Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2000 - 5 StR 414/99
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Zu der von dem Angeklagten S erhobenen Verfahrensrüge, das Landgericht habe gegen § 245 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 250 Satz 2 StPO verstoßen, indem es einen Beweisantrag der Verteidigung abgelehnt habe, eine schriftliche Erklärung zu verlesen, die der Zeuge Dr. Schalck-Golodkowski, der eine Vernehmung vor dem Landgericht unter Hinweis auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO abgelehnt hat, im Zusammenhang mit seiner Befragung vor der “Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR” abgegeben hatte, bemerkt der Senat: Es kann dahinstehen, ob an der vom Senat in seiner unveröffentlichten Entscheidung vom 25. September 1962 – 5 StR 306/62 – vertretenen Auffassung festzuhalten ist, nach der dem Verlesungsverbot des § 250 Satz 2 StPO nur solche schriftlichen Erklärungen unterfallen, die in demselben Verfahren zu Beweiszwecken abgegeben worden sind (a.A. BGHSt 20, 160 f. in einer nicht tragenden Erwägung). Auf der unterbliebenen förmlichen Verlesung der schriftlichen Erklärung kann das Urteil hier nicht beruhen. Über die Befragung des Dr. Schalck-Golodkowski vor der Untersuchungskommission wurde seinerzeit ein Ergebnisprotokoll gefertigt, dem die schriftliche Erklärung des Dr. Schalck-Golodkowski als Anlage angefügt war.
Nachdem Mitglieder der Untersuchungskommission und deren Vorsitzender in ausführlichen, teils mehrstündigen Vernehmungen vor dem Landgericht (vgl. Beschluß des Landgerichts vom 8. September 1998) zu den Ausführungen des Dr. Schalck-Golodkowski und zu deren Zusammenfassung in dem Ergebnisprotokoll befragt worden sind, ist auszuschließen, daß die schriftliche Erklärung des Zeugen nicht im Wege des Vorhalts zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und bei der Urteilsfindung vom Landgericht berücksichtigt worden ist.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Beweisaufnahme ist auf alle vom Gericht vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen nach § 214 Abs. 4 vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken, es sei denn, daß die Beweiserhebung unzulässig ist. Von der Erhebung einzelner Beweise kann abgesehen werden, wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind.
(2) Zu einer Erstreckung der Beweisaufnahme auf die vom Angeklagten oder der Staatsanwaltschaft vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen herbeigeschafften Beweismittel ist das Gericht nur verpflichtet, wenn ein Beweisantrag gestellt wird. Der Antrag ist abzulehnen, wenn die Beweiserhebung unzulässig ist. Im übrigen darf er nur abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen oder offenkundig ist, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung kein Zusammenhang besteht oder wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.
(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.