. Mai (Hinflug von Hamburg nach Karachi) bis zum 1. August 2000 (Rückflug von Karachi nach Hamburg) eine Reise nach Pakistan, die er zu verheimlichen suchte. Dem Zeugen D. und anderen Kommilitonen hatte der Beschuldigte erklärt, er werde im Sommersemester 2000 in Marokko studieren. Im Herbst 2000 bestätigte er dann diesem Zeugen gegenüber, daû er dieses Studiensemester in Marokko absolviert habe.
Die Behauptung des Beschuldigten, er habe sich während des gesamten Reisezeitraums in Karachi aufgehalten, konnte nicht verifiziert werden. In dem von ihm zunächst angegebenen Hotel lagen keine Anmeldeunterlagen für ihn vor. Lediglich für den 28./29. Juli 2000 ist eine Übernachtung des Beschuldigten in einem anderen Hotel in Karachi belegt. Dies läût die Möglichkeit offen, daû sich der Beschuldigte zwischenzeitlich tatsächlich von Pakistan nach Afghanistan begeben hatte. Die Ermittlungsergebnisse legen im übrigen nahe,
daû sich auch E. von Anfang 2000 bis 19. August 2000 (Flug von Karachi nach Dubai) in Pakistan oder Afghanistan aufhielt.
cc) Die Angaben des Beschuldigten zu Anlaû und Hintergrund der Überweisung der 5.000 DM vom Konto des Al. auf das Konto des O. am 4. September 2000 sind teilweise widersprüchlich und im übrigen auffallend inhaltsleer. So hatte der Beschuldigte zunächst behauptet, O. habe ihn wenige Tage vor dem 4. September 2000 in der Moschee zu der Überweisung aufgefordert mit dem Hinweis, er - O. - wolle von Al. 5.000 DM und habe die Überweisung mit diesem abgesprochen. An dieser Aussage hielt der Beschuldigte zunächst trotz des Vorhaltes fest, O. habe sich zu dieser Zeit gar nicht in der Bundesrepublik aufgehalten. Erst bei Fortsetzung der Vernehmung am Folgetag äuûerte der Beschuldigte, es sei doch möglich, daû ihn O. wegen der Überweisung angerufen habe. Wie es tatsächlich gewesen sei, habe er aber nicht in Erinnerung. Auch wisse er nicht, für welchen Zweck die 5.000 DM gedacht gewesen seien.
dd) Vor diesem Hintergrund erhält auch die Aussage des Zeugen L. besondere Beweisbedeutung. Danach habe der Beschuldigte in einem von dem Zeugen mitgehörten Gespräch mit dem Zeugen Ay. geäuûert : "Sie wollen wieder etwas machen und es wird etwas Gröûeres sein: Die Juden verbrennen und wir werden auf ihren Gräbern tanzen." Bei anderer Gelegenheit habe er anläûlich des Besuchs von zwei oder drei Bekannten auf einen von diesen gewiesen und gesagt: "Dies ist unser Pilot."
2. Gegen den Beschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Der Beschuldigte ist Marokkaner, seine Ehefrau
stammt aus Ruûland. Beide Eheleute halten zu ihren in den jeweiligen Heimatländern wohnenden Eltern engen Kontakt. Besondere Bindungen des Beschuldigten oder seiner Ehefrau in der Bundesrepublik bestehen dagegen - abgesehen von dem weitgehend abgeschlossenen Studium des Beschuldigten - nicht. Im Hinblick auf den erheblichen Tatvorwurf besteht daher für ihn der besondere Anreiz, sich dem Verfahren durch Flucht in das Ausland zu entziehen. Bei dieser Sachlage kann der Zweck der Untersuchungshaft auch nicht durch mildere Maûnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO).
3. Es liegen wichtige Gründe im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO vor, die die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus rechtfertigen. Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Anschläge vom 11. September 2001 sind von auûergewöhnlichem Umfang und auf internationaler Ebene zu führen und zu koordinieren. Ebenso sind die Nachforschungen zu den Strukturen der Gruppierung umA. sowie den Beziehungen des Beschuldigten zu dieser Gruppe und seinen in diesem Zusammenhang vorgenommenen Aktivitäten mit erheblichem Aufwand verbunden. Es waren eine Vielzahl von Zeugen zu vernehmen und erhebliche Mengen sonstigen Beweismaterials auszuwerten. Auch hierbei ergaben sich vielfach Bezüge ins Ausland. Daher muûten mehrere Rechtshilfeersuchen gestellt werden, deren Beantwortung noch aussteht. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, daû die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt, daû sie nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden wären.
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch nicht auûer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der für den Beschuldigten im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Winkler Miebach Becker

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Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Strafprozeßordnung - StPO | § 120 Aufhebung des Haftbefehls


(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sich

Strafgesetzbuch - StGB | § 6 Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter


Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:1.(weggefallen)2.Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Ab

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.