Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2003 - 5 StR 458/03

bei uns veröffentlicht am12.11.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 458/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. November 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. November 2003

beschlossen:
Es wird festgestellt, daß die Revision des Angeklagten Z gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 7. Mai 2003 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e 1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen das am 7. Mai 2003 verkündete Urteil legte der Wahlverteidiger am 12. Mai 2003 Revision ein. Der Angeklagte teilte in einem am 19. Mai 2003 beim Landgericht eingegangenen Schreiben mit, er ziehe seine Revision zurück, da er jetzt eine Lehrstelle als Metallbauer in Aussicht habe. In seinem Schriftsatz vom 30. Mai 2003 führte der Wahlverteidiger aus, eine Besprechung mit dem Angeklagten hätte ergeben, daß die Revision nicht zurückgenommen werden soll. Der Angeklagte sei dem Mißverständnis erlegen, eine sichere Arbeitsmöglichkeit nur erlangen zu können, falls er seine Revision zurückziehe. Mit weiteren Schreiben beantragten der Pflichtverteidiger und der Angeklagte die Durchführung des Rechtsmittels.
2. Damit ist eine klärende Feststellung der Wirksamkeit der Rücknahme der Revision durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (BGH NStZ 2001, 104 m.w.N.). Dies führt hier zu der deklaratori- schen Feststellung des Senats, daß die vom Wahlverteidiger eingelegte Revision durch den Angeklagten mit dessen am 19. Mai 2003 bei Gericht eingegangenem Schreiben wirksam zurückgenommen wurde. Die handschriftliche Unterzeichnung des eigenhändig geschriebenen Schriftstücks ist kein wesentliches Erfordernis der Schriftlichkeit. Für die Einhaltung der Schriftform ist es vielmehr ausreichend, daß der Angeklagte als der Urheber des Schreibens zweifelsfrei erkennbar ist (BGH NStZ-RR 2000, 305 m.w.N.). Dies ist hier nach einem Vergleich mit einem weiteren – vom Pflichtverteidiger am 30. Juni 2003 vorgelegten – Schreiben des Angeklagten und der die Urheberschaft des Angeklagten bestätigenden Mitteilung des Wahlverteidigers vom 30. Mai 2003 der Fall. Die Rücknahmeerklärung ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. nur BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 5 m.w.N.). Grundsätzlich ist auch eine auf Irrtum beruhende Rücknahmeerklärung nicht anfechtbar (BGH aaO). Daß der Angeklagte mit seiner Prozeßhandlung Erwartungen verknüpft hat, die – nach dem Vortrag seines Wahlverteidigers – nicht von der Justiz veranlaßt worden waren, führt nicht ausnahmsweise zur Zulässigkeit der Anfechtung (vgl. BGH aaO).
Die wirksam erklärte Rechtsmittelrücknahme des Angeklagten erstreckt sich auch auf die von seinem Wahlverteidiger eingelegte Revision (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7).
Im übrigen wird der Senat im Rahmen der anstehenden Hauptverhandlung auf die Revisionen der Nebenkläger eine Sachprüfung zum Schuldspruch vornehmen (§ 301 StPO).
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StPO). Harms Basdorf Gerhardt Raum Brause

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Strafprozeßordnung - StPO | § 302 Zurücknahme und Verzicht


(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausges

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(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.