Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2008 - 5 StR 430/07
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2008 - 5 StR 430/07
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2008 - 5 StR 430/07
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2008 - 5 StR 430/07 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Verjährung ruht
- 1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237, - 2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.
(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem
- 1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder - 2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).
(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.
(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat
- 1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, - 2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, - 3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder - 4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
BUNDESGERICHTSHOF
a) sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen,
b) schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zehn Fällen , davon in fünf Fällen tateinheitlich mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und
c) sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in fünf Fällen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe:
- 1
- Hinsichtlich der Fälle II. 1.1, 1.2, 1.4 (zwei Taten), 1.6 (zwei Taten) und 2.1 der Urteilsgründe hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: "Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen muss in diesen Fällen entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Verjährungsfrist für § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Nach den Feststellungen beging der Angeklagte die Tat unter II. 1.1 im Jahr 1997, die Tat unter II. 1.2 zwischen Mitte September 1997 und dem 20. März 1998. Die erste verjährungsunterbrechende Handlung - die erste Vernehmung des Beschuldigten (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) - erfolgte am 14. Mai 2004. Da in den Fällen II. 1.4, 1.6 und 2.1 nach dem Zweifelssatz von der jeweils zeitlich frühesten denkbaren Tatbegehung ausgegangen werden muss, waren auch insoweit die Verstöße gegen § 174 StGB im Zeitpunkt der verjährungsunterbrechenden Handlung verjährt. Durch den mit dem Sexualdelikts-ÄndG vom 27. Dezember 2003 neu gefassten § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, in welchem nunmehr bestimmt ist, dass auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, hat sich an dieser Rechtslage für den vorliegenden Fall nichts geändert, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 1. April 2004 bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (BGH NStZ 2005, 89)." Dementsprechend hat der Senat den Schuldspruch geändert.
- 2
- Die Schuldspruchänderung führt nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruchs. Insoweit hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: "Die getroffenen Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe werden durch den Wegfall des jeweils tateinheitlich verwirklichten Vergehens nicht in Frage gestellt. Die Schuldspruchänderung lässt den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten unberührt , zumal das Landgericht die Verwirklichung des Tatbestandes des § 174 StGB nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat. Im Übrigen können auch verjährte Taten straferschwerend berücksichtigt werden, wenn auch mit geringerem Gewicht (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19 und 24 m.w.N.)." Dem schließt sich der Senat an; denn es ist auszuschließen, dass das Landgericht geringere Freiheitsstrafen ausgesprochen hätte, wenn es sich der Verjährung des jeweils tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen bewusst gewesen wäre.
- 3
- Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund des Revisionsvorbringens keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. VRiBGH Nack ist urlaubsabwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Wahl Wahl Kolz Elf Graf
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.